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»Wenn der Westen den Islam angreift, werden wir einen Gegenangriff auf die gesamte westliche Welt starten.« Sein Buch »Persien, Modell eines Entwicklungslandes« prägte die Studentenbewegung und löste die Anti-Schah-Demonstration vom 2. Juni 1967 aus. Nun beschreibt Bahman Nirumand die Gefahren, die von dem akuten Atomkonflikt mit dem Iran ausgehen. Und er analysiert die tiefen Widersprüche im Gottesstaat, die genutzt werden müssen, um einen militärischen Konflikt noch zu vermeiden. »Wenn der Westen den Islam angreift, werden wir einen Gegenangriff auf die gesamte westliche Welt starten.« Diese…mehr

Produktbeschreibung
»Wenn der Westen den Islam angreift, werden wir einen Gegenangriff auf die gesamte westliche Welt starten.«
Sein Buch »Persien, Modell eines Entwicklungslandes« prägte die Studentenbewegung und löste die Anti-Schah-Demonstration vom 2. Juni 1967 aus. Nun beschreibt Bahman Nirumand die Gefahren, die von dem akuten Atomkonflikt mit dem Iran ausgehen. Und er analysiert die tiefen Widersprüche im Gottesstaat, die genutzt werden müssen, um einen militärischen Konflikt noch zu vermeiden.
»Wenn der Westen den Islam angreift, werden wir einen Gegenangriff auf die gesamte westliche Welt starten.« Diese Drohung, schon von Ayatollah Khomeini ausgesprochen, wurde kürzlich von 200 iranischen Parlamentsabgeordneten wiederholt. Und sie klingt heute alarmierender denn je.
Vieles spricht dafür, dass sich der Konflikt um das iranische Atomprogramm weiter verschärfen wird. Die USA und Israel drohen offen mit einer militärischen Option. Wie aber lässt sich dieser Gefahr begegnen? Bahman Nirumand, intimer Kenner der iranischen Politik und Gesellschaft, gibt überraschende Einblicke in die verdeckten Machtkonstellationen des Landes – Präsident Ahmadinedschad mit seiner unverhüllt antisemitischen Propaganda ist dabei nur einer von vielen Herrschern im Gottesstaat. Nirumand liefert einen prägnanten Überblick über den eskalierenden Atomkonflikt in einer Region, in der 50 Prozent der Weltölreserven lagern und wo die strategischen Interessen großer Mächte – von den USA bis Russland und China – aufeinander treffen. Im Iran hat sich im Rücken der Mullahs eine der modernsten und vielfältigsten Gesellschaften in der islamischen Welt herausgebildet, die längst zu Reformen bereit ist. Auch diese »Gegengesellschaft«, die die Mehrheit der Bevölkerung umfasst, ist durch die schwelende Krise bedroht. Was also tun?
Eine militärische Antwort des Westens wird die fundamentalistische Bedrohung potenzieren und die Chancen für einen demokratischen Wandel in der islamischen Welt für lange Zeit zunichte machen. Politische Antworten können zwar nur langfristig wirken, sind aber unabdingbar, um den »Kampf der Kulturen« doch noch zu vermeiden.
Autorenporträt
Bahman Nirumand, Dr. phil., geboren 1936 in Teheran, studierte in Deutschland Germanistik, Philosophie und Iranistik. Danach arbeitete er als Dozent für Literaturwissenschaft an der Universität Teheran. Er geriet bald mit dem Schah-Regime in Konflikt und flüchtete 1965, um einer bevorstehenden Verhaftung zu entgehen. 1979, kurz vor der Machtübernahme der Islamisten, kehrte er in den Iran zurück, musste jedoch nach dreijährigem Aufenthalt abermals ins Exil gehen, zunächst nach Paris, dann nach Berlin. Er schreibt regelmäßig für die taz, die NZZ und andere deutsche und internationale Blätter. Seit 2001 verfasst er den monatlichen Iran Report der Heinrich-Böll-Stiftung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2006

Unberechenbarer Zeitgenosse
Die Gleichschaltung der iranischen Politik und die Atomenergie

Bahman Nirumand führt in seiner Publikation an die Etappen der Geschichte heran, die Iran zu der nuklearen Bedrohung gemacht haben. Schon der Schah hatte Kooperationsabkommen mit der amerikanischen Regierung in Sachen Atomenergie: Der Aufbau einer breit angelegten Atomindustrie begann bereits in den fünfziger Jahren - und war damals erklärter politischer Wille. Auch die Deutschen wirkten bei der Entwicklung atomarer Energiestrategien für das Land mit. Siemens und AEG-Telefunken waren laut Nirumand dabei, als 1974 die westdeutsche Kraftwerk-Union den ersten Reaktor in Persien baute. Erst die islamische Revolution 1979 und die Wirtschaftssanktionen gegen das Land beendeten die Träume des Schahs und westlicher Konzerne, das ganze Land mit der neuen Energietechnik auszustatten.

