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Nach dem Willen vieler Mitgliedstaaten sollten die Vereinten Nationen 60 Jahre nach Unterzeichnung ihrer Charta im Jubiläumsjahr 2005 einer grundlegenden Reform und Erneuerung unterzogen werden. Rückblickend lässt sich feststellen, dass dabei sicher nicht der »große Wurf« gelungen ist. Das Thema einer möglichen Reform der Vereinten Nationen bleibt daher weiterhin mit hoher Priorität sowohl auf der Agenda der internationalen Politik als auch auf derjenigen der Wissenschaft.
Das Institut für Politische Wissenschaft und das Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht der
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Produktbeschreibung
Nach dem Willen vieler Mitgliedstaaten sollten die Vereinten Nationen 60 Jahre nach Unterzeichnung ihrer Charta im Jubiläumsjahr 2005 einer grundlegenden Reform und Erneuerung unterzogen werden. Rückblickend lässt sich feststellen, dass dabei sicher nicht der »große Wurf« gelungen ist. Das Thema einer möglichen Reform der Vereinten Nationen bleibt daher weiterhin mit hoher Priorität sowohl auf der Agenda der internationalen Politik als auch auf derjenigen der Wissenschaft.

Das Institut für Politische Wissenschaft und das Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben dieses Jubiläum 2005/2006 unter Beteiligung hochrangiger Experten aus Politik- und Völkerrechtswissenschaft sowie der Praxis deutscher VN-Politik und Politikberatung zum Anlass genommen, die Arbeit der Weltorganisation in unterschiedlichen Politikbereichen auf den politikwissenschaftlichen und völkerrechtlichen Prüfstand zu stellen. Der vorliegende Band fasst die Ergebnisse zusammen. Damit liegt erstmals eine umfassende Bestandsaufnahme der erreichten und vertagten UN-Reformen des Jubiläumsjahrs 2005 vor.

Schwerpunkt der Analysen sind dabei Organisationsfragen des VN-Systems (Reform des Sicherheitsrates, der Generalversammlung, des UN-Sekretariats und der Vertragsgremien), der Bereich Friedenssicherung (Gewaltverbot, »Responsibility to Protect«, Friedenskonsolidierung) und der Bereich Entwicklung und Umweltpolitik. Zudem werden offene Fragen der VN-Reform, die Chancen für die Umsetzung der Reformvorschläge sowie die Bedeutung und Tragweite der vorgeschlagenen Charta-Änderungen analysiert. Erklärtes Ziel ist dabei ein interdisziplinärer Anspruch, indem politik- und völkerrechtswissenschaftliche Instrumentarien und Blickwinkel kombiniert und füreinander fruchtbar gemacht werden. Die Autoren richten sich an Politikwissenschafter und Völkerrechtler sowie an alle mit VN-Fragen befassten Personen in Politik, Administration und politischer Bildung.
Autorenporträt
Professor Andreas Zimmermann is Professor of Law, University of Potsdam and Director Potsdam Centre of Human Rights; Dr. jur. (Heidelberg), LL.M. (Harvard); former Member of the German delegation to the Preparatory Committee and the United Nations Diplomatic Conference on the Establishment of an International Criminal Court; member of the Permanent Court of Arbitration; counsel in various cases before the ICJ; judge ad hoc in various cases before the European Court of Human Rights; arbitrator under the annex to the Vienna Convention on the Law of Treaties; member of the advisory board on UN issues of the German Ministry of Foreign Affairs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2006

Herbe Enttäuschung
Die Vereinten Nationen bleiben, wie sie sind

Selbstverständlich verändern sich Organisationen ständig. Aber sie tun das langsam, gegen spektakuläre Rundumerneuerungen sträuben sie sich. Das gilt auch für internationale Organisationen. Wenn nun das Umfeld, die politischen Vorstellungen der Mitglieder und die Aufgabenprofile einer internationalen Organisation sich schubartig verändern, dann ist es Zeit für weitreichende Reformen. Diese Voraussetzungen waren mit dem Ende des Ost-West-Konflikts in den internationalen Beziehungen gegeben. Folgerichtig haben sich viele internationale Organisationen nach 1990 grundlegend verändert, etwa die Konferenz (jetzt: Organisation) für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder der Nordatlantikpakt (Nato). Leichtgefallen ist ihnen das nicht.

