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Ein Netz von Beziehungen, Abhängigkeiten und Korruption hat sich über das Parlament gelegt. Friedhelm Schwarz, selbst jahrelang in der Politikberatung tätig, zeigt die Tricks, mit denen Gesetze im Sinne der Industrie wirkungslos gemacht werden; er erklärt, wie eine "Vorteilsnahme" diskret und reibungslos abgewickelt wird, und beschreibt den Kampf der Konzerne und Verbände um den besten Platz am Trog.

Produktbeschreibung
Ein Netz von Beziehungen, Abhängigkeiten und Korruption hat sich über das Parlament gelegt. Friedhelm Schwarz, selbst jahrelang in der Politikberatung tätig, zeigt die Tricks, mit denen Gesetze im Sinne der Industrie wirkungslos gemacht werden; er erklärt, wie eine "Vorteilsnahme" diskret und reibungslos abgewickelt wird, und beschreibt den Kampf der Konzerne und Verbände um den besten Platz am Trog.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.03.2000

Die Lobby im Bundestag
Ungefähres und Unpräzises über die Einflussnahme der Wirtschaft
FRIEDHELM SCHWARZ: Das gekaufte Parlament. Die Lobby und ihr Bundestag. Piper Verlag, München 1999. 268 Seiten, 39,80 Mark.
Seit 1974 wird vom Bundestagspräsidenten alljährlich die so genannte Lobbyliste veröffentlicht. Nur wer darin verzeichnet ist, kommt bei Anhörungen des Parlaments zu Wort. Das zielt darauf ab, potenzielle Interesseneinflüsse transparenter zu machen. Zwar sieht Friedhelm Schwarz, langjähriger Geschäftsführer einer PR-Agentur, in dieser Liste lediglich die „Spitze des Eisbergs”. Aber von einem „gekauften Parlament” zu sprechen, wie es der Titel tut, schießt, selbst unter Berücksichtigung der aktuellen Finanzskandale, weit über das Ziel hinaus und kann von Schwarz auch gar nicht belegt werden. Mit Blick auf den möglichen Einfluss von Verbänden muss er einräumen: „Der gern geäußerte Verdacht, dass es sich beim Bundestag deshalb um ein fremdbestimmtes Parlament handele, lässt sich in keiner Weise bestätigen”. Die Macht von Interessengruppen sei in den letzten Jahrzehnten vielmehr stetig gesunken.
Aber: Der Autor wird seinem Thema nicht gerecht. Statt Belege im Einzelnen anzuführen, kommt er über Unterstellungen nicht hinaus, statt zu differenzieren, gibt er Pauschalurteile ab – und schadet deshalb seinem berechtigten Anliegen. Dies gilt erst recht, wenn der Autor inkorrekte Angaben macht. So behauptet er: „Mit dem Ende der IOS”, gemeint ist die Investment-Vertriebsgesellschaft Investors Overseas Services, die 1970 ihre Tätigkeit einstellte, „kam auch das politische Ende von Dr. Erich Mende”, der zeitweise den Verwaltungsratsvorsitz des Unternehmens in Deutschland innehatte. Auf diese Weise konstruiert Schwarz einen Zusammenhang, der schlichtweg unhaltbar ist. Mendes Karriere endete ob seiner nationalliberalen Haltung, die mit der neuen Ostpolitik der SPD/FDP-Koalition schwerlich auf einen Nenner zu bringen war. Der Kollaps der IOS spielte hier gar keine Rolle.
Auch bei Anke Fuchs nimmt es der Verfasser mit den Fakten nicht so genau. Der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages unterstellt er, das Amt als Präsidentin des Deutschen Mieterbundes in ihrer Biographie zu verschweigen und es „nur in den veröffentlichungspflichtigen Angaben” zu erwähnen. Ein Blick in das aktuelle „Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag”, das auf den freiwilligen Informationen der Abgeordneten beruht, wiewohl von Schwarz an anderer Stelle herangezogen, hätte ihn eines Besseren belehrt. Dabei liest sich der Band streckenweise wie eine Kurzfassung des „Amtlichen Handbuchs des Deutschen Bundestages” in Prosa, dessen biographischer Teil dem Autor als Vorlage gedient haben mag.
