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Wie gestalteten sich in der griechischen und römischen Gesellschaft die Beziehungen zwischen den Generationen? Wie sehen die Altersbilder in Gesellschaften mit einer sehr niedrigen durchschnittlichen Lebenserwartung aus? Wurden die Alten in solch "jungen Gesellschaften" an den Rand gedrängt oder genossen sie eine besondere Hochachtung? Spottete die Gesellschaft über sie, wenn sie die Ansprüche an körperliche Ideale nicht mehr erfüllten, oder genossen sie aufgrund ihres Wissens, ihrer Erfahrung und ihrer Lebensweisheit hohes Ansehen? Das Buch zeigt: Die Antike kennt nicht nur ein Bild des…mehr

Produktbeschreibung
Wie gestalteten sich in der griechischen und römischen Gesellschaft die Beziehungen zwischen den Generationen? Wie sehen die Altersbilder in Gesellschaften mit einer sehr niedrigen durchschnittlichen Lebenserwartung aus? Wurden die Alten in solch "jungen Gesellschaften" an den Rand gedrängt oder genossen sie eine besondere Hochachtung? Spottete die Gesellschaft über sie, wenn sie die Ansprüche an körperliche Ideale nicht mehr erfüllten, oder genossen sie aufgrund ihres Wissens, ihrer Erfahrung und ihrer Lebensweisheit hohes Ansehen? Das Buch zeigt: Die Antike kennt nicht nur ein Bild des Alters. Auch in der Antike ist das Bild der Alten ambivalent, widersprüchlich, einem Wandel unterworfen. Wovon aber ist dieser Wandel abhängig? Stärkt die Position der Alten im Haus ihr Ansehen in der Gesellschaft? Sichern sich die Alten Vorrechte in der Politik, im römischen Senat oder in den Ältestenräten? