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Hintergründe und Analysen einer Krise, die viele bewegt. Der Band dokumentiert zunächst die für die aktuelle Diskussion zentralen kirchlichen Texte. Danach diskutieren namhafte Theologen insbesondere über die Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Rolle des Papstes sowie die kirchenrechtlichen und systematisch-theologischen Hintergründe. Mit Beiträgen von Wolfgang Beinert, Friedrich Wilhelm Graf, Stephan Haering, Helmut Hoping, Peter Hünermann, Kurt Koch, Joseph A. Komonchak, Gerhard Ludwig Müller, Hermann Joseph Pottmeyer, Thomas Rigl, Ludwig Ring-Eifel, Ulrich Ruh und Magnus Striet.…mehr

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Produktbeschreibung
Hintergründe und Analysen einer Krise, die viele bewegt.
Der Band dokumentiert zunächst die für die aktuelle Diskussion zentralen kirchlichen Texte. Danach diskutieren namhafte Theologen insbesondere über die Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Rolle des Papstes sowie die kirchenrechtlichen und systematisch-theologischen Hintergründe.
Mit Beiträgen von Wolfgang Beinert, Friedrich Wilhelm Graf, Stephan Haering, Helmut Hoping, Peter Hünermann, Kurt Koch, Joseph A. Komonchak, Gerhard Ludwig Müller, Hermann Joseph Pottmeyer, Thomas Rigl, Ludwig Ring-Eifel, Ulrich Ruh und Magnus Striet.
Autorenporträt
Wolfgang Beinert, emeritierter Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Regensburg, zahlreiche Veröffentlichungen, bei Herder u.a. 'Das Christentum. Eine Gesamtdarstellung' und 'Lexikon der katholischen Dogmatik'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2009

Der lange Atem weht, wo er will

Die Piusbrüder-Falle: Ein von Wolfgang Beinert herausgegebener Band dokumentiert Irrungen und Wirrungen zwischen Vatikan und Traditionalisten.

Dürfen die das? Nein, natürlich nicht. Aber ums Kirchenrecht haben sich die Piusbrüder noch nie geschert. Nun halten sie die Weltkirche wieder auf Trab: Am 27. Juni wollen sie in Amerika, Deutschland und der Schweiz abermals Priester weihen. Dass diese - rechtlich unerlaubten - Weihen geschehen, nachdem die Exkommunikation der Pius-Bischöfe aufgehoben wurde, unterstreicht noch einmal das Fadenscheinige der sogenannten Annäherung zwischen Piusbruderschaft und Vatikan.

Die Piusbrüder machen sich einen (in ihren Augen: heilsgeschichtlich gebotenen) Spaß daraus, den Vatikan am Nasenring durch die Manege zu ziehen. Und der Vatikan gibt bereitwillig den Nasenbär, indem er Zugeständnisse macht (und diese als Großzügigkeit für geboten erklärt), aber im Übrigen die Pius-Dinge laufenlässt. Das sieht dann so aus: Der Papst erfüllt zwar die Bedingungen der Piusbrüder (lässt kirchenweit die alte Messe wieder zu, hebt die Exkommunikation der Bischöfe auf). Aber die Piusbrüder denken gar nicht daran, die Bedingungen des Papstes zu erfüllen. Dass der Papst dieses Spiel mitspielt, trug ihm den Vorwurf eines schweren Amtsfehlers ein - auch jenseits des unsäglichen Holocaust-Leugners Williamson.

Nachzulesen ist die Affäre zwischen Vatikan und Traditionalisten jetzt in einem von Wolfgang Beinert herausgegebenen Buch mit dem Titel "Vatikan und Pius-Brüder. Anatomie einer Krise". Der Band vereinigt kritische und wohlwollende theologische Kommentare und stellt die zentralen kirchenamtlichen Dokumente zur aufgehobenen Exkommunikation der Pius-Bischöfe zusammen. Ein wichtiger Streitpunkt, den die Beiträge erörtern, ist die erstaunliche Bedingungslosigkeit der erfolgten Exkommunikation, die Unbefangenheit, mit der das rechtliche Defizit des Vorgangs seelsorglich überhöht wird.

Der Papst und sein Staatssekretariat rechtfertigen den vatikanischen "Gnadenerweis" unter anderem damit, dass mit ihm keine kanonische Anerkennung der Piusbruderschaft verbunden sei. Wie heißt es dazu in den entsprechenden Verlautbarungen? "Die vier Bischöfe haben, wenngleich sie von der Exkommunikation gelöst sind, keine kanonische Funktion in der Kirche und üben in ihr kein rechtmäßiges Amt aus" (Note des Staatssekretariats, 4. Februar 2009). "Um es noch einmal zu sagen: Solange die doktrinellen Fragen nicht geklärt sind, hat die Bruderschaft keinen kanonischen Status in der Kirche und so lange üben die Amtsträger, auch wenn sie von der Kirchenstrafe frei sind, keine Ämter rechtmäßig in der Kirche aus" (Brief an die Bischöfe von Benedikt XVI., 10. März 2009).

