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Wenn ein Lyriker in die Jahre kommt, können die Leser sich auf Gedichte einstellen, die das Erleben des Alterns aufgreifen. Doch Johannes Kühn schreibt über das Älterwerden auf eine Weise, die aus einer überraschenden Spiellust stammt. Die Altersleiden werden schonungslos aufgelistet, aber von Anfang an ist dabei die ironische Distanz zu spüren, in der dies geschieht. Übertreibung gibt nicht Altersjammerei oder Alterstristesse wieder, sie ist vielmehr das sprachliche Mittel, über das Alter zu triumphieren. Wie daraus eine Überlegenheit erwächst, mit der sich sogar dem Tod drohen lässt, macht kein anderer Dichter spürbar wie Johannes Kühn.…mehr

Produktbeschreibung
Wenn ein Lyriker in die Jahre kommt, können die Leser sich auf Gedichte einstellen, die das Erleben des Alterns aufgreifen. Doch Johannes Kühn schreibt über das Älterwerden auf eine Weise, die aus einer überraschenden Spiellust stammt. Die Altersleiden werden schonungslos aufgelistet, aber von Anfang an ist dabei die ironische Distanz zu spüren, in der dies geschieht. Übertreibung gibt nicht Altersjammerei oder Alterstristesse wieder, sie ist vielmehr das sprachliche Mittel, über das Alter zu triumphieren. Wie daraus eine Überlegenheit erwächst, mit der sich sogar dem Tod drohen lässt, macht kein anderer Dichter spürbar wie Johannes Kühn.
Autorenporträt
Johannes Kühn wurde am 3. Februar 1934 in Bergweiler im Saarland geboren. Als Sohn einer Bergarbeiterfamilie wuchs Kühn mit acht Geschwistern in Hasborn auf, wo er heute noch lebt. Ab 1948 besuchte er die Missionsschule der Steyler Missionare in St. Wendel, die er 1953 aufgrund einer langwierigen Krankheit ohne Abitur verließ. Da die finanziellen Mittel fehlten, den Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen, hörte er von 1956 bis 1961 Germanistik als Gasthörer an den Universitäten von Saarbrücken und Freiburg im Breisgau. Daneben besuchte er von 1955 bis 1958 die Schauspielschule in Saarbrücken. Von 1963 bis 1973 arbeitete er als Hilfsarbeiter in der Tiefbaufirma seines Bruders, nebenbei schrieb er Dramen, Gedichte und Märchen. In den folgenden Jahren wanderte Kühn durch seine Heimat und hielt seine Eindrücke in Arbeiter- und Naturgedichten fest. Auszeichnungen: Kunstpreis des Saarlandes (1988), Ehrengabe der Schiller-Stiftung (1991), Horst-Bienek-Lyrikpreis (1995), Christian-Wagner-Preis (1996), Stefan-Andres-Preis (1998), Hermann-Lenz-Preis (2000), Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Homburg (2004).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2007

Keine Einkehr im Himmel
Johannes Kühns neue Gedichte / Von Walter Hinck

Jahrelang schrieb der 1934 geborene Johannes Kühn seine Gedichte (gut siebentausend sollen es gewesen sein) für die Schublade. Dann förderten Reiner Kunze und Peter Rühmkorf den saarländischen Bergmannssohn als Dichter zutage, und sein Landsmann Ludwig Harig zog als sein Herold durch die Lande. Längst ist aus dem Mauerblümchen ein preisgekrönter Naturdichter geworden.

