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Elke Naters geht aufs Ganze: Sie erzählt eine Lebensgeschichte unserer Zeit. Radikal in der Perspektive, schonungslos ehrlich und ergreifend. Mit 16 Jahren sieht Justyna keinen anderen Ausweg, als ihr Leben zu beenden, bevor es richtig begonnen hat. Doch nicht Todessehnsucht treibt die junge Heldin im vierten Roman von Elke Naters, sondern ungestillte Lebensgier. Und Justyna entscheidet sich anders: Sie bricht die Schule ab und macht sich auf die Reise. Sie geht ihren Weg, der sie in die Dunkelheit der Nächte auf Jamaika und ins kalte Licht der westlichen Städte führt. Sie sucht ihr Glück beim…mehr

Produktbeschreibung
Elke Naters geht aufs Ganze: Sie erzählt eine Lebensgeschichte unserer Zeit. Radikal in der Perspektive, schonungslos ehrlich und ergreifend. Mit 16 Jahren sieht Justyna keinen anderen Ausweg, als ihr Leben zu beenden, bevor es richtig begonnen hat. Doch nicht Todessehnsucht treibt die junge Heldin im vierten Roman von Elke Naters, sondern ungestillte Lebensgier. Und Justyna entscheidet sich anders: Sie bricht die Schule ab und macht sich auf die Reise. Sie geht ihren Weg, der sie in die Dunkelheit der Nächte auf Jamaika und ins kalte Licht der westlichen Städte führt. Sie sucht ihr Glück beim Sex, im Beruf, in der Kunst, bei Männern, Frauen und in der Familie. Justyna lässt nichts aus, sie liebt, hasst und leidet. Sie stürzt sich ins Leben und landet nicht mehr - am Ende bleibt immer die Leere und eine unerfüllte Sehnsucht. Mit harten Schnitten und eindringlichen Bildern fügt Elke Naters Justynas Leben zu einem rasanten Film zusammen. Dies ist keine optimistische Geschichte einer Frau, die selbstbewusst ihre Rolle findet, sondern die Berg- und Talfahrt einer leidenschaftlich nach dem Leben Suchenden, die den Leser gnadenlos mitreißt. Elke Naters zeigt ein Frauenleben unserer Tage, ehrlich und unverstellt. An der Oberfläche liegen die Nerven bloß, in der Tiefe sitzt der Schmerz. Da gibt es keine Dinge mehr, die trösten, nur noch eine Sprache, die zupackt. Und die lässt nicht mehr los.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.07.2006

Wieso Berlin? Elke Naters friert dort

Vorbei die Zeit, als Elke Naters mit Sven Lager am Pool lag und der Popliteratur ein Planschbecken bastelte. Die virtuelle Schwimmbadlegende "ampool.de", wo jeder, der von Naters geladen war, sich am Online-Diarium beteiligen und das Internet mit Gedankenschnipseln vollaufen lassen konnte, ist ausgetrocknet. Im Autoren-Chat-Room traf sich, wer Ende der neunziger Jahre zum Club der jungen Dichter gehörte: Christian Kracht, Rainald Goetz, Georg M. Oswald, Moritz von Uslar. Wer heute dort vorbeisurft, kann das Buchstabenbecken erwerben. "Am Pool liegen und mal richtig ausspannen" wirbt der Verkäufer der Internet-Domain um Kunden. Unter der Sonne einmal ordentlich entspannen, das wäre wohl auch ein Alternativprogramm für Justyna, Protagonistin und stets gehetzte Stellvertreterin einer nicht eben entscheidungsfrohen Generation in Elke Naters' neuem Roman "Justyna".

Ein wahrhaft sibirischer Winter durchweht dieses Buch. Die Tundra hat sich nach Berlin verirrt. Ständig fröstelt, friert und schaudert Justyna, die Naters unverhohlen ähnelt. In Jahreskapiteln führt der Erzähler durch die Etappen dieses jungen Lebens: Von 1979, Justyna ist (wie Naters) 16 Jahre alt, bis 2002 bleiben wir ihr auf der Spur, vom ersten Alkoholexzeß bis zum Bad im "eiskalten Wasser" in der Nähe von Kapstadt, wo Naters heute lebt. Weder in München, wo Justyna (wie Naters) aufwächst und (wie Naters) eine Schneiderlehre macht, noch in Berlin, wohin es sie (wie Naters) verschlägt, ist es einmal wohlig warm. Nur in Jamaika, wohin Justyna für einige Jugendsünden flieht, gibt es kein Zittern. Dieser reichlich autobiographisch gefärbte Roman ist die unterkühlte Lebensgeschichte einer Künstlerin, die eine Umleitung nach der anderen nimmt.

