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Produktdetails
  • Verlag: Rotbuch Verlag
  • Originaltitel: In the Name of the Wolfe
  • Seitenzahl: 228
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 350g
  • ISBN-13: 9783434530602
  • ISBN-10: 3434530606
  • Artikelnr.: 23944647
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.09.2001

Troll? Werwolf? Banshee?
A-Movie: John F. Deane geht den Monstern aus dem Weg

Der Trick, sich einen Monsterfilm anzusehen, ohne dabei Angst zu haben, ist die genaue Kenntnis der Regeln. Sind einem die Konventionen des Genres bekannt, dann weiß man bei einer spannenden Szene ziemlich genau, wann eine Person nur einer vermeintlichen Gefahr begegnet und wann dem Monster selbst, sogar wann sie dessen Opfer wird und wann sie davonkommt.

Der Roman "Im Namen des Wolfes" des irischen Autors John F. Deane hat nicht nur ein Monster, sondern auch etliche Elemente des klassischen Monsterfilms. Doch entgegen allen Konventionen findet eine wirkliche Begegnung niemals statt. Das Unwesen bekommt zwar eine Stimme, die dann und wann von den abweisenden Berghängen und Mooren herüberschallt, und immer wieder ist seine bedrohliche Nähe spürbar, wenn es um die Häuser schleicht oder sich jemand in sein Reich wagt, aber es bekommt keine Gestalt. So bleibt es ganz Literatur, die Ausflüge in die Niederungen des trivialen Genres nur Mittel zum Zweck und die provozierte Spannung schließlich auf der Strecke.

Denn auf ein wenig Spannung zielt der Roman mit diesem Schauerelement schon ab, und sei es nur, um das Interesse an den Geschichten der einfachen Menschen auf Achill Island aufrechtzuerhalten, die über zwei Generationen und in Episoden erzählt werden. Im Zentrum dieser Geschichten steht die kleine Familie des Captain Cyril Thornton O'Higgins, seine depressive Frau Nora und die Tochter Patty mit ihrer rätselhaften Krankheit, einer seltenen Form der Arthritis, die zur Folge hat, daß sich ihre Gesichtszüge wolfsähnlich verändern.

Beginn der Handlung ist der Zweite Weltkrieg, als der Captain eine deutsche Invasion der abgelegenen Insel in einen Kneipenbesuch umwandelt und dabei noch ein Gewehr und eine Silberkugel erbeutet. Doch solch heitere Episoden bleiben die Ausnahme. Zwar sind die Bewohner dieses einsamen Fleckchens an der Westküste Irlands in ihrer Exzentrik und Skurrilität durchaus liebenswürdig und humorvoll dargestellt, doch vorherrschend ist ein eher pessimistischer Grundton. Viel Verzweiflung ist in diesem Roman, Glück gibt es immer nur am Rande des Unglücks, von Erfüllung träumt man nicht einmal mehr. Die Menschen nehmen ihr Schicksal im besten Fall ergeben hin, im schlimmsten Fall entziehen sie sich ihm durch Selbstmord.

Und immer wieder ist die Präsenz des Unwesens spürbar, das Schafe und Hunde tötet, einen unmenschlichen Gestank verbreitet und Haß in den Menschen weckt, die sich ihm zu nähern versuchen. Doch bei aller indirekter Präsenz läßt es sich nicht aus der Reserve locken. Es dauert etliche Beinahebegegnungen, bis man als Leser erkannt hat, daß das Monster auch in der Welt des Romans keine Realität ist, sondern eine Chiffre, weniger eine Anleihe aus einem B-Movie als aus der reichhaltigen irischen Legendentradition, in der es von Fabelwesen nur so wimmelt. Je nach persönlichem Aberglauben hören die Menschen in dem schaurigen Geheul einen Troll, Werwolf oder die Banshee, die irische Todesfee. Unter dem großen Mantel aus katholischer Mystik und existentialistischer Verzweiflung, der den ganzen Roman bedeckt, wird aus dem Monster letztlich der Wolf in uns allen. Da ist es nur konsequent, daß die Kriegszeit und ein achtloser Bombenabwurf über einem Berg die Geburtsstunde der Bedrohung sind.

Der Krieg fügt der Natur wie der menschlichen Seele Verletzungen zu, doch auch das Leben selbst ist bei John F. Deane ein ständiger Kampf, aus dem niemand unversehrt hervorgeht. Von den anderen ist dabei kaum Beistand und nur wenig Trost zu erhoffen. Daß der Mensch des Menschen Wolf ist, diese Erkenntnis mag für eine Monstergeschichte unbefriedigend sein, in diesem Roman, der eine solche Geschichte eben nur imitiert, ist sie die einzige Gewißheit in einer lebensfeindlichen Welt.

SEBASTIAN DOMSCH

John F. Deane: "Im Namen des Wolfes". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Christian Oeser. Rotbuch Verlag, Hamburg 2001. 229 S., geb., 39,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als einen "metaphysischen Schauerroman" bezeichnet H.G. Pflaum diesen Roman, der auf einer von Kriegsereignissen auf diffuse Weise geschädigten irischen Insel spielt. Es scheint zu spuken, aber das "Andere" geschieht eben "nicht im Jenseits, sondern dicht neben der alltäglichen Wirklichkeit". Die Geheimnisse erzählt Deane nicht, dazu ist sein Erzählstil zu fragmentarisch: Die Lücken lasse er offen wie Wunden. Auch sonst kann Pflaum dem Buch einiges abgewinnen, er nennt es "ungewöhnlich und sehr visuell". Nur die Sprache, in der es geschrieben ist, findet Pflaum "mitunter sehr seltsam", und das liegt nicht an der Übersetzung - die er lobt - sondern irritiert ihn auch schon im englischsprachigen Original.

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