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Als Klascha, Polly, Ossja, Fedja und Dillotschka im Jahre 1918 während des Bürgerkriegs und der Revolution in Russland zu Waisen werden, fliehen sie aus ihrem Elternhaus, um den staatlichen Heimen zu entgehen. Es beginnt eine abenteuerliche Odyssee voller Gefahren und der immer währenden Suche nach Nahrung und einem Dach über dem Kopf. Mehr als einmal geraten sie zwischen die Fronten der Roten und Weißen, an Politkommissare und Schieberkönige - aber zum Glück auch an Menschen, die es gut mit ihnen meinen. Werden die fünf Geschwister es schaffen, zusammenzubleiben?
Sie sind drei Schwestern
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Produktbeschreibung
Als Klascha, Polly, Ossja, Fedja und Dillotschka im Jahre 1918 während des Bürgerkriegs und der Revolution in Russland zu Waisen werden, fliehen sie aus ihrem Elternhaus, um den staatlichen Heimen zu entgehen. Es beginnt eine abenteuerliche Odyssee voller Gefahren und der immer währenden Suche nach Nahrung und einem Dach über dem Kopf. Mehr als einmal geraten sie zwischen die Fronten der Roten und Weißen, an Politkommissare und Schieberkönige - aber zum Glück auch an Menschen, die es gut mit ihnen meinen. Werden die fünf Geschwister es schaffen, zusammenzubleiben?
Sie sind drei Schwestern und zwei Brüder. Sie sind Waisen und leben in einer schwierigen, einer gefährlichen Zeit. Doch als sie getrennt werden sollen, beschließen sie, allen Gefahren zu trotzen.
Polly, die Zweitälteste, ist die Anführerin. Sie überzeugt ihre Geschwister von einem abenteuerlichen Plan: Bei Nacht, jeder nur mit einer Tasche und ein paar in die Mantelsäume eingenähten Goldmünzen, verlassen sie ihr Elternhaus für immer. Viele Monate werden sie auf der Flucht sein: in überfüllten Zügen, die keinem Fahrplan mehr gehorchen, auf einem Seelenverkäufer über das Schwarze Meer, bedroht von dem gefürcheten Wintersturm Bora. Sie lernen gute und böse Menschen kennen, und nicht nur einmal geraten sie in bedrohliche Situationen. Ihre Heimat, Russland, liegt in den Wirren der Revolution. Immer wieder schafft es Polly, den Geschwistern Mut zu machen. Sie wollen zusammenbleiben, was immer auch geschieht. Aber können sie es schaffen?
Autorenporträt
Karla Schneider, geboren 1938 in Dresden, arbeitete nach dem Abitur zunächst ein Jahr lang in einer Fabrik und machte danach eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Bis 1979 als freie Journalistin tätig. Sie übersiedelte nach Wuppertal, wo sie seit 1989 als freie Schriftstellerin lebt. 2008 erhielt Karla Schneider den Alex-Wedding-Preis der Berliner Akademie der Künste für ihr umfangreiches kinder- und jugendliterarisches Werk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2006

Kinder der Revolution auf der Flucht
Karla Schneider hat mit den "Geschwistern Apraksin" ein Meisterwerk vom Überleben geschrieben

In dem Zugabteil mit den Typhuskranken haben die demobilisierten Soldaten ihr chaotisches und gewalttätiges Wodka-Regiment errichtet. Niemand wagt ihnen in die Quere zu kommen. Wenn der Zug, der sich gemächlich in Richtung Süden auf Rostow am Don zubewegt, unterwegs hält, was recht häufig vorkommt, schwärmen die Demobilisierten aus und plündern die Dörfer, vergewaltigen Frauen und erschießen schon mal, weil ihnen seine Nase nicht paßt, einen Stationsvorsteher. Die Revolution frißt ihre Kinder. Im Rußland nach der Revolution 1918 muß man das geradezu wörtlich nehmen: Abertausende von elternlos gewordenen Kindern, oft in Jugendbanden organisiert, durchstreifen das Land mit dem einzigen Ziel, irgendwie zu überleben.

