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Eine Liebesgeschichte, eine Tragödie Herbst 1999. Roland Ziegler reist als Mitinhaber eines Familienunternehmens nach Berlin, um an einer Konferenz über die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs teilzunehmen. In einem Café lernt er Zoe kennen, eine junge Jazz-Sängerin, die ihm abends bei einem Konzert einen klassischen Song widmet: 'You don't know, what love is.' Zoe begleitet Roland nach Amsterdam und wird für ihn zu seiner großen Liebe. Befreit von alltäglichen Zwängen erleben sie eine vorher nie gekannte Nähe. Doch die Familie, die Firma und deren…mehr

Produktbeschreibung
Eine Liebesgeschichte, eine Tragödie
Herbst 1999. Roland Ziegler reist als Mitinhaber eines Familienunternehmens nach Berlin, um an einer Konferenz über die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs teilzunehmen. In einem Café lernt er Zoe kennen, eine junge Jazz-Sängerin, die ihm abends bei einem Konzert einen klassischen Song widmet: 'You don't know, what love is.' Zoe begleitet Roland nach Amsterdam und wird für ihn zu seiner großen Liebe. Befreit von alltäglichen Zwängen erleben sie eine vorher nie gekannte Nähe. Doch die Familie, die Firma und deren Vergangenheit melden sich bald zurück. Und Zoe ist plötzlich verschwunden.
Was ist Liebe? Können wir lieben, ohne unsere Vergangenheit zu kennen? Eindringlich und klar erzählt Ulrich Woelk von zwei sehr gegensätzlichen Menschen, die eines verbindet: Angehörige einer Generation zu sein, die den Versprechungen der großen Gefühle misstraut. Und die am Ende genau das erleben, was ihnen unmöglich erschien:Eine große Liebesgeschichte.
Autorenporträt
Woelk, Ulrich
Ulrich Woelk, 1960 geboren, in Köln aufgewachsen, studierte in Tübingen Physik und promovierte 1991 an der TU Berlin, wo er bis 1994 als Astrophysiker tätig war. Literarische Arbeiten seit den 1980er Jahren; »Aspekte«-Literaturpreis für das Debüt 'Freigang' (1990). Seither erschienen Romane, Erzählungen, Theaterstücke. Der Roman 'Die letzte Vorstellung' wurde mit Heino Ferch und Nadja Uhl für das ZDF verfilmt ('Mord am Meer'). Ulrich Woelk lebt in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Trocken der Titel, doch wild die Liebesgeschichte, die Ulrich Woelk hier zu dem Zweck erzählt, über die Herkunft der Gefühle zu reflektieren, meint Simone Jung. Rundum zufrieden ist sie zwar nicht: Was das Psychologische betrifft, ist Woelk zwar Meister, doch empfindet sie Woelks Konstruktion hier als über-akkurat. Auch hält sie die zu symbolischen Zwecken eingestreuten Momente für in ihrer Bedeutung etwas zu offensichtlich ausgestellt. Und dennoch: Die Darstellung von "Atmosphären zwischen Menschen" gelängen dem Autor mit Bravour, auch gefällt der Rezensentin, wie Woelk den Roman poetisch ausschmückt, ohne es dabei an Nüchternheit missen zu lassen. Schön, meint Jung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.04.2013

Berliner Hütchenspieler schummeln immer passgenau
Ulrich Woelks neuer Roman ist über weite Strecken überaus berückend, muss aber leider ein Ende finden: "Was Liebe ist"

Auf der Seite 238 von Ulrich Woelks neuem Roman "Was Liebe ist" kommt es ganz plötzlich zu einer Katastrophe, die aus der bisherigen Handlung keineswegs hervorgeht, mehr noch: die sie völlig auf den Kopf stellt. Wenige Seiten danach treffen wir die männliche Hauptfigur, den sechsunddreißig Jahre alten Frankfurter Unternehmer Roland Ziegler, im Korridor eines Krankenhauses der holländischen Provinzstadt Middelburg. Vom Notarzt ist gerade seine Freundin eingeliefert worden, die Symptome scheinen lebensbedrohend. Als Mutter der Patientin gibt sich eine ihm bisher unbekannte, etwa sechzigjährige Dame zu erkennen, Ziegler stellt sich seinerseits vor. Nach einer Schrecksekunde wissen beide schlagartig Bescheid. "Was er sieht", heißt es über Ziegler dann, "ist vernichtend. Er hätte nicht gedacht, dass einem in einem einzigen Augenblick so viel genommen werden kann. Eigentlich alles."

Gut vierzig Romanseiten folgen noch. Ihre Aufgabe besteht darin, die Konsequenzen aus der späten Katastrophe zu ziehen. Stilistisch fällt dieser Schluss gegenüber den achtzehn vorangegangenen Kapiteln keineswegs ab: Nach einigen nicht immer überzeugenden Prosabüchern aus der jüngeren Vergangenheit zeigt sich der 1960 geborene Ulrich Woelk im mittlerweile neunten Roman wieder auf der Höhe seines Sprachvermögens und seiner Dialogkunst. Gleichwohl hinterlassen die Schlusspassagen ein flaues Gefühl. Sie beschweren eine bisher hochgradig originelle Liebesgeschichte mit einem Übermaß an Konstruktion. Am Ende ist zwar alles erklärt, was so lange rätselhaft, gar mysteriös erschien. Aber weil wir nun alles über sie wissen, verlieren die Figuren auch viel von ihrem Reiz.

