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Er ist genial, er ist exzentrisch und er ist der berühmteste Architekt der USA - wenn nicht gar der Welt: Mit der überlebensgroßen Figur Frank Lloyd Wright erweitert T. C. Boyle seine Darstellung mythischer Amerikaner. Mitten in der Prärie hat Wright einen Traum verwirklicht: das Anwesen Taliesin. Hier lebt und arbeitet er mit seinen treuen Schülern und seinen geliebten Frauen: der aparten Tänzerin aus Montenegro, der exaltierten Morphinistin und - natürlich - Mrs. Wright. Sie alle führen erbitterte Kämpfe gegen ihre Nebenbuhlerinnen und gegen die bigotte amerikanische Gesellschaft. Boyles…mehr

Produktbeschreibung
Er ist genial, er ist exzentrisch und er ist der berühmteste Architekt der USA - wenn nicht gar der Welt: Mit der überlebensgroßen Figur Frank Lloyd Wright erweitert T. C. Boyle seine Darstellung mythischer Amerikaner. Mitten in der Prärie hat Wright einen Traum verwirklicht: das Anwesen Taliesin. Hier lebt und arbeitet er mit seinen treuen Schülern und seinen geliebten Frauen: der aparten Tänzerin aus Montenegro, der exaltierten Morphinistin und - natürlich - Mrs. Wright. Sie alle führen erbitterte Kämpfe gegen ihre Nebenbuhlerinnen und gegen die bigotte amerikanische Gesellschaft. Boyles Geschichte des großartigen Egomanen ist zugleich eine Kritik an der Prüderie der Amerikaner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
T. C. Boyle, geb. 1948 in Peekskill, New York im Hudson Valley, war Lehrer an der dortigen High-School und publizierte während dieser Zeit seine ersten Kurzgeschichten. Heute lebt er in Kalifornien und unterrichtet an der University of Southern California in Los Angeles Creative Writing.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2009

