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In einer Welt, in der Schönheit, Stärke und Gesundheit als die höchsten Güter gelten, ist das Lob der Schwäche, des Anpassungsvermögens, geradezu skandalös. Die Geschichte des kranken Paolo und seiner Familie demonstriert, wie fragwürdig unsere Definitionen von "Normalität" sind.

Produktbeschreibung
In einer Welt, in der Schönheit, Stärke und Gesundheit als die höchsten Güter gelten, ist das Lob der Schwäche, des Anpassungsvermögens, geradezu skandalös. Die Geschichte des kranken Paolo und seiner Familie demonstriert, wie fragwürdig unsere Definitionen von "Normalität" sind.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.03.2002

Der Leidensonkel
In „Zwei Leben” ergraut Giuseppe
Pontiggia Erzähler in Ehren
Bei der zweiten Lektüre wundert man sich zunächst, woher der Ärger beim ersten Lesen eigentlich kam. Das sind doch gut erzählte, schmerzhaft einleuchtende Szenen, die der Autor hier zusammenfügt. Paradestückchen sogar, die alle Stationen absolvieren, um uns klar zu machen, was das heißt: Leben mit einem behinderten Kind. Die Zangengeburt, der Sauerstoffmangel, die anfangs verklausulierten, zunehmend schroff deutlichen Auskünfte der Ärzte, die Ungläubigkeit der Eltern, das allmähliche Sich-Fügen. Dann der Blick nach vorn, tägliches Training mit dem Kind, Physiotherapie, Gesprächsgruppen für die Eltern. Und schließlich der Alltag: die Schwierigkeiten, die der große Bruder mit dem alle Aufmerksamkeit absorbierenden Konkurrenten hat, die Einschulung, die Urlaubsreisen unter erschwerten Bedingungen, die sexuellen Nöte des Heranwachsenden, die, wie so vieles, für die Eltern eine größere Bedeutung zu haben scheinen als für den Jungen selbst.
Woher also der Ärger, der sich dann doch wieder breitmacht? Pontiggia erzählt aus der Perspektive des Vaters. Es herrscht von Anfang an ein sachlicher, vernünftiger Ton. Das schadet nicht. Warum sollte man eine solche Geschichte nicht distanziert erzählen? Doch in die Nüchternheit tropft, wie ein stilles Gift, eine geradezu onkelhafte Abgeklärtheit. Es ist, als ob der Erzähler über dem Schreiben des Buches in Ehren ergraute. Tatsächlich ist der Roman aus dreißigjährigem Abstand erzählt, der Erzähler also wirklich ein älterer Mann. Aber während ihm in den ersten Szenen die präsentische Vergegenwärtigung gelingt, kippt die Erzählform des Präsens im Verlauf des Romans ins Philosophische. Wie Luciano de Crescenzos Professor Bellavista durch Neapel, läuft dieser ehemalige Gymnasiallehrer durch sein Leben: Aus jedem Verdruss formt er ein kleines Bonmot, Lebensweisheit reiht sich an Lebensweisheit, dazwischen wird schon mal eine „didaktische Randbemerkung” eingeschoben oder gar „eine kurze Betrachtung über das Böse” (die allerdings eher vom Guten handelt).
Giuseppe Pontiggia, Jahrgang 1934, hat eine Schwäche für gleichsam en passant erzählte Lebensläufe. 1995 erschien auf deutsch der Roman „Vom Leben gewöhnlicher Männer und Frauen”. Was dort noch aufgehen mochte, weil es zum Konzept gehörte, wirkt hier wie ein Fehler aus Nachlässigkeit. „Zwei Leben” ist ein leichtfertig erzähltes, ungenaues Buch. So gibt es beispielsweise mitten im Text eine „persönliche” Danksagung für die „unbezahlbare Hilfe von Verwandten, Freunden und Unbekannten”, die man nur schwerlich dem Erzähler-Ich, wohl aber dem Autor zuschreiben kann. Er ist offenbar selbst Vater eines behinderten Kindes, hat die Geschichte aber bewusst fiktionalisiert. Das ist sein gutes Recht. Umso mehr zeugt es von erzählerischer Ungeschicklichkeit, die Fiktion mittendrin mit jovialer Geste zu unterbrechen. Es ist schade um diesen Roman, der eine Menge treffender Beobachtungen enthält.
MEIKE
FESSMANN
GIUSEPPE PONTIGGIA: Zwei Leben. Roman. Aus dem Italienischen von Karin Krieger. Hanser Verlag, München 2002. 221 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die "kühne Gelassenheit", mit der Giuseppe Pontiggia sich des schwierigen Themas Behinderung annimmt, findet Alice Vollenweider durchweg bewundernswert. Der spastische Junge Paolo steht im Mittelpunkt des Buches, um den sich thematisch gegliedert seine Verwandten, Nachbarn, Lehrer, Mitschüler und Ärzte gruppieren. Indem der Ich-Erzähler, ein Gymnasiallehrer, das oft abwegige und neurotische Verhalten dieser "normalen" Umwelt der intelligenten, distanzierten und besonnenen Art des behinderten Paolo gegenüberstellt, gelingt es dem Autor "mit leichter Hand", wie die Rezensentin wohlwollend bemerkt, die Kernfrage des Buches zu stellen: "Was ist normal?" - und sie auch gleich zu beantworten: "Nichts". Dass Unterschiede zum Leben gehören, diese Lektion wird dem Leser dabei elegant und auch noch spannend beigebracht, findet Vollenweider. Das Buch "lebt ganz von der dramatischen Lebendigkeit der Situationen, die sich überraschend entwickeln, der Gespräche, die unerwartete Wendungen nehmen, der Gedanken, die blitzartig einen Hintergrund beleuchten." Vollenweider schätzt die intelligente, exakte, und sachliche Art Pontiggias, die nie in Gefühlsduselei abgleite und lobt die "federleichte Genauigkeit im Umgang mit Gefühlen und Paradoxa", die den Roman auszeichne.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Pontiggias wunderschönes Buch, ein echter Bildungsroman, könnte alle Menschen vieles lehren." (Roberto Cotroneo)

"Ein Buch für Leser, die besser begreifen wollen, wie die Menschen beschaffen sind." (Italia Oggi)

"Ein großartiges Buch, einer jener Romane, die fundamentale Erfahrungen darstellen und Eingang in das Leben ihrer Leser finden, das sie zu verändern imstande sind." (Corriere Milano)