Die fünf Apraksin-Kinder wird die Revolution nicht fressen. Auch sie haben ihre Eltern verloren. Die neuen Machthaber haben das Eigentum der Familie konfisziert und wollen sie in getrennten Kinderheimen unterbringen. Die Geschwister wehren sich dagegen, sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Klascha ist die Älteste, künstlerisch ambitioniert und heftig in den Tenor einer reisenden Theatergruppe verliebt. Ippolita, Polly genannt, sieht das mit gerunzelter Stirn. Sie ist zwölf, liebt vor allem die Literatur, was sie aber nicht weltfremd, sondern im Gegenteil höchst lebenspraktisch macht. Weil sie Mut, Entschlossenheit und Weitsicht besitzt, wird sie zum strategischen Kopf der Geschwister, zu denen noch die Quasi-Zwillinge Ossja und Fedja und die kleine Dillotschka gehören.

Die fünf beschließen, gemeinsam zu verschwinden und sich der Theatergruppe anzuschließen. In dem Zug nach Rostow gibt es aber nur noch Platz im Waggon mit den Demobilisierten. So beginnt unter greulichsten Umständen ihre Irrfahrt durch Rußland. Ein paar hundert Seiten später und nach vielen schwierigen, manchmal ekligen, manchmal komischen, manchmal auch ganz wunderbaren Abenteuern landen Polly und die Jungen in Moskau. Die beiden anderen Apraksin-Kinder sind zwischendurch verlorengegangen; aber die Hoffnung auf ein Wiedersehen ist vielleicht nicht vergebens.

Iwan Bunin, der 1933 als erster russischer Schriftsteller den Nobelpreis erhielt, hat in "Verfluchte Tage", seinem Tagebuch 1918/19, die hektisch-irrationale Stimmung festgehalten, die der Zusammenbruch der alten Herrschaftsordnung hervorrief. Der durch Willkür, Rachegelüste und Beutegier mörderisch gewordene Alltagskampf aller gegen alle um Nahrungsmittel, Kleidung, Brennmaterial und - ja auch um dies - um die wahre Deutung der politischen Vorgänge forderte unzählige Opfer. Von der Umwertung und Umverteilung des Bestehenden profitierten, wie stets in solchen Situationen, zunächst die besonders Agilen, die politische Anpassungsfähigkeit mit krimineller Energie zu potenzieren verstehen. Revolutionsgewinnler bereichern sich immer auf Kosten der einfachen Leute. Wie können sich Kinder in diesem Sumpf über Wasser halten? Sie können es, weil sie ihrerseits Fähigkeiten mobilisieren können, die ihre biographischen Nachteile, vor allem den Mangel an Ausdauer und Lebenserfahrung, zu einem gewissen Grad kompensieren.

Karla Schneider ist ein großartiges, ein ganz außergewöhnliches Buch gelungen. Auf fast 600 Seiten entfaltet sie ein auf intensiven historischen Studien beruhendes, historisch präzises, also weder verschöntes noch geschwärztes Panoramabild der Revolutionswirren in Rußland. Ihre Schilderungen der demobilisierten Soldaten, der überfüllten Züge, der allgemeinen Unsicherheit und Not sowie der überall steil emporschießenden Gewalt bleiben immer zugleich distanziert und voller Empathie. Kühle Beschreibung unerhörter Begebenheiten und wärmstes Mitgefühl mit den oft genug in aussichtsloser Lage gestrandeten Figuren spielen ineinander. Solche Kontraste weiß die Autorin meisterhaft auszumalen. "Die Geschwister Apraksin" wird dadurch zu einem über die Maßen spannenden Abenteuerbuch, das man nicht aus der Hand legen will. Wie alle herausragenden Jugendbücher ist auch dieses keines, das nur für eine bestimmte Altersgruppe geschrieben wurde. Man hätte es auch ohne weiteres im belletristischen Programm des Verlags publizieren können.

