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Ein meisterhaftes Epos über Familie, Intimität und die wundersame Schönheit, die darin liegt, andere zu heilen.Äthiopien in den sechziger Jahren: Marion und Shiva Stone, eineiige Zwillingsbrüder, wachsen als Waisenkinder in einem Missionshospital in Addis Abeba auf, der Kaiserstadt Haile Selassies. Ihre Mutter, eine schöne indische Nonne, starb bei ihrer Geburt, ihr Vater, ein britischer Chirurg, verschwand spurlos. Marion und Shiva sind unzertrennlich, und sie verbindet die Faszination für die Medizin, doch als sie zu jungen Männern heranwachsen, treibt die Liebe - ihre Leidenschaft für…mehr

Produktbeschreibung
Ein meisterhaftes Epos über Familie, Intimität und die wundersame Schönheit, die darin liegt, andere zu heilen.Äthiopien in den sechziger Jahren: Marion und Shiva Stone, eineiige Zwillingsbrüder, wachsen als Waisenkinder in einem Missionshospital in Addis Abeba auf, der Kaiserstadt Haile Selassies. Ihre Mutter, eine schöne indische Nonne, starb bei ihrer Geburt, ihr Vater, ein britischer Chirurg, verschwand spurlos. Marion und Shiva sind unzertrennlich, und sie verbindet die Faszination für die Medizin, doch als sie zu jungen Männern heranwachsen, treibt die Liebe - ihre Leidenschaft für dieselbe Frau - einen Keil zwischen die beiden. Marion muß aus seinem von politischen Unruhen geschüttelten Heimatland fliehen, kommt nach Amerika und geht in seiner Arbeit in einem New Yorker Krankenhaus auf. Doch dann holt ihn die Vergangenheit ein, und er muß sein Leben ausgerechnet in die Hände der beiden Männer legen, denen er am wenigsten vertraut: seinem Vater, der ihn im Stich gelassen, und seinem Bruder, der ihn betrogen hat.Rückkehr nach Missing erzählt die unvergeßliche Geschichte einer großen Liebe: zu den Menschen und zur Medizin. Eine packende Familiensaga über Afrika und Amerika, Ärzte und Patienten, Exil und Heimat.
Autorenporträt
Abraham Verghese wurde als Sohn indischer Eltern in Äthiopien geboren. Er wuchs in der Nähe von Addis Abeba auf und studierte Medizin. Nach seiner Übersiedlung in die USA arbeitete er als Arzt, unter anderem in einer Klinik für Aids-Patienten, zu einer Zeit, in den achtziger Jahren, als noch wenig für sie getan werden konnte. Über diese Erfahrung schrieb er sein erstes Buch, My Own Country. A Doctor's Story, das in den Vereinigten Staaten zum Bestseller wurde. Ein zweites, ebenfalls erfolgreiches Sachbuch folgte: The Tennis Partner. A Story of Friendship and Loss, eine intime Auseinandersetzung mit der Drogensucht eines Freundes und den dunklen Seiten des ärztlichen Berufes. Verghese veröffentlicht regelmäßig Artikel, in denen er die Wichtigkeit und die wunderbare Erfahrung der persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient in einer Welt der hochgerüsteten Maschinenmedizin beschreibt. Seit 2007 ist Abraham Verghese Professor für Theorie und Praxis der Medizin an der StanfordUniversity. Er lebt in Palo Alto, Kalifornien.

Silvia Morawetz, geboren 1954 in Gera, studierte Germanistik, Anglistik und Amerikanistik. Heute ist sie als freie Übersetzerin tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.2009

Der Riss zwischen Medizin und Leben

Der Arzt als Erzähler: In Abraham Vergheses Familiensaga "Rückkehr nach Missing", die sich über sechzig Jahre und vier Kontinente erstreckt, kommen Leben und Tod, Glück und Leid einander so nah wie auf den Fluren einer Intensivstation.

Eine lebensbedrohliche Krankheit ist immer auch eine Erzählung, mit der das Leben neu vermessen werden muss. Ärzte spielen dabei eine besondere Rolle, denn in gewisser Weise sind sie es, die das Genre und den Ton, in dem wir erzählen, bestimmen. In Zeiten von Hochleistungsmedizin und digitalisiertem iPatienten, dessen Chipkarte wichtiger scheint als der Kranke selbst, mag die Frage, wie im Notfall Erste Hilfe durch das Ohr zu leisten ist, befremden. Trost zusprechen, so die richtige Antwort, assoziiert so mancher angehende Mediziner eher mit den Aufgaben eines geistlichen Seelsorgers als mit denen des Arztes.

