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Jetzt reden die Väter. Kennen Sie das Gefühl, zu wenig Zeit für alles zu haben? Für die Kinder, für den Job, für die Beziehung, für sich selbst? Glauben Sie trotzdem, es sei schon irgendwie hinzubekommen, weil das ja alle behaupten - die anderen Eltern, die Wirtschaft, die Politik? Marc Brost und Heinrich Wefing sagen: Es geht eben nicht. Weder bei den Müttern noch bei den Vätern. Und sie zeigen, warum das so ist. Ein Buch, das mit verbreiteten Illusionen aufräumt und vor allem eines fordert: Ehrlichkeit.

Produktbeschreibung
Jetzt reden die Väter.
Kennen Sie das Gefühl, zu wenig Zeit für alles zu haben? Für die Kinder, für den Job, für die Beziehung, für sich selbst? Glauben Sie trotzdem, es sei schon irgendwie hinzubekommen, weil das ja alle behaupten - die anderen Eltern, die Wirtschaft, die Politik? Marc Brost und Heinrich Wefing sagen: Es geht eben nicht. Weder bei den Müttern noch bei den Vätern. Und sie zeigen, warum das so ist. Ein Buch, das mit verbreiteten Illusionen aufräumt und vor allem eines fordert: Ehrlichkeit.
Autorenporträt
Marc Brost, Jahrgang 1971, leitet seit 2010 das Hauptstadtbüro der ZEIT. Er wurde mit mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet, u.a. dem Theodor-Wolff-Preis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zunächst einmal hat Rezensentin Verena Mayer mit Marc Brosts und Heinrich Wefings Buch "Geht alles gar nicht" ein hochaktuelles Werk gelesen, dass die hier sogenannte von Wirtschaft und Politik beschworene "Vereinbarkeitslüge" von Job, Selbstverwirklichung, Familie und Freizeit aus Männersicht schildert. Sie folgt den beiden Zeit-Journalisten in ihrer sich durch zwölf Kapitel ziehende Klage über Job, Selbstverwirklichung, fehlende Zeit, Ökonomisierung und Beschleunigung, liest kulturhistorische Einschübe und "like- und share"-freudige Sätze wie "kapitalism kills love" und versteht den Unwillen der beiden Autoren gegenüber der Politik. Allerdings hätte sich die Kritikerin statt aller Resignation ein wenig mehr Veränderungswillen gewünscht, und zwar nicht nur im Privaten, sondern auch im Politischen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.04.2015

Krone der Erschöpfung
Marc Brost und Heinrich Wefing haben ein Buch über die Unvereinbarkeit von Kind und Karriere
geschrieben. Doch selbst für eine Revolution von oben sind die neuen Väter offenbar zu müde
VON VERENA MAYER
Was machen eigentlich die neuen Väter? Kriegen sie es gut hin, Kinder, Kochen, Karriere? Als das Elterngeld eingeführt wurde und es für Männer sozial akzeptiert war, eine Auszeit zu nehmen, waren sie ja plötzlich überall. Beim Babyschwimmen, auf Partys, im Meeting. Sie trugen ihren Vaterstolz vor sich her wie einen Säugling im Tragetuch oder schrieben Bücher über das Abenteuer Vaterschaft. Nun, die Wahrheit ist: „Geht alles gar nicht“.
  So heißt jetzt das neueste Buch über das Vatersein. Die Journalisten Marc Brost und Heinrich Wefing haben es geschrieben und rechnen durch: Wenn ein Tag 24 Stunden hat, man davon neun arbeiten und mindestens sechs schlafen muss, die Kinderbetreuung aber nur acht Stunden umfasst und es noch Dinge wie Sozialleben, Sport und Sex gibt – dann ist Vatersein „die Hölle“. „Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können“, lautet der Untertitel des Buches, und das ist keine Frage, sondern ein Eingeständnis.
  Dass das Thema in Deutschland einen Nerv trifft, sieht man an den Zahlen. Nur jeder dritte Vater geht in Elternzeit und das in achtzig Prozent der Fälle auch nur zwei Monate lang. In Teilzeit zu arbeiten, um bei der Familie sein zu können, ist zwar beliebt, aber nur unter Müttern. Einer neuen Studie des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts zufolge nahmen 2013 gerade mal sechs Prozent der arbeitenden Väter Teilzeit. Und nicht mal Sigmar Gabriel kriegt es hin, seine kleine Marie jeden Mittwochnachmittag von der Kita abzuholen. Neuer Vater werden ist nicht schwer, neuer Vater sein hingegen sehr.
