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Das Fiasko der deutschen Flotte "Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser", verkündete Wilhelm II. 1898. Unter der Ägide des Admirals Alfred von Tirpitz wurde eine Flotte aufgebaut, die der Stolz des Kaiserreiches war. Durch sie sollte aus der Kontinentalmacht Deutschland eine See- und Weltmacht werden. Im Ersten Weltkrieg wurde diese Hoffnung zerstört. Wegen der britischen Blockade-Strategie kamen die gigantischen Großkampfschiffe kaum zum Einsatz. Vor allem die Offiziere waren tief enttäuscht darüber. Zur Rettung der vermeintlich verlorenen Ehre entstand 1918 der Plan einer letzten großen…mehr

Produktbeschreibung
Das Fiasko der deutschen Flotte
"Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser", verkündete Wilhelm II. 1898. Unter der Ägide des Admirals Alfred von Tirpitz wurde eine Flotte aufgebaut, die der Stolz des Kaiserreiches war. Durch sie sollte aus der Kontinentalmacht Deutschland eine See- und Weltmacht werden. Im Ersten Weltkrieg wurde diese Hoffnung zerstört. Wegen der britischen Blockade-Strategie kamen die gigantischen Großkampfschiffe kaum zum Einsatz. Vor allem die Offiziere waren tief enttäuscht darüber. Zur Rettung der vermeintlich verlorenen Ehre entstand 1918 der Plan einer letzten großen Entscheidungsschlacht gegen die Royal Navy. Die Befehlsverweigerung der Mannschaften markierte den Beginn der Revolution in Deutschland. Die Flotte wurde im englischen Kriegshafen Scapa Flow interniert. Dort hat sie sich im Juni 1919 selbst versenkt.
Autorenporträt
Nicolas Wolz, Dr. phil., Jahrgang 1972, hat Geschichte in Frankfurt, Tübingen und London studiert. Er war mehrere Jahre lang Redakteur bei der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung' und ist heute in leitender Funktion in der Kommunikationsabteilung der Deutschen Bundesbank tätig. Nicolas Wolz hat bereits seine Dissertation über Kriegserfahrungen deutscher und britischer Seeoffiziere im Ersten Weltkrieg verfasst und dafür umfangreiche Quellenforschung in deutschen und britischen Archiven betrieben. Dabei ist er auf eine Vielzahl bislang unveröffentlichter Briefe und Tagebücher gestoßen. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Frankfurt. Mehrere Buchveröffentlichungen.
Rezensionen
"Wolz zeigt auch die Ironie der Seekriegsgeschichte, dass ausgerechnet die verspottete Waffengattung der U-Boote (gemein, hinterrücks, etc.) zum Hoffnungsträger der Marine wurde." -- Egotrip, Internet-Magazin 1. Oktober 2013

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Neue Maßstäbe in Sachen Geschichtsschreibung erkennt Werner Rahn in diesem Band von Nicolas Wolz. Der Autor, findet er, schließt mit der ersten modernen Gesamtdarstellung des Seekriegs zwischen Deutschland und Großbritannien 1914-18 nicht nur eine Lücke in der Geschichtsschreibung. Er macht das auch äußerst raffiniert, indem er mittels Briefen und Tagebüchern die Lebenswelten der Offiziere und Mannschaften auf beiden Seiten miteinbezieht. Spannend, informativ und gut lesbar findet Rahn das Ergebnis. Zweifel und Sinnkrisen der Marinesoldaten werden dem Rezensenten offenbar, Hungersnöte und Gehorsamsverweigerungen sowie die unterschiedlichen Umgangsweisen der Führungskräfte damit. Ein umfangreicher Anmerkungsteil mit Register und den Originalquellen runden den Band für Rahn ab zum beispielhaften Werk.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2013

In Saus und Braus - nur selten raus
Die Hochseeflotten Deutschlands und Großbritanniens hatten bis 1918 wenig zu tun