Wer so gut baut, muss mehr sein als ein Lebemann
T. C. Boyle unterschätzt den Helden seines Romans „Die Frauen”, den Architekten Frank Lloyd Wright
Die Selbstüberhöhung der Architekten ist keine Seltenheit. Schon Ineni, Baumeister im Altertum, beschrieb seine Bedeutung um 1500 vor unserer Zeit so: „Ich war Aufseher der Aufseher und hatte niemals Misserfolg.” Das konnte sich sein ägyptischer Kollege Senenmut kaum bieten lassen, der behauptete: „Ich war der Größte der Großen.” Aber auch dieses Selbstbewusstsein war steigerungsfähig. Claude-Nicolas Ledoux, französischer „Revolutionsarchitekt” im späten 18. Jahrhundert, bezeichnete seinen Beruf als „Titanentum”, sich selbst als „Herausforderer des Schöpfers”.
Wenn der amerikanische Architekt Frank Lloyd Wright (1867-1959) also einen ihn anschmeichelnden Reporter anblafft, nein, er, Wright, sei keineswegs der größte Architekt der Gegenwart, „sondern der größte Architekt aller Zeiten”, dann ist das lediglich ein ordentlicher Mittelwert auf der ewigen Skala der Bau-Arroganz. Dem jüngsten Buch „Die Frauen”, das der amerikanische Schriftsteller T. C. Boyle dem Leben dieses größten Architekten aller Zeiten gewidmet hat, ist denn auch ein prägnantes Wright-Zitat mit Bedacht vorangestellt: „Schon früh in meinem Leben musste ich mich zwischen ehrlicher Arroganz und scheinheiliger Demut entscheiden; ich entschied mich für die Arroganz.”
Da aber solche Arroganz kaum etwas Besonderes ist in der Sphäre der Architektur, mag sich Boyle noch aus einem anderen Grund für Wright entschieden haben: Wright beließ es, anders als andere wortgewaltige Architekten, in seinem Leben nicht bei der Rhetorik. Wright, der – nüchtern betrachtet – zu den einflussreichsten amerikanischen Architekten in der Geschichte der (frühen) Moderne zu rechnen ist, lebte darüber hinaus ein aufregendes, leidenschaftliches und an persönlichen Dramen kaum überbietbares Leben.
Seine Biographie ist es, genauer: seine drei Ehefrauen und eine Lebensgefährtin sind es, die Boyle zum Roman veranlasst haben. Wobei der Autor sich schon länger für amerikanische Ikonen interessiert. Zuletzt hat Boyle auch die Lebensläufe von John Harvey Kellogg („Willkommen in Wellville”) und Alfred Kinsey („Dr. Sex”) literarisiert. „Die Frauen” ist nun das Buch zum Bau. Leider, und das ist seine Schwäche, will es kaum mehr sein als eben dies: Beiwerk. Ein Werk ist es nämlich nicht. Und das enttäuscht. Thopmas John Boyle, der sich selbst – nach einem Vorfahren – T. Coraghessan Boyle nennt, ist seit „Wassermusik” (1980) zu einem Erzähler geworden, der die Historie mitunter meisterhaft, ja mit mitreißender Sprachmacht zu literarisieren vermag.
„Ich habe”, schrieb Boyle damals, „den historischen Hintergrund aus der Freude und Faszination genutzt, die er mir bereitete, keinesfalls aber in dem Wunsch, die Ereignisse genauestens zu rekonstruieren (. . .).” Es ist ein Rätsel, warum sich Boyle an diesen Anspruch nun kaum erinnert. Tatsächlich reportiert er Wrights gut dokumentiertes, ja in glamouröser Absicht von den Medien seiner Zeit stets begleitetes Leben auf fast schon brave Weise und entfaltet nur selten eine Erzähllust, die stärker wäre als die des Lebens selbst. Vielleicht scheitert Boyle deshalb am Objekt seiner Begierde, weil sich dieses in diesem speziellen Fall als vitaler erweist als Boyles dichterische Freiheit.
Wright, Workaholic, Abenteurer, Maul- und Frauenheld, Autonarr und Pferdesportler, war umgeben von Erfolg und Triumph, dazu von Bankrott und Verrat, Mord und Feuer. Zweimal wird sein wundersames Heim „Taliesin” abgefackelt, einmal wird es vom Amok eines Killers heimgesucht – jedesmal baute Wright erst die Gräber seiner Lieben und danach das Haus (und damit sich selbst) wieder auf. Taliesin ist naturgemäß der Hauptschauplatz des Buches, wird aber nirgendwo vollständig in seiner archaischen Architektur über etwas Raumbeschwörung hinaus reflektiert. Die Meisterschaft, die Boyle aufwendet, um die prägende Landschaft Wisconsins zu beschreiben, hätte hier für das Verständnis von Wright auch als Mensch – „im Raum” – viel bewirken können.
