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Was suchte der umschwärmte Footballstar, der seine Karriere aufgibt, für sein Land in den Krieg zieht und in Afghanistan getötet wird? Bestsellerautor Jon Krakauer folgt in seiner hoch spannenden neuen Reportage einem Helden von heute und erzählt von einem existenziellen Kampf auf den Feldern der Ehre.
In der Abenddämmerung des 22. April 2004 fällt Pat Tillman, 27, auf einem Bergpass im Südosten Afghanistans. Er ist der berühmteste Freiwillige der US-Armee, ein Held wie aus dem Bilderbuch. Der Profifootballer hatte 2002 einen Millionenvertrag für die National Football League abgelehnt, um
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Produktbeschreibung
Was suchte der umschwärmte Footballstar, der seine Karriere aufgibt, für sein Land in den Krieg zieht und in Afghanistan getötet wird? Bestsellerautor Jon Krakauer folgt in seiner hoch spannenden neuen Reportage einem Helden von heute und erzählt von einem existenziellen Kampf auf den Feldern der Ehre.
In der Abenddämmerung des 22. April 2004 fällt Pat Tillman, 27, auf einem Bergpass im Südosten Afghanistans. Er ist der berühmteste Freiwillige der US-Armee, ein Held wie aus dem Bilderbuch. Der Profifootballer hatte 2002 einen Millionenvertrag für die National Football League abgelehnt, um mit seinem Land gegen den Terror zu kämpfen. Jon Krakauers spektakuläre Reportagen spüren Bestseller für Bestseller Männern nach, die für ihre Ideale alles aufs Spiel setzen, selbst ihr Leben. In Pat Tillman porträtiert er einen unangepassten jungen Mann, der im Sport wie im Militär die Gemeinschaft sucht und doch seinen eigenen Regeln folgt. Wie kein anderer schildert Krakauer menschliches Ringen in existenziellen Situationen, in denen Richtig und Falsch, Freund und Feind nicht leicht zu unterscheiden sind.
Autorenporträt
Jon Krakauer, geboren 1954, arbeitet als Wissenschaftsjournalist für amerikanische Zeitschriften. Für seine Reportagen wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Frau in Colorado.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Lügen in Zeiten des Krieges

Ein Sportstar stirbt in Afghanistan im Feuer der Kameraden und wird vom Pentagon zur Ikone stilisiert. Jon Krakauer rollt den Fall Pat Tillman auf.

Von Tobias Rüther

Ein dreißigjähriger Krieg, und abermals geht es um Religion und Geopolitik. Diesmal jedoch spielt er nicht mitten in Europa, auch wenn er den Kontinent wieder im Innersten trifft: Am 25. Dezember 1979 fielen sowjetische Truppen in Afghanistan ein, um die kommunistischen Machthaber von Kabul gegen aufständische Mudschahedin zu unterstützen. Diese Invasion - und alles, was sie mit sich brachte an Waffen, Wirrnis und Wortbruch - hat die Taliban auf den Plan gerufen und den Aufstieg von Al Qaida zur weltweit agierenden Terrororganisation gefördert. Seither hat die Gewalt nie aufgehört, Afghanistan zu beherrschen. Von dort streut sie in die Welt aus.

Der CIA hatte die islamischen Partisanen in Afghanistan schon vor dem Einmarsch der Sowjets mit Waffen versorgt, um diesen Einmarsch überhaupt erst zu provozieren. Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater des damaligen amerikanischen Präsidenten Carter, verriet Jahre später, man habe bewusst "die Sowjets in die afghanische Falle" locken wollen, um den Feinden ihr eigenes Vietnam zu bereiten. Und jetzt, dreißig Jahre später, ist die Auseinandersetzung um Afghanistan viel schlimmer geworden, als Vietnam es jemals war. Das sagt wiederum Richard Holbrooke, der Sondergesandte des heutigen amerikanischen Präsidenten Obama für Afghanistan. Aber die Sowjets sind weg, dafür sind die Amerikaner nun da, doch nicht nur die, auch Briten und Deutsche, und das wohl noch auf unabsehbare Zeit.

