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Es war eine kleine Sensation, als lyrische Meditationen aus der Feder des amtierenden Papstes im März 2003 einer staunenden Weltöffentlichkeit vorgestellt wurden. Im Alter von 82 Jahren blickte der Papst zugleich zurück und voraus und wählte dazu die Form der Dichtung.
Ein Triptychon ist ein Altarbild mit einer großen Mitteltafel und zwei kleineren Seitentafeln. So ist auch dieses Werk aufgebaut: Der erste Teil reflektiert ein Staunen über das Dasein. Der große Mittelteil meditiert Fresken von Michelangelo an der Schwelle zur Sixtinischen Kapelle, also dort, wo die Päpste gewählt werden.…mehr

Produktbeschreibung
Es war eine kleine Sensation, als lyrische Meditationen aus der Feder des amtierenden Papstes im März 2003 einer staunenden Weltöffentlichkeit vorgestellt wurden. Im Alter von 82 Jahren blickte der Papst zugleich zurück und voraus und wählte dazu die Form der Dichtung.

Ein Triptychon ist ein Altarbild mit einer großen Mitteltafel und zwei kleineren Seitentafeln. So ist auch dieses Werk aufgebaut: Der erste Teil reflektiert ein Staunen über das Dasein. Der große Mittelteil meditiert Fresken von Michelangelo an der Schwelle zur Sixtinischen Kapelle, also dort, wo die Päpste gewählt werden. Der dritte Teil erinnert an Abraham aus Ur im heutigen Irak.

Die biografischen Bezüge sind unübersehbar: der naturliebende junge Priester; der Papst und seine Verantwortung; schließlich der alte Mann, der darauf hoffte, dass Gott zur rechten Zeit handelt. In Rom durfte nur einer über den Tod des Papstes sprechen: der Papst. Er tut es hier in seinem Nachdenken über Werden und Vergehen und über den Sinn des Lebens - wohl das persönlichste Dokument des großen Papstes.

Autorenporträt
Johannes Paul II. wurde am 18. Mai 1920 als Karol Wojtyla im polnischen Wadowice geboren. Er studierte zunächst Literaturwissenschaften und war Schauspieler in einer Krakauer Theatergruppe. Nach seinem Theologiestudium, das wegen der deutschen Besatzung in Polen weitgehend im Untergrund stattfinden musste, wurde er 1946 zum Priester und knapp zwölf Jahre später, im Jahre 1958, bereits zum Bischof geweiht. Ab 1964 Erzbischof von Krakau, wurde er 1967 zum Kardinal ernannt und 1978 als Nachfolger Johannes Pauls I. zum Papst gewählt. Johannes Paul II. ist der erste polnische und seit 1522/23 der erste nicht italienische Papst. 1981 wurde er bei einem Attentat auf dem Petersplatz schwer verletzt. Am 2. April 2005 verstarb Johannes Paul II.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Voller Ehrfurcht nähert sich Karl Kardinal Lehmann diesem Gedichtband des Papstes, wobei es nicht feste Glaubenssätze und klare Bekenntnisse sind, die Lehmann Bewunderung abverlangen, sondern die Demut, mit der der oberste Hirte "als Mensch unter Menschen" erzählt. Die Natur, die Kunst und die Heilige Schrift bilden die drei Motive dieses poetischen Triptychons, an dessen Anfang jedoch das Staunen steht, wie Lehmann betont, ein schlichtes Staunen. "Unaufdringlich, fragend, demütig" findet Lehmann diese Poesie, und deshalb um so nachdrücklicher, denn der Papst betreibe mitnichten "l'art pour l'art", meint Lehmann. Im Gegenteil scheinen immer wieder gegenwärtige Fragen durch: die Verantwortung gegenüber der Schöpfung, der interreligiöse Dialog und selbst der Irak-Krieg. So schließt Lehmann: "Der Reichtum eines großen biblischen und philosophischen Erbes scheint darin auf, aber auch der Reichtum eines langen Menschenlebens. Es lohnt sich, diesen Bilderreichtum zu entdecken."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.10.2003