Außenpolitisch isolierte sich Iran in den folgenden Jahren in dem Maße, mit dem Chomeini eine Islamisierung des politischen Systems, seiner Eliten und der iranischen Gesellschaft vorantrieb. Das Feindbild "der Westen" wurde in einem Land implementiert, dessen Bewohner dieser kulturellen Hemisphäre eigentlich nicht feindlich gegenüberstanden. Seitdem sind der "große Satan" und der "kleine Satan" - die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel - in der Rhetorik der Staatsführung fest etabliert. Der Isolation nach außen korrespondierte in den Folgejahren der Revolution eine Betonung der eigenen Überlegenheit, die man gegenüber der eigenen Bevölkerung zum Ausdruck brachte: Das Pochen auf Kernenergie ist der ausdauerndste Beleg dieser Haltung, eine mittlerweile institutionalisierte Forderung, die der 2005 ernannte Staatschef Mahmud Ahmadineschad gerne und mantraartig wiederholt. Es gibt für Teheran keinen Grund, nicht die Nutzung einer Technologie für sich zu fordern, die auch den Vereinigten Staaten, Israel, Indien und Pakistan nicht vorenthalten wird - ein Argument, das auch Autor Nirumand für plausibel hält.

Ahmadineschads Behauptung, den atomaren Kreislauf nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen, bezweifelt allerdings auch Nirumand, weil die Bedrohung der Welt durch Iran von der religiösen Kaste der Mullahs ausgeht, die in einer radikalen Weise ein islamistisches Weltbild als Kompaß für ihr politisches Handeln nehmen. Es ist der fundamentalistische Islam der Religionsgelehrten, die Unbekannte und Leerstelle im Verständnis westlicher Politikbeobachter, die Iran zu einem unberechenbaren Zeitgenossen macht. Das vollmundige Versprechen, das Chomeini nach seiner Rückkehr aus dem Pariser Exil aussprach, an der Spitze der neuen Republik keine Geistlichen zu etablieren, brach er selbst bei der ersten Auslandsreise der zivilen Revolutionsregierung. Seitdem herrscht die Klerikerkaste in dem Land, dessen Bezeichnung "Islamische Republik" für Nirumand eine Farce ist. Deswegen sei die moderate Liberalisierung durch Chatami Ende der neunziger Jahre auch gescheitert: Der vom Revolutionsführer eingesetzte Wächterrat kontrolliere die Lebensfunktionen des politischen Systems und habe es gleichgeschaltet. Nichts, was sich gegen den Islam richte, habe Bestand; moderate Veränderungen oder gar demokratische Zuckungen würden verhindert.

Diese Analyse führt Nirumand in die Mitte seiner Bestandsaufnahme: Der Islam im Besitz politischer Macht sei ein Machtinstrument staatlicher Willkür und nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Terror nach innen und nach außen gehe in Iran mit diesem Religionsbild einher: Muslime dürften ihre Religion weder kritisieren noch verlassen, Nichtmuslime würden als unrein angesehen. Nur die Überwindung des religiösen Mullah-Terrors durch die Iraner könne die Bedrohung beenden. Daß zivilgesellschaftliche Kräfte in Iran entstünden, zeige sich daran, daß viele Iraner der ultraislamischen Orthodoxie auf der Straße und im Parlament mit einer westlichen Lebensweise zu Hause begegneten.

Eine Revolution wäre eigentlich längst überfällig und nur deshalb ausgeblieben, weil sich die Iraner in der jüngsten Zeit um das verhaßte Regime scharen müßten, um im Atomkonflikt mit einer Stimme gegen die mächtigen Vereinigten Staaten zu sprechen. Nirumands Fazit verwundert. Die fundamentalistische Gleichschaltung der Politik durch eine Religionselite, die den Morgen einer islamischen Weltherrschaft im Kampf gegen den Westen und gegen Israel heraufziehen sieht, läßt eben nicht zu, daß Iran wie andere Länder behandelt wird, deren politische Systeme durchaus Stabilitätsgarantien aufweisen, wenn es um die Nutzung der Atomenergie geht.

ALEXANDER GÖRLACH

Bahman Nirumand: Iran. Die drohende Katastrophe. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 223 S., 16,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein freier Leser sein, das schätzt der Rezensent. Darum gefällt Rupert Neudeck dieser Band des milder gewordenen 68er-Kämpen Bahman Nirumand so gut. So kann er selber überlegen, wie dessen Heimat, der Iran, sich heute und morgen darstellt. Die Basis dafür gibt ihm der Autor in, wie er sagt, nüchterner Sprache an die Hand, die nur bisweilen der "Hauch von Wehmut" des Exilanten streift. Und die Möglichkeit der Katastrophe. Daher, schreibt Neudeck, bezieht das Buch seinen Saft. Weil keiner weiß, wie Irans Atomprogramm zu stoppen ist und wie die Kräfteverhältnisse im Land aussehen, und Nirumand genau hier seine Analyse ansetzt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Nirumand analysiert messerscharf und schonungslos. Wer sich im aktuellen Atomstreit über den Iran informieren will, der sollte dieses Buch unbedingt lesen.« Jörg Armbruster SWR 2 Buchkritik