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Längst hat er seinen Schöpfer an Bekanntheit überflügelt: Figaro, der gewitzte Strippenzieher aus den Opern von Mozart und Rossini. Manfred Flügge erzählt in der vorliegenden Biographie das abenteuerliche Leben des Figaro-Erfinders Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1732-1799). Uhrmacherlehrling wird Erfinder, sodann Höfling und später Geschäftsmann,läßt sich auf die große Politik ein und schreibt nebenbei Theaterstücke, von denen zwei, die zusammengehören und doch sehr unterschiedlich sind, trotz einiger Mängel erfolgreich, ja klassisch werden und auch als Opern weiterleben. Das ist die…mehr

Produktbeschreibung
Längst hat er seinen Schöpfer an Bekanntheit überflügelt: Figaro, der gewitzte Strippenzieher aus den Opern von Mozart und Rossini. Manfred Flügge erzählt in der vorliegenden Biographie das abenteuerliche Leben des Figaro-Erfinders Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1732-1799). Uhrmacherlehrling wird Erfinder, sodann Höfling und später Geschäftsmann,läßt sich auf die große Politik ein und schreibt nebenbei Theaterstücke, von denen zwei, die zusammengehören und doch sehr unterschiedlich sind, trotz einiger Mängel erfolgreich, ja klassisch werden und auch als Opern weiterleben. Das ist die ganze Geschichte.Was reizt daran? Die Widersprüche. Das Exzessive. Und ein Hauch von Tragik. Manfred Flügges Kurzfassung seines Buches zeigt, daß er keine denkmalpflegerischen noch denkmalstürzlerischen Ziele verfolgt. Mit Sachkenntnis, Verve und Eleganz beschreibt er einen rastlosen Menschen, der alles, was er tat, mit Besessenheit und verblüffender Freiheit des Geistes anging: sei es zu Beginn a ls innovativer Uhrmacher oder später als Reeder, der die amerikanischen Rebellen nicht nur mit Waffen,sondern auch mit verfassungspolitischen Vorschlägen versorgte, oder als Herausgeber der ersten Voltaire-Gesamtausgabe oder auch als Geheimagent des französischen Königs. Stets wollte er neue Wege gehen, immer mit höchstem persönlichen und finanziellen Einsatz und der Hoffnung, daß am Ende etwas Zählbares für ihn herausspringen möge. Mehr als einmal stand er so vor dem Nichts.Manfred Flügge widmet sich dem schriftstellerischen Werk dieses Autodidakten ebenso wie den zahllosen Intrigen, die gegen den provozierenden Libertin gestrickt wurden. Geschickt wußte Beaumarchais in solchen Notsituationen immer wieder die Öffentlichkeit oder einflußreiche Gönner auf seine Seite zu ziehen. Dennoch begleitete ihn sein Leben lang die Mär, beim Tod seiner Frau, der er den Adelstitel verdankte, etwas nachgeholfen zu haben. Wie sehr er bemüht war, die öffentliche Meinung mit wortgewaltigen Streitschri ften für sich zu gewinnen, zeigt sein Gespür für die Zeichen der Zeit, die dem Bürgertum bald eine neue Rolle im Staat zuweisen sollte.Das Nebeneinander von Familiensinn und Skrupellosigkeit, von Derbheit und Esprit, von Idealismus und Geschäftssinn verdichtet sich in Flügges Beaumarchais-Interpretation zum lebendigen Bild eines faszinierenden Menschen. Zur Zeit gibt es auf dem deutschen Buchmarkt keine derart umfassende, neuere Beaumarchais-Biographie.
Autorenporträt
Manfred Flügge, geb. 1946, wuchs im Ruhrgebiet auf, studierte Romanistik und Geschichte in Münster i. W. und in Lille. Von 1976-88 war er Dozent an der Freien Universität Berlin. Er lebt als freier Autor in Berlin. Er verfasste erfolgreiche Biographien u. a. von Marta Feuchtwanger, Heinrich Mann und Stéphane Hessel.
Rezensionen
"Lustvoll und begeisternd porträtiert Manfred Flügge einen bühnenreifen Teufelskerl, farbig und furios wie sein Zeitalter."'Kultur SPIEGEL'

"Flügge führt uns mit leichter Hand durch den bunten Reigen, den diese Vita beschreibt. Feingestrichelt und in einem Ton, der Fragen zuläßt und Gewißheiten meidet, gibt er dies Leben als durchgearbeitet Skizze wieder. Das beschwert nicht, sondern beflügelt, regt nicht auf, sondern an, nicht zuletzt dazu, sich in ein Jahrhundert hineinzudenken, das, wie vielleicht keines vor oder nach ihm, dem nicht-standardisierten Leben günstig war."'Die literarische Welt'

"Manfred Flügge liebt diesen vitalen, erfinderischen, skrupellosen und sinnfreudigen Mann - und überträgt diese Sympathie auf den Leser. Man legt das Buch ungern aus der Hand. 'Wesffälische Rundschau' "Ein Buch zum Verschlingen.'Passauer Neue Presse'

"Die faszinierend vielschichtige Lebensbeschreibung eines idealistischen Realisten, der man das angestrebte große Publikum nur wünschen kann."'Süddeutsche Zeitung'

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.05.2001

Figaro und sein Double oder: Der Uhrmacher, der ins Weltgetriebe eingriff
Manfred Flügge erzählt das Leben des Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais
Die Franzosen verdanken ihm zwei ihrer scharfsinnigsten und frechsten Komödien. Und mit der einen, „Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro”, übertraf er die satirischen Tendenzen des bissigen Aufklärers Voltaire bei weitem an kritischer Dreistigkeit. Wo Voltaire aus selbstschonender, wenn nicht gar berechnender Taktik innehielt – bei den verantwortungslosen Narreteien der dekadenten Aristokratie des Ancien Régime –, da griff Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais an. Mit dem subtilen Witz amüsanter Intrige riss er den Herrschenden die Masken von den verlebten Gesichtern. Gewalt gebrauchten erst die Massen, die sich durch seinen Spott bestärkt und schließlich zum offenen Aufruhr berechtigt fühlten, indem sie am 14. Juli 1789 die Bastille stürmten und zerstörten.
Die Diskussion darüber, in welchem Maße Beaumarchais’ Komödie vom aufsässigen Figaro zu einem der Auslöser der Französischen Revolution wurde, ist noch längst nicht abgeschlossen. Eine Klärung ist wohl auch kaum zu erwarten. Die Zeit war ja ohnehin reif, mit jener sterbenden Gesellschaft abzurechnen, der das abgewirtschaftete Königtum Ludwigs XVI. keine sinnvolle Legitimation mehr zu unterlegen vermochte.
Manfred Flügge jedenfalls strapaziert die Leser seiner Lebensbeschreibung des Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais nicht mit Rezeptionsquerelen. Er versucht die Entschlüsselung einer Psyche, mit der „keine Identifikation gelingt, weil Beaumarchais nicht romantisch genug wirkt”. Vielmehr erweist sich das Leben des Ruhe- und Kompromisslosen als „eine Perlenkette gelebter Paradoxien”, als die „extravagante Existenz eines Menschen, der alles andere war als ein Revolutionär”, auch wenn er „objektiv ein umstürzlerisches Leben” führte; „System, Energie und Stil gingen ihm über alles”.
Auch in der Liebe. Der 1732 in Paris als Pierre-Augustin Caron geborene Sohn eines hugenottischen Uhrmachers war kein erotischer Abenteurer wie Casanova. Trotz zahlreicher Affären verzettelte er sich nicht in Genusssucht, weil er mit außergewöhnlichen politischen und merkantilen Visionen immer weiter über den Augenblick hinaus dachte und dabei keinerlei Zugeständnisse machte. Trotz seiner umgänglichen Natur und seines heiteren Gemüts. Immer wieder gegen Richter, Minister und Könige protestierend und dann auch gegen den gefürchteten Wohlfahrtsausschuss der Jakobiner, kam er sechsmal ins Gefängnis.