Dem dreißigjährigen afghanischen Krieg hat sich Jon Krakauer in einem langen, detaillierten und zum Ende hin immer zornigeren Buch gewidmet. Krakauer, geboren 1954, ist der Autor packender Verkaufsschlager wie dem Mount-Everest-Drama "In eisigen Höhen". Als Reporter ist er meist dort zur Stelle, wo Menschen an Extreme herangehen und scheitern, sei es auf Berggipfeln oder im Permafrost. Die Hauptfigur des neuen Buchs allerdings fällt nicht den Gewalten der Natur zum Opfer: "Auf den Feldern der Ehre" erzählt die Geschichte des amerikanischen Soldaten Pat Tillman, der bald nach dem 11. September 2001 seine Karriere als Profifootballer unterbricht, um sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden: Der Army Ranger wird erst in den Irak und dann nach Afghanistan geschickt. Dort stirbt er am 22. April 2004 im "friendly fire" der eigenen Kameraden. Sie schossen ihm bei einem schiefgelaufenen Einsatz in der südöstlichen Provinz Khost ins Gesicht. Pat Tillman wurde siebenundzwanzig Jahre alt.

Der Freundbeschuss, schreibt Krakauer, "ist fester Bestandteil jedes Krieges". Im Zweiten Weltkrieg seien einundzwanzig Prozent der toten und verwundeten amerikanischen Soldaten von den eigenen Leuten verletzt worden. In Vietnam waren es neunundreißig Prozent, in Irak bislang einundvierzig und in Afghanistan dreizehn Prozent. Tillmans Fall aber wurde zum Politikum, wie Krakauer zeigt, und seine Beweise trägt er peinlich genau vor: Denn die Armee machte den Sportstar zum dekorierten Kriegshelden. Sie beförderte ihn postum zum Corporal und verlieh ihm eine Tapferkeitsmedaille - bevor sie einräumen musste, dass ihre Legende vom Star, der sich in den Kampf für sein Vaterland stürzte und von den Feinden der Freiheit getötet wurde, eben nur eine Legende war.

Dieser aufgedeckte publicity stunt, der von den beinah zeitgleich bekanntgewordenen Folterungen im irakischen Gefängnis Abu Ghraib ablenken sollte, machte die Situation für das Pentagon nur noch schlimmer. Nicht nur, dass die Führung der Armee irakische Gefangene quälen ließ, hieß es jetzt: Wenn es von Nutzen ist, missbraucht sie sogar das Andenken an einen eigenen, gefallenen Soldaten - und jeden, der ihm nahestand.

Amerikanische Kritiker dieses Buchs haben begrüßt, dass Krakauer den Fall Tillman jetzt so ausführlich auseinandernimmt. Die afghanische Szenerie sei anderswo aber schon viel eindringlicher beschrieben worden, zum Beispiel in Steve Colls "Ghost Wars", aus dem Krakauer oft zitiert. Außerdem lese sich das Buch eher wie eine nachgereichte Anklageschrift gegen die Regierung Bush. Das stimmt zwar, Krakauer verbirgt nicht, was er vom Kabinett des W. Bush hält, vom Vizepräsident Cheney und dem Verteidigungsminister Rumsfeld, von den Beratern Rove und Wolfowitz. Für das deutsche Publikum aber werden viele Details und Namen neu oder nicht geläufig sein. Nicht jeder liest schließlich Englisch.

Was die Wucht des Buchs dann aber doch aufhält, ist seine Quellenlage: Jon Krakauer würde so gern, er kann aber nicht endgültig nachweisen, wie stark Washington an der Affäre beteiligt war. Mehrfach erwähnt er "200 E-Mails" vom Tag nach Tillmans Tod, die "zu diesem Vorfall von Offiziellen des Weißen Hauses verschickt oder empfangen" wurden. Zu Gesicht bekommen hat er sie aber nicht und ebenso wenig der Kongress-Abgeordnete Henry Waxman, der den Untersuchungsausschuss zum Fall Tillman leitete. Zu prekär für die nationale Sicherheit.

Andererseits muss man sich nur das Gestammel der höchsten amerikanischen Politiker anhören, als sie zur Affäre befragt wurden: Verantwortung wollte niemand übernehmen. Zweiundachtzig Mal behauptete Rumsfeld bei der Kongress-Untersuchung im Sommer 2007, er könne sich nicht erinnern. Präsident Bush selbst sagte: "Natürlich habe ich noch in der gleichen Minute, als ich hörte, dass die Tatsachen, von denen die Leute glaubten, dass sie stimmten, gar nicht stimmten, erwartet, dass es da eine vollständige Untersuchung geben wird, die der Sache auf den Grund gehen wird." Es klingt, als habe der Leader Of The Free World von alledem nur aus der Zeitung erfahren.

Die Quellen, aus denen Krakauer dann doch zitieren kann, sind sehr privat: Tagebücher und Briefe Pat Tillmans; er hat sehr viel geschrieben. Man spürt, wie sehr Krakauer sich bemüht, der Ehre gerecht zu werden, diese Papiere benutzen zu dürfen. Er geht so weit, Tillman zum homerischen Helden zu stilisieren, und das kostet in diesem Buch Zeit und Nerven. Das Porträt des Gefallenen, wie Krakauer es zeichnet, gerät viel zu lang und trieft oft von Pathos, wo Pietät oder auch nur Respekt gereicht hätten.

