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Die Sprache ist die schönste und folgenreichste Erfindung des Menschen, und sie ist wie er: nie ganz greifbar. Mit keiner Logik, keiner Sprachwissenschaft ist ihr endgültig beizukommen. Macht nichts, meint Andreas Thalmayr: um so entspannter dürfen wir ihre Geheimnisse bestaunen und bewundern. Er geht, als Liebhaber der Sprache, ihren Rätseln und Wundern nach - ein abwechslungsreicher Spaziergang durch das Dickicht der Dialekte, das Labyrinth des Satzbaus bis hin zum Halbdunkel der Flüche.

Produktbeschreibung
Die Sprache ist die schönste und folgenreichste Erfindung des Menschen, und sie ist wie er: nie ganz greifbar. Mit keiner Logik, keiner Sprachwissenschaft ist ihr endgültig beizukommen. Macht nichts, meint Andreas Thalmayr: um so entspannter dürfen wir ihre Geheimnisse bestaunen und bewundern. Er geht, als Liebhaber der Sprache, ihren Rätseln und Wundern nach - ein abwechslungsreicher Spaziergang durch das Dickicht der Dialekte, das Labyrinth des Satzbaus bis hin zum Halbdunkel der Flüche.
Autorenporträt
Andreas Thalmayr ist Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Schriftsteller und Dichter. Er veröffentlichte 1985 in Hans Magnus Enzensbergers "Anderer Bibliothek" den berühmten Lyrik-Verführer "Das Wasserzeichen der Poesie." Im Hanser Verlag folgten 2003 "Lyrik nervt! - Erste Hilfe für gestreßte Leser" sowie 2005 "Heraus mit der Sprache. Ein bisschen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer" und 2018 "Schreiben für ewige Anfänger. Ein kurzer Lehrgang."
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2005

Du nix gut, ich nix gut
Wortschatzmeister: Andreas Thalmayrs Spracherkundungen

Schon der Begriff "Wortschatz" läßt die Wertschätzung erkennen, die unsere Sprache verdient hat. Schätze muß man in der Regel hüten, denn es gibt Diebe, Neider und die Inflation. Mit der Sprache verhält es sich anders. Sie ist wertbeständig, und noch der maßloseste Prasser kann beruhigt sein: Die Sprache ist ein Vermögen, das noch kein Verschwender durchgebracht hat. Und wer sie verliert, findet sie in der Regel wenig später wieder.

Es gibt Experten, so weiß es Andreas Thalmayr in seinem ausgesprochen amüsanten und lehrreichen Buch "Heraus mit der Sprache", die herausgefunden haben wollen, daß der Durchschnittsmensch etwa 1500 Wörter aktiv verwendet. Das ist nicht sonderlich viel, wenn man bedenkt, daß allein die Fachsprache der Mediziner eine halbe Million Begriffe umfassen soll oder daß in Shakespeares Werken 21 000 verschiedene Vokabeln nachgewiesen sind, zweitausend davon zum ersten Mal. Shakespeare hat also, wenn er kein Wort fand, das ihm passend erschien, einfach ein neues erfunden. Ja, darf man das denn?

Man darf, selbst dann, wenn man zufälllig nicht Shakespeare heißt. Da ist sich Andreas Thalmayr sicher. Der Sprachliebhaber, hinter dem sich kein anderer als Hans Magnus Enzensberger verbirgt, ist überhaupt weitgehend gegen Verbote im Sprachgebrauch. Die Gesetze, Regeln und Gepflogenheiten, denen unser Sprechen und Schreiben folgt, sind unüberschaubar, niemand darf von sich behaupten, er kennte sie alle, und viele von ihnen sind ohnehin in den Sand geschrieben. Die zahlreichen Lehnwörter aus dem Französischen etwa, die seit dem achtzehnten Jahrhundert im Deutschen gebräuchlich waren, galten mal als modern, mal als vornehm, wurden verballhornt - aus à Dieu wurde adies und tschüß - und werden heute nicht selten als veraltet im Wörterbuch geführt: Man denke nur an Chaussee oder Portemonnaie.

