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Bei vorliegenden Werk handelt es sich nicht um eine Biographie im klassischen Sinn, sondern um eine Würdigung verschiedener Aspekte des Pontifikats Benedikts XV. (1914-1922). Es geht nicht um Lebensbeschreibung als Selbstzweck, sondern darum, den Beitrag dieser Persönlichkeit zur Kirchen- und Theologiegeschichte in den Blick zu nehmen. Hat der Mann aus Genua, der nur gut sieben Jahre auf dem Stuhl Petri saß, bleibende Spuren in seiner Kirche hinterlassen? Diese Frage zu stellen, scheint eine passende Annäherung an Benedikt XV. Er wird nicht wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger als selig…mehr

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Produktbeschreibung
Bei vorliegenden Werk handelt es sich nicht um eine Biographie im klassischen Sinn, sondern um eine Würdigung verschiedener Aspekte des Pontifikats Benedikts XV. (1914-1922). Es geht nicht um Lebensbeschreibung als Selbstzweck, sondern darum, den Beitrag dieser Persönlichkeit zur Kirchen- und Theologiegeschichte in den Blick zu nehmen. Hat der Mann aus Genua, der nur gut sieben Jahre auf dem Stuhl Petri saß, bleibende Spuren in seiner Kirche hinterlassen?
Diese Frage zu stellen, scheint eine passende Annäherung an Benedikt XV. Er wird nicht wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger als selig oder heilig verehrt. Dennoch wird man ihm weder persönliche Integrität noch historische Größe absprechen können. Wie die Ausführungen dieses Buches zeigen, wurde durch sein Wirken während des Ersten Weltkriegs und in den unmittelbaren Nachkriegsjahren die moderne Außenpolitik des Heiligen Stuhls geprägt und bis in unsere Tage bestimmt: Konsequente Neutralitätspolitik ermöglicht sowohl humanitäre Aktivitäten wie eine gezielte Friedensvermittlung. In diesem Buch wird lediglich gezeigt, dass er zu Unrecht weitgehend vergessen ist.
Autorenporträt
Ernesti, Jörg

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.07.2016

Ohne Rücksicht auf die Nation

Nicht nur Armenier sind ihm zu Dank verpflichtet: Jörg Ernesti erinnert an Papst Benedikt XV., der sich als Diplomat im Ersten Weltkrieg Verdienste erwarb - und einen folgenreichen Fehler machte.

Auf hohem Sockel ein Denkmal mit männlicher Skulptur: ein Papst in vollem Ornat, die Tiara auf dem Haupt, die Rechte weit ausgestreckt, als wolle der Kirchenfürst etwas abwehren. Eine Inschrift rühmt den Dargestellten. In tragischer Zeit habe er den Menschen Wohltaten erwiesen, ohne Rücksicht auf Nationalität oder Religion. Zum Zeugnis der Dankbarkeit errichtet "vom Orient". Der Orient ist die Türkei. Das Denkmal steht seit Dezember 1921 im Hof der katholischen Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul. Der Dargestellte scheint den Kriegsparteien des Ersten Weltkriegs mit einer energischen Geste entgegenzutreten, die ihnen gebietet, den Kampf einzustellen. Es handelt sich um Benedikt XV.

Tatsächlich findet die Verehrung, die sich in dem türkischen Denkmal für Benedikt XV. ausspricht, kaum ein Echo in der bisherigen Geschichtsschreibung. Die Forschung hat den von 1914 bis 1922 amtierenden unauffälligsten Papst des zwanzigsten Jahrhunderts vernachlässigt. Zu Unrecht, meint Jörg Ernesti, Kirchenhistoriker an der Universität Augsburg, und legt nun eine sorgfältig recherchierte Biographie von Papst Benedikt XV. vor.

Der Autor schildert den Lebensweg des Genueser Adligen. 1854 als Giacomo Della Chiesa geboren, hat er zunächst Jura studiert und in diesem Fach promoviert, um sich dann der Theologie zuzuwenden und eine Ausbildung an der päpstlichen Diplomatenakademie zu absolvieren. Diplomatische Erfahrungen sammelt Della Chiesa als Mitarbeiter von Kardinal Mariano Rampolla, dem Staatssekretär von Papst Leo XIII. Seine pastoralen Lehrjahre verbringt Della Chiesa 1907 bis 1914 als Erzbischof von Bologna. Als Leos Nachfolger Papst Pius X. am 20. Oktober 1914 stirbt, wählen die Kardinäle den Erzbischof von Bologna zweifellos nicht zuletzt deshalb, weil der soeben begonnene Weltkrieg eine Herausforderung bildet, der sich nur ein Diplomat stellen kann.

Ernestis ausführlichstes Kapitel gilt den diplomatischen Bemühungen des Papstes während der Kriegsjahre. Benedikt legt Wert auf Neutralität zwischen den Parteien. Er setzt alle ihm zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel ein, einen raschen Frieden zu vermitteln. Ohne Erfolg. Aus Furcht, der Papst wolle gegenüber dem italienischen Staat territoriale Ansprüche geltend machen, um den 1870 verlorenen Kirchenstaat wiederzu errichten, isoliert Italien den Papst. An den Friedensverhandlungen von 1918 in Versailles kann Benedikt XV. nicht teilnehmen.