Porträt eines Muttersöhnchens
Frank Lloyd Wright, der sich (wie Boyle) seinen Namen als familiengeschichtliches Dokument selbst zusammengestellt hat, war dreimal verheiratet und dreimal geschieden. Mit seiner ersten Frau, Kitty, hatte er sechs Kinder, aus seiner dritten Ehe, mit Miriam, nochmals eine Tochter. Seine zweite Frau, Mamah, hatte zwei Kinder aus erster Ehe. Seine letzte Lebensgefährtin, Olgivanna, hatte ebenfalls Kinder. Kurz, Wright war der erste Patchworkmensch der Neuzeit – nur dass er sich kaum je für seine Kinder und Enkel interessiert hat. Und der Autor tut es ihm gleich. Aber interessiert sich Boyle stattdessen für die Frauen in „Die Frauen”? Nur zum Teil. Ausführlich zeichnet er nur das Schicksal der Morphinistin und zu Waffengewalt neigenden, Eifersuchtsdramen am Band fabrizierenden Miriam nach. Olgivanna wird mehr als einmal als „Hausdrache” beschrieben, Kitty ist offenbar von keinerlei Interesse – und Mamah, die tatsächlich wichtigste, inspirierendste Frau in Wrights Leben, kommt nicht ganz zu ihrem Recht.
Die Frauen dienen eigentlich nur dazu, Wright, der ein Leben lang unter einer extrem starken Mutter litt, als Muttersöhnchen zu porträtieren, um sein zeitgenössisches Image als Lebemann zu konterkarieren – zugleich aber, um das Amerika jener Zeit der Provinzialität und Heuchelei zu bezichtigen. Das artifiziell-komplizierte, aus der Perspektive eines Mitarbeiters und gegen den Zeitlauf erzählte Konstrukt aus Gesellschaftsbild und Biographie gelingt nicht. Die Frauen bleiben trotz ihres karikaturhaften Irreseins Staffage. Mehr als einmal bezeichnet sie Wright abschätzend als „Zierde”. Und wiederum mehr als einmal muss sich Wright an den Frauen reiben, auf dass sie „seine Lust spüren”. Spätestens an dieser Stelle bekommt man Lust, Boyle zu fragen, warum er sich nicht für den Architekten im Manne interessiert.
Denn die wahre, unfassbar starke Triebfeder Wrights war das Hausbauen. Niemand sonst hat in einem Architektenleben an die 1000 Entwürfe gezeichnet und die meisten davon realisiert; niemand sonst war so erfindungsreich und so utopisch in jener Zeit. Nichts davon kommt hier zur Sprache. T. C. Boyle, der selbst in einem großartigen Wright-Haus lebt, schreibt über Architektur erstaunlicherweise nur in Klischees. Der Künstler, der Raumerfinder Wright jenseits des (bekannten) Erotomanen wird nicht lebendig. Hier hätte sich der Literat verdient machen können. Was aber schon mehr als genug Leben ist – das muss kein Buch mehr werden. GERHARD MATZIG
T. C. BOYLE: Die Frauen. Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Dirk van Gunsteren. Carl Hanser Verlag, München 2009. 560 Seiten, 24,90 Euro.
Frank Lloyd Wright in seinem Büro in Taliesin, Wisconsin. Stubenfliegen soll er dort gerne „Mies”, „Gropius” oder „Corbusier” genannt haben. Foto: AP
Der amerikanische Schriftsteller T.C. Boyle in seinem von Frank Lloyd Wright erbauten Haus in Santa Barbara, Kalifornien Foto: Jochen Siegle/dpa
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Das Leben als Problem ist dem Rezensenten Adam Soboczynski im neuen Roman T.C. Boyles begegnet, der nur bis zu einem gewissen Punkt unterhaltsam sei, dann aber eine Abrgündigkeit entwickele, die im Inferno ende. Es geht um den Architekten Frank Lloyd Wright und seine berühmt-berüchtigten Frauengeschichten, die Boyle quasi um eine Feuerstelle in seinem Präriehaus Taliesin herum konstruiert. Sie sind morphiumsüchtig und niederträchtig oder kränklich und eifersüchtig, sie quälen, scheitern oder kommen im Feuer um. Ein wenig vage bleibt Soboczynski in Hinsicht auf die dramatische Steigerung gen Ende hin, natürlich will er nichts verraten und deutet nur an, dass hier alles - in Korrespondenz zum Mythos des Westens und der frontier -  auf die "unterdrückte, archaische Gewalt des Kontinents" zuläuft.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.04.2009