Pat Tillman hatte nämlich offenbar seinen eigenen Kopf. Als Elitesoldat an der irakischen Front sprach er offen aus, wie illegal dieser Krieg sei. Er las Platon, Emerson und Bücher des anarchistischen Gesellschaftskritikers Noam Chomsky, nahm sogar Kontakt zu ihm auf und hätte ihn wohl getroffen, hätte er Afghanistan überlebt. Er war eigentlich zu klein für einen Footballer und arbeitete sich doch hoch. Sein Gerechtigkeitssinn war leicht reizbar. Und als er zur Armee ging und dafür einen millionenschweren Profivertrag in den Wind schrieb, weigerte Tillman sich von Anfang an standhaft, als Werbeträger der Armee eingespannt zu werden. Falls er falle, wolle er nicht, "dass sie mich durch die Straßen tragen" - das hat Tillman später auf einem Feldbett in Bagdad zu einem Kameraden gesagt. Aber genau das ist passiert.

Und noch vieles mehr, das nicht hätte passieren dürfen: Tillmans Uniform wurde noch am Tatort verbrannt, was gegen jede Vorschrift ist. Beweismaterial verschwand. Die Familie wurde hingehalten. Und dann, als sie nicht Ruhe gab und wissen wollte, was genau geschah, behauptete ein hoher Militär, es sei der mangelnde Glaube, der die Tillmans so renitent mache. Freunde und Kameraden des Toten wurde benutzt, Zeugenaussagen manipuliert, gelogen. Und vor allem wurde geschwiegen: Das ist vielleicht die größte aller Sünden im Fall Pat Tillman. Aller Trost war wochenlang vergiftet.

Jedem Ranger des Konvois, der in den Bergen von Khost in einen Hinterhalt geriet, war innerhalb von zwölf Stunden klar, dass Pat Tillman von den eigenen Kameraden erschossen wurde. Doch reden durften sie nicht. Und so dienten sie noch eine Zeitlang Seite an Seite mit Kevin, Tillmans jüngerem Bruder: Die beiden hatten sich gemeinsam zur Armee gemeldet, waren erst im Irak und dann in Afghanistan eingesetzt worden. Kevin war nicht weit, als Pat erschossen wurde. Danach durfte ihm niemand die Wahrheit sagen. Schon allein das war beschämend: diese jungen Männer per Befehl zu Mittätern einer Vertuschung gemacht zu haben, die zwar erwiesen ist, bis heute aber von den Verantwortlichen nicht eingestanden wurde. Pat Tillman - das beschreibt Jon Krakauer in seinem engagierten, aber letztlich überrecherchierten Buch - starb wegen einer Verkettung unglücklicher Umstände, Fehleinschätzungen und Unterlassungen. Das war ein Unglück. Was nach seinem Tod aber mit ihm geschah, war ein Verbrechen. General Stanley McChrystal, der damals, obwohl er es besser wusste, die Anträge zur Tapferkeitsmedaille für Pat Tillman gegenzeichnete, ist heute Kommandeur der amerikanischen Truppen und der ISAF-Allianz in Afghanistan.

Jon Krakauer: "Auf den Feldern der Ehre". Die Tragödie des Soldaten Pat Tillman. Aus dem Amerikanischen von Michael Bayer. Piper Verlag, München 2009. 445 S., geb., 19,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht ohne Verdienst, aber doch problematisch findet Rezensent Tobias Rüther diese engagierte Recherche des Bestsellerautors Jon Krakauer. Der Fall, den er hier schildert, ist ein veritabler Skandal: Der Profifootballer Pat Tillman meldet sich freiwillig zum Krieg und kommt in Afghanistan ums Leben. Nicht durch den Feind allerdings, sondern im "friendly fire" der eigenen Seite. In der US-Propaganda stellt sich das freilich ganz anders dar. Sie erklärt den Soldaten – übrigens sogar gegen dessen vor seinem Tod erklärten ausdrücklichen Willen – zum Helden und unterdrückt mit Macht die wahren Vorgänge. Wie Krakauer diese Wahrheit nun schildert und damit die Lüge sichtbar macht, daran hat Rüther prinzipiell nichts auszusetzen. Allerdings gehe Krakauer dabei zu weit, wenn er nun seinerseits Tillman zum "homerischen Helden" stilisiere und dabei überreichlich eigenes "Pathos" produziert.

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