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Hugo von Hofmannsthal, Europäer und Wiener, Lyriker und raffinierter Erzähler, erfolgreicher und manchmal packend gescheiterter Dramatiker, weltoffener Essayist und unbequemer Zeitgenosse, sprachmächtiger Sprachskeptiker im Brief des Lord Chandos dieses Handbuch beleuchtet die schwer überschaubare Vielseitigkeit des Werkes in seinen ideen- und kulturgeschichtlichen Verschränkungen. Erträge der Forschung und der Editionen werden zu Perspektiven gebündelt, die eine komplexe Gestalt der Moderne als Spiegel darüber hinausreichender Fragen zeigen.

Produktbeschreibung
Hugo von Hofmannsthal, Europäer und Wiener, Lyriker und raffinierter Erzähler, erfolgreicher und manchmal packend gescheiterter Dramatiker, weltoffener Essayist und unbequemer Zeitgenosse, sprachmächtiger Sprachskeptiker im Brief des Lord Chandos dieses Handbuch beleuchtet die schwer überschaubare Vielseitigkeit des Werkes in seinen ideen- und kulturgeschichtlichen Verschränkungen. Erträge der Forschung und der Editionen werden zu Perspektiven gebündelt, die eine komplexe Gestalt der Moderne als Spiegel darüber hinausreichender Fragen zeigen.
Autorenporträt
Mathias Mayer ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg und Mitherausgeber der Hugo-von-Hofmannsthal-Ausgabe. Julian Werlitz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Neuere Deutsche Literaturwissenschaft der Universität Augsburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2017

Der Schwierige
Hugo von Hofmannsthal war zu Lebzeiten eine Großmacht in der deutschsprachigen Literatur. Inzwischen ist er
etwas in den Schatten gerückt. Das neue Hofmannsthal-Handbuch lädt zur Wiederentdeckung ein
VON JENS MALTE FISCHER
Jedermann kennt „Jedermann“, aber kennt jedermann auch nur bruchstückweise Hugo von Hofmannsthal? Das darf mit einigem Recht bezweifelt werden. Der Lyriker Hofmannsthal, der als Jüngling, teilweise als Knabe noch, vor eine europäische Öffentlichkeit trat und sie bezauberte, der ist nahezu verschollen. Natürlich sind da die Opernlibretti für Richard Strauss (zu denen „Elektra“, da erst nachträglich zur Oper gemacht, nicht zu rechnen ist). An der Popularität des „Rosenkavalier“ ist wahrlich nicht zu deuteln, aber die Delikatessen des Hofmannsthalschen Textes auch als solche zu präsentieren, war nicht das primäre Ziel des Straussschen Komponierens.
Und Hofmannsthals Komödien, in die er wahrlich viel investiert hat, sind gänzlich von den Bühnen verschwunden. Selbst der einst doch hochgeschätzte „Schwierige“ von 1921, der im Dunstkreis des Endes des Ersten Weltkriegs in Wien situiert ist und ein Fingerspitzengefühl für spezifische lokale Valeurs benötigt, hat seit Jahrzehnten auch auf österreichischen Bühnen keine zureichende Realisierung erfahren.
Hugo von Hofmannsthal ist also ein großer Name, aber auch große Namen sind heutzutage manchmal nur Schall und Rauch, und das muss man auch für ihn konstatieren. Immerhin, nach rund vierzigjähriger, zu Beginn klippenreicher Arbeit ist die Kritische Ausgabe Sämtlicher Werke, die vom Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt verantwortet wird und vierzig Bände umfasst, nahezu abgeschlossen. Andererseits ist erstaunlich, dass es eine große Hofmannsthal-Biografie nach wie vor nicht gibt, auch wenn einzelne Porträtversuche, wie die von Werner Volke und Hans-Albrecht Koch gut gelungen sind, zu denen die ziemlich kritische Charakterstudie Ulrich Weinzierls tritt.
In dieser Situation ist das neue Hofmannsthal-Handbuch, das Mathias Mayer und Julian Werlitz in der bewährten Reihe der Handbücher des Metzler-Verlags publiziert haben, eine willkommene Neuerscheinung. Natürlich ersetzt es die fehlende Biografie nicht, aber es fächert Leben, Werk und Wirkung in allen Facetten auf und bietet immerhin auf mehr als sechzig doppelspaltigen Seiten eine Längs- und Querschnitts-Beschreibung des Lebens.