  Brost und Wefing schreiben aus eigener Erfahrung. Sie haben anspruchsvolle Jobs in Positionen, in denen das E-Mail-Postfach auch sonntags überläuft und man Liegengebliebenes im Urlaub aufarbeiten muss. Brost leitet das Hauptstadt-Büro der Zeit , sein Kollege Wefing arbeitet dort in der politischen Redaktion. 1971 beziehungsweise 1965 geboren, gehören sie der ersten Generation an, die gleichberechtigt leben will, mit allen Konsequenzen für Männer und Frauen. Sie sind aber auch die letzte Generation, die im analogen Zeitalter groß wurde und nun im globalen bestehen muss. Es kommt also viel zusammen für diese Väter, und da ist noch nicht eingerechnet, dass Kinder krank werden, zur Flötenstunde oder zum Fußball müssen, und generell erwarten, dass Eltern Zeit haben.
  Doch woher die Zeit nehmen, wenn nicht stehlen? Um das zu klären, dröseln die Autoren in zwölf pointierten Kapiteln und etwas wehleidigen Interviews mit anderen jungen Vätern („Wie viel hast du heute Nacht geschlafen?“) die Zwänge auf, unter denen der moderne Vater steht. Der soll nämlich nicht nur alles anders machen als der eigene Vater, der das Familieneinkommen ranschaffte und den Rest der Mutter überließ. Sondern er soll auch ein guter Ehemann und Liebhaber sein, sich im Job verwirklichen und seiner Partnerin dasselbe ermöglichen. Und natürlich immer mit der Familie „lachen an der Kasse im Supermarkt“.
  Brost und Wefing stoßen sich dabei gar nicht so sehr an den überzogenen Ansprüchen, die heutzutage auch an Männer gestellt werden. Sondern daran, dass ihnen von Wirtschaft und Politik vorgegaukelt wird, man könnte alles prima unter einen Hut bringen. „Vereinbarkeitslüge“ nennen sie das. Dass alles mit allem vereinbar sein soll, Familie, Führungsposition, Freizeit. Hauptsache, der Staat stellt einen Kitaplatz im Umkreis von fünf Kilometern bereit. Das ist, wie die Autoren nachweisen, natürlich Quatsch und war es schon immer. In kulturhistorischen Einsprengseln zitieren sie etwa den amerikanischen Soziologen David Riesman. Der beklagte bereits in den Fünfzigern den Druck, unter dem moderne Großstadtbewohner stehen. Die keine innere Überzeugung hätten, was wirklich wichtig ist, sondern nur eine Art Kompass dafür, welchen Erwartungen sie sich beugen müssen. „Radarmenschen“ nannte Riesman sie.
  Als berufstätige Mutter, die selbst hypertaskend mit dem Smartphone auf dem Spielplatz steht, denkt man: stimmt alles. Gut, dass auch mal Männer ihrer Wut und ihrem Genervtsein über die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie freien Lauf lassen. Mit einem etwas zu triumphierenden Gestus zwar, ein bisschen so, wie einem neue Väter gerne jede volle Windel unter die Nase halten. Seht her, Frauen! Das können wir auch! Aber egal. „Geht alles gar nicht“ setzt aus männlicher Perspektive fort, was die Amerikanerin Anne-Marie Slaughter 2012 in ihrem aufsehenerregenden Artikel „Why Women can’t have it all“ aufschrieb. Slaughter, Mutter von zwei Söhnen, leitete einige Jahre lang den Planungsstab von Hillary Clinton, als erste Frau in einer solchen Position. Irgendwann merkte sie dann, dass das alles gar nicht geht. Montagmorgen um halb fünf aufstehen, Zug nach Washington erwischen, Arbeitstage bis spät in die Nacht, Dienstreisen um die Welt, Freitagnacht mit dem letzten Zug nach Hause pendeln. Eine Unirektorin aus ihrem Bekanntenkreis hatte sich angewöhnt, in die Mikrowelle die Zeiten 1:11, 2:22 oder 3:33 zu tippen, weil das schneller ging, als 1:00, 2:00 oder 3:00 zu drücken, jede Mikrosekunde ist kostbar. Slaughters Konsequenz: Sie warf hin und kehrte zurück zu ihrer Familie.
