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Paul Ingendaays mitreißend erzählter Roman zeigt, dass nicht jeder, der die Liebe sucht, sie auch versteht.
In gewisser Weise sind die Frauen, die er gekannt hat, wie große Versprechen, die das Leben nicht erfüllen wollte. Ob das auch für Angela gilt, die seinetwegen ihren wohlhabenden Mann betrügt, muss Marko Theunissen erst noch herausfinden. Nur ein unverbesserlicher Romantiker würde sich überhaupt auf die Beziehung mit einer Kundin einlassen. Und seit wann sind Versicherungsvertreter Romantiker? Während ein hinterhältiger Kollege ihn mit seiner Affäre zu erpressen versucht, führt Marko…mehr

Produktbeschreibung
Paul Ingendaays mitreißend erzählter Roman zeigt, dass nicht jeder, der die Liebe sucht, sie auch versteht.
In gewisser Weise sind die Frauen, die er gekannt hat, wie große Versprechen, die das Leben nicht erfüllen wollte. Ob das auch für Angela gilt, die seinetwegen ihren wohlhabenden Mann betrügt, muss Marko Theunissen erst noch herausfinden. Nur ein unverbesserlicher Romantiker würde sich überhaupt auf die Beziehung mit einer Kundin einlassen. Und seit wann sind Versicherungsvertreter Romantiker? Während ein hinterhältiger Kollege ihn mit seiner Affäre zu erpressen versucht, führt Marko Theunissen zugleich die älteste Schlacht der Menschheitsgeschichte: den Kampf mit der eigenen Familie.
Autorenporträt
Paul Ingendaay, geb. 1961 in Köln, studierte Anglistik und Hispanistik in Köln, Dublin und München. 1997 wurde er mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik, 2006 mit dem Aspekte-Preis ausgezeichnet. Er lebt als Kulturkorrespondent der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' mit seiner Familie in Madrid.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2011

PAUL INGENDAAY, Feuilletonkorrespondent dieser Zeitung mit Sitz in Madrid, hat die Geschichte des Internatszöglings Marko Theunissen aus seinem ersten, mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichneten Roman "Warum du mich verlassen hast" von 2006 mit philosophischem Witz fortgeschrieben. Aus dem wahrheitssuchenden Klosterschüler ist zwanzig Jahre später ein gemäßigt idealistischer Versicherungsvertreter in der Provinz geworden, der die Affären seines Lebens ebenso an sich vorüberziehen lässt wie die Schweinereien seines Berufsstandes und die alltäglichen Katastrophen einer zerbrechenden Familie. Bis ein Kollege ihn erpresst. Bis sein Vater krank wird und die Hilfe der Familie braucht. Am Ende gibt es Hoffnung, und wenn nicht das, dann die ordnungsgemäße Ablage: Das Leben ist ein mittelschwerer Schadensfall. (Paul Ingendaay: "Die romantischen Jahre". Roman. Piper Verlag, München 2011. 470 S., geb., 19,99 [Euro].)

F.A.Z.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Recht erschöpft beendet Kristina Maidt-Zinke die Lektüre von Paul Ingendaays Roman "Die romantischen Jahre". Eigentlich, stellt sie fest, wisse der frühere FAZ-Literaturkritiker und heutige Madrid-Korrespondent Ingendaay, dass nicht alle Menschen jedes Leben für so spannend halten, dass man einen Roman daraus machen muss. Und wenn sie 460 Seiten gelesen, in denen es um einen gescheiterte Akademiker geht, der sein Dasein als Versicherungsvertreter fristet und in allen Details seine Familiensituation aufdröselt, wird sie ungehalten: Ein poetisches Konzept des "Alles muss raus" nimmt doch sehr wenig Rücksicht auf Leser, beschwert sie sich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.12.2011

In der Bestandsagentur des Glücks
Paul Ingendaay verkuppelt in seinem Roman „Die romantischen Jahre“ die Liebe und das Versicherungswesen
Wie die Literatur für einen sprachbegabten Jungen, den die Eltern ins Internat abgeschoben haben, zur Rettung wird, kann man sich leicht vorstellen. „Warum du mich verlassen hast“, der erste Roman des seit vielen Jahren als FAZ-Korrespondent in Madrid lebenden Literaturkritikers Paul Ingendaay, spielte in einem katholischen Knabeninternat am Niederrhein und trug autobiographische Züge, die der Autor durch allerlei literarischen Schabernack lustvoll camouflierte (von „Don Quijote“ über „Robinson Crusoe“ bis zu „Der Name der Rose“ war alles vertreten). Sein neuer Roman, der das Personal wieder aufgreift und sich nun auf die mittlerweile auseinandergebrochene Familie Theunissen konzentriert, macht gewissermaßen die Wette aufs Gegenteil: Kann man sich vorstellen, dass aus dem strebsamen Marko, der mit sechzehn wegen allzu großer Wahrheitsliebe vom Internat geflogen und auf dem Kölner Gymnasium sofort wieder zum Klassenbesten aufgestiegen ist, nach langen Jahren des Studiums der Anglistik, Germanistik und Philosophie ein Versicherungsvertreter geworden ist? Genau das will er uns glauben machen.