Ab August 1914 lagen sich in der Nordsee vier Jahre lang die beiden größten Schlachtflotten der Welt einsatzbereit gegenüber: im Nordwesten die britische Grand Fleet bei den Orkney-Inseln auf ihrem Ankerplatz Scapa Flow, im Südosten die deutsche Hochseeflotte meist auf Reede vor Wilhelmshaven. Beide Flotten wirkten strategisch nicht durch ihre seltenen Vorstöße, sondern vor allem durch ihre Existenz: Die Grand Fleet war ein Eckpfeiler der britischen Fernblockade, die Hochseeflotte sicherte die eigene Küste, verhinderte Vorstöße des Gegners in die Ostsee und war für U-Boot-Einsätze ein Rückhalt.

Die historische Erinnerung an den damaligen Seekrieg beschränkt sich in Deutschland weitgehend auf singuläre Ereignisse wie die Skagerrak-Schlacht, den Kreuzerkrieg, die Einsätze der U-Boote und nicht zuletzt die Matrosenrevolte im November 1918. Eine moderne Gesamtdarstellung des Seekrieges, die auch die Kriegserfahrungen, den Alltag und die Lebenswelten der Offiziere und Mannschaften beider Flotten mit einbezieht, gab es bislang nicht. Jetzt hat Nicolas Wolz über den Seekrieg 1914 bis 1918 eine spannende und gut lesbare Gesamtdarstellung vorgelegt, die sich vor allem an einen breiteren Leserkreis richtet, dabei keine wissenschaftlichen Debatten nachzeichnet. Grundlage dieser Darstellung bildet seine exzellente Studie von 2008 über die Kriegserfahrungen deutscher und britischer Seeoffiziere: "Das lange Warten". Die für diese Arbeit ausgewerteten "Ego-Dokumente" - vor allem Briefe und Tagebücher - nutzt Wolz, um dem Leser eine "Sicht auf die Vergangenheit zu ermöglichen, indem die Betroffenen selbst ausführlich zu Wort kommen". Dies gilt sowohl für die deutsche als auch für die britische Seite.

Die elf Kapitel spannen den Bogen vom deutschen Flottenbau vor 1914 bis zur Selbstversenkung der Flotte in Scapa Flow im Juni 1919. Besonders die Kapitel über Kämpfen und Sterben im Namen der Ehre, über das Leben an Bord und an Land sowie über Selbstzweifel und Sinnkrisen bei den Seeoffizieren geben eine neue Sicht auf einen Seekrieg, der ganz anders verlief, als man es vor Kriegsausbruch erwartet hatte. Wolz setzt sich kritisch mit der "Flaggenehre" auseinander, insbesondere mit der von Lord Nelson geprägten Tradition der Royal Navy, dass ein Kriegsschiff im Gefecht niemals seine Flagge streicht. Deutsche Kommandanten und Seebefehlshaber handelten sowohl im Ersten wie auch im Zweiten Weltkrieg in aussichtslosen Lagen im Sinne dieser Tradition - so Vizeadmiral Graf Spee im Dezember 1914 mit seinem Geschwader bei den Falklandinseln und Admiral Lütjens im Mai 1941 mit dem Schlachtschiff "Bismarck" im Atlantik. Für beide Beispiele ist überliefert, wie die Briten mit Hochachtung den "todesverachtenden Kampf" ihres Gegners bewunderten. Doch derartige Gefechte waren in der Nordsee selten.

Das "lange Warten" frustrierte die Seeoffiziere, die auf eine Bewährungsprobe gehofft hatten. Der Seekrieg verlagerte sich auf den Minenkrieg und vor allem auf U-Boote, die zu einem populären Mythos wurden und als "Wunderwaffe" galten, die den Sieg im Handelskrieg bringen sollte. Die Auseinandersetzungen über ihren Einsatz bis zur verhängnisvollen Entscheidung für den uneingeschränkten U-Boot-Krieg ab Februar 1917 sind ein Beispiel für das Ringen zwischen politischer und militärischer Führung im Kriege. Die Hybris der Marineführung erreichte ihren Höhepunkt, als Admiral von Capelle im Januar 1917 im Reichstag erklärte, dass die militärische Bedeutung eines Kriegseintritts der Vereinigten Staaten "gleich null" sei, da amerikanische Truppen aus Mangel an Schiffsraum Frankreich nicht erreichen könnten.