Neuerungen kommen und gehen mit den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten. Jahrzehntelang haben Reisende Billets, Fahrscheine und Fahrkarten gekauft oder gelöst - warum eigentlich gelöst? -, heute zieht man sich ein Ticket. Rasend schnell hingegen hat sich das Wort Handy verbreitet, das international klingen soll, aber nur in Deutschland gebraucht und verstanden wird. War, wer das Wort erstmals aussprach, ein Trottel, weil er einen vermeintlich englischen Begriff benutzte, den das Englische gar nicht kennt? Oder war er ein Genie, weil er ein Wort erfunden hat, das seinen Zweck so gut erfüllt, daß sich Millionen Menschen im Handumdrehen in ihrem täglichen Sprachgebrauch darauf geeinigt haben? Bücher haben ihr Schicksal, aber Wörter haben ihre Karrieren.

Das gilt auch für so unscheinbare Einsilber wie "der, die, und, in, den, von, zu" etc., die allesamt zu den 25 häufigsten deutschen Wörtern zählen. Das behaupten zumindest Wissenschaftler der Universität Leipzig. Es gehört zu den Charakteristika von Thalmayrs Buch, daß es zahlreiche solcher Ranglisten, Zählungen, Schätzungen, Theorien und Thesen zitiert und vorstellt und sie allesamt mit der gebührenden Skepsis behandelt: "Daß das Wort ich auf der Liste nur den 79. Platz einnimmt, stimmt schon sehr mißtrauisch."

Zurück zum aktiven Wortschatz von durchschnittlich 1500 Wörtern. Ist das nicht kümmerlich, alarmierend, gar skandalös, wenn man bedenkt, was da alles ungenutzt bleibt? Ein schlichter Vergleich: Die Zahl der heute auf der Welt gesprochenen Sprachen ist mit etwa 6500 mehr als viermal so hoch. Andererseits zeigt uns Thalmayr, immer zu klugen Zahlenspielereien aufgelegt, was sich aus sieben simplen Wörtern alles machen läßt. Man nehme: "2 x ich, 2 x weiß, 1 x nichts, 1 x daß und 1 x auch." Durch kräftiges Rühren erhält man genau 5040 mögliche Sätze, von denen die meisten natürlich wenig sinnvoll sind. Dreizehn korrekte Sätze führt Thalmayr an, von "Auch ich weiß, daß ich nichts weiß" bis "Weiß auch ich, daß ich nichts weiß?", und zeigt so nicht nur den Reichtum möglicher Varianten, sondern schärft auch den Sinn für die Vielzahl von Nuancen, die allein durch unterschiedliche Wortstellungen erzeugt werden können.

Wer das alles für Spielerei hält, wird bei Thalmayr nicht auf Widerspruch stoßen. Hier wird mit der Sprache gespielt und mit ihren Hütern und Verwaltern, den anmaßenden Bürokraten und den regelverliebten Linguisten, die nicht ganz so schlimm sind, wie sie hier oft gezeichnet werden. Aber auch Selbstironie darf nicht fehlen. Thalmayrs Sprachumkreisung in sieben Runden lebt nicht zuletzt von zahlreichen verblüffenden und komischen Beispielen. Nicht immer wird die Quelle genannt. Einmal wird als Beispiel für deutsche Sondersprachen wie "Gastarbeiterdeutsch" oder "Türksprech" der Rap eines Verliebten zitiert, der verrückt ist nach einer gewissen Amara, die nur Ärger macht: "Wenn du kommen ich wissen, nix gut / du da sein, links nix gut, rechts nix gut / wenn du abhauen ich nix gut". Eine vollständige Ausgabe der Gedichte von Hans Magnus Enzensberger sollte auf das Lied für Amara nicht verzichten.

Kurzum, es ist ein hemmungsloser und ernsthafter, ein ebenso laxer wie fleißiger, also ein begnadeter Sprachspieler, der hier auf ansteckende Weise am Werke ist. Wer sich nicht anstecken lassen will, kann ja das Maul halten, drauf trommeln oder es sich zerreißen. Die Sprache gibt ihm alle Freiheit.

Andreas Thalmayr: "Heraus mit der Sprache". Ein bißchen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer. Hanser Verlag, München 2005. 192 S., geb., 17,90 [Euro].