Besonders hervorzuheben ist vor allem die wunderbar gelungene Gestaltung der Haupt- und Nebenfiguren. Keine einzige wurde nach irgendwelchen Schablonen und Klischeevorstellungen entworfen; alle verfügen über eine besondere Individualität, im Guten wie im Bösen; alle sind sie selbst und handeln entsprechend ihren je eigenen Prioritäten und Möglichkeiten. Viele dieser Figuren gewinnt man lieb wie die beiden unverwüstlichen Lehrerinnen für Ausdruckstanz nach Art von Isadora Duncan, die zwischenzeitlich bei Jalta eine Schule für Straßenkinder aufmachen. Bei weniger lichten Gestalten wie dem Schieberkönig Tambourer in Moskau vermischen sich Faszination und Abneigung. Viele andere kreuzen den Weg der Geschwister. Jeder einzelne hat etwas Unverwechselbares.

Die höchste Stufe ihrer Kunst erreicht Karla Schneider aber bei der Charakterisierung der Geschwister Apraksin selbst. Die schöne Klascha ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Loyalität gegenüber den Geschwistern und ihrer ebenso heftigen wie dämlichen Liebe zu dem oberflächlichen Tenor. Diesen Konflikt hält sie nicht durch. Polly, General und Schäferhund in einem, unermüdlich um den Zusammenhalt der Geschwister besorgt, hat schon jetzt ein Anrecht auf Aufnahme in die "Hall of Fame" unvergeßlicher Kinder-Gestalten. Sie ist einfach mitreißend liebenswert. Ebenso bereitet das blinde wechselseitige Verständnis der beiden Jungen und was sie damit machen eine besondere Lesefreude. Die Geschwister müssen sich permanent durch eine triste und manchmal auch haarsträubend gefährliche Umwelt durchschlagen. Trotzdem haftet dem Roman nichts Niederziehendes an. Den Schrecken und Bizarrerien der Revolution, der "verfluchten Tage", wird mit Witz und Sarkasmus begegnet. Die Geschwister Apraksin und die Leser mit ihnen waren mitten im Rachen der Revolution. Sie sind ihm entkommen, die einen vor einer ungewissen Zukunft, wir anderen bereichert durch die Lektüre eines der substantiellsten, spannendsten und literarisch preiswürdigsten Romane der letzten Zeit.

WILFRIED VON BREDOW

Karla Schneider: "Die Geschwister Apraksin". Das Abenteuer einer unfreiwilligen Reise. Hanser Verlag, München 2006. 590 S., geb., 20,50 [Euro]. Ab 11 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2006