„Die romantischen Jahre“ spielt im Jahr 1998. Marko Theunissen, wie der Autor 1961 geboren und auch hier der Ich-Erzähler, hat vor sieben Jahren das Studium ohne Abschluss hingeschmissen. In einem niederrheinischen Dorf, sechzig Kilometer von seinem Heimatort Köln entfernt, unterhält er ein kleines Versicherungsbüro, das er von einem gewissen Willi übernommen hat, dem viele Dorfbewohner immer noch nachtrauern. „Ich bin eine Bestandsagentur“, sagt er nüchtern. Expansion und Aufstieg interessieren ihn nicht. Er hat einfach nur ein sicheres Plätzchen gesucht, irgendeine Tätigkeit, mit der sich ohne lange Ausbildung genügend Geld zum Leben verdienen lässt. Wie es dazu kam, versucht der Autor plausibel zu machen, während er eine ganz andere Geschichte erzählt: sie handelt von der Umdrehung des Generationenverhältnisses, die Familien ereilt, wenn die Kinder erwachsen sind und die Eltern hilfsbedürftig werden.
Rudolf Theunissen, der Vater des Erzählers, früher erfolgreicher Notar und potenter Versorger, hat sein Vermögen durch Immobilienspekulationen in den Sand gesetzt. Sein Augenlicht ist im Verschwinden begriffen, er zeigt Anzeichen einer beginnenden Demenz. Doch er hat Träume. Er möchte seine Memoiren verfassen. Zur Niederschrift der besprochenen Audio-Kassetten, deren Anzahl, wie Marko flugs errechnet, auf einen Umfang von Prousts „Recherche“ schließen lässt, hat er eine Schreibkraft engagiert, für deren Bezahlung er seine beiden Söhne anpumpen muss. Und er wünscht sich, dass die ganze Familie zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag noch einmal zusammenkommt: Sohn Marko und sein jüngerer Bruder Robert, aber auch seine geschiedene Frau und seine Tochter Sonja, die als Älteste das Scheitern der Ehe ihrer Eltern hautnah miterleben musste und sich von ihnen losgesagt hat. Nach wilden Jahren in Andalusien lebt sie in Madrid und ist mit einem reichen Immobilienhändler verheiratet.
Zwei Erzählstränge verfolgt der Autor parallel: zum einen die Geschichte einer Familie, die man zu Tolstois Zeiten einfach „unglücklich“ genannt hätte (und heutzutage unschön als „dysfunktional“ etikettiert), zum anderen die Beschreibung jener Lebenswege, die als ausgeschlagene Möglichkeiten eine Art Schattenexistenz führen, bis sie durch Erinnerung reaktiviert werden.
Eine solche Erfahrung bildet den Prolog des Romans. Doch es ist nicht Marko selbst, dem sie zugestoßen ist, sondern sein bester Freund Motte, der mit ihm auf dem Internat gewesen ist und im Sommer 1979 bei einem Südfrankreich-Urlaub dabei war, den der Vater mit den beiden Söhnen und seiner damaligen Geliebten Vera unternahm. Die Eltern waren bereits getrennt. Als Tramper stieg Motte damals zu einem jungen Mann und zwei jungen Frauen ins Auto, und das Trio bot ihm etwas an, was man damals wohl einen „flotten Vierer“ genannt hätte. „Dem alten Motte hatte sich eine sehr interessante Möglichkeit eröffnet, und er hatte sie ausgeschlagen, ob aus Unsicherheit, Schrecken oder Prinzipienfestigkeit, wusste er selbst nicht mehr“, kommentiert der Erzähler. Die glückliche Stimmung dieses französischen Sommers wird im Verlauf des Romans immer wieder evoziert. Und es ist nicht nur Motte, der sich um eine Erfahrung gebracht hat. Es ist vor allem das Glücksversprechen, das Vera für den Vater bedeutete, um das der Roman kreist.