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2005

Für fünf Euro’s mehr
Arme, reiche deutsche Sprache - was tun, wenn der Niedergang des Ausdrucks in der Seele weh tut? Genau hinschauen. Dieter E. Zimmer tut das kundig und unpolemisch, Andreas Thalmayr ambulant
Hallo ihr drausen in der deutsch Community hab jezz grad 2 bücher Durch gelesen, voll von vorne, Bis hinten. die Sind beide die, dass geschriebn Ham über 70 + irgenwie beide sin noch ganns schön Actif weil die wollen nich das die Deutsche sprache dem bach, Runter geht is aber in keinsten fall so das, dass gleiche drinSteht!--zum Bei spiel, von wegen Recht Schreib Reform da is der eine der Zimmer ehr so entspannt abber der Thalmayr is da voll krass anti Reform mäßig drauf, weiss nicht was ich euch Raten soll wen ihr nur 1 davon kaufen wolt??? jeden falls is in dem Zimmer buch mehr Drin kostet aber auch 5 Euro’s mehr.
Ist das noch unsere Sprache, die Sprache von Goethe und Thomas Mann? Tut das nicht in der Seele weh?
So können nur bürgerliche Vertreter des elaborierten Codes fragen, denn die Antwort lautet natürlich: Ja, das ist unsere Sprache. Schließlich reden und schreiben gar nicht so wenige Leute so. Wer’s nicht glaubt, lese das Kapitel im neuen Buch von Dieter E. Zimmer, in dem er ein Korpus von im Internet veröffentlichten Texten auswertet. Wenn man sich anstrengt, versteht man dieses Gebrauchsdeutsch; außerdem reguliert sich unsere Sprache schon von selbst in Richtung Verständlichkeit. Sprachwandel ist nicht gleich Sprachverfall, sie, die Sprache, ist, wie sie ist - kein Grund also für überhebliche Kritik und konservativen Normierungswahn.
Dieter E. Zimmer will sich mit dieser sprachwissenschaftlichen Standardmeinung nicht abfinden. Einen kundigeren und zugleich unpolemischeren Kritiker der „Wertungsallergie” der Linguistik kann man sich kaum denken als Zimmer, den Sprachkritiker, langjährigen Zeit-Redakteur, Übersetzer und Nabokov-Herausgeber. Zimmer bedient in „Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit” nicht die emotionalen Reflexe, die sich beim Streit um die „richtige” Sprache so unbefriedigend oft und schnell einstellen; stattdessen hört er der Sprachwissenschaft aufmerksam zu. Um so überzeugender fällt dadurch der Angriff aus. Im Kern geht es um zwei simpel klingende, aber in der Linguistik nicht unumstrittene Feststellungen. Sie heißen: „Es besteht ein starkes öffentliches Interesse an einer intakten und artikulierten gemeinsamen Sprache.” Und: „. . . dass nicht nur alle nicht gleich gut denken, sondern auch mit der Sprache nicht gleich umzugehen wissen”.
Eine einfühlsame Verteidigung der Qualitätsunterschiede und des philologisch-pädagogischen Eros gegen die reine Beschreibung von Sprachstrukturen ist es, die Zimmers Buch seine Richtung gibt. Nicht die Norm des Oberlehrers, sondern die Mäeutik des Sprachgebrauchs liegt ihm dabei am Herzen. Dies gibt ihm Gelegenheit, in unterschiedlichen Kapiteln über die faktische Situation unserer Sprache ebenso zu unterrichten wie über die Theorien zur Erklärung der menschlichen Sprache überhaupt. Nach ausführlicher Beschäftigung mit Noam Chomskys Lehre von der allen gleichermaßen angeborenen Sprachkompetenz kann er dann am Schluss um so eleganter zustoßen: Wer Sprache nur als „Naturphänomen” betrachte, so Zimmer, der falle auch für den notwendigen öffentlichen Kampf um die Ausdrucksvielfalt und angemessene Verwendung der einzelnen Sprachen aus.
Auf dem Weg zu diesem Urteil lesen wir von Zimmer ein realistisches und ausgewogenes Kapitel über das Reizthema der Anglizismen - hier wie überall hat er eine anschauliche Beispielsammlung zur Hand („Wenn wir das Paper so submitten, machen wir einen schönen Punkt”). Mit Recht plädiert er dafür, gemeinsam die alte Integrationskraft des Deutschen, die „erschlafft” sei, zu beleben, anstatt den unsinnigen Versuch zu unternehmen, die englischen Gäste wieder auszuweisen. Bedenkenswert, wenn auch in seiner Toleranz für die Neuregelung zu weit gehend, ist auch Zimmers Abschnitt über die Rechtschreibreform („Hinterher ist man klüger”).