Ende der Kindheit
Fünf Geschwister in den Wirren der russischen Revolution
Im ganzen Land, von Petrograd bis Noworossijsk, soll Flecktyphus wüten. Auch Cholera und Ruhr sind ausgebrochen. Und wer der Ansteckung entgeht, hat auch keine großen Chancen, mit heiler Haut davonzukommen.” Die Haushälterin der Familie Apraksin führt ein erregtes Gespräch mit dem Lagerverwalter, heimlich belauscht von der zwölfjährigen Polly. „Die roten Kommissare, die Matrosen, die Soldaten und die Kontrolleure auf den Bahnhöfen schießen einen allerorts wegen nichts über den Haufen. In den Gebieten, wo die Weißen sich noch behaupten, ist es nicht besser, die haben stattdessen die Räuberbanden.” Das Mädchen ahnt nicht, dass sie und ihre Geschwister, die 15-jährige Klascha, die neun- und zehnjährigen Jungen Ossja und Fedja und die fünfjährige Dillotschka bald selbst all diese Schrecken erfahren werden, auf ihrer Odyssee durch Russland, während der Wirren der Oktober-Revolution. Sie verlassen heimlich ihr Elternhaus, um nicht in die Obhut eines ominösen Volkskommissariats zu geraten, denn seit der Vater auf einer Geschäftsreise verschollen ist, sind sie Waisen und sollen in Kinder- und Haftasylen untergebracht werden.
Die Autorin Karla Schneider, die sich als Verfasserin historischer Jugendromane einen Namen gemacht hat, erzählt in „Die Geschwister Apraksin” von einer Zeit, die in der Jugendliteratur kaum behandelt wurde. In acht großen Kapiteln entwirft sie im Stil der oral history die Odyssee der Kinder als ein breit angelegtes Bild einer Gesellschaft, die sich in Auflösung befindet, und in der jeder irgendwie versucht, sich selbst zu retten und zu überleben. Die Kinder schließen sich heimlich der Sommertheatertruppe an, in der Klascha eine Anstellung als Klavierbegleiterin bekommen hat, und die sich auf die lange Reise nach Rostow am Don aufmacht. Hier, so heißt es, regierten noch die Weißen, die konterrevolutionären Militäreinheiten, und es wäre möglich, Theater zu spielen.
Auf der Zugreise bis zum Don geraten die Geschwister in einen Waggon mit marodierenden Soldaten, müssen ihre behütete, bürgerliche Kindheit hinter sich lassen und um Essen und einen Platz im überfüllten Zug kämpfen.
Die Autorin entwickelt ihre Geschichte in authentischen Szenen mit vielen Dialogen, baut sie dramaturgisch geschickt auf und vergisst auch nicht, dass ihre Helden Kinder und Jugendliche sind. Denn trotz aller Härte und Schrecken erleben besonders die beiden Jungen, die sehr gewitzt und geschickt sind, diese lange Reise auch als ein Abenteuer.
Ihre erste Station Rostow bedeutet das Leben in einer armseligen Pension mit einer unfreundlichen Wirtin. Und hier passiert das, wovor sich Polly immer gefürchtet hat: Die kleine Familie bricht auseinander. Dillotschka, die mit hohem Fieber in ein Krankenhaus gebracht wurde, ist auf einmal verschwunden und Klascha setzt sich mit einem Sänger aus der Theatertruppe ab. Doch dann nimmt die Odyssee eine fast wunderbare Wendung, denn Polly und die Jungen werden von zwei Frauen aufgenommen, die auf der Krim eine Schule im Sinne der Tänzerin Isadora Duncan gründen wollen. Ein Jahr verbringen sie hier, bis auch die Bürgerkriegswirren die Krim erreichen, die Schule von Banditen überfallen wird und sie vor der neuen Schulleiterin flüchten. Ihr Ziel ist jetzt Moskau, denn in Pollys Erinnerung soll eine Halbschwester der Mutter als letzte lebende Verwandte hier wohnen. Bis sie dort ankommen und sie finden, die nun Volkskommissarin für Zirkus und Kindertheater ist, erleben sie die brutalen Auswirkungen des Zusammenbruchs ziviler Ordnung und schlagen sich in Moskau unter unglaublichen Verhältnissen auf der Straße durch.
Der Autorin geht in ihrer breit angelegten Handlung nie die Fabulierlust aus. Sie verbindet die unterschiedlichsten menschlichen Schicksale und zeigt, wie sehr die russische Revolution das Leben veränderte. Eine kurze Einführung in die Zeit, Worterklärungen und das Personenverzeichnis am Schluss sind gerade für jüngere Leser hilfreich.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
KARLA SCHNEIDER: Die Geschwister Apraksin. Hanser Verlag, München 2006. 592 Seiten, 19,90 Euro. Ab 12 Jahren.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Lobende Worte findet Roswitha Budeus-Budde für Karla Schneiders historischen Jugendroman über fünf Geschwister, die ihre Eltern verloren haben und sich in den Wirren der russischen Oktober-Revolution zurechtfinden müssen. Die Autorin entwerfe die Odyssee der Kinder als "breit angelegtes Bild einer Gesellschaft, die sich in Auflösung befindet, und in der jeder irgendwie versucht, sich selbst zu retten und zu überleben". Budeus-Budde würdigt die authentische und dialogreiche Erzählweise Schneiders sowie ihre dramaturgischen Fertigkeiten beim Aufbau der Geschichte, die die unterschiedlichsten menschlichen Schicksale verbindet. Dabei gehe der Autorin nie die Fabulierlust aus. Hilfreich vor allem für jüngere Leser erscheint Budeus-Budde auch die kurze Einführung in die Zeit, Worterklärungen und das Personenverzeichnis am Schluss.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein taktvoller Roman für neugierige Leser. Wer jedoch ein schlechtes Namensgedächtnis hat, der sollte sich vorsichtshalber einen Spickzettel bereitlegen."
Bettina Hübschen-Leinenbach, Zürcher Oberland 21.01.2009