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Die Lebensgeschichte eines der einflussreichsten und zugleich umstrittensten Weltpolitiker, von seinem Volk geliebt und geehrt, von seinen Gegnern als Kriegsverbrecher angeklagt, verantwortlich gemacht für blutige Massaker. Sein Leben ist untrennbar mit der Gründung und dem Aufstieg des Staates Israel verbunden, und sein höchstes Ziel, dem er alles andere unterordnete, war: größtmögliche Sicherheit für die jüdische Bevölkerung. Wie geht es nun weiter im chronisch gefährdeten Nahen Osten, nachdem Scharon im Januar 2006 wegen eines schweren Schlaganfalls die politische Bühne räumen musste?

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Produktbeschreibung
Die Lebensgeschichte eines der einflussreichsten und zugleich umstrittensten Weltpolitiker, von seinem Volk geliebt und geehrt, von seinen Gegnern als Kriegsverbrecher angeklagt, verantwortlich gemacht für blutige Massaker. Sein Leben ist untrennbar mit der Gründung und dem Aufstieg des Staates Israel verbunden, und sein höchstes Ziel, dem er alles andere unterordnete, war: größtmögliche Sicherheit für die jüdische Bevölkerung. Wie geht es nun weiter im chronisch gefährdeten Nahen Osten, nachdem Scharon im Januar 2006 wegen eines schweren Schlaganfalls die politische Bühne räumen musste?
Autorenporträt
Helmut Dierlamm, geboren 1955, übersetzt vor allem Sachbücher und Biografien aus dem Englischen, darunter Werke von Francis Fukuyama, Barack Obama, Desmond Tutu, Henry Kissinger und Tony Blair.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.12.2006

Der Krieger
Eine schmeichelhafte Biographie des israelischen Politikers
Von seinem Vater lernte Ariel Scharon eine Maxime: „Land gibt man nicht ab.” Diese wichtige Information steht auf der Rückseite des Buches über den ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten, der seit einem Jahr im Koma liegt. Der Titel „Ariel Scharon. Die Biographie” verrät noch nichts über die Thesen der Autoren Gadi Blum und Nir Hefez, Redakteure im größten israelischen Zeitungsverlag Jedioth Acharonot. Immerhin ist die deutsche Ausgabe eine Verbesserung im Vergleich zum 2005 erschienenen israelischen Original: Damals prangte auf dem Cover in goldenen Lettern „Der Schäfer” über dem Bild Scharons im blauen Pullover, der liebevoll ein Lamm in den Händen hält.
Jesus ist Scharon wahrlich nicht. Er war ein Krieger, der fast sein ganzes Leben lang für Israels Sicherheit kämpfte. Er glaubte, dass diese nur durch militärische Überlegenheit über die hasserfüllten arabischen Nachbarn und ein Maximum an Territorium zu gewährleisten sei. Für sein Charisma und seine Brutalität wurde er wie kein Zweiter unter den zwölf Ministerpräsidenten des Judenstaates verehrt und gefürchtet. „Der israelische Napoleon”, nannte ihn Uri Avnery. Fast am Ende seiner politischen Karriere wurde Scharon 2001 eher zufällig mit überwältigender Mehrheit zum Regierungschef gewählt, um den zweiten palästinensischen Aufstand niederzuschlagen – nicht um Frieden zu machen.
Warum beschloss ausgerechnet Scharon, der mehr als jeder andere israelische Politiker die Besiedlung des Westjordanlandes vorantrieb, 2005 im Rahmen der „Abkopplung”, alle Israelis aus dem Gazastreifen zu evakuieren und deren Siedlungen zu zerstören? Warum gab er einseitig Land ab? Und wie hätte dieser neue Scharon 1979 auf den Vorschlag des damaligen Außenministers Schimon Peres, den Gazastreifen zu räumen, reagiert? Scharon sagte damals: „Das ist ein unkluger Vorschlag. Wenn wir von dort abziehen, werden die Terroristen Sderot und Aschkelon mit Artillerie und Raketen unter Beschuss nehmen.”
„Nur wer das Puzzle Ariel Scharon zusammenstellt, kann das Geheimnis der Abkopplung lösen”, stellen die Autoren fest. Der anrührendste Teil von Scharons Leben und des Buches sind die drei persönlichen Tragödien: der Tod seiner ersten und zweiten Frau sowie der seines ältesten Sohns Gur. Die Szene, in der der General seinen elfjährigen sterbenden Sohn in den Armen hält, der beim Spielen mit einem alten Gewehr tödlich getroffen wurde, ist bewegend. Auch die große Liebe, die zwischen Scharon und seiner zweiten Frau Lily – nach dem Tod von deren Schwester Margalit, seiner ersten Gattin – entstand. Wir lernen auch, dass Scharon klassische Musik mag und als Kind die Geige spielte.
Zum Verständnis des Politikers hingegen trägt das Werk wenig bei. Von Fakten überfrachtet, sucht der Leser vergeblich nach einer These wie bei der Scharon-Biographie „Hält nicht bei Rot”, die nur auf Hebräisch erschien: Er kenne keine Grenzen. Die Geschichte wird chronologisch erzählt. Oft werden dadurch mehrere Themen abwechselnd in einem Kapitel behandelt, was die Orientierung erschwert. So behandelt „Die erste Intifada” ausführlich auch die internen Spannungen der großen Koalition zwischen Likud und Arbeitspartei, Scharons Sicht des Libanonkriegs und den Tod seiner geliebten Mutter Vera.
 Die Biographen liefern auch keine neuen Erkenntnisse, etwa zum ersten Libanonkrieg. Dem damaligen Verteidigungsminister Scharon gelang es weder, die Syrer aus dem Zedernland zu vertreiben noch die palästinensischen Angriffe auf Nordisrael durch einen Friedensvertrag mit einem christlichen Satellitenregime in Beirut zu beenden. Für seine „groben Fehler” (so die staatliche Untersuchungskommission), die zum Massaker an 700 Palästinensern in den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila führten, musste er zurücktreten und wurde lange Zeit weltweit verachtet. Die Autoren lassen Scharon jegliche Verantwortung für das Massaker von sich weisen, unkommentiert den Libanonkrieg zum Erfolg erklären und sich als Opfer der Regierung, der Medien und der Untersuchungskommission stilisieren.
Auch das „Geheimnis der Abkopplung” lösen Blum und Hefez nicht. Sie stellen lediglich fest, dass ihn nicht die polizeilichen Ermittlungen gegen seine Person zum Rückzug aus Gaza bewegten, sondern vermutlich eher sein Wille, nicht als Krieger in die Geschichte einzugehen. Aber davor wird ihn nicht einmal diese schmeichelhafte Biographie retten können. IGAL AVIDAN
GADI BLUM/NIR HEFEZ: Ariel Scharon. Die Biographie. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006. 592 Seiten, 25 Euro.
„Der israelische Napoleon” Ariel Scharon, der seit langem im Koma liegt. AFP
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2007

