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Ein Roman – drei Wartende: Der alte Regisseur Hajime Inoue wartet auf die Sonne, daß sie ihm das ersehnte Licht für seinen Film bringe. Shiro, der Filmrequisiteur, wartet, daß sein Bruder aus dem Koma erwacht. Und Fujisawa, der Yakuza, wartet auf die Tasche von Shiros Bruder, deren Inhalt so gefährlich ist, daß sie das Ende der Welt in sich trägt. Und wir haben auf ihn gewartet: »Wer Haruki Murakami liebt, muß Hitonari Tsuji lesen! Seine Originalität und sein Charme liegen in seinem Geschick, spezifisch japanische Themen auf faszinierende Art zu beschreiben. Wenn er noch mehr solch wunderbare…mehr

Produktbeschreibung
Ein Roman – drei Wartende: Der alte Regisseur Hajime Inoue wartet auf die Sonne, daß sie ihm das ersehnte Licht für seinen Film bringe. Shiro, der Filmrequisiteur, wartet, daß sein Bruder aus dem Koma erwacht. Und Fujisawa, der Yakuza, wartet auf die Tasche von Shiros Bruder, deren Inhalt so gefährlich ist, daß sie das Ende der Welt in sich trägt. Und wir haben auf ihn gewartet: »Wer Haruki Murakami liebt, muß Hitonari Tsuji lesen! Seine Originalität und sein Charme liegen in seinem Geschick, spezifisch japanische Themen auf faszinierende Art zu beschreiben. Wenn er noch mehr solch wunderbare Bücher verfaßt, wird ganz Frankreich ihn lieben« schrieb die Zeitschrift »Elle«. Und Frankreich liebt ihn, den Kultstar aus Japan, den legendären Frontman der Rock­gruppe Echoes, den Regisseur, dessen Filme bei den Festspielen in Venedig und Berlin gezeigt werden, und den Romanautor, der so ungewöhnlich schreibt und jeden verzaubert.
Autorenporträt
Hitonari Tsuji, 1959 in Tokio geboren, ist in Japan als Schriftsteller, Rocksänger, Filmemacher und Fotograf ein Idol. Für seine Romane erhielt er bereits sowohl die wichtigste japanische Literaturauszeichnung, den Akutagawa-Preis, als auch den französischen Prix Fémina. Seit 2003 lebt Hitonari Tsuji mit seiner Frau, der berühmten Schauspielerin Miho Nakayama, und mit seinem kleinen Sohn Juto in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2007

Rote Sonne
Falsch belichtet: Hitonari Tsuji erzählt von einem alten Regisseur

Hitonari Tsuji, Jahrgang 1959, ist in Japan als experimentierfreudiger Romancier, Regisseur und Rockmusiker bekannt. Mit einer Art filmischen Schreibens hebt er die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart und zwischen den Genres auf. Zu seinen Vorbildern zählt Hitonari Tsuji, der seit 2003 in Paris lebt, Vian, Duras, Robbe-Grillet und Beckett. "Warten auf die Sonne" heißt sein Roman, und ums Warten geht es auch vor allem.

Der zwischen Genialität und Senilität schwer einzuordnende Meisterregisseur Hajime Inoue dreht in Hokkaido mit achtzig Jahren sein letztes großes autobiographisches Werk, die Neuinszenierung eines früheren Films. Als Regieassistent wirkte er 1937 in China an einem Propagandadokumentarfilm über die Einnahme Nankings durch japanische Truppen mit. Damals hatte Inoue eine unglückliche, von Schuldgefühlen überschattete Liebesbeziehung zur chinesischen Hauptdarstellerin, die als zum Verrat an ihrem Heimatland gezwungener tragischer Star Karriere machte. Im Remake des Kriegs mit China versucht er nun mit einem Großaufwand über Monate des Wartens hinweg jenes Licht einzufangen und auf Leinwand zu bannen, das 1937 rot über Nanking lag.

Im Wechsel der Schreibansätze und Perspektiven spielt Hitonari Tsuji mit Licht, Gedächtnis und Identität. Die Ode an die Sonne steht in der ästhetischen Tradition des "Lob des Schattens" (1933) von Jun'ichiro Tanizaki. Die Passagen über das Patinieren und die perfekte Illusion des natürlichen Verfalls als Stilmittel japanischer Kunst entfalten eine morbide Faszinationskraft. Expressiv evoziert der Autor die verborgenen Schichten der menschlichen Psyche und die Befangenheit des modernen Menschen im Ablaufprogramm des gesellschaftlichen Systems.

Die unter Schlaflosigkeit, Gedächtnisschwund und Liebesverlust leidenden Protagonisten bilden die Staffage eines literarischen Roadmovies. Das meditative Ambiente der Ebenen Hokkaidos wird dabei provokativ und plakativ mit der harten sozialen Realität Tokios, wo die Studioaufnahmen stattfinden, kontrastiert. Drehorte, Erzählhorizonte und Schauplätze des Wartens werden im simulationsreichen Spiegelkabinett in immer neu aufgerollten Sinnbezügen und Liebesreigen assoziiert oder ineinander verwoben.

So wartet Shiro darauf, dass sein älterer Bruder Jiro, der in die Kreise und später in die Schusslinie der Mafia geriet, in einem Krankenhaus aus dem Koma erwacht. Tagträume lassen in surrealen Bilderfluten der Straßenschluchten Tokios die Jugend eines auf die schiefe Bahn Geratenen Revue passieren. Dabei symbolisiert die synthetische Droge "Lose My Memory", mit der Jiro handelte, die Sinnkrise und Bewältigungsstrategien der Gegenwart. Mit allegorischer, zwischen Traum und Trauma, Scham und Schuld oszillierender Poesie werden private Ablagerungen der Erinnerung und geschichtliche Verirrungsmomente offengelegt, wobei der Roman in Form der eingestreuten Reminiszenzen des Regisseurs an das Nanking-Massaker durchaus auch einen Beitrag zur immer noch unterentwickelten japanischen Erinnerungskultur leistet.

Auch wenn die Sonnenmetaphorik etwas überreizt und die Erzählstränge in Form der späteren Einbeziehung des Hiroshima-Komplexes im Spannungsfeld zwischen Täterschaft und Opferrolle überstrapaziert werden, hat Hitonari Tsuji ein reizvolles, in sich ruhendes philosophisches Kammerspiel um Warten, Erwartung und Erlösung geschrieben.

STEFFEN GNAM.

Hitonari Tsuji: "Warten auf die Sonne". Roman. Aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe. Piper Verlag, München 2006. 416 Seiten, geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Diesem Roman "ums Warten" hat sich der Rezensent nicht entziehen können. Zwar findet Steffen Gnam die Metaphorik des japanischen Autors Hitonari Tsuji mitunter "überreizt" und den einen oder anderen Erzählstrang "überstrapaziert", insgesamt aber hat ihn das Buch, das er mal als "literarisches Roadmovie", mal als "philosophisches Kammerspiel" bezeichnet, fasziniert. Der Reiz scheint sich für ihn gerade aus dem Kontrast von meditativen Passagen etwa über Stilmittel japanischer Kunst und plakativ geschilderte soziale Realität, etwa Tokios, zu ergeben. Dass Tsuji zudem auf poetische Weise private und kollektive Reminiszenzen kombiniert, macht den Text für Gnam sogar zu einem Beitrag zur "unterentwickelten japanischen Erinnerungskultur".

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