Dass seine Eltern niemals zusammengepasst haben, steht für den Erzähler fest. Aber er hat auch ein Gespür für das Glück, das dem Vater entgangen ist, weil er seine Geliebte nicht halten konnte. Einzelne Szenen, in denen sich das Glücksversprechen eines ganzen Lebens sammelt, bilden das geheime Kraftzentrum dieses Romans. Es scheint so, als schreibe der Autor ihretwegen. Und doch traut er ihnen nicht. Immer wieder tauchen sie auf: Träumereien, von denen sich jeder wünscht, er könnte ihnen einfach folgen. Mal haben sie die Gestalt einer literarischen Anspielung (auf Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“), mal verkörpern sie sich in der Frau, die für Marko die Liebe seines Lebens hätte werden können.
Vielleicht ist es die Sorge, sentimental zu erscheinen, die Paul Ingendaay dazu bewogen hat, zwei große Bollwerke um den sensiblen Kern seines Romans zu errichten. Das eine ist die Sprache. Allzu oft fällt er in einen humoresken Pennälerton, der in seinem ersten Roman funktioniert hat, aber aus dem Mund eines nun beinahe vierzigjährigen Erzählers nicht mehr lakonisch, sondern läppisch wirkt (etwa wenn er Georg Büchner „Georgie“ nennt). Das andere ist die Verwandlung eines interpretationsfreudigen Lesers und ambitionierten Studenten in einen Versicherungsvertreter, der von seinem Beruf nicht mehr erwartet, als dass er ihn am Leben erhält.
Zwar wird diese Verwandlung mit Kafka-Bezügen veredelt, doch ernsthaft motiviert wird sie nicht. Trotz der Seitenhiebe auf die theorielastige Germanistik der 1980er Jahre, trotz des Wunsches, den Geldbeutel des Vaters zu entlasten und dessen Ehrgeiz ins Leere laufen zu lassen, bleibt sie für den Charakter des Ich-Erzählers unplausibel. Sie hat offenbar keine andere Funktion, als den Autor vom Verdacht autobiographischen Erzählens zu entlasten und seine Intelligenz und Sensibilität im Zaum zu halten.
Doch einen realistischen Roman kann ein solcher Erzähler nicht über eine weite Strecke tragen. Der Leser ist jederzeit bereit, sich alles Mögliche vorzustellen. Die Verwandlung eines Angestellten in ein Ungeziefer nimmt er als gegeben hin, wenn Textsignale zeigen, dass es nicht um Realismus geht. Doch „Die romantischen Jahre“ sind fest im Koordinatensystem der Bundesrepublik verankert. Es mag kluge Versicherungsvertreter in der niederrheinischen Provinz geben, doch würden sie eine andere Lebensgeschichte erzählen als Marko Theunissen.
Dabei hätte es einen einfachen Ausweg aus dem Dilemma gegeben. Ein auktorialer Erzähler müsste all die Erklärungen nicht erfinden, die sich Paul Ingendaay ausdenkt, wenn er merkt, dass Marko von Dingen erzählt, die er nicht wissen kann, vor allem das innere Erleben anderer Figuren in intimen Situationen. Das fängt bei Mottes französischer Autofahrt an, geht über die Vorbereitungsrituale seiner verheirateten Geliebten, die ihn nachts, unbemerkt von Mann und Kindern, anruft, und endet beim heillosen Verirren seines Vaters, der am Tag seines Geburtstags von einem Taxifahrer aufgelesen und nach Hause gebracht wird. Es sind starke Szenen, doch sie wären noch stärker, wenn Paul Ingendaay sich nicht selbst die Hände gefesselt hätte.
MEIKE FESSMANN
PAUL INGENDAAY: Die romantischen Jahre. Roman. Piper Verlag, München 2011. 480 Seiten, 19,99 Euro.
Wie heißt Georg Büchner, wenn
ein knapp Vierzigjähriger wie ein
Pennäler spricht? „Georgie“!
Wenn man an der wasserzugewandten Seite des Geländers steht, ist es ganz gut, eine Absturzversicherung zu haben: Paul Ingendaay. Foto:Peter Peitsch
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