Für die Helden der knapp achthundertseitigen Familiensaga "Rückkehr nach Missing" liegt die Sache anders. Der Gravitationspunkt ihrer Lebensgeschichten, die sich über sechzig Jahre und vier Kontinente erstrecken, ist ein Missionskrankenhaus im äthiopischen Addis Abeba, ein von Finanznöten und mangelnder Ausstattung geplagter Ort der letzten Hoffnung für Kranke und ihre Angehörigen, den die Einheimischen Missing nennen, weil ihnen das fremde Suffix nicht richtig über die Zunge rutscht.

Ich wollte, so sagte Abraham Verghese, Arzt und Professor für Theorie und Praxis der Medizin, in einem Interview, dass mein Roman ganz von der Medizin handelt, dass er beseelt ist von Medizinern, so wie Émile Zolas Romane beseelt sind von Paris. Doch keine Angst, auch wenn das Buch über Passagen als medizinisches Lehrbuch durchgehen könnte und die Agglomeration von anatomischen Details zuweilen die Geduld- und Schmerzgrenze strapaziert, der Leser wird für alles entschädigt: mit großen Gefühlen, mit kluger Nachdenklichkeit und mit Bildern von melancholischer Schönheit.

Als Frühchen erblicken Marion und Shiva in jenem Missing Mitte der fünfziger Jahre das Licht der Welt. Die schwere Geburt dauert viele Stunden und zweihundert Buchseiten und kostet die Mutter, die katholische Nonne Mary Joseph Praise, das Leben. Der leibliche Vater und einzige Chirurg des Hauses, Thomas Stone, kann in letzter Minute die am Kopf zusammengewachsenen Säuglinge retten, dann entschwindet der kauzige Brite in die Weiten Afrikas. Die Schwangerschaft, von der niemand etwas ahnte, bleibt ein Rätsel. Die einzig verbliebenen Ärzte, zwei indische Expatriaten, nehmen sich liebevoll der eineiigen Zwillinge an. Ihre überraschende Elternschaft und die Passion für den Beruf schmelzen die resolute Gynäkologin Hema und den ironisch-feinsinnigen Internisten Gosh zu einer anrührenden Lebensgemeinschaft zusammen, die auch noch Platz hat für Genet, die uneheliche Tochter der Haushälterin.

Es ist eine weitgehend unbeschwerte, glückliche Kindheit in einem bitterarmen Land, das von Kaiser Haile Selassie mit Zuckerbrot und Peitsche regiert wird. Nach einem missglückten Attentat auf den Kaiser verschwindet Gosh im für Folter und Standgerichte berüchtigten Gefängnis der Stadt. Seine Bridgepartien mit einem der Rädelsführer waren ihm zum Verhängnis geworden. Doch weil selbst Diktatoren und ihre vielköpfigen Familien zuweilen kränkeln, kommt der indische Arzt noch einmal glimpflich davon.

Während Marion von seinem Ziehvater nach und nach in die innere Medizin und die Chirurgie eingeführt wird und fleißig in der Schule paukt, um an der Universität Medizin studieren zu können, entwickelt sich der hochbegabte, aber schulresistente Shiva unter der Anleitung seiner Pflegemutter zum medizinischen Autodidakten auf dem Gebiet der Gynäkologie. Die Pubertät lässt die unzertrennlichen Brüder mehr und mehr zu Rivalen werden, deren Gemeinschaft schließlich an einer Lüge um die von beiden umworbene Genet zerbricht.

Verghese, als Sohn indischer Lehrer in Addis Abeba aufgewachsen, zeichnet mit Bewunderung den Alltag einer nur mit dem Nötigsten ausgestatteten Missionsklinik. Es geht um die Kunst der Improvisation, um handwerkliches Geschick und medizinische wie zivilisatorische Erzähl- und Überzeugungsarbeit in einem Land, zu dessen archaischen Riten die weibliche Genitalbeschneidung und die Dämonisierung von Krankheiten und Kranken gehören. Vor allem aber geht es um so altmodische Tugenden wie Demut, Aufopferung und Hingabe.

Als Gosh infolge jahrelanger ungeschützter Bestrahlung durch veraltete Röntgengeräte an Blutkrebs erkrankt, gibt er Marion drei Dinge auf den Weg: es als Mediziner weit zu bringen, was nur mit einem Aufenthalt in Amerika möglich scheint, seinen Vater Thomas Stone, der ihm, Gosh, Freund und Lehrer war, zu suchen und Shiva, seinem Bruder, zu vergeben. Schneller, als Marion lieb ist, wird er dieses Vermächtnis einlösen. Es sind die unseligen Verstrickungen Genets in den eritreischen terroristischen Untergrund, die den politisch Unbeteiligten über Nacht ins Exil treiben. In Kenia legt er die nötigen Examina ab, um als Assistenzarzt nach Amerika einwandern zu können, während in seiner Heimat eine Diktatur durch eine andere, noch blutrünstigere ersetzt wird.

