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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe
  • Verlag: Elsevier, München / Urban & Fischer
  • Seitenzahl: 447
  • Abmessung: 250mm
  • Gewicht: 1222g
  • ISBN-13: 9783437311284
  • ISBN-10: 343731128X
  • Artikelnr.: 27166506
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2001

Die Glieder des Rumpfparlaments
Jochen Lengemann stellt Lebensläufe des Nachmärz zusammen

Am 10. März 1850 trat in Erfurt eine parlamentarische Versammlung zusammen, die das Werk der Frankfurter Nationalversammlung von 1948/49 im Sinne der preußischen Regierung vollenden sollte. Die in zwei Kammern tagenden 314 Abgeordneten hatten die Aufgabe, die Verfassung eines konservativ ausgestalteten "Kleindeutschland" unter preußischer Führung anzunehmen oder abzulehnen. Das Projekt stand freilich von vornherein unter keinem guten Stern. Der Plan zur Lösung der deutschen Frage war zwar im Mai 1849 von Preußen, Hannover und Sachsen beschlossen worden, aber schon 1850 hatten sich Sachsen und Hannover eines Besseren besonnen. Die für diese Staaten vorgesehenen siebenundsechzig Sitze blieben leer, so daß das Erfurter Parlament noch nicht einmal ganz Norddeutschland vertrat. Bayern, Württemberg und Österreich lehnten die Unionspläne ohnehin konsequent und kategorisch ab.

Die Arbeit der somit als Rumpfparlament konstituierten Versammlung ging dennoch zügig voran. Mitte April nahmen beide Kammern - gegen die Stimmen der Mehrheit der preußischen Abgeordneten - den Verfassungsentwurf an, so daß die Sitzungsperiode am 29. April beendet werden konnte. Als sie gefaßt wurden, waren die Beschlüsse jedoch bereits von den Ereignissen überholt worden. Preußens Regierung war inzwischen ebenfalls von ihren bisherigen Plänen abgerückt. Eine Kombination aus österreichischem militärischen und politischen Druck und altpreußischer Skepsis gegenüber Plänen, die zu einem Aufgehen Preußens in Deutschland zu führen drohten, sorgte schließlich für die Wiederherstellung des Deutschen Bundes.

Die Erfurter Versammlung verlief zwar ergebnislos, aber sie vereinte einen bedeutenden Teil des konservativeren Spektrums der norddeutschen und der badischen politischen Elite an einem Ort. In den Erfurter Debatten wurden manche politischen Positionen klarer formuliert als in der Frankfurter Nationalversammlung, mit der das Unionsparlament durch personelle Kontinuitäten ebenso verbunden war wie mit dem späteren Reichstag.

Zu dieser Versammlung, die eine Art politischer Scharnierfunktion erfüllte, hat Jochen Lengemann nun ein hervorragendes biographisches Nachschlagewerk erstellt. Es enthält sorgfältigst recherchierte Lebensläufe der Parlamentarier, denen in den meisten Fällen ein Porträt beigegeben ist. Es läßt sich nicht nur als Handbuch zum Unionsparlament benutzen, sondern auch als Ergänzung zu anderen, zum Teil in ihren älteren Bänden überholten allgemeinen biographischen Nachschlagewerken. Die Bedeutung dieses Buches ist somit größer, als es die kurze Lebensdauer seines Gegenstandsbereichs vermuten lassen könnte. Durch die Anordnung des Materials tritt die Rolle der Parlamentarier in Erfurt eher in den Hintergrund, denn sie erschließt sich vor allem durch die "Parteizugehörigkeit" und eventuelle Ämter. Diese Lücke soll ein zweiter Band schließen, der sich ganz auf die Arbeit "des vergessenen Parlaments" konzentrieren wird und hoffentlich bald erscheint.

ANDREAS FAHRMEIR

Jochen Lengemann: "Das Deutsche Parlament (Erfurter Unionsparlament) von 1850". Ein Handbuch: Mitglieder, Amtsträger, Lebensdaten, Fraktionen. Verlag Urban & Fischer, München 2000. 447 S., Abb., geb., 128,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Fahrmeir, der in seiner Rezension noch einmal kurz die Bedeutung des Erfurter Parlaments erläutert, lobt diese Studie als "hervorragendes biografisches Nachschlagewerk". Ihm gefällt die präzise Recherche des Autors, der hier nicht nur Lebensläufe der Parlamentarier zusammengestellt, sondern in vielen Fälle auch Porträts hinzugefügt habe. Diese hält Fahrmeir nicht nur im Kontext des Unionsparlament für interessant, sondern sie bieten - wie er findet - auch zu "überholten allgemeinen biografischen Nachschlagewerken" eine sinnvolle Ergänzung. Fahrmeir erläutert, dass die "Rolle der Parlamentarier" hier nicht im Zentrum des Interesses steht, sondern ein späterer Band sich damit befassen wird - auf den der Rezensent jetzt schon gespannt ist.

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