Im außenpolitischen Establishment der Bundesrepublik Deutschland ist die ziemlich betrübliche Geschichte der Anläufe zu einer Reform der Vereinten Nationen sozusagen mit Herzblut verfolgt worden. Aus historischen Gründen gehören die Vereinten Nationen zu den herausragenden außenpolitischen Bezugspunkten deutscher Außenpolitik. Wenn auch manchmal mit etwas zu viel rhetorischem Überschwang haben sich deutsche Außenpolitiker seit den siebziger Jahren immer wieder darum bemüht, die Vereinten Nationen nicht nur als Forum für die Darstellung eigener Interessen und Ziele zu benutzen, sondern sie zu einem weltpolitisch wichtigen, im Geiste des Multilateralismus handelnden Akteur internationaler Politik zu machen. Seit über zehn Jahren steht die als "Angebot" aufgemachte Forderung im Raum, Deutschland als einer der wichtigsten Finanziers der Vereinten Nationen solle auch einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat erhalten, dem wirkungsvollsten Organ der Vereinten Nationen.

Die beiden afrikanischen Generalsekretäre der Vereinten Nationen, Boutros Boutros-Ghali und Kofi Annan, haben sich in ihren Amtszeiten mit großem Nachdruck dafür eingesetzt, die Vereinten Nationen effizienter zu machen und ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Dazu sollte nicht nur der Sicherheitsrat reformiert werden, dessen Zusammensetzung und Verfahrensweisen auf die internationale Ordnung von 1945 zurückgehen. Auch andere Organe der Vereinten Nationen funktionieren längst nicht optimal. Ohne eine gründliche Überarbeitung der Charta, sozusagen das Grundgesetz der Vereinten Nationen, würden Einzelreformen wenig bewirken können. Es gibt folglich eine viel Papier produzierende Reformdebatte, die im Jahr 2005 zu organisatorischen und rechtlichen Veränderungen führen sollte. Aber der "Weltgipfel 2005" endete wie das Hornberger Schießen.

In dem vom Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht in Kiel herausgegebenen Sammelband werden die organisatorischen Defizite der Vereinten Nationen und die Vorschläge zu deren Überwindung vorgestellt und analysiert. Die Autorinnen und Autoren kommen aus der universitären Politik- oder der Völkerrechtswissenschaft, oder sie haben als Diplomaten und Beamte in Bundesministerien praktische Erfahrungen im Umgang mit den Vereinten Nationen gesammelt. Das ist eine gute Mischung, zumal die einzelnen Beiträge nicht im jeweiligen Fachchinesisch abgefaßt, sondern auch für politisch interessierte Laien gut verständlich sind. Allgemein herrscht ein Ton herber Enttäuschung vor, wie auch anders. Denn die Reformdebatte ist fürs erste vorbei. War man 2004 "nur noch einen Hauch" von einer erfolgreichen Reform entfernt? Diese Sichtweise von Ingo Winkelmann drückt wohl eher das Wunschdenken der deutschen Diplomatie aus. Darauf geht auch Thorsten Brenners Analyse der Mängel in der Arbeit der Generalsekretariate ein, der sehr nachdenklich stimmt.

Das Problem der Reform lag und liegt darin begründet, daß zu viele Mitglieder der Vereinten Nationen entweder ihren gegenwärtigen Status nicht verändern wollen oder Änderungspläne im Sinn haben, die von anderen Mitgliedern zurückgewiesen werden. Die Vereinigten Staaten trauen den Vereinten Nationen im Grunde keinen Effizienzzuwachs zu. Eine Reihe anderer Staaten lehnt einen solchen Zuwachs auch deshalb strikt ab, weil ihre (meist auf nichtdemokratische Weise zustande gekommenen) Regierungen sich dadurch in ihrer innenpolitischen Machtfülle beeinträchtigt sähen. Aus dieser gemischten Interessenlage heraus ergibt sich für Botschafter a. D. Tono Eitel am Ende die bittere Prognose einer "Fossilierung" der Vereinten Nationen. Hoffentlich hat er damit unrecht.

WILFRIED VON BREDOW

Johannes Varwick / Andreas Zimmermann (Herausgeber): Die Reform der Vereinten Nationen - Bilanz und Perspektiven. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2006. 334 S., 78,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein gutes Buch mit einer schlechten Nachricht, heißt es bei Rezensent Wilfried von Bredow. Gelungen sei der Aufsatzband insofern, als die Beiträger sowohl aus der Wissenschaft als auch dem diplomatischen bzw. Ministerialdienst kämen. Zudem seien die einzelnen Artikel in einer allgemein verständlichen Sprache verfasst. Die Autoren analysierten zum einen die organisatorischen Mängel der Vereinten Nationen und machten zum anderen Verbesserungsvorschläge. Die schlechte Nachricht aus Sicht des Rezensenten ist hingegen die pessimistische Zukunftsaussicht, die aus den Diagnosen zur Reformlage sprächen. Die USA würden an positive Veränderungen der Vereinten Nationen ohnehin nicht glauben und seien damit auf einer Linie mit solchen undemokratischen Staaten, die einen Machtzuwachs der Vereinten Nationen naturgemäß blockierten. Wenn dann sogar von deren drohender "Fossilisierung" gesprochen werde, resümiert der Rezensent, sei das ein böses Omen.

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