Mut bis zur Kühnheit und an Beleidigung grenzende Offenheit, gepaart mit einem unbestechlichen Gerechtigkeitssinn waren seine Charakterstärken. So kämpfte schon der 21-jährige Uhrmacher gegen einen schamlosen Plagiator: Der maître horloger Seiner Majestät Ludwigs XV. hatte Carons Patent, mit dem endlich eine regelmäßige Bewegung des Uhrwerks und eine genaue Zeitangabe der damals ständig bis zu einer halben Stunde vor- oder nachgehenden Uhren garantiert wurde, als eigene Erfindung ausgegeben. Gegen diesen Monsieur J.-A. Lepaut setzte der völlig unbekannte Junghandwerker ein Mittel ein, das dann „das wichtigste Medium” des streitbaren Beaumarchais wurde: den mémoire genannten offenen Brief, mit dem man im 18. Jahrhundert das große Publikum zum Zeugen der Wahrheit aufrief. Mit dem ungebremsten Talent des zukünftigen Pamphletisten appellierte Caron fils an die Königliche Akademie der Wissenschaften, die im Februar 1754 befand: „Monsieur hat als der wahre Urheber der neuartigen Hemmung für Uhrwerke zu gelten.”
Dieser Erfolg bestärkte den sich nunmehr selbstsicher als „Künstler” bezeichnenden Erfinder in der Notwendigkeit der, so Flügge, „Theatralisierung der Existenz”. Konsequent verfolgt Beaumarchais’ Biograf diese zeitlebens freimütig kecken Selbstinszenierungen eines unbestechlichen Individuums, das sich gegen die Ränke seiner immer zahlreichen Feinde am überzeugendsten im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu behaupten verstand.
Vehement verteidigt Flügge seinen Glücksritter, der sich nach dem Landgut seiner ersten Frau Beaumarchais nannte. Gelegentlich mehr der Anekdote vertrauend als der Recherche, gerät seine Biografie manchmal in die Nähe subjektiver Sympathie-Bekenntnisse. Offensichtlich hat der Autor mehr an das so genannte große Publikum gedacht als an seine Romanisten-Kollegen. Doch er hat es mit sehr viel pädagogischem Geschick getan und in sein etwas gerüsthaftes Bild vom 18. Jahrhundert knappe, einprägsame Personenporträts eingefügt: die Pompadour, Ludwig XV. und Ludwig XVI. und viele andere.
Beaumarchais, dessen Gönner und Geschäftspartner, der alte Bankier Paris-Duverney, ihm die Adelsurkunde gekauft hatte, blieb ein Mann des Volkes. Mit seinen parades, kleinen possenhaften Lustspielen zunächst, mit denen er den französischen Hof dazu brachte, über sich selbst zu lachen. Wieweit Beaumarchais’ geheimdiplomatische Tätigkeit auf königliche Order in Madrid ging, wo er mit den spanischen Bourbonen Verhandlungen über das diesen durch „Familienvertrag” abgetretene amerikanische Louisiana führte, vermochte auch Flügge nicht zu klären. Aber er lässt, dezidierter als die französische Beaumarchais-Forschung, keinen Zweifel daran, dass auch das spätere politische, geheime, Engagement von Beaumarchais immer den Interessen Frankreichs diente: indem er nämlich mit seinem eigenen Namen und Vermögen den Unabhängigkeitskampf der Amerikaner gegen den französischen Erzfeind England unterstützte.