Aus Tagebüchern und Briefen wird deutlich, wie in der Hochseeflotte der monotone Bereitschaftsdienst und vor allem die Verpflegungsunterschiede zwischen Offizieren und Mannschaften dazu führten, dass auf den meisten Großkampfschiffen und Kreuzern das Vertrauensverhältnis zwischen Offizieren und Mannschaften verlorenging. Dies galt allerdings nicht für U-Boote, Torpedoboote und Minensuchboote, die häufig im Einsatz waren. Auf diesen Booten lebte der Offizier mit seinen Leuten, war ständig der gleichen Gefahr ausgesetzt und erhielt auch keine gesonderte Verpflegung.

Wolz weist für die Einheiten der Flotte nach, wie selbst "in Zeiten der größten Hungersnot (. . .) viele Offiziere weiterhin in Saus und Braus" lebten und wenig Verständnis für die Lage ihrer Untergebenen hatten. Im Sommer 1917 eskalierte die innere Krise der Flotte. Es kam zu offenen Gehorsamsverweigerungen. Die meisten Seeoffiziere sahen darin vor allem politische Motive und plädierten für ein scharfes Durchgreifen, was mit der Vollstreckung von zwei fragwürdigen Todesurteilen auch geschah. Im Gegensatz zu den deutschen Offizieren kümmerten sich ihre Gegner in Scapa Flow intensiv um ihre Besatzungen. Mit einem abwechslungsreichen Dienst, bei dem es oft sportliche Wettbewerbe gab, wurde erreicht, dass die Einsatzbereitschaft der Besatzungen nicht nachließ. Als im Sommer 1915 auf einem Panzerkreuzer ohne ersichtlichen Grund Urlaubsverbot verhängt wurde, kam es zu Befehlsverweigerungen. Eine Kommission untersuchte die Ursachen und gab der Mannschaft recht. Der Oberbefehlshaber der Grand Fleet, Admiral Jellicoe, informierte persönlich die Matrosen und Heizer darüber und erklärte, "dass alles getan werde, um Ungerechtigkeiten wie diese künftig zu vermeiden".

In diesem Zusammenhang verweist Wolz auf die unterschiedlichen Führungskulturen der Royal Navy und der Kaiserlichen Marine. Die deutsche Führungskultur mit der beinahe kastenartigen Trennung der Seeoffiziere von ihren Untergebenen trug letztlich dazu bei, dass für die Kaiserliche Marine der Krieg mit einem Desaster endete. Einer ihrer fähigsten Seeoffiziere, Korvettenkapitän Ernst von Weizsäcker, notierte Anfang November 1918 in seinem Tagebuch: "Die Marine! Entsprungen dem Weltmachtdünkel, verdirbt unsere Auswärtige Politik 20 Jahre lang, hält ihre Versprechungen im Kriege nicht und entfacht nun den Umsturz!" Dem ist aus heutiger Sicht nichts hinzuzufügen.

Die Fülle der ausgewerteten Literatur und Primärquellen ist beeindruckend. Alle Zitate werden belegt, Zitate aus britischen Quellen liegen in den Anmerkungen auch im Original vor, und über ein umfangreiches Register ist der Band leicht zu erschließen. Sachliche Fehler, zum Beispiel bei Terminologie und Dienstgraden, sind marginal. Das Werk setzt nach Inhalt und Diktion Maßstäbe für eine solide und gut verständliche Geschichtsschreibung.

WERNER RAHN

Nicolas Wolz: "Und wir verrosten im Hafen". Deutschland, Großbritannien und der Krieg zur See 1914-1918. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013, 352 S., 21,90 [Euro].

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