Während die Diplomatie misslingt, ist Benedikts humanitärer Einsatz zugunsten von Verletzten und Flüchtlingen erfolgreich. Er stellt Mittel zur Verfügung, um Verwundete zu pflegen, lässt Hilfsgüter verteilen und unterhält ein Büro zur Sammlung von Daten über Verschollene. Solche Initiativen wirken sich auch in der Türkei aus: Daher das Denkmal, dessen Errichtung noch zu Lebzeiten des Papstes erfolgt. Der Hinweis der Inschrift auf die humanitäre Hilfe, die der Papst ohne Rücksicht auf Nationalität und Religion gewährt, ist wörtlich dem - leider wirkungslosen - päpstlichen Friedensaufruf "Dès le début" (Seit dem Beginn unseres Pontifikats) vom 1. August 1917 entnommen. Dem Papst dankbar sind nicht zuletzt die Armenier, gegen deren Unterdrückung und Vernichtung durch den osmanischen Staat der Papst bei Sultan Mehmed V. protestiert hatte.

Nur verhalten deutet Ernesti Kritik an dem Versäumnis des Papstes an, dem 1919 auf Anregung des amerikanischen Präsidenten Thomas Woodrow Wilson gegründeten Völkerbund, der Liga der Nationen, beizutreten. Die noch gravierendere Fehlentscheidung des Papstes, von Ernesti ohne Bewertung referiert, liegt allerdings nicht auf staatspolitischem, sondern ökumenischem Gebiet. Im Dezember 1914 bekundet Benedikt XV. sein Interesse an der damals noch jungen Ökumenischen Bewegung und weckt Hoffnungen. Am 16. Mai 1919 empfängt der Papst eine Delegation der amerikanischen Episcopalian Church. Sie unterrichtet ihn über eine geplante ökumenische Weltkonferenz und wirbt für die Teilnahme der katholischen Kirche.

Der Papst empfängt die Delegierten freundlich, lehnt jedoch die Beteiligung ab. Stattdessen lädt er zur Rückkehr in die "wahre Kirche" ein. Welche Überraschung: Statt der erhofften Unterstützung finden die Delegierten schroffe Ablehnung. Noch im selben Jahr verbietet das Heilige Offizium die Mitarbeit von Katholiken in Organisationen, die die Einheit suchen. Damit ist der Einstieg der katholischen Kirche in die Ökumenische Bewegung verpasst - ein Fehler, der bis in die Gegenwart nachwirkt. Noch heute liegt den ökumenischen Initiativen der katholischen Kirche das von Benedikt XV. vorgeprägte Muster zugrunde: Man gibt sich offen für die orthodoxen Kirchen des Ostens, während den reformatorischen Kirchen die kalte Schulter gezeigt wird.

Nur sieben Jahre, bis zum 22. Januar 1922, bekleidet Benedikt XV. das Amt des Papstes. Im Alter von siebenundsechzig Jahren stirbt er an einer Lungenentzündung. Ernesti schildert ihn als einen Mann von kleiner Gestalt, als "workaholic", der stets ungeduldig war und zur Eile mahnte. Mit seinem Staatssekretär, dem Sizilianer Pietro Gasparri, hat er perfekt zusammengearbeitet. Sein fehlendes Charisma konnte Della Chiesa durch persönliche Bescheidenheit, Akribie und Arbeitskraft ausgleichen. Die Biographie von Jörg Ernesti schließt eine Lücke in der deutschsprachigen Papstliteratur - und erinnert an verdrängte Aufgaben, an die sich offenbar auch Papst Franziskus noch nicht heranwagt.

BERNHARD LANG

Jörg Ernesti: "Benedikt XV.". Papst zwischen den Fronten.

Herder Verlag, Freiburg 2016. 332 S., Abb.,

geb., 34,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bernhard Lang ist dankbar, dass der Kirchenhistoriker Jörg Ernesti dem unauffälligen, bisher zu wenig gewürdigten Papst Benedikt XV. eine umfangreiche Lebensgeschichte widmet. Der Kritiker liest hier neben Stationen aus dem Werdegang des als Giacomo Della Chiesa geborenen Genueser Adligen vor allem von dessen Verdiensten im Ersten Weltkrieg: Auch wenn Benedikt XV. trotz größter diplomatischer Bemühungen an dem Versuch, einen schnellen Frieden zu vermitteln, scheiterte, wird insbesondere sein humanitärer Einsatz für Flüchtlinge und Verletzte in der Türkei gewürdigt, informiert der Rezensent. Darüber hinaus erfährt Lang bei Ernesti, dass das Versäumnis des Papstes, die katholische Kirche rechtzeitig für die Ökumene zu öffnen, bis heute nachwirkt. Hier hätte sich der Rezensent allerdings etwas mehr Kritik vom Autor gewünscht.

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