Mehr als schöne Worte erhielt Beaumarchais für seine politischen Bemühungen nie. Schon gar nicht in Frankreich, dem er eine konstitutionelle Monarchie wünschte. Das Volk, auf das sie sich stützen sollte, spielte in seinem rührseligen Mantel-und-Degen-Stück über den infamen Verführer Don José Clavigo noch keine bemerkenswerte Rolle. Beaumarchais hatte es nach seiner Rückkehr aus Spanien geschrieben, von wo er auch die Idee zu seinem Lustspiel „Der Barbier von Sevilla” mitgebracht hatte. 1775 fiel die Uraufführung an der Comédie Française durch. Erst nach ihrer Kürzung und Aktualisierung wurde die Komödie zum unerhörten Erfolg. Waren doch nun aus den Typen Individuen geworden, zeigte sich der zum selbstständigen Frisör avancierte Figaro trotz seiner „gemeinen” Herkunft als eine gesellschaftlich emanzipierte Persönlichkeit, ohne deren Gewitztheit der Aristokrat Almaviva ziemlich hilflos dastehen würde.
Doch erst mit dem „Figaro” sorgte Beaumarchais für ein Politikum ersten Ranges. Diese „Weltkomödie”, die nach Ludwig Börne, „Epoche gemacht” hat, erhielt zwar erst dank des gestrafften Librettos Da Pontes für Mozarts vollkommenste Oper ihre ideale Gestalt. Aber Figaro, der Diener, der nicht mehr dienen will und dem Revolutionär Danton zufolge „den Adel tötet”, wurde nach der lange verhinderten Uraufführung 1784 zur Staatsaffäre. Erklärt der selbstbewusste Barbier doch in seinem großen Monolog, dass „der Adel sich nur die Mühe gemacht hat, auf die Welt zu kommen, weiter nichts”.
Obwohl Manfred Flügge den Tollen Tag auch als eine „alle Gesellschaftskreise berührende enzyklopädische Komödie” begreift, gipfelt seine liebevolle Hommage an Beaumarchais in der psychologisch ebenso gewagten wie überzeugend begründeten These, es handle sich bei der Gestalt des Figaro um ein Porträt des Monsieur Beaumarchais. Allein diese spannungsvoll drapierten Ausführungen machen „Figaros Schicksal” zur faszinierend vielschichtigen Lebensbeschreibung eines idealistischen Realisten, der man das angestrebte große Publikum nur wünschen kann.
UTESTEMPEL
MANFRED FLÜGGE: Figaros Schicksal. Das Leben des Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2001. 260 Seiten, 28 Mark.
Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, geboren am 24 Januar 1732 in Paris, gestorben dortselbst am 18. Mai 1799.
Abb.: SZ- Bildarchiv
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ute Stempel wünscht dieser "faszinierend vielschichtigen" Biografie eine möglichst große Leserschaft. Zwar räumt sie ein, dass der Autor bisweilen zu sehr auf Anekdoten als auf Recherche setzt und auch manchmal etwas zu viel Sympathie für Beaumarchais durchblitzen lässt. Doch sind das für sie scheinbar verzeihliche Schwächen. Besonders angetan zeigt sich die Rezensentin beispielsweise von Überlegungen Flügges, inwiefern es bei der Figur des Figaro Übereinstimmungen mit seinem Schöpfer gibt. Denn Beaumarchais war, wie Stempel referiert, mindestens ebenso aufsässig, gewitzt und umstürzlerisch wie Figaro: "Mut bis zur Kühnheit und an Beleidigung grenzende Offenheit, gepaart mit einem unbestechlichen Gerechtigkeitssinn" - so Stempel. Darüber hinaus ist es dem Autor ihrer Ansicht nach hervorragend gelungen, anschauliche Porträts anderer Persönlichkeiten der Zeit einzufügen, etwa "die Pompadour, Ludwig XV. und Ludwig XVI.". Insgesamt richtet sich diese Biografie, so Stempel, eher "an das große Publikum" als an Romanisten.

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