Mehr als ein brillanter Trick
Das Leben Ariel Scharons und seine Wandlung vom Siedlungsvater zum Abzugspolitiker

Ein Rätsel Scharons können auch die Journalisten Gadi Blum und Nir Hefez nicht lösen: Wie wurde aus dem Siedlervater der Rechten plötzlich ein Gegner dieser Bewegung und ein Abzugspolitiker? Beide Autoren trafen Ariel (Arik) Scharon nie persönlich. Das wollten sie auch nicht; sie fürchteten wohl zu sehr, von ihm eingenommen zu werden. Tatsächlich hatte Scharon eine ruppige und zugleich warmherzige Art, die ihm sogar bei politischen Gegnern Sympathien einbrachte. Trotz der gewählten Distanz wird Scharon mit Verständnis beschrieben, soll sogar von dem Odium der "Dampfwalze" befreit werden. Dabei werden die Verfasser oft den Positionen seiner Gegner in der Armee und Politik oder bei den Arabern nicht gerecht.

Blum und Hefez schreiben ein israelisches Buch für israelische Leser, die nicht die Außensicht auf das Land und seine Politik kennen. Sie leben im innerisraelischen Konsens, den sie nicht in Frage stellen. Sie versuchen vielmehr, den zum Beispiel im Libanon-Krieg 1982 oder in der "zweiten Intifada" selbst nach der israelischen Mehrheit jenseits des Konsens agierenden Scharon in diesen Rahmen "zurückzurechtfertigen". Damit werden sie der internationalen Bedeutung israelischer Politik nicht gerecht und können auch den Schaden oder Nutzen der Politik Scharons nur schlecht einschätzen. Israel ist nun einmal keine Insel. Die Autoren aber folgen dem allgemeinen israelischen Duktus, wonach die Außenpolitik vor allem von der Innenpolitik bestimmt wird. Blum und Hefez berufen sich in ihrem Buch auf Scharons Gefährten im militärischen und privaten Leben, zitieren schriftliche Quellen. Sie legen einen ausführlichen und auch in der Psyche des Politikers suchenden Bericht über das Leben des Ministerpräsidenten vor, der Anfang 2006 plötzlich, von einem Gehirnschlag getroffen, ins Koma fiel und seither lebendig tot ist.

Ein Leben lang hatte sich Scharon in der Politik bemüht, seine eigenen politischen Vorstellungen, sein taktisches und raffiniertes praktisches Vorgehen sowie den Konsens der Nation in Einklang zu bringen. Das aber gelang ihm erst in den letzten Wochen seines aktiven Lebens: Weil der Likud, den er 1973 selbst mitgründen half, seinen Abzug aus dem Gazastreifen nicht mittrug, gründete er für die Neuwahlen 2006 die auf ihn selbst zugeschneiderte "Kadima"-Partei, mit der er mutmaßlich im Triumph als Vater der Nation gesiegt hätte.