Was aber sind diese Verlautbarungen wert, wenn sich die Piusbrüder ungehindert über sie hinwegsetzen können? Wenn ihre Bischöfe ihr Amt unrechtmäßig weiter ausüben und - unerlaubt, aber sakramental gültig - Priester weihen? Pfeifen sie damit nicht auf jene Kirche, in der sie anerkannt werden wollen? Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Piusbruderschaft einen "provisorischen rechtlichen Status" meint innezuhaben, während der Vatikan erklärt, sie habe "keinen" (also auch keinen provisorischen) rechtlichen Status in der Kirche. Der Vatikan könnte hier schnell und einfach für Klarheit sorgen. Er brauchte nur die angekündigten Priesterweihen mit Hinweis auf ihre Unrechtmäßigkeit zu verbieten und unter kirchenrechtliche Strafe der Exkommunikation zu stellen. Aber eine solche Sanktionsankündigung ist bislang nicht erfolgt. Die geplanten Priesterweihen sind auf vatikanischer Seite bis heute folgenlos geblieben.

Es ist diese offenbar bewusst offen gehaltene Grauzone, in welche die Piusbruderschaft um so forscher hineinstößt. Man lese dazu den Juni-Rundbrief ihres deutschen Priesterseminars, eine wichtige Quelle zur Rezeption des "Gnadenakts", die Beinerts Buch in seiner ersten Auflage naturgemäß nicht mehr berücksichtigen konnte. In dem Rundbrief heißt es: "Im Prozess der Annäherung und Verständigung mit Rom hat die Priesterbruderschaft auf unbestimmte Zeit einen provisorischen rechtlichen Status inne, bis nach Abschluss der theologischen Gespräche eine definitive kanonische Regelung gefunden wird. So sieht es die mit Rom vereinbarte ,Marschroute' vor. Niemals war in den bisherigen Verhandlungen von einem generellen ,Weihestopp' die Rede, im Gegenteil: Die Aufhebung des Exkommunikationsdekrets war ja als Akt des Entgegenkommens gedacht, der dem Leben der Bruderschaft keine Einschränkungen auferlegen sollte."

Dass eine solche Lesart möglich ist, dass sie unwidersprochen bleibt und jedenfalls keinen Anhaltspunkt bietet, die Tatsachen zu verdrehen, sondern im Gegenteil den tatsächlichen Inhalt der Vereinbarungen wiederzugeben scheint - das alles bestätigt zentrale Befürchtungen, die nach der Aufhebung der Exkommunikation geäußert wurden. Lernen wir doch im "Rundbrief", wie sich die Aufhebung der Exkommunikation von der anderen Seite, von der Seite der Piusbruderschaft, darstellt: als Phasenmoment einer Marschroute, die nun im Stechschritt abgeschritten werden soll; als Blankovollmacht, ohne Einschränkungen tun und lassen zu können, was einem Piusbruder einfällt.

Wo, bitte, findet sich sich da irgendein Anhaltspunkt, der die folgende rhetorische Frage Benedikts plausibel machen würde? Gewiss, bei den Piusbrüdern gebe es "Hochmut und Besserwisserei, Fixierung in Einseitigkeiten hinein etc.". Aber, so verteidigt der Papst die Aufhebung der Exkommunikation, "sollte die Großkirche nicht auch großmütig sein können im Wissen um den langen Atem, den sie hat; im Wissen um die Verheißung, die ihr gegeben ist?"

Das Argument des langen Atems ist windig. Mit ihm kann jeder Einspruch als kurzatmig zurückgewiesen werden - am Ende gerade wegen seiner Fundiertheit und Wirklichkeitsnähe. Der lange Atem weht, wo er will. Bei Bedarf haucht er jede kulturelle und rechtliche Schranke hinweg. Er pustet alle Bedenken über den Haufen, wenn ein Piusbruder ruft: Hier stehe ich und kann nicht anders.

CHRISTIAN GEYER

"Vatikan und Pius-Brüder". Anatomie einer Krise. Herausgegeben von Wolfgang Beinert. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2009. 258 S., br., 14,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Band hat Christian Geyer noch einmal die ganze Windigkeit der päpstlichen Argumentation in Sachen Piusbruderschaft und deren Status innerhalb der Kirche vor Augen geführt. Die von Wolfgang Beinert versammelten Kommentare zum Thema scheinen Geyer einerseits kritisch, andererseits wohlwollend, also ausgewogen vertreten. Die entsprechenden kirchenamtlichen Dokumente zur aufgehobenen Exkommunikation der Pius-Brüder findet er aufschlussreich im Hinblick auf die "erstaunliche Bedingungslosigkeit" seitens des Vatikans und die so gewährte kulturelle und rechtliche "Grauzone".

© Perlentaucher Medien GmbH