Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 12,00 €
  • Gebundenes Buch

Der Doyen der israelischen Literatur rechnet ab mit dem Land der Täter: Ein überaus provokanter Beitrag zum heutigen deutsch-jüdischen Verhältnis. Als Yoram Kaniuk 1985 eine Einladung des Bundespräsidenten nach Deutschland annahm, ahnte er nicht, dass diesem ersten Aufenthalt weitere folgen sollten. Fortan ließen ihn, den Juden deutscher Abstammung, Deutschland und die Frage danach, warum gerade dieses Volk den Holocaust verübt hatte, nicht mehr los. Bei seinen Besuchen traf er einfache Menschen, ehemalige SS-Offiziere, Politiker, aber auch Kulturschaffende wie Heinrich Böll und Günter Grass.

Produktbeschreibung
Der Doyen der israelischen Literatur rechnet ab mit dem Land der Täter: Ein überaus provokanter Beitrag zum heutigen deutsch-jüdischen Verhältnis. Als Yoram Kaniuk 1985 eine Einladung des Bundespräsidenten nach Deutschland annahm, ahnte er nicht, dass diesem ersten Aufenthalt weitere folgen sollten. Fortan ließen ihn, den Juden deutscher Abstammung, Deutschland und die Frage danach, warum gerade dieses Volk den Holocaust verübt hatte, nicht mehr los. Bei seinen Besuchen traf er einfache Menschen, ehemalige SS-Offiziere, Politiker, aber auch Kulturschaffende wie Heinrich Böll und Günter Grass.
Autorenporträt
Yoram Kaniuk, 1930 in Tel Aviv geboren, gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller Israels und erhielt für seine Prosa bereits etliche Auszeichnungen, u. a. den Brenner Prize, den höchsten Literaturpreis Israels. Der Autor verstarb im Jahr 2013.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.07.2002

Kurz und knapp
YORAM KANIUK: Der letzte Berliner, List-Verlag, München 2002. 270 Seiten, 18 Euro.
Ein Israeli reist nach Deutschland, um einen Vortrag zu halten. Er kommt zu früh zur Veranstaltung und sieht sich die Bücher in der Vorhalle an. Dort entdeckt er eine Mischung aus pro-palästinensischer Literatur und antisemitischen Hetzschriften. „Ich ging wie betäubt in den Saal, wo jemand mich vorstellte. Ich blickte ins Publikum und sagte, hier müsse ein Irrtum vorliegen. Die Moderatorin sagte, ich sei ein antizionistischer Schriftsteller. Ich sah mir die Leute an. Aus ihren Blicken sprach Zuneigung. Ich räusperte mich und wusste, dass ich um einen Angriff nicht herumkomme, obwohl es schade um die Munition war.”
Der Gast bezeichnet die Anwesenden als Antisemiten. Er erklärt, der Zionismus habe seine Berechtigung, weil er wegen jener Menschen entstanden sei, die Juden verleumdet hätten. Eine Frau erwidert, die Juden hätten nichts gelernt, da sie anderen antäten, was ihnen die Nazis angetan hätten. Eine Gruppe ruft „Mörder”. Der Israeli antwortet: „Mich werden Sie nicht vergasen” und geht.
Die Geschichte regt auf, weil sie wirklich stattgefunden hat: Yoram Kaniuk, der 1930 in Tel Aviv geborene Romanautor, hat ein bewegendes Buch über seine Reisen durch Deutschland geschrieben. Hergekommen war er, um aus seinen Büchern zu lesen oder bei politischen Diskussionen die Rolle des aufgeklärten, linken Israelis zu spielen. Getrieben hat ihn das Vermächtnis seines Vaters: die Suche nach dem „letzten Berliner”, dem Träger der verlorenen deutsch- jüdischen Kultur vor 1933, nach der sich sein Vater in Israel zeitlebens gesehnt hatte. Kaniuk trifft Heinrich Böll, Wolf Biermann und Günter Grass, vor allem aber ein Volk ohne Mitgefühl für sein Leiden.
Doch es gibt auch positive Erlebnisse. Entlastung bringt das Lachen, das den Reisenden wie den Leser bei der Geschichte von einer Zugfahrt mit zwei jungen Israelis befällt. In Unkenntnis seiner Herkunft ziehen sie auf Hebräisch über den weißhaarigen Mann her, den sie für einen typischen Nazi halten.
Yoram Kaniuk leidet manchmal an einer Paranoia und vermutet hinter jeder reservierten Begegnung mit einem Deutschen, hinter jedem missverständlichen Wort sofort antisemitische Ressentiments. Wer also nicht die Nerven hat, sich von einem zornigen Israeli zurechtweisen zu lassen, sollte dieses Buch besser nicht lesen.
LORENZ BECKHARDT
Der Rezensent ist Journalist in Köln.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Fast schon konsterniert scheint Rezensent Stefan Weidner über Yoram Kaniuks Buch zu sein. Nicht nur weil der Autor sich darin "prophetisch" wundert, dass noch niemand einen Roman über Marcel Reich-Ranicki geschrieben hat, sondern weil Kaniuks "nur leicht fiktionalisierten Berichte aus dem zeitgenössischen Deutschland" in gewisser Hinsicht die aktuelle Antisemitismusdebatte vorwegnehmen. Und Weidner ist sichtlich bemüht, sich nicht provozieren zu lassen und klärt zunächst einmal den Hintergrund: 1986 reist Kaniuk, dessen Eltern 1928 aus Berlin nach Israel ausgewandert sind, zum ersten Mal nach Deutschland. Unter denkbar "schlechten Ausgangsbedingungen", meint Weidner. Zum einen spüre Kaniuk in Deutschland keine wirkliche Bereitschaft zur "Sühne" und zum anderen, vermutet der Rezensent, erwarte er von Deutschland die Heilung seiner "gespaltenen Seele" - gespalten zwischen der Deutschlandliebe des Vaters und seiner Kindheit im deutschlandfeindlichen Umfeld. All das mache ihn geradezu absolut in seinem Anspruch, vor dem kein deutscher Bewältigungsversuch bestehen kann. Und "seltsam" sei, dass er den Leser überzeugen könne. Jedoch - und das rettet ihn in Weidners Augen vor der "Böswilligkeit" - parodiere er sich auch mitunter selbst. Wo dies jedoch nicht der Fall sei, findet der Rezensent so manches befremdlich. Es scheint ihm, als sei "der Vorwurf immer schon erhoben". Doch Weidner sieht in Kaniuks Buch auch eine beabsichtigte Emotionalität, die hygienisch wirken soll. Es gehe ja schließlich auch um Irrationales, das erst zu Tage treten müsse, um "bereinigt" zu werden. Für den Rezensenten besteht allerdings das Problem, dass diese Emotionalität auf der zwischenmenschlichen Ebene sinnvoll ist, dass aber auf der staatlich-politischen Ebene, die Kaniuk laut Weidner auch ins Spiel bringt, diese Emotionalität "fatal" sei. Woraufhin der Rezensent etwas pathetisch schließt: Kaniuks "Anklagen gegen Deutschland können dennoch niemanden, der in diesem Lande lebt, gleichgültig lassen".

© Perlentaucher Medien GmbH
…mehr