Kostprobe gefällig? „Ulrike Merten hat eine typische Landeslisten-Karriere in Nordrhein-Westfalen über die lange, brave Mitarbeit in der Partei absolviert. Michael Roth, Jahrgang 1970 und damit einer der jüngeren Abgeordneten, seines Zeichens Diplom-Politologe, hat ebenfalls die typische Karriere eines Kommunalpolitikers aufzuweisen. Das gleiche gilt für Birgit Roth aus Speyer. René Röspel lässt sich am ehesten als engagierter semiprofessioneller Lokalpolitiker kennzeichnen”. Solche – in der Tat wenig ergiebigen – Auflistungen werden dem Leser oft seitenlang zugemutet.
Das gilt auch für die Beurteilung der Literaturbasis. Wer in den letzten Jahren nicht dazu gekommen ist, den „Stern” zu lesen, kommt hier voll auf seine Kosten. Schwarz’ Wertschätzung des Hamburger Magazins ist offenbar so groß, dass bei der Vorstellung des Beraterkreises von Gerhard Schröder selbst veraltete Funktionsangaben vom Frühjahr 1998 direkt aus dem Heft übernommen werden. Frank-Walter Steinmeier, um es bei einem Beispiel zu belassen, erscheint so auch heute noch als „Leiter der Staatskanzlei in Niedersachsen”, obgleich er inzwischen in Berlin unter Gerhard Schröder als Chef des Kanzleramtes fungiert. Mitunter hat sich der Rezensent bei der Lektüre gefragt, weshalb ein seriöser Verlag wie Piper ein derartig schlecht lektoriertes Machwerk überhaupt herausbringt.
So ist aus dem vorliegenden Werk zwar kein „Schwarzbuch Lobbyismus” geworden, aber der aufmerksame Leser dürfte trotzdem auf seine „Kosten” kommen. Denn der Verfasser erweist sich wider Erwarten doch noch als profunder Analyst, wenn auch auf anderem Terrain. Das Biotechnologieunternehmen Evotec Biosystems, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Heinz Riesenhuber ist, bewertet er geradezu euphorisch. Seit Börseneinführung im November 1999 ist Evotec Biosystems jedenfalls um mehr als 150 Punkte gestiegen. Damit hat sich der Wert der Aktie innerhalb weniger Monate versiebenfacht. Vielleicht sollten Helmut Kohl und die CDU ja am Neuen Markt investieren. In Friedhelm Schwarz hätten sie womöglich einen kundigen Ratgeber.
RALF ALTENHOF
Der Rezensent ist Politikwissenschaftler an der TU Chemnitz.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In Ralf Altenhofs Rezension schneidet dieses Buch ziemlich schlecht ab: Es halte nicht, was der Titel suggeriere. Der Autor räume auch selbst ein, dass der Einfluss von Lobbyisten auf das Parlament - trotz der jüngsten Parteispendenskandale - in den letzten Jahren stetig nachgelassen habe. Schlimmer fällt in Altenhofs Augen jedoch ins Gewicht, dass Schwarz sogar vor falschen Angaben nicht zurück schreckt, wie der Rezensent mehrfach nachweist. Als Beispiel dafür sei genannt, dass Schwarz behauptet, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Anke Fuchs, habe ihre Tätigkeit als Präsidentin des Deutschen Mieterbundes in ihrer Biografie verschwiegen. Altenhof weist daher darauf hin, dass sie in ?Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag? durchaus freiwillig auf dieses Amt hingewiesen hat. Schwarz komme in diesem Buch ?über Unterstellungen nicht hinaus?. Darüber hinaus stört sich der Rezensent an zahlreichen falschen Angaben (so taucht Frank-Walter Steinmeier noch als ?Leiter der Staatskanzlei in Niedersachsen? auf, obwohl er mittlerweile Chef des Kanzleramtes ist) und an seitenlangen stichwortartigen Kurzbiografien, die er wenig informativ findet. Altenhofs Verwunderung darüber, dass ein ?seriöser Verlag wie Piper ein derartig schlecht lektoriertes Machwerk? überhaupt herausgebracht hat, macht den Verriss komplett.

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