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An einem Sommernachmittag 1981 findet der Chauffeur van Dijk seinen Chef Chistiaan Dudok tot in dessen Arbeitszimmer der Inhaber einer Maschinenfabrik hat sich das Leben genommen. Ein Abschiedsbrief fehlt, doch auf seinem Schreibtisch liegt eine vergilbte deutsche Zeitung vom 2. April 1942. Auf der Titelseite wird über den verheerenden Luftangriff auf Lübeck berichtet, eine Liste verzeichnet die Todesopfer dieser Bombennacht: Der Name Julia Bender ist mit einer Markierung versehen. Julia mit ihrem Mut und ihrer entschiedenen Ablehnung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hat die junge…mehr

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Produktbeschreibung
An einem Sommernachmittag 1981 findet der Chauffeur van Dijk seinen Chef Chistiaan Dudok tot in dessen Arbeitszimmer der Inhaber einer Maschinenfabrik hat sich das Leben genommen. Ein Abschiedsbrief fehlt, doch auf seinem Schreibtisch liegt eine vergilbte deutsche Zeitung vom 2. April 1942. Auf der Titelseite wird über den verheerenden Luftangriff auf Lübeck berichtet, eine Liste verzeichnet die Todesopfer dieser Bombennacht: Der Name Julia Bender ist mit einer Markierung versehen.
Julia mit ihrem Mut und ihrer entschiedenen Ablehnung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hat die junge Deutsche den Holländer Christiaan einst unwiderstehlich in ihren Bann gezogen, als er 1938 ein Praktikum in Lübeck absolvierte. Doch noch im selben Jahr verläßt er fluchtartig Deutschland und die Frau, die er liebt, obwohl er ahnt, daß er einen nicht wiedergutzumachenden Fehler begeht.
In seinem neuen Roman erzählt Otto de Kat die Geschichte eines Lebens im falschen; und er erzähltvon einer Liebe, die so groß ist, daß sie die Jahrzehnte überdauert, und die dennoch scheitert: an Lebensangst und fehlender Zivilcourage, an Haß und menschenverachtendem Fanatismus in Deutschland während der Nazi-Zeit.
Autorenporträt
Kat, Otto de
Otto de Kat, 1946 geboren, studierte niederländische Literatur an der Universität Leiden. 1986 gründete er mit Uitgeverij Balans seinen eigenen Verlag; seither lebt er als Verleger und Autor in Amsterdam. Sein Roman Sehnsucht nach Kapstadt war nominiert für den größten belgischen Literaturpreis für Niederländisch schreibende Autoren, De Golden Owl 2005, und wurde ausgezeichnet mit dem niederländischen Halewijn-Literaturpreis.

Ecke, Andreas
Andreas Ecke hat Autoren wie Gerbrand Bakker, Saskia Goldschmidt und Ernest van der Kwast ins Deutsche übertragen. Er wurde mit dem Else-Otten-Übersetzerpreis und dem Europäischen Übersetzerpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2010

Wer der Vernunft folgt, muss leiden

Vom falschen Leben im richtigen Gefühl: Otto de Kat hat sich mit seinem meisterhaften Roman "Julia" endgültig in die erste Liga der niederländischen Autoren geschrieben.

Von Peter Henning

Zweiundzwanzig Jahre währte sein Schweigen. Nachdem er 1976 den wenig beachteten Gedichtband "Die ironische Charta" veröffentlicht hatte, publizierte der niederländische Schriftsteller Otto de Kat erst 1998 wieder: den kleinen, wunderbar schwebend erzählten Roman "Mann in der Ferne"; ein Buch, das sich auf Anhieb als Produkt eines reifen, mit allen Möglichkeiten gesegneten Erzählers erwies, der im Umgang mit seinem Stoff so frei und souverän agierte, als habe er nie etwas anderes getan, als in einer ihm eigenen melodischen Sprache Geschichten zu entspinnen.

Otto de Kat, der mit bürgerlichem Namen Jan Geurt Gaarlandt heißt und jahrelang in Amsterdam als Kritiker und Kleinverleger tätig war, ehe er sich ganz aufs Schreiben von Romanen verlegte, zeichnete darin das faszinierende Porträt eines Einzelgängers, der ruhelos durch sein Jahrhundert irrt und bei seinem Versuch, in der Fremde das Vergessen zu finden, Cambridge, New York, Tel Aviv, Zürich und den Süden Englands durchstreift.

Bereits in diesem, seinem ersten Prosastück hatte sich de Kat als eine der großen Entdeckungen der niederländischen Literatur erwiesen. 2006 folgte der Roman "Sehnsucht nach Kapstadt", der in Bildern von suggestiver Dichte und Schönheit die Geschichte einer Freundschaft ohne Zukunft erzählte. Auch dieser zweite Kurzroman de Kats präsentierte ein kleines, in sich geschlossenes Universum, in dem Menschen um Besseres kämpfen als das, was ihnen ihre Herkunft verspricht.