Die Gestaltung der Lust

Das Horizontale wird überbetont: T. C. Boyle widmet sich in seinem neuen Roman dem exzentrischen Stararchitekten Frank Lloyd Wright, dessen Sexualleben zu Lebzeiten die Öffentlichkeit fast mehr beschäftigte als seine Bauwerke.

Nervöse Formulierungslust und unkontrollierte Redseligkeit halten sich im neuen Roman des amerikanischen Bestsellerautors T. C. Boyle die Waage. Dieser Zwiespalt grundiert das Leseerlebnis von der ersten Seite an. Einerseits wird man sofort ins Labyrinth des exaltierten Lebens seiner Hauptfigur geschleudert und mitgerissen. Andererseits folgt man den Irrwegen und Höhenflügen des porträtierten Stararchitekten mit leisem Vorbehalt.

Schon zum dritten Mal rückt T. C. Boyle einen genialen Exzentriker ins Zentrum eines Romans und erschafft ihn in seinem literarischen Laboratorium neu. Nach dem Gesundheitsguru John Harvey Kellogg ("Willkommen in Wellville", 1993) und dem Sexualforscher Alfred Kinsey ("Dr. Sex", im Original "The Inner Circle", 2005) erkürt er jetzt den amerikanischen Stararchitekten Frank Lloyd Wright zum Helden seines 560 Seiten starken Romans "Die Frauen". Der erfinderische Egomane, überspannte Frauenheld, kuriose Muttersohn und monumentale Baukünstler wird zum fiktionalisierten Protagonisten eines Romanungetüms, das die Zerrissenheit der Architektenikone von allen Seiten auszuleuchten versucht. T. C. Boyle erzählt dessen Leben zwischen 1909 und 1930, gespiegelt in den Glücksräuschen und Albträumen dreier Gattinnen und einer Geliebten, mitgeteilt aus der Perspektive des Japaners Sato Tadashi, der neun Jahre lang als Schüler auf dem Anwesen Taliesin arbeitete.

Tatsächlich hat die Wahl dieses Stoffes einen praktischen Grund. T. C. Boyle selbst bewohnt mit seiner Frau und seinen drei Kindern eine hundert Jahre alte Villa des legendären Architekten in Santa Barbara. Wright ist nicht nur der Erbauer unter anderem des New Yorker Guggenheim Museums und des bekannten Verwaltungsgebäudes für die Johnson Wax Company. Er gilt vor allem auch als origineller Erschaffer unzähliger Wohnhäuser, in denen sich seine Vision des amerikanischen Geistes von Demokratie, Pioniergeist und Zusammenhalt spiegeln sollte. Seine Idee einer "organischen Architektur", die sich der umgebenden Landschaft einpasst, führte etwa zur Konstruktion des spektakulären Fallingwater-Baus nahe Pittsburgh, der um einen Wasserfall herum errichtet wurde.

T. C. Boyle selbst erklärt in Interviews gern kokett, dass er als Pantoffelheld seine Frau gern verwöhnt und der Kauf des Hauses ihr Wunsch gewesen sei. Der Kontrollfreak Wright entwickelte die karge Villa 1909 für sich, seine Frauen und seine Kinder so, dass er vom Arbeitszimmer aus alle Räume im Erdgeschoss im Blick haben und seine Kinder ihn während der Arbeit beobachten konnten. Aus dieser Grundidee lässt sich der Schriftsteller zu einer multiperspektivischen Romankonstruktion inspirieren, die sich halb fiktional-phantastisch, halb faktisch fundiert um die bestens dokumentierte Biographie des Architekten schlingt. Das ist Vorteil und Nachteil zugleich.

Die Wiederauferstehung der komplexen Lebensarchitektur im Text ist mit zahlreichen Abschweifungen und Sackgassen verbunden. Hauptziel des Schriftstellers war es doch wohl, einerseits den zerrissenen Charakter dieses ebenso ungewöhnlichen wie kalten, egoistischen wie bis zur Getriebenheit schöpferischen Ausnahmetalentes zu zeigen. Mit den Mitteln der Literatur will Boyle den widersprüchlichen Kern dieses Workaholics, Visionärs, Autonarrs, Frauenhelden und Dienstbotenquälers fassbar machen. Andererseits sollte der fatale Einfluss, den der Erotomane auf seine Frauen hatte, nachvollziehbar werden, die er je nach Bedarf kaltblütig austauschte.

Ein ambitioniertes Erzählprogramm, das in der Tat in langen satirischen Episoden und entlarvenden Einzelszenen durchaus fasziniert. Als Gesamtkonstrukt wirkt der Roman allerdings so, wie wenn sich der Literaturarchitekt von der betonten Horizontalen seiner Villa etwas allzu sehr verführen ließ und die einzelnen Erzählelemente mehr gleichwertig nebeneinander arrangierte, anstatt sie einer nachvollziehbaren Hierarchie unterzuordnen. Das hat zur Folge, dass Unterschiedliches gleich wichtig ist, eine eigentliche Dramaturgie der Handlung fehlt und die Addition der Szenen ermüdet.