  Nur dass sich Frauen wie Anne-Marie Slaughter erst mühsam dorthin kämpfen mussten, von wo aus sie jetzt beklagen, dass Frauen (noch) nicht alles haben können. Männer in Führungspositionen hingegen stehen seit Jahrhunderten für das System, an dem sie leiden. Wenn man von so weit oben die naheliegende Frage beantworten will, warum alles gar nicht geht, und nicht bei sich selbst suchen will, bleiben eigentlich nur die Verhältnisse und der Kapitalismus übrig. Brost und Wefing machen in ihrem Buch dann auch die Ökonomisierung und Beschleunigung für den Irrsinn verantwortlich. Dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit eingerissen werden, alle 24/7 erreichbar sein müssen. Dazu eine kurzsichtige Wirtschaft, die Arbeitnehmer wie ein Durchlauferhitzer verheizt und niemanden brauchen kann, dem auch Familie und Freizeit wichtig sind.
  „Capitalism kills love“, schreiben die Autoren. Ein wunderschöner Satz, den mal sofort sharen, liken, twittern möchte. Andererseits ist der Kapitalismus ja irgendwie an allem schuld. Oder wie die Punkrockband The International Noise Conspiracy mal sang: „Capitalism stole my virginity!“ Wenn aber der Kapitalismus an allem schuld ist, dann heißt das im Umkehrschluss, dass das Individuum an nichts schuld ist. Und das hat erst recht eine kapitalistische Logik, weil dann ja alles so bleiben kann, wie es ist. Oder wie Brost/Wefing schreiben: „Wenn die Belastungen so groß sind, wie sie sind, und wenn die gesellschaftlichen Veränderungen derart fundamental sind, dann heißt das auch: Wir können es nicht ändern. Nicht jeder Einzelne für sich jedenfalls.“
  Überhaupt fällt auf, wie wenig politisch die beiden sind. Natürlich geht es sehr viel um Politik. Um die verfehlte Familienpolitik, die mit der Gießkanne seltsame Leistungen wie das Betreuungsgeld ausschüttet, das, wie sich gerade herausstellt, vor allem von Mittelschichtsfamilien gerne mal eben mitgenommen wird. Oder Konstrukte wie das Ehegattensplitting, die antiquierte Rollenmodelle zementieren. Aber dass gerade bei der Entscheidung für Lebensformen auch das Private politisch ist, scheint Brost/Wefing entgangen zu sein. Denn natürlich können Väter Arbeitszeiten reduzieren, sich Jobs teilen, in Führungspositionen Teilzeit arbeiten oder Strukturen ändern. Und wer, wenn nicht hochqualifizierte Väter sollten Spielräume erkämpfen, für sich, ihre Mitarbeiter und Kolleginnen? Klar, ein einziger Mann, der um 16 Uhr aus einem Meeting aufsteht, um seine Kinder abzuholen, gilt schnell als komischer Zausel. Aber zwei, drei oder noch mehr Männer, die um 16 Uhr ihre Kinder abholen wollen, könnten der Anfang einer Veränderung sein.
  Man muss ja nicht gleich mit utopischen Ideen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen um die Ecke kommen, das die Werte einer Leistungsgesellschaft radikal auf den Kopf stellen würde. Oder mit einem Väterbuch der anderen Art, wie es der Brite Tom Hodgkinson geschrieben hat. Hodgkinson rät gehetzten Eltern auf sehr britisch-systemkritische Weise, die immer etwas Anarchistisches hat, dazu, einfach alle Fünfe gerade sein zu lassen. „Wir arbeiten so wenig wie möglich, wenn die Kinder klein sind. Wir liegen so lange wie möglich im Bett. Wir trinken Alkohol ohne Schuldgefühle“, heißen drei Punkte seines „Manifests für faule Eltern“.
  Doch die stille Resignation, bei der es Brost/Wefing belassen, kann es auch nicht sein. Im letzten Kapitel, das „Statt einer Lösung“ heißt, plädieren sie dafür, so gut wie möglich weiterzuwursteln. Die Vereinbarkeitslüge werde sich ohnehin bald als Lüge enttarnen. Abgesehen davon, dass man dann auch gleich im Bett bleiben könnte, fragt man sich, was wohl unsere Kinder eines Tages dazu sagen werden. Zu einer Elterngeneration, die offenbar zu müde, gehetzt und wohl auch zu selbstbezogen ist, um für Veränderungen kämpfen zu wollen.
Marc Brost, Heinrich Wefing: Geht alles gar nicht. Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können. Rowohlt 2015, 240 Seiten, 16,95 Euro. E-Book 14,99 Euro.
Männer in Führungspositionen
stehen seit Jahrhunderten für das
System, an dem sie leiden
Jenseits utopischer Ideen
gäbe es allerdings Spielraum
für politisches Handeln
1979 durchlebte Dustin Hoffman als Vater in „Kramer gegen Kramer“ dramatische Vereinbarkeitskonflikte. Foto: Columbia
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Ein kluges Buch. Heiko Maas