Da fährt Andreas Thalmayr - alias Hans Magnus Enzensberger - in seinem Buch „Heraus mit der Sprache” andere, gröbere Kaliber auf: Es „haben sich die Didaktiker und Agenten des Duden-Monopols vor Jahren in irgendwelchen Hinterzimmern zusammengerottet”, heißt es da, „um mit der deutschen Sprache gründlich aufzuräumen. Ein Kreis von Legasthenikern, der es zu Ministerämtern gebracht hat, deckt, vermutlich aus Größenwahn oder Eitelkeit, diese Leute und möchte uns vorschreiben, wie wir zu schreiben haben.”
Trotz der Schärfe in dieser Sache handelt es sich bei „Heraus mit der Sprache” um das harmlosere Buch. Nur einen „längeren Spaziergang” will der Autor machen, auf dem alle möglichen Phänomene der deutschen (Prosa-)Sprache von den Anredeformen über den Tempusgebrauch bis zu den Volksetymologien plaudernd besehen und erläutert werden sollen. Das gerät leichtfüßig, oft mit amüsanten und erhellenden Beispielen, aber auch vielfach redundant und banal. So hören wir - dies will kein Lehrbuch sein - nicht sehr überraschend über die indirekte Rede: „Sie erlaubt es dem, der redet, sich von dem, was er berichtet, zu distanzieren.” Auch ist die Sprachbeschreibung gelegentlich nicht recht präzise - etwa wenn es zu einem Futur, das durch ein Zeitadverb, aber nicht die entsprechende Verbform ausgedrückt wird („Nächstes Jahr ziehe ich nach New York”) heißt, hier werfe „die deutsche Sprache, eigensinnig wie sie ist, das grammatische Schema . . . gründlich über den Haufen”.
Und während es Dieter E. Zimmer gelingt, Sprachwissenschaft flüssig darzustellen, geht Enzensberger auf seiner Thalmayr-Promenade ein wohlfeiles Bündnis mit allen ein, denen grammatische Fachbegriffe nichts sagen: „Ein Leser, der sich das nicht merken kann oder will, hat das volle Verständnis des Verfassers.” Gleichzeitig werden Beispiele aus der Lutherbibel prätentiöserweise ohne besonderen Grund in der Schreibung des 16. Jahrhunderts abgedruckt. Ab und an wird man entschädigt für das arg Ambulante dieses Buches, etwa mit einer hübschen Verteidigung der deutschen Syntax gegen ihre Verächter. Doch insgesamt müssen wir den Punkt noch einmal machen: Zimmer kostet 5 Euro mehr - ist aber auch mehr drin.
Andreas Thalmayr
Heraus mit der Sprache. Ein bisschen Deutsch für Deutsche, Österreicher, Schweizer und andere Aus- und Inländer
Hanser Verlag, München und Wien 2005. 192 Seiten, 17,90 Euro.
Dieter E. Zimmer
Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2005. 377 Seiten, 23 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Andreas Thalmayr alias Hans Magnus Enzensberger begibt sich in "Heraus mit der Sprache" auf einen 'längeren Spaziergang' durch die deutsche (Prosa-)Sprache, auf den ihn der Rezensent Johan Schloemann einigermassen unbeeindruckt begleitet. Enzensberger schreibe über Eigenheiten und Phänomene des Deutschen, mitunter "leichtfüßig", häufiger aber "redundant und banal" und obenderein "nicht recht präzise", wie Schloemann bemerkt. Verwundert nimmt der Rezensent ferner zur Kenntnis, dass der Schreibstil des Verfassers einerseits bewusst auf sprachwissenschaftliche Standards verzichte, auf der anderen Seite jedoch Beispiele aus der Lutherbibel unkommentiert in der Schreibweise des 16. Jahrhunderts bemühe. Und trotz der gelegentlich scharfen Geschütze, wie sie Enzensberger beispielsweise gegen die Rechtschreibreform auffahre, handele es sich insgesamt um ein "harmloses" Buch.

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"... leichtfüßig, oft mit amüsanten und erhellenden Beispielen..."
Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung (Literaturbeilage), 10.05.2005

"Hans Magnus Enzensberger, der Sprachschöpfer, hat sich diesmal darauf beschränkt, sein Arbeitsinstrument genau anzuschauen. Wir dürfen ihm dabei über die Schulter schauen - und behalten von der Lektüre einen gewaltigen Respekt zurück..."
Martin Ebel, TAGES-ANZEIGER ZÜRICH, 10.06.2005