Die Pluralität des Möglichen treibt Justyna von einer provisorischen Station zur nächsten. Der Hang zum Exzeß ist ihr intuitiver Wegweiser. Sie bricht die Schule ab, nimmt Drogen und stürzt häufig ab - nicht eben spektakulär, aber auch nicht langweilig. Glückliche Tage sind dünn gesät. Ihr Fatum: "Alle Menschen tragen Regenschirme bei sich, nur ich werde immer naß." Sie schläft mit David, Sol, Adam und Ian, wurschtelt sich durch die Künstler- und Partyszene Berlins. Per Zufall schliddert sie in eine Existenz als begabte Fotografin. Irgendwann, man rechnet schon nicht mehr damit, hat sie eine Familie. Mit zwei Kindern wird es zugleich lebhafter und ruhiger um sie. Auch von Naters, die mit "Königinnen" 1998 debütierte und gekonnt auf der Popliteratur-Welle schwamm, hat man seit dem vielversprechenden "Mau Mau" (2002) wenig gelesen.

Naters' Sprache ist kurz und prägnant, selten zählt ein Satz mehr als drei Zeilen. Ihr Ton ist ernsthaft und widersetzt sich jeder Empathie. So entsteht das nüchterne Protokoll einer jungen Frau, die selten ihre Gedanken mitteilt, ja, kaum zu denken scheint. Die Körperzustände - Herzrasen, Zähneklappern - sind Zeugen eines Sensoriums, welches das Seelenleben enthüllt. Manches wiederholt sich: Eine Neigung zu Resopalmöbeln kann man Naters nicht absprechen. Das Lektorat war etwas nachlässig. An einer Stelle zieht sich Justyna zweimal aus, bevor sie in die Badewanne steigt. Eine Sympathie für das Kaputte spricht aus dem Roman. Justyna strauchelt, kotzt, friert, nebenbei hat sie, das ist ihr gutes Recht, viel Spaß beim Gruppensex. Manche Jahre sind ereignisreich, andere sterbenslangweilig. Das unergiebige 1982 ist Naters keine vier Seiten wert. Die Schneiderlehre muß ziemlich öde gewesen sein. Ziele sind Mangelware. Ein Dialog spricht Bände: "Was willst du eigentlich in Berlin?" fragte er nach einer Weile. "Ich weiß nicht", sagte Justyna. "Nichts Bestimmtes." Den Eindruck haben wir auch.

RAINER SCHULZE

Elke Naters: "Justyna". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 237 S., geb., 18,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Für Christoph Schröder gehörte Elke Naters einst zu jenen Nachwuchshoffnungen der 90er Jahre, die sich an das "selbstgeschaffene Gespenst" Popliteratur von hinten "heranpirschten und ihm auf elegante Weise die Luft rausließen". Diesen Bonus hat die Autorin mit ihrem neuen Roman "Justyna" beim Rezensenten offenbar verspielt: Nicht nur, weil sie mit der titelgebenden Figur die ziemlich belanglose Biografie einer Mitvierzigerin erzählt, sondern auch mit einer "trockenen, leidenschaftlosen, ja geradezu unliterarischen Sprache" ermüde. Wenn hier die Tragik einer Frau vorgeführt werden sollte, die viel vor hatte, sich nun aber auf einer "lauwarmen Zufriedensheitsstufe" zwischen Schneideratelier, Fernsehabend, Kindererziehung und kleinen Ausfluchten am Wochenende wiederfindet, dann ist dieser Versuch gescheitert, meint ein eher gelangweilter Rezensent: "Nur Altern, keine Entwicklung, soviel erlebt, sowenig daraus gemacht."

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