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Als Leon Meed Frau und Tochter bei einem Bootsunfall verliert, will auch er nicht mehr leben. Entsetzt sieht er, wie das Leben um ihn herum einfach weitergeht. Leon Meed beschließt, sich der Welt zu entziehen. Fortan lebt er in einer kleinen Hütte im Wald und bricht alle Brücken zu seinem bisherigen Leben ab. Inneren Frieden findet er nur beim Schnitzen von Holzfiguren - die immer wieder seine Frau und seine Tochter darstellen. Doch als er sie als Schwimmende festhalten will, trifft ihn die Unabänderlichkeit ihres Todes noch einmal mit voller Wucht. Wie betäubt taumelt er durch seine alte…mehr

Produktbeschreibung
Als Leon Meed Frau und Tochter bei einem Bootsunfall verliert, will auch er nicht mehr leben. Entsetzt sieht er, wie das Leben um ihn herum einfach weitergeht. Leon Meed beschließt, sich der Welt zu entziehen. Fortan lebt er in einer kleinen Hütte im Wald und bricht alle Brücken zu seinem bisherigen Leben ab. Inneren Frieden findet er nur beim Schnitzen von Holzfiguren - die immer wieder seine Frau und seine Tochter darstellen. Doch als er sie als Schwimmende festhalten will, trifft ihn die Unabänderlichkeit ihres Todes noch einmal mit voller Wucht. Wie betäubt taumelt er durch seine alte Heimatstadt und begegnet Menschen, die ebenso wie er dem eigenen Schicksal hilflos ausgeliefert sind - und doch darauf hoffen, die grundlegenden Veränderungen in ihrem Leben noch einmal abwenden zu können. Ganz anders als Elaine: In ihr, der klugen, pragmatischen Lehrerin, trifft Meed auf einen Menschen, der das eigene Schicksal annehmen kann. Könnte sie seine Rettung sein?
Autorenporträt
Karin Dufner, geb. 1962 in München, lebt in Meerbusch bei Düsseldorf und arbeitet als Übersetzerin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2008

Eureka als Käseglocke

Ein Debütroman wie eine amerikanische Fernsehserie: Josh Emmons präsentiert viele Minischicksale, der Leser gewinnt beim Zappen Einblick in die nationale Seele.

Amerikanische Debütanten werden schon lange nicht mehr einfach so aufs Lesevolk losgelassen, sondern sie kommen mit Verstärkung: mit einem, zwei oder gar vielen Blurbs. "Blurbs" sind so schnittige wie hymnische Zitate, in denen bekannte Zeitgenossen das betreffende Buch auf dem Waschzettel, im Klappentext oder gar vorne auf dem Cover loben - und bisweilen ist die Verwandtschaft des "blurb" mit dem "burp", dem Rülpser, nicht nur eine onomatopoetische. Manche dieser Zweizeiler aus prominenter Feder lassen durchschimmern, dass sich da jemand mit einer netten, aber harmlosen Bemerkung nur einer lästigen Aufforderung entledigen wollte.

Jonathan Franzen, spätestens seit Thomas Glavinic' Porträt aus "Das bin doch ich" bekannt als "der größte Starautor der westlichen Welt", gehört nicht zu den generösen Blurb-Spendern. Er lässt sich nur äußerst selten zum Applaus für Kollegen hinreißen, und insofern sind die Vorschusslorbeeren für Josh Emmons durchaus etwas Besonderes. Josh Emmons, geboren 1973 im kalifornischen Eureka, hat vor drei Jahren mit "The Loss of Leon Meed" seinen ersten Roman veröffentlicht, der nun in deutscher Übersetzung und mit deutlich zupackenderem Titel erschienen ist: "Leon Meed beschließt zu gehen".

Der Titel ist insofern trügerisch, als dieser gewisse Mister Meed nichts beschließt, sondern im Buch hauptsächlich als Leerstelle oder besser: als Erscheinung vorkommt. Er taucht unvermittelt in Wohnungen, Bars, an Straßenrändern und Waldlichtungen und in den intimsten, peinlichsten oder entscheidendsten Momenten auf, ohne dass jemand sagen könnte, wie er dorthin gelangt - geschweige denn, dass er selbst wüsste, wie ihm geschieht. Gewiss scheint nur, dass er Frau und Kind vor Jahren bei einem Bootsunglück verloren hat und daraufhin in die Wälder geflüchtet ist, wo er Holzstatuen schnitzt, um Gesellschaft zu haben.

