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Die lange vergriffenen Gedichtzyklen eines großen Artisten in einem Band: Chansons und Liebeslieder, die ins Herz gehen und im Ohr bleiben. Wolf Wondratschek hat für seine Gedichte - viel gelesen, sehr bewundert, oft kopiert - den Beifall einer großen Leserschaft erhalten.

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Produktbeschreibung
Die lange vergriffenen Gedichtzyklen eines großen Artisten in einem Band: Chansons und Liebeslieder, die ins Herz gehen und im Ohr bleiben. Wolf Wondratschek hat für seine Gedichte - viel gelesen, sehr bewundert, oft kopiert - den Beifall einer großen Leserschaft erhalten.
Autorenporträt
Wondratschek, Wolf
Wolf Wondratschek, 1943 geboren, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Heidelberg, Göttingen und Frankfurt am Main. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Wien.
Rezensionen
Liebe ist irgendwie paradox. Den Liebenden, so heißt es, fehlen stets die Worte. Und doch gibt es nichts, was noch keiner über die Liebe gesagt, geschrieben oder gesungen hätte. Und doch ist es immer wieder schön, sofern es von Wolf Wondratschek stammt. Wondratschek liebt die Sprache. Leichtherzig, gedankenlos lässt er kein einziges Wort gehen. Dennoch entfalten diese Worte, einmal gehen gelassen, ein sinnliches Eigenleben. Wondratschek zwingt sie nicht, er lässt ihnen ihr Geheimniss. Genau das macht den Reiz dieses "Orpheus in der Sonne" aus. Wie auch sonst den Reiz der Liebe. (Hörzu)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2003