Der Roman gehorcht einer demokratischen Scheinstruktur, die von T. C. Boyles Erzählphantasie immer wieder überwuchert wird und ohne genaue Linienführung oft mehr verwirrt als aufklärt. Ein Einfall jagt den nächsten, ein Porträt neutralisiert das folgende, der Repetitionsfaktor des Erzählten ist einigermaßen groß. Um dem Leser etwa die ständige Kontrolle und Kommentierung des Stararchitekten durch eine neugierige Öffentlichkeit klarzumachen und seinen Ikonencharakter schon zu Lebzeiten zu unterstreichen, treten alle paar Seiten Fotografen auf, die sein Haus, seine Frauen, ihn selbst fotografieren. Journalisten bevölkern den Roman und verfolgen den Prominenten auf Schritt und Tritt - ein Gestaltungsprinzip, das man nach zweimaliger Anwendung durchaus begriffen hat.

Das Porträt des berühmten Architekten dagegen verschwimmt dem Schriftsteller unter den Händen. Seine Konturen bleiben unscharf, das Geheimnis, das dieses abhängige Muttersöhnchen zu Höchstleistungen antreibt, im Verborgenen. Es ist, als wenn die Ikone unter vielen Schleiern verhüllt bliebe. Man ahnt höchstens, was im Kern die Genialität dieses Kultarchitekten ausmacht, man erfährt kaum, was die Triebfeder zu seinen schier unerschöpflichen Einfällen war, zur obsessiven Gestaltungslust, die ihn zu einem Jahrhundertarchitekten machte.

Viel Gewicht kommt dagegen den Beschreibungen der desaströsen Konfrontationen mit den Frauen zu. Aber auch hier ist der Wiederholungsfaktor unübersehbar. In einem Salto rückwärts erzählt T. C. Boyle die zahlreichen Frauenbeziehungen vom Ende her und spult den erotischen Lebensfilm rückwärts ab. Frank Lloyd Wright war dreimal verheiratet und dreimal geschieden, mit den meisten dieser Frauen hatte er Kinder.

Eine Liebe selbst ohne Trauschein sei moralisch, aber eine Ehe ohne Liebe unmoralisch, diesen Schlüsselsatz lässt er eine der Damen ihrer Vorgängerin auf dem tumultuösen Höhepunkt eines erotischen Scharmützels ins Gesicht schleudern. Das war ohne Zweifel Wrights erotisches Prinzip, mit dessen praktischer Umsetzung man über viele Seiten hin konfrontiert wird.

Charmant die halbseidene, kapriziöse Olgivanna, seine letzte Lebensgefährtin, die sich aber unversehens zum Hausdrachen entwickelt. Solide seine zweite Frau und Seelenverwandte Mamah, die stirbt, als ein Verrückter das Anwesen Wrights abfackelt. Kitty, seine erste Frau, mit der er sechs Kinder hatte, besetzt eine Nebenrolle. Dominiert werden alle diese Frauengestalten aber von der exzentrischen, dämonischen, verrückten, morphiumsüchtigen Miriam. Ihr ist kein Mittel zu ausgefallen, um den treulosen Mann an ihre Seite zu binden, ihre hysterischen Auftritte und gewalttätigen Eifersuchtsanfälle beschreibt Boyle einfühlend über viele Seiten hinweg. Im Einzelnen fallen diese Frauenfiguren und die Darstellung ihrer ambivalenten Beziehungen zu einem glamourösen Star durchaus faszinierend aus. Als weibliche Porträtgalerie eines Erotomanen verraten sie am Ende aber wenig über Licht und Finsternis seiner Leidenschaft.

PIA REINACHER.

T. C. Boyle: "Die Frauen". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Dirk van Gunsteren. Carl Hanser Verlag, München 2009. 560 S., geb., 24,90 [Euro].

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Keiner schreibt so anspruchsvoll und lustig über Freaks und Utopisten, reale Persönlichkeiten (Kinsey, Kellogg, Wright) und historische Ereignisse. Günter Keil Playboy 20180117
»T. C. Boyles ironischer Roman ist eine herrliche Tour de Force durch Größenwahn und öffentliche Empörung, Zickenkriege und Musenküsse der durchaus sinnlichen Art.« Klaus Modick, Nordwest Zeitung 25.10.2012