Leon Meed ist ein Phänomen, für das die Bewohner Eurekas, wo Emmons seinen Roman, der auch ein Heimatbuch ist, angesiedelt hat, ihren unterschiedlichen Ansichten und Charakteren gemäß höchst disparate Erklärungen finden. Die Einwohner Eurekas nämlich sind die eigentlichen Hauptfiguren: die vernünftige, engagierte Lehrerin Elaine zum Beispiel, die von den Schürzenjagden ihres Mannes endgültig die Nase voll hat; oder der weichherzige, zum Opfertum neigende Arzt Steve, der partout nicht verstehen kann, warum ihm seine Frau weggelaufen ist. Da gibt es auch den artigen Barry, der endlich und ohne Restzweifel für sich feststellen kann, dass er doch schwul ist, und die Therapeutin Sadie, die täglich mit ihrem inneren Schweinehund darüber streitet, ob große Portionen guten Essens der vagen Aussicht auf romantische Zweisamkeit auf Dauer wirklich vorzuziehen sind. Die hübsche Eve hat seit dem Drogentod ihrer Jugendliebe Angst vor engen Bindungen, und Lilith erträgt die Schichtarbeit bei McDonald's und andere Widrigkeiten nur dank ihrer Mitgliedschaft in der Wicca-Hexenschaft und des Glaubens in die Astralebene.

Der Böse unter all diesen normal Durchgeknallten ist Shane, ein ehemaliger Prügler und Skinhead, dessen Gewaltausbrüche auch das Mormonentum und seine Beschäftigung als Grabstätten-Verkäufer nicht dauerhaft stoppen können. Und dann gibt es noch den aus Korea eingewanderten Joon-sup, der sich trotz aller Bemühungen, möglichst amerikanisch zu wirken, immer als Außenseiter fühlt.

All diesen Leuten begegnet Leon Meed, aber nie lange genug, als dass sie sich seiner Existenz wirklich vergewissern könnten. Aber wer schon einmal einen Robert-Altman-Film gesehen hat oder irgendeine passable amerikanische Fernsehserie, wovon es bekanntlich einige gibt, der ist von diesem Panoptikum an witzig-skurrilen, dabei lebensechten Minischicksalen, die einander unter der Käseglocke Eurekas immer wieder kreuzen, eher erfrischt denn überfordert, zumal es Josh Emmons großartig gelingt, jede einzelne seiner Figuren plastisch werden zu lassen. Immer mehr werden es, und immer blasser nimmt sich neben ihnen allen irgendwann Leon Meed aus, der doch gerade die Verbindung schaffen soll.

Und so kommt es, dass ausgerechnet das Herz dieser Romanfigur nicht recht schlagen will, die doch an allen Ecken und Enden nur so zuckt und bebt vor Leben. Anstatt es bei den Short cuts zu belassen, möchte Josh Emmons dann doch auch noch die Katharsis, und so müssen Leon Meed und seine Holzfiguren für jeden der Charaktere eine eigene Bedeutung bekommen und tiefere Einsichten heraufbeschwören. Leon Meed ist aber eben kein Frank Bascombe, den der große Richard Ford ebenfalls viele amerikanische Biographien streifen lässt. Als es schließlich von Namen, Zuständen und seltsamen Begebenheiten nur so wimmelt, fühlt man sich als Leser wie beim pflichtschuldigen Ansehen der letzten Folgen einer Fernsehserie, die über ihren witzigen Einfällen die Story vergessen hat. Aber vielleicht gewinnt man ja gerade beim Zappen Einblicke in die amerikanische Seele.

FELICITAS VON LOVENBERG

Josh Emmons: "Leon Meed beschließt zu gehen". Roman. Aus dem Amerikanischen

übersetzt von Karin Dufner. Droemer Verlag, München 2008. 426 S., geb., 16,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zapping-Lektüre hat Felicitas von Lovenberg hinter sich. Dem seltenen Lob eines Jonathan Franzen folgend, hatte sie sich das jetzt auf Deutsch vorliegende Debüt von Josh Emmons vorgenommen. Ein amerikanisches Heimatbuch, aber vor allem ein an Robert Altmans "Short Cuts" erinnerndes Panoptikum skurriler Gestalten und Einfälle hält sie da in Händen, stellt Lovenberg bald entzückt fest. Schade nur, meint sie, dass Emmons seinen ephemeren Protagonisten mit der Rolle eines sinngebenden Gravitationszentrums so vollkommen überfordert. Der Mann ist doch kein Frank Bascombe! Und die irgendwo einmal angedachte Story, so schwant der Rezensentin, hat der Debütant am Ende vergessen.

© Perlentaucher Medien GmbH