Und Michelangelo hat doch recht
Ganz werde ich nicht sterben: Wie der Heilige Vater Kunst und Poesie rechtfertigt
Das Staunen ist die gemeinsame Quelle von Religion, Kunst und Philosophie. Das Bewusstsein von der Fremdheit und Unwahrscheinlichkeit des Anschaubar-Wirklichen – warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? – zeigt sich in jener Verwunderung, in der die Schöpfung das Auge aufschlägt. Solches staunenden Bewusstsein eignet allein dem Menschen, mit seinem Staunen ist er allein „inmitten von Geschöpfen, die das Staunen nicht kannten – denen es genügte, zu sein und zu vergehen”. Der Anblick eines Bergbaches hat den passionierten Naturfreund Karol Wojtyla an diesen Quell des Nachdenkens geführt: Das Wasser rauscht bewusstlos hinab durch eine stumme Waldszenerie; der Mensch mit seinem Staunen kann der Quelle entgegengehen, und das heißt hier: das Gesetz der Natur überwinden.
Die „Meditationen”, die der Papst in diesem Jahr erscheinen ließ, sind eine denkbar einfache, aber auch denkbar tiefsinnige Entfaltung dessen, was man neuerdings wieder häufiger mit Kardinal Ratzinger „Logosreligion” nennt, jenes ineinander von philosophischer Spekulation und religiöser Erfahrung, die das Christentum kennzeichnet, ist es doch ein spätzeitlicher Glaube, der sich im vollen Licht einer bereits entwickelten philosophischen Kultur entfaltete.
Das Unsichtbare und die Kunst
Das Kernstück dieser Meditationen ist eine grandiose theologische Feier der Kunst im Anblick jener sixtinischen Wandbilder Michelangelos, die in Karol Wojtylas Leben eine so große Rolle spielten: Unter diesen Wänden wurde er zum Papst gekürt. Die Welt wird sichtbar und bewusst im Logos, dem wortgewordenen Vernunftgott. Aber auch die Bilder der Kunst sind Logos, „das Buch wartet auf das Bild”: „Es wartete auf seinen Michelangelo . . . Das Sehen wartete auf AbBildung.” Das Sehvermögen – die Sinne überhaupt – also ist schon die Rechtfertigung von Kunst, die das Unsichtbare sichtbar macht. Die künstlerische Nachbildung ist eine irdische Form jener Ebenbildlichkeit, die Gott dem Menschen, seinem Geschöpf, mitgab. Der Heilige Vater führt uns hier auf platonische Pfade, auf denen die Gleichnisse der Gleichnisse immer noch von Jenem Höchsten zeugen, der eigentlich unfassbar, unwahrnehmbar, allumfassend, begriffslos ist.
Die Schönheit in der Kunst ist ein Gleichnis für jenes „Und siehe, es war gut”, das Gott am Ende des Schöpfungsakts statuierte. „Hat nicht die Geschichte dies widerlegt?”, fragt der Papst wohl mit allen seinen Lesern, „zum Beispiel unser zwanzigstes Jahrhundert! . . . Und doch kann kein Jahrhundert die Wahrheit verstellen über Bild und Ebenbild.” Michelangelo bleibt wahr auch nach Auschwitz. Das Sehen bleibt der Hauptträger jener Liebe, auch der geschlechtlichen, in der Menschen einander erkennen. Freilich, der Papst belässt es hier nicht bei Kunsttheologie: Das Sehen muss keusch bleiben, rein, und er erinnert sich an einen lateinischen Satz über dem Portal seiner Schule im Geburtsort Wadowice, in dem zur Keuschheit aufgerufen wird.
Michelangelo malte den Anfang und das Ende der Welt, die Erschaffung und das Gericht: Gleichnisse eines eigentlich unfassbaren Geschehens. Sie verweisen auf die Ewigkeit, die Unsterblichkeit. Non omnis moriar (nicht ganz werde ich sterben), weiß der Heilige Vater, und er zitiert hier nicht die Bibel, sondern den heidnischen Dichter Horaz (was uns die deutsche Ausgabe nicht verrät). Horaz meinte damit den Nachruhm für seine Dichtungen, die er zurecht für dauerhafter als Erz hielt. Der Papst meint die Unsterblichkeit der Seele.
Aber dass er dafür den Kernsatz alteuropäischen Dichterruhmes einsetzt, ist wie ein Siegel unter seine kühne Theologie von Kunst. Es ist ihm wichtig, dass die Kardinäle auch seine Nachfolger immer wieder unter den Bildern des Michelangelos wählen werden, denn der Gestaltensturm des Malers macht den Menschen bewusst, dass vor Gott alles offen und nackt daliegt: Omnia nuda et aperta sunt ante oculos Eius.
Kunst besteht aus Gleichnissen, und auch die Heilsgeschichte ist ein einziges Gleichnis, in dem der unwahrnehmbare Gott sich den Menschen wahrnehmbar gemacht hat. Er hinderte Abraham an der Opferung Isaaks und wies damit voraus auf jenes einzige, endgültige Selbstopfer, das alles Opfern beenden sollte: den stellvertretenden Tod von Jesus Christus. Das Staunen vor der fremden Welt gebiert Angst, die Angst macht die Menschen zu Opferern und Opfertieren. Der Glaube, die Schwester von Kunst und Philosophie, nimmt die Angst von ihnen: Aus Schrecken wird Gebet, Gedanke, Gemälde. So schließt sich in diesen Meditationen ein großer Kreis der menschlichen Kultur.
GUSTAV SEIBT
JOHANNES PAUL II.: Römisches Triptychon. Meditationen. Mit einer Einführung von Joseph Kardinal Ratzinger. Aus dem Polnischen von Winfried Lipscher, Pawel Ptasznik und Ingrid Stampa. Herder Verlag, Freiburg, Basel und Wien 2003. 62 Seiten,14,90 Euro.
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