Wo die wilden Kerle wohnen
Hohle Hoden: Wolf Wondratscheks „Orpheus in der Sonne” mit Gedichten aus zwei Jahrzehnten
„Bei Frauen von Klasse gibt es für Ohrfeigen immer einen Grund”, schrieb Wolf Wondratschek 1986, und weil er ahnte, dass solch ein Satz selbst für einen Poète maudit und Ex-Beatnik irgendwie unkorrekt ist, hob er vorsorglich die rhetorische Frage in den Titel seiner Carmen-Gesänge: „Bin ich das Arschloch der Achtzigerjahre?” Zehn Jahre später, als Wondratschek seinen ersten Roman vorlegte, fühlte sich ein Kritiker zu der Gegenfrage bemüßigt: „Wieso eigentlich der Achtzigerjahre?” Denn der einstige Rolling Stone unter den Lyrikern hatte seinen „Die Liebe und der Suff”-Rausch noch immer nicht ausgeschlafen.
Nach wie vor schaute er tief ins Glas, in dem ihm im Münchner Schumann’s sein Lieblingsdrink serviert wurde, wahlweise „Machismo on the Rocks” oder „Latin Lover” – und sah darin wie in einer Kristallkugel feuchte Traumbilder aufsteigen von fernen exotischen Landschaften, wo die wilden Kerle wohnen und die verworfenen Frauenzimmer, Zigeunerinnen, in deren Strumpfband „das Messer sitzt”.
Seither sind wieder zehn Jahre vergangen, und der Tag des Wolf Wondratschek beginnt nicht mehr wie weiland, in den guten alten wilden Zeiten, mit einer Schusswunde. Heute jucken nur noch ab und zu die Narben, wenn in der Seele das Wetter umschlägt. Dann starrt der Dichter so lange die Wände an, bis er sich wieder an die Schreibmaschine setzt, und die Sumpfblumen des Bösen erleben eine altersgeile Nachblüte, als wären sie mit Viagra gedüngt.
Längst schreibt er seine Verse nicht mehr auf die Satinmäntel der Boxer; der Hanser-Verlag legt in seiner „Edition Akzente” vier „lange vergriffene” Gedichtzyklen vor, neben den „Carmen-Gesängen” die „Mexikanischen Sonette” (1983) über die Einsamkeit der Männer, die klischeeselige Zirkusballade „Das Mädchen und der Messerwerfer” (1997) und „Orpheus in der Sonne” (2001).
Der zuletzt genannte Orpheus gibt dem passend in sonniggelben Karton eingeschlagenen Band den Titel. Der Verlag annonciert die Anthologie aus zwei Jahrzehnten als „Chansons und Liebeslieder, die ins Herz gehen und im Ohr bleiben” – Ohrwürmer also, die niemals wieder davonkriechen sollen, Evergreens, die immer grün hinter den Ohren bleiben, auch wenn das Grün schon etwas nach Schimmel ausschaut. So gibt der Band Gelegenheit, noch einmal die reichlich abgenudelten Hits der Blutromantik, die Vanitas-Litaneien von verletzlicher Männlichkeit, Eros und Thanatos durchzuhören.
Das Hinterteil von Seite 49
Das Umschlagbild gibt das Sujet an: Es heißt „Schöne Frau als Tier” und zeigt im Stil einer Höhlenzeichnung eine Steinzeitfrau auf allen Vieren. Die Haare wie Antennen erigiert, streckt sie den Hintern in die Höhe, bereit, das Männchen zu empfangen. Das Hinterteil begegnet dem Leser auf Seite49 wieder, es gehört dort der Nachbarin, deren Rundungen in der Erinnerung des Ich-Erzählers die kindliche Urszene erotischer Initiation ausfüllen. Später verschwimmen sie in der Phantasie mit den üppigen Formen der heißblütigen Carmen, jener Alterspräsidentin der Femmes fatales.
Ja, die Poesie und der weibliche Po – der Dichter heult ihn an wie der Hund der Mond. Als er zum ersten Mal sein Bettlaken befleckt, erwacht der Dichter im Knaben, das heißt: „Er haute die Absätze seiner Stiefel auf die Straße wie Beethoven seine Schlussakkorde” und träumt sich in die Ekstasen der Entsagung, von denen er in Büchern liest, ein goldenes Zeitalter, dessen abgeschmacktes Weltbild sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: Liebe ist Blut, schamlos will sie sein, elementar, eine Urgewalt und wie ein Gottesbeweis. Frauen werden begehrt und besessen, sie geben sich hin, sind heilige Verschwenderinnen, die nur noch die Schande rettet, ganz ungezähmtes Tier, ihre Küsse sind Bisse, ein Himmel aus Heiligtümern und eine Hölle aus purem Fleisch, ist das Weib, es will Freiheit und Fesseln, kennt kein Fremdwort für Gefühle und wartet auf den einen, der stärker ist und ihr widersteht.
Das ist der Mann, auch Kerl, der für die Liebe stirbt und für die Ehre tötet, ewig will er weitersaufen und für einen Schnaps den Mond verkaufen, als Vulkan im Vollrausch begießt er den Untergang mit einem Drink, sinkt mit jedem Schluck nur tiefer ein in das Entsetzen, ein Verlorener zu sein, Trauriger, der trinken muss, einsam und ohne Gnade, der Tod ist ihm die schönste Farbe seines Lebens, ein Verdurstender, sein Schwanz ein Löwenhaupt. So in etwa.
Schon die Schlüsselwörter haben einen strengen Atem, verströmen ranziges Testosteron: Wollust, Laster, Sünde, heilig, Gott, Stein, Blut, Fleisch, Sonne, Schnaps, Verlangen, Versagen, Mutter, Erde, Meer, Tod, Stern, wirklich, groß – daraus setzt sich, beliebig kombinierbar, ein Existenzialismus zusammen, der zwischen Hemingway-Reprise und Campari-Werbung schwankt.
Kloster oder Kokain?
In der schalen Gegenwart freilich sind Mann und Weib nur noch „Individuen”, der Mann ist „leer vor Lust” und „seine Hoden hohl”, die Frauen sind „Haferflocken-Girls, die nur „im Suff den Mut aufbringen, auf Gleichberechtigung zu verzichten”; sie wollen statt Kindern Einsichten gebären, und zwischen den Geschlechtern werden geheime Wünsche zuerst theoretisch mitgeteilt.
Tja, was bleibt da noch einem echten Kaltduscher und Vorwärtseinparker, der sich vorkommt wie ein „archäologischer Fund aus der Zeit der Atombombe”, ein „ausgestopftes Mammut unter Strom” – „Kloster oder doch Kokain?” Oder die Kunst als Heimweh nach dem Steinzeitalter, in das der Dichter dichtend zurückkehrt, und zwar „unrasiert”. Kurz: „Der Schmerz macht aus dem kleinsten Mann einen Riesen.” Man erkennt ihn am Dreitagebart.
CHRISTOPHER SCHMIDT
WOLF WONDRATSCHEK: Orpheus in der Sonne. Carl Hanser Verlag, München 2003. 134Seiten, 13,90Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christopher Schmidt spart nicht an Spott und Ironie, wenn er sich der Anthologie mit vier Gedichtzyklen aus zwanzig Jahren zuwendet. Er hat darin die "reichlich abgenudelten Hits der Blutromantik, der Vanitas-Litaneien und der verletzten Männlichkeit" gefunden. Für den Rezensenten scheinen die Gedichte insgesamt das Verfallsdatum überschritten zu haben, er nimmt an ihnen einen "strengen Atem" und den Geruch von "ranzigem Testosteron" wahr, wie er nicht ohne eine gewisse Häme mitteilt. Die Schlüsselworte der Gedichte, die er für "beliebig kombinierbar" hält, erinnern ihn dann auch an eine Mischung aus "Hemingway-Reprise und Campari-Reklame". Welch ein genüsslicher Verriss!

© Perlentaucher Medien GmbH
"Wondratschek liebt die Sprache. Leichtherzig, gedankenlos läßt er kein einziges Wort gehen. Dennoch entfalten diese Worte, einmal gehen gelassen, ein sinnliches Eigenleben." HÖRZU, 29.3.2003