Wie es dem Konzept dieser Handbuch-Reihe entspricht, werden nahezu alle wesentlichen Werke besprochen, natürlich nicht jedes der Gedichte, und auch nicht jeder Text aus der breiten Essay-Manufaktur Hofmannsthals. Ansonsten dürfte auch kein Kenner des Werks behaupten, hier sei irgendetwas Wichtiges nicht behandelt worden. Die einzelnen Artikel der 45 Autoren müssen im Umfang beschränkt sein, manchmal sind sie arg beschränkt und man wünscht sich noch 100 Seiten mehr für das ganze treffliche Unternehmen. Die Niveauunterschiede der einzelnen Artikel halten sich, gemessen an der Zahl der Mitarbeiter, in einem mehr als tolerablen Rahmen.
Ganz ungerecht gegen die anderen Autoren soll der knappe, aber konzise Text von Christoph König über Hofmannsthal und das Judentum hervorgehoben werden, sowie der von Roland Innerhofer über Hofmannsthals Münchner Rede von 1927 „Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation“, mit der dieser sich gegen Ende seines Lebens in den Augen der Öffentlichkeit als sogenannter reaktionärer Konservativer präsentierte (bei genauer Lektüre wird das pauschale Urteil nicht bestehen bleiben können), ganz wie sein schwieriger Freund Rudolf Borchardt acht Wochen später am gleichen Ort mit seiner Rede „Schöpferische Restauration“.
Ganz außerhalb der Möglichkeiten eines solchen Unternehmens liegt eine zureichende Darstellung des atemberaubend produktiven Briefschreibers Hofmannsthal. Kundige schätzen, dass es von ihm mehr als 10 000 Briefe gibt, die oft als Briefwechsel vorliegen. Viele von ihnen sind in diversen Editionen der Öffentlichkeit präsentiert worden, und auch wenn man nur wenige Bände dieser Ausgaben zur Hand nimmt, so erkennt man doch sofort, dass Hofmannsthal auch als Verfasser von Briefen eine imponierende, komplizierte, manchmal auch befremdliche Erscheinung war, offener als Rilke, nicht so offensiv wie Borchardt, seine Gefühle nicht so schutzlos darlegend wie Karl Kraus.
Hätte man nur die Briefe Hofmannsthals, so müsste man anerkennen, dass er eine der großen Gestalten des vergangenen Jahrhunderts war und man könnte dann auf den „Jedermann“ gut verzichten.
Erfreulich ist an diesem Handbuch auch der Abschnitt zu Beginn, in dem neun exemplarische Begegnungen mit Zeitgenossen behandelt werden, von den Jugendfreunden und dem Kreis, der als Junges Wien bezeichnet worden ist, über Stefan George, Harry Graf Kessler, Rudolf Borchardt und Rudolf Alexander Schröder, Richard Strauss, Ottonie Gräfin Degenfeld, Rudolf Pannwitz bis zu Carl Jacob Burkhardt. Nur selten schleicht sich eine etwas allzu rosig getönte Perspektive ein, zum Beispiel bei der Zusammenarbeit mit Richard Strauss und der Darstellung der prekären Freundschaft mit Harry Graf Kessler, den Hofmannsthal, wie mal ein Zeitgenosse formulierte, „skrupellos und berechtigt trotz alledem“ für seine eigenen Interessen nutzbar machte, ist in Richtung Kessler nicht wirklich ausgewogen.
Bei der Behandlung der Wirkung dieses Werkes auf dem Theater vermisst man die überzeugende Realisierung des „Schwierigen“, die der Regisseur John Olden 1961 für das deutsche Fernsehen inszenierte, wie auch die Wiener Burgtheater-Aufführung des „Unbestechlichen“ von 1983 mit Josef Meinrad in der Titelrolle.
Dieses Handbuch ist ein Ereignis in der Hofmannsthal-Forschung, wendet sich aber keineswegs nur an ein germanistisches Fachpublikum. Jeder Leser Hofmannsthals, der für diesen großen Schriftsteller auch nur eine marginale Zuneigung hat, wird den Drang verspüren, sich weiter in das nicht leicht zu übersehende enorme Werk einzuarbeiten; damit er den Überblick über das Ganze nicht verliert, was leicht geschehen kann, sollte er das Hofmannsthal-Handbuch als Geleitproviant höchst nahrhafter Art verstehen.
Mathias Mayer, Julian Werlitz (Hrsg.): Hofmannsthal-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2016. 426 Seiten, 89,95 Euro.
Seltsamerweise gibt es bis heute
keine große, umfassende
Hofmannsthal-Biografie
Mit Harry Graf Kessler verband
ihn eine prekäre Freundschaft, in
der er interessenbewusst agierte
Foto: Freies Deutsches Hochstift
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"... eignet sich das Handbuch zum Querlesen und als Nachschlagewerk ..." (in: Herbert Hubert - Lesekost, lesekost.de, 5. Dezember 2016)