An einigen Stellen baut sich das Buch als Antwort auf das Schicksal Rabins auf. Die Politiker standen in befeindeten Lagern; sie schätzten sich aber als Mensch und Soldat. Scharon machte zwar die Schmähung Rabins nach den Oslo-Verträgen 1993 mit, aber er gehörte dennoch - anders als Rabins anderer und Scharons eigener Gegner Netanjahu - zu den gelittenen Trauergästen am Grabe Rabins. Rabin wurde 1995 auf der Höhe seiner Macht und Beliebtheit vor weiteren schicksalsschweren Schritten der israelischen Nation von einem Attentäter gefällt. Zehn Jahre später stand Israel nach dem Gaza-Abzug auch vor entscheidenden weiteren Schritten, die nun Scharon wegen seiner Krankheit nicht mehr gehen konnte. Während aber Biographien über Rabin den von innen getriebenen Wandel herausstellen, die ihn vom Politiker, der den "Palästinensern die Beine brechen wollte", zum Friedensnobelpreisträger machten, bleibt nach Blum und Hefez offen, ob es so einen Wandel auch bei Scharon gab. Oft stellen sie Scharon als den "größten politischen Taktiker Israels" dar, der zum Beispiel seinen Erzfeind Netanjahu mit taktischem Geschick immer wieder ausbremste. Sie beschreiben Scharon als "König der Meinungsmanipulation", der mit seinem Besuch auf dem Tempelberg im Herbst 2000, dem Anlass für die "zweite Intifada", die "politische Realität manipulativ" verändern wollte.

War das so auch mit dem Abzug? Die Autoren beschreiben, wie Scharon nicht zufällig genau zwei Wochen nach der Bekanntgabe der "Genfer Initiative" seinen Abkopplungsplan verkündete. Die "Initiative" füllte ein politisches Vakuum, das dadurch entstanden war, dass Scharon allein militärisch und bis zum Verbluten der palästinensischen Seite und zur Geiselhaft von PLO-Chef Arafat auf diese "2. Intifada" antwortete. Die Initiative verursachte beträchtlichen Wirbel, der auch bei einer Trauerdemonstration im November 2003 für Rabin auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv sichtbar wurde. Präsident Bush drohte, die Kredite zu kürzen, wenn weiter in den Siedlungen gebaut würde. Scharon habe von allen Seiten Druck bekommen, heißt es dann. Er "hatte das Gefühl, dass sich die Schlinge um seinen Hals zusammenzog".

Zwar begründete Olmert in einem Zeitungsgespräch wenig später den Abzug mit der demographischen Gefahr, sollte der Gazastreifen weiter besetzt bleiben. Doch dieser inhaltliche Grund gerät an den Rand, wenn die Autoren wenig später den Abzug als ein typisches Manöver Scharons bezeichnen, als "brillanten Trick", mit dem er "die Manipulation der Medien, der Knesset und der Öffentlichkeit zu einem erfolgreichen Abschluss brachte". Wenig später stellte der bisher "rechte" Scharon aus Berechnung gerade der liberalen Zeitung "Haaretz" seinen Abzugsplan detailliert vor, hatte damit endgültig die Initiative übernommen und die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Selbst den Generalstaatsanwalt habe er für sich gewonnen. Der ließ trotz der Vorwürfe illegaler Geldgeschäfte Milde walten. Der Abzug sei allein taktisch; er gehe so weit wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, kritisierte die Rechte.

Im Nachhinein wird zum Abzug gesagt, er sollte der demographischen Gefahr einer arabischen Mehrheit im gesamten israelischen Machtgebiet entgegenwirken. Es sei Israel um seine jüdische Identität gegangen und um die Demokratie, denn die Besatzung mit ihren Militärdekreten setze die Demokratie außer Kraft. Doch Scharon hat dies laut dieser Biographie selbst nie so interpretiert. Er riskierte bei der heftigen und tatkräftigen Kritik der Rechten sein Leben, und er verlor seine bisherigen Freunde in diesem Lager. Scharon wechselte die Lager: "Durch die Umsetzung des Abkoppelungsplans wandelte sich Scharon von einer müden, um die Erhaltung der Handlungsfähigkeit seiner Regierung ringenden Politikmaschine zu einem visionären Führer".

JÖRG BREMER

Gadi Blum/Nir Hefez: Ariel Scharon. Die Biografie. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2006. 592 S., 25,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit großem Interesse hat Jörg Bremer diese Biografie des ehemaligen israelischen Premiers Ariel Scharon gelesen, der seit einem erlittenen Gehirnschlag im April 2006 im Koma liegt. Doch ganz zufrieden ist er nicht. Zum einen liegt dies daran, dass die beiden Journalisten Gadi Blum und Nir Hefez aus der innerisraelischen Perspektive schreiben, womit sie der internationalen Bedeutung israelischer Politik zu wenig Bedeutung beimäßen und "Schaden oder Nutzen der Politik Scharons nur schlecht einschätzen" könnten. Zum zweiten vermisst Rezensent Bremer eine tragfähige Deutung des gewaltigen Wandels, den der Politik Scharon vollzogen hat. Was hat den einstigen "Siedlervater der Rechten" zu dem Politiker gemacht, der gegen alle Widerstände den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen durchgesetzt hat? Blum und Hefez beschreiben Scharon vor allem als großen Taktiker und geschickten Manipulator der öffentlichen Meinung, doch das reicht Bremer nicht, der in dem Abzug nicht nur einen Trick sehen will.

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