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"Sie haben mich verraten." So lautet der mysteriöse Abschiedsbrief des nach der Trennung der Eltern und dem Selbstmord der Mutter verstummten Sohnes. Was hat es damit auf sich? Eine Bekannte des Verschwundenen spürt dem Geheimnis nach und findet schließlich Aufklärung in seinen Notizen. Mit großem Einfühlungsvermögen führt Jörg Bernig seine Leser in jene Zeit hinter den Zeiten, jene Welt von Erinnern und Vergessen, die die Flüchtigkeit unserer Wirklichkeit entlarvt.

Produktbeschreibung
"Sie haben mich verraten." So lautet der mysteriöse Abschiedsbrief des nach der Trennung der Eltern und dem Selbstmord der Mutter verstummten Sohnes. Was hat es damit auf sich? Eine Bekannte des Verschwundenen spürt dem Geheimnis nach und findet schließlich Aufklärung in seinen Notizen.
Mit großem Einfühlungsvermögen führt Jörg Bernig seine Leser in jene Zeit hinter den Zeiten, jene Welt von Erinnern und Vergessen, die die Flüchtigkeit unserer Wirklichkeit entlarvt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2000

Stumme Gärtner
Jörg Bernig hat es gerne still

Der namenlose Ich-Erzähler in Jörg Bernigs Debütroman "Dahinter die Stille" hört auf zu sprechen, weil er nicht mehr sprechen kann. Auf der Suche nach der Stimme seiner Mutter, die sich nach ihrer Scheidung vom Vater auf dem Dachboden aufgehängt hat, verstummt der Sohn bei seinem alltäglichen Gang über den Friedhof, wo er als Hilfsgeselle des Gärtners arbeitet. Er ist, aufgehoben in einer dörflichen Umgebung, ein stummer Beobachter und stiller Zuhörer. Gelegentlich besucht ihn ein früherer Schulfreund, mit dem er Radtouren unternimmt, um Kindheitsstätten neu zu erkunden. Dort erkennt er, "dass die Entdeckbarkeit der Welt Grenzen hatte, die nicht in der Arktis lagen, sondern einen halben Fahrradtag entfernt... Die Grenzen lagen vor mir und nahmen mir den Drang in die Ferne". Eines Tages verschwindet er und hinterlässt lediglich einen Abschiedsbrief: "Verraten. Sie haben mich verraten."

Sein Freund, dessen Sohn und eine Bekannte versuchen, dieses plötzliche Verschwinden zu erklären. Während aber die Bekannte und der Freund am Erzählen und Erinnern über den Unscheinbaren scheitern, trägt der Sohn des Freundes die Bürde des Weitererzählens mit forscher Gelassenheit: "Was fange ich damit an? Diese Frage war mit mir die Jahre hindurch und mit ihr die Frage, warum das Erzählte auf mich übergegangen ist." Diese Frage stellt sich auch dem Leser, der sich belehren lassen muss, dass der Erzählanlass des multiperspektivischen Romans nicht die Auflösung eines Rätsels ist, sondern das Erzählen selbst. "Nicht auf mich ist das Erzählte übergegangen, sondern auf einen, und dieser Eine ist nur ein Glied in einer Kette von Erzählern. Und jedes Glied hat nur eine Aufgabe: das Erzählte weiterzuerzählen. Ich erzähle weiter. Es ist die Erzählung aller." Diese, aus Versatzstücken des Poststrukturalismus zusammengebastelte Platitüde wird zum Bruchpunkt in diesem Roman. Der Sohn des Freundes zerstört das vorausgehende stille Erzählen. Aber warum? Während der Verstummte und der Freund in ihren unprätentiös erzählten Erinnerungen die Aura der Kindheit bewahren, will der Sohn etwas erklären.

Jörg Bernig hat 1998 den Gedichtband "Winterkinder" veröffentlicht. Er dichtet auch in Prosa, er will ein Rätsel erzählen. Der Stumme, die Bekannte und der Freund sind angenehme Erzähler, die Stimmungen und Gefühlslagen mit einer kargen und dennoch treffenden Sprache beschreiben und erzeugen. Obgleich die namenlosen Figuren nicht plastisch werden, glaubt der Leser sie zu kennen, weil er das Rätsel um sie ahnt. Am Ende jedoch bleibt der Eindruck des letzten, verkrampften, nicht überzeugenden Erzählers, der die symbolische und konzise Gedankensprache seiner Vorgänger eintauscht gegen eine laute Offenbarungsprosa.

CLAUDE D. CONTER.

Jörg Bernig: "Dahinter die Stille". Roman. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2000. 176 S., geb., 32,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Claude D. Conter ist der Roman zu prätentiös. Die meisten Figuren in diesem Buch - der Stumme, die Bekannte und der Freund - seien zwar "angenehme Erzähler", die ihre Gefühle in einer kargen und dennoch treffenden Sprache beschreiben" könnten, doch am Ende zerstöre der vierte Erzähler, der Sohn des Freundes, den Roman. Der Sohn will ständig etwas "erklären" und gibt dabei Platitüden von sich, die "aus Versatzstücken des Poststrukturalismus" zusammengebastelt seien, ärgert sich Conter. Am Ende dominiere diese "laute Offenbarungsprosa".

© Perlentaucher Medien GmbH