Dass unter den Auszeichnungen auch der Christian-Wagner-Preis ist, beleuchtet das besondere Profil und die poetische Welt dieses Lyrikers, kann aber über fundamentale Unterschiede nicht hinwegtäuschen. Den Schwaben Wagner (1835 bis 1918) machten naive Naturfrömmigkeit und -seligkeit zum Verkünder der Natur- und Weltharmonie, er sah sich gar als Schreiber der "Naturevangelien". Bei Kühn dagegen ist nirgendwo Schwärmerei am Werk. Er blendet nicht das Materielle der Natur aus, sieht die Pflanzen- und die Tierwelt nicht wie Wagner von Schutzengeln bevölkert. Seine Landschaften sind mit einem poetisch-realistischen Objektiv aufgenommen; er wird zu einem Chronisten des Lebens in der Natur. Als Weltbeglückungspoesie versteht er seine Lyrik nicht. Am allerwenigsten in seinem neuen Band. Doch ist ihm auch hier Natur kein symbolischer Ort des Unheils und der Verzweiflung. Das bekennt, trotz aller Einschränkung, der Titel "Ganz ungetröstet bin ich nicht".

Kühns Lyrik ist offenbar ins Stadium der Altersdichtung gekommen. 1997 war auf den Wunsch seines Verlegers Michael Krüger, er möge doch einmal einen Gedichtband zu nur einem Thema schreiben, der Band "Wasser genügt nicht" zustande gekommen, in dem er sich ganz dem Kommunikationsort des Dorfes zuwandte, so dass eine Porträtreihe von Personen entstand, unter denen er als der "verlachte Dichter im Wirtshaus" sitzt. Jetzt ist endgültig die Zeit der Altersgebrechen und der Einsamkeit des Junggesellen im saarländischen Hasborn gekommen, das seit dem zweiten Lebensjahr seine Heimat ist.

Noch treten die Konturen des Wahrgenommenen klar hervor wie in den früheren Gedichten, die Landschaft mit den oft beschrittenen Wegen, die Pflanzen- und Tierwelt, der Himmel, doch ist alles in matteres Licht getaucht. Dreizehn Gedichte stellen den Mond als Begleiter in allen Gemütslagen vor; dem aller "Liebbegeisterung" Ferngerückten kann er nur noch Stütze des Alters sein. Die so oft vergoldende Erinnerung, ihm ruft sie nicht das Erlebte, sondern das ihm Entgangene zurück; er hat es versäumt zu tanzen, zu freien und - was freilich literarische Fiktion ist - Freunde zu gewinnen. Dem einst in strenger Klosterschule Aufgewachsenen sind jetzt sogar die "Andacht" und der Wille, "im Himmel einzukehren / mit Christenwohlfahrt", verlorengegangen. Das schlägt auf den Vers zurück. Er gerät manchmal aus dem Takt, holpert in Prosa weiter.

Der Dichter fühlt sich "wie ein taube Nuss". "Der Seufzer "ist meine eigentliche Kunst". Ungebrochen aber bleibt Kühns Produktivität. Sein Arbeitspensum an jedem Wochentag seien, so berichten seine Sachwalter Irmgard und Benno Rech, drei Gedichte. Das ist imponierend, auch irritierend. Der Leser sollte die Lektüre auf mehrere Stationen verteilen, sonst könnte ihm leicht ein Unisono der Gedichte den Eindruck der Wehleidigkeit aufnötigen. Der aber wäre falsch. Es gilt wahrzunehmen, wie sehr der Drang zum lyrischen Ausdruck in jeder Lebenssituation diesem Autor zur zweiten Natur geworden ist.

Johannes Kühn: "Ganz ungetröstet bin ich nicht". Gedichte. Herausgegeben von Irmgard und Benno Rech. Carl Hanser Verlag, München 2007. 134 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Johannes Kühn ist erst spät entdeckt worden und produziert bis ins hohe Alter. Immer noch soll der 1934 geborene Saarländer jeden Werktag drei Gedichte verfassen, erfahren wir von Walter Hinck. In den Gedichten aber spürt man das Alter, meint Hinck, er meint, in den nach wie vor um die Natur  kreisenden Stücken eine gewisse "Mattigkeit" zu spüren. Um Vergangenheit und Entgangenes dreht sich vieles, was aber nicht als Wehleidigkeit" zu verstehen ist, wie der Rezensent betont. Für den unermüdlichen Kühn sei die Poesie einfach zum wichtigsten Ausdrucksmittel seiner momentanen Befindlichkeit geworden.

© Perlentaucher Medien GmbH