Das Ganze beginnt in einem Berliner Straßencafé. Herbst 1999. Ziegler, Mitinhaber des Familienunternehmens, ist in die Hauptstadt gekommen, um an einer von Kanzler Gerhard Schröder und dessen Sonderbeauftragten Otto Graf Lambsdorff einberufenen Konferenz teilzunehmen. Es geht um die Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeiter im Nationalsozialismus und dabei vor allem um die Frage, ob und in welchem Umfang sich Banken und Industrie bereitfänden, einen milliardenschweren Anteil am Ausgleichsfonds aufzubringen. Zieglers Großvater war in den dreißiger Jahren mit elektrotechnischen Innovationen zum Marktführer aufgestiegen und hatte während des Zweiten Weltkriegs erheblich von der Zwangsarbeit profitiert. Der Enkel kennt die dunkle Seite des Erbes inzwischen ziemlich genau.

Ins Café hat er sich geflüchtet, weil er eine sogenannte "Aura" befürchtet: das Vorgefühl eines neuerlichen epileptischen Anfalls. Zehn Jahre lang, die Medikamente hatten ihre Wirkung getan, war nichts mehr passiert. Auch jetzt kann immer noch alles gutgehen. Aber das Risiko, auf der Straße zu kollabieren, darf er nicht eingehen. Während er der inneren Panik mit kühler Vernunft begegnet, nimmt er am Nachbartisch eine junge Frau wahr. Man kommt kurz ins Gespräch, was die Krise weiter kalmiert. Auf ganz andere Weise aber ist es bereits um ihn geschehen.

Es gehört zur nicht geringen Kunst von Ulrich Woelk, die komplexe Romanexposition im Fortgang des Geschehens völlig überzeugend weiterzuentwickeln und dabei die verschiedenen Handlungsstränge plausibel miteinander zu verschränken. Die junge Frau heißt Zoe und ist Sängerin - Jazz und Blues. Privat liiert ist sie mit ihrem erheblich älteren Entdecker und Mentor, der an der Kunsthochschule Komposition lehrt. Naturgemäß ergibt das sogleich eine neue Variante der klassischen Dreiecksgeschichte, die Woelk erst in Zoes Wohnung, dann im Foyer der Berliner Schaubühne und schließlich in einer Jazz-Bar so klischeefrei wie effektvoll in Gang setzt: Seine Figuren sind einfach zu intelligent und erfindungsreich, um uns mit erwartbaren Eifersuchtsmustern zu langweilen. In Amsterdam werden sie ihr Beziehungsballett alsbald fortsetzen und sich dabei allesamt in Tragödiengefahr begeben.

Gerade noch in Berlin spielt eine der berückendsten Szenen des Buchs. Zoe und Ziegler flanieren durch die Straßen und beobachten dabei, wie ein Hütchenspieler eine Passantin bezirzt und betrügt. Ziegler reizt es, "für Gerechtigkeit zu sorgen", indem er der bereits einmal Übertölpelten klugen Ratschlag gibt. Völlig befangen in der für sie "passgenauen Lügenminiatur" des Hütchenspielers, weist die Frau jedoch Zieglers Offerte brüsk zurück - und macht schließlich keineswegs den realen Verursacher, sondern den potentiellen Verhinderer für ihr Unglück verantwortlich.

Die Liebe, ein Hütchenspiel? Jedenfalls nutzt der Roman Zieglers Erfahrung mit dem Berliner Straßengauner und dessen Wirkmächtigkeit immer wieder für das leitmotivisch wiederkehrende Motiv des Betrugs - und des Betrogenseinwollens. Sehr ähnlich und gleichermaßen brillant geht Ulrich Woelk mit dem Epileptiker-Medikament zu Werke, das Ziegler, der Zoe seine Krankheit verschweigt, stets aufs Neue vor der Geliebten verstecken und in oft slapstickhafter Heimlichkeit einnehmen muss. Als Leitmotiv überzeugt auch das politisch-moralische Problem der Zwangsarbeiterentschädigung, das zu höchst unliebsamen Entdeckungen in Zieglers Familienvergangenheit führt.

Und weil dieser Autor seinem Paar auch noch einige erstaunliche Bettszenen beschert, könnte im Grunde alles bestens sein. Aber leider muss auch dieser Roman ein Ende finden. Weshalb die letzten vierzig Seiten dann eine einzige Konstruktionsqual sind und vor allem zu Lasten Zoes gehen.

JOCHEN HIEBER

Ulrich Woelk: "Was Liebe ist". Roman.

Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013. 300 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ob Jazzsängerin oder Bundeskanzler: Ulrich Woelks Roman 'Was Liebe ist' besticht auf allen Ebenen."
Hajo Steinert, Die literarische Welt 02.02.2013