Jetzt, weitere vier Jahre später, ist "Julia" erschienen, der zutiefst erschütternde Roman einer unerfüllten Liebe in Zeiten des Terrors, der die Summe von de Kats schmalem, aus gerade mal drei Bänden bestehendem Werk zieht. Denn "Julia", mit 167 Seiten für de Kats Verhältnisse geradezu ausschweifend, verbindet, was seine beiden ersten Romane jeweils für sich thematisierten: das Gefühl, nicht das zu tun, was nötig wäre, und nicht dort zu sein, wo man sein sollte. So erweist sich der Fabrikantenspross Christiaan Dudok als typische De-Kat-Figur: ein großer, von seinen widerstreitenden Empfindungen Zerrissener, der im alles entscheidenden Moment seiner Vernunft mehr gehorcht als seinen Gefühlen - und damit seine weitere Existenz nicht nur belastet, sondern schließlich zerstört. Denn als Christiaan der Maschinenfabrik seines Vaters eine Zeitlang den Rücken kehrt, weil er in Lübeck ein Praktikum absolvieren soll, um anschließend die Firma des Vaters zu übernehmen, verliebt er sich dort in Julia. Man schreibt das Jahr 1938: Der Alltag ist bereits vergiftet von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft; wer sich dieser auch nur ansatzweise zu widersetzen sucht, muss um sein Leben fürchten. So auch die junge Ingenieurin Julia Bender, deren Bruder Andreas, einst Schauspieler, bereits in einem Lager verschollen ist. Der Mut und die entschiedene Ablehnung, mit welcher sie dem Regime trotzt, faszinieren Christiaan. Eine Zeitlang glaubt er, die junge Frau an sich binden zu können; doch nach den Novemberpogromen bittet sie ihn, Deutschland zu verlassen. Dass Christiaan ihr gehorcht, wird zum größten Fehler seines Lebens. Denn alles, was fortan seine Existenz zu Hause, in den Niederlanden, bestimmt, bleibt überschattet von seiner unerfüllten Liebe. "War er ihr Geliebter? Eine Frage, die sich nicht beantworten ließ. Es war unmöglich, Knollenberg begreiflich zu machen, wie sehr Julia sein Leben beherrscht hatte oder eher zum Stillstand gebracht, denn manchmal kam es ihm so vor, als habe sich nach Julia in seinem Leben nichts mehr ereignet."

Langsam und wie in Zeitlupe entrollt de Kat die Erzählung seiner Liebenden, zwischen denen die sich als unüberwindlich erweisende Geschichte steht. Er liefert Bilder eines Lebens im falschen, verdichtet zur Erzählung eines Mannes, der mit seiner Schuld nicht fertig wird.

"Julia" erzählt die kurze eindrückliche Chronik einer Liebe, die scheitern muss an fehlender Zivilcourage und am Fanatismus. "Früher war Deutschland das Land der Dichter und Denker, jetzt ist es das Land der Richter und Henker, sagten wir frei nach Karl Kraus. Wir haben miterlebt, wie die SA die Straße eroberte mit ihren Fahnen und Liedern und ihrer Gewalt. Die Linden verfärbten sich, wurden langsam braun und schwarz. Ich wohnte nicht unweit vom Alexanderplatz, fünf Minuten zu Fuß bis zur Universität."

So zeichnet Otto de Kat, der offenbar an die Schicksalsfähigkeit des Menschen glaubt, das Porträt eines Mannes, der nach seiner überstürzten Flucht aus Nazi-Deutschland nicht nur gegen seine innerste Überzeugung die Frau, die er liebt, zurückgelassen hat, sondern auch den entscheidenden Teil seiner selbst: die Fähigkeit, länger an eine sinnvolle Zukunft zu glauben. Wir erleben einen fühllos den Gesetzen des Fabriklebens gehorchenden Menschen, der heiratet, seiner Frau aber eine Schwangerschaft untersagt, der das ihm übertragene Unternehmen in sichere Fahrwasser manövriert und die Rolle des Arbeitgebers jahrzehntelang überzeugend spielt, innerlich aber längst ausgekühlt ist. Und so registriert er geradezu erleichtert die Liaison seiner Frau mit seinem besten Freund.

Mit "Julia", dieser Geschichte einer am Ende tödlichen Liebe, hat Otto de Kat, der Philosoph des beständig Unbeständigen, eine neue Stufe seiner Kunst erklommen: in Form eines Erzählens, das - mal an den süchtig machenden Ton seines großen, im Jahr 2000 verstorbenen Landsmannes F. B. Hotz erinnernd, mal an den melancholischen Zauber eines Iwan Bunin - stärker und suggestiver noch als früher mit Genauigkeit und Anteilnahme das thematisiert, was sich in immer neuen Ausprägungen durch sein gesamtes Werk zieht: das Wechselspiel von Liebe und Tod, gepaart mit der Einsamkeit, die seine Figuren in der Welt verlorengehen und ihr Tun letztendlich vergeblich sein lässt.

Otto de Kat: "Julia". Roman. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. Insel Verlag, Berlin 2010. 167 S., geb., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hingerissen ist Rezensent Peter Henning von Otto de Kats berührendem Roman über eine unerfüllte Liebe während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Im Zentrum des Werks sieht er einen von widerstreitenden Gefühlen beherrschten Fabrikantensohn, der sich im entscheidenden Moment für die Vernunft entscheidet, damit die Liebe seines Lebens verliert und letztlich seine Existenz zerstört. Gekonnt verbindet der Autor in diesem Werk für Henning die Themen seiner beiden vorangegangenen Romanen: "das Gefühl, nicht das zu tun, was nötig wäre, und nicht dort zu sein, wo man sein sollte". Mit hohem Lob bedenkt das suggestive, genaue und anteilnehmende Erzählen des Autors. Hennings Fazit: Mit "Julia" hat sich de Kat "endgültig in die erste Liga niederländischer Autoren geschrieben".

© Perlentaucher Medien GmbH