Die staatlichen Krankenhäuser der Vereinigten Staaten funktionieren zur Überraschung des jungen Arztes allein dank eines Heeres an unterbezahlten und ungezählte Überstunden leistenden Assistenzärzten aus der Dritten Welt, die als eine Art akademisches Proletariat darauf angewiesen sind, hier ihre Facharztausbildung zu absolvieren. Staunend steht Marion vor der diagnostischen und therapeutischen Hochtechnologie, die vor allem jenen dient, die sie bezahlen können. Seinem unterfinanzierten Krankenhaus in einem Armenviertel von New York mangelt es nicht an einem Hubschrauberlandeplatz, von dem aus die brauchbaren inneren Organe der vielen jungen Drogen- und Gewaltopfer in die privaten Transplantationszentren des Landes geflogen werden. In diesem Krankenhaus laufen alle Fäden des weitgehend linear aus der Perspektive des heranwachsenden Marion erzählten Epos zusammen. Die Rätsel um den unnahbaren Chirurgen Thomas Stone und die mysteriöse Schwangerschaft der Nonne Mary werden gelüftet, Genet spielt wiederholt auf tragische Weise Schicksal, und Stone kehrt als medizinische Koryphäe in die Handlung zurück, um am Ende ein weiteres Mal als Arzt und Vater herausgefordert zu werden. Leben und Tod, Glück und Leid, wo sonst kommen sie sich so nah wie auf den Fluren einer Intensivstation.

Immer wieder musste Abraham Verghese darauf verweisen, dass sein Romandebüt nicht autobiographisch sei, auch wenn er wie seine Helden als Äthiopier indischer Herkunft Anfang der siebziger Jahre nach Amerika kam. Bettpfannen hatte er damals als Hilfspfleger geleert, bis er seine in Addis Abeba begonnene Ausbildung im indischen Madras beenden konnte, um als Assistenzarzt nach Amerika zurückzukehren. Er arbeitete in Boston und dokumentierte als Spezialist für Infektionskrankheiten im ländlichen Tennessee die ersten Anzeichen einer neuen Epidemie, die später als Aids bekannt wurde. Erschöpft vom medizinischen Alltag, löste er seinen Pensionsfonds auf und bewarb sich an der Universität von Iowa für ein Literaturstudium, das er unter der Ägide von John Irving beendete. Danach veröffentlichte er, der heute in Stanford lehrt, neben dem Klinikalltag zwei Sachbücher, die beide Bestseller wurden: "My Own Country" (1994) über Aids und das sehr persönliche "The Tennis Partner" (1999) über Sucht- und Lebensprobleme unter Medizinern und den damit verbundenen Tod eines Freundes.

"Rückkehr nach Missing", das im Original in einer Anspielung auf den hippokratischen Eid "Cutting for Stone" heißt, ist ein wohltuend altmodisches Buch, bei dessen Lektüre die Augen nicht immer trocken bleiben. Mit Nachdruck und nicht ohne Pathos beschwört es jenes missing link zwischen Medizin und Leben, das der Autor in den Zwängen der Gesundheitssysteme und der überfrachteten medizinischen Ausbildung bedroht sieht: Zuhören und Erzählen. Zur Illustration dieser narrativen Medizin zitiert Verghese vor seinen Studenten gern seinen Arzt- und Schriftstellerkollegen Tschechow, der auf dem Totenbett den Doktor Champagner holen ließ. Denn bis die Sauerstoffmaschine einträfe, sei er ohnehin längst tot.

SABINE BERKING

Abraham Verghese: "Rückkehr nach Missing". Roman. Aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2009. 770 S., geb., 24,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was der Mediziner und Schriftsteller Abraham Verghese hier zu Papier gebracht hat, ist von einer altmodischen Wucht, mit der Sabine Berking gut leben kann. Auch wenn ihre Augen bei der Lektüre nicht trocken bleiben, nein, gerade drum, verfolgt sie Vergheses um ein Missionsspital in Addis Abeba kreisende Familiensaga mit Wonne: Her mit den großen Gefühlen, aber auch mit Nachdenklichkeit und mit den Bildern "von melancholischer Schönheit", die der Autor zaubert. Dass Verghese eigentlich ein Buch mit der Medizin als "Hauptperson" hat schreiben wollen (medizinische Details zeugen davon), vergisst Berking beinahe angesichts von Leben, Tod, Glück und Leid in diesem Roman und so strahlender Tugenden wie Demut, Aufopferung und Hingabe - für Berking die eigentlichen Protagonisten hier.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Rückkehr nach Missing ist ein wohltuend altmodisches Buch, bei dessen Lektüre die Augen nicht immer trocken bleiben. Mit Nachdruck und nicht ohne Pathos beschwört es jenes missing link zwischen Medizin und Leben, das der Autor in den Zwängen der Gesundheitssysteme und der überfrachteten medizinischen Ausbildung bedroht sieht: Zuhören und Erzählen.«
"Nicht ein Wort ist verschwendet in diesem überlebensgroßen Werk, in dieser Saga, die drei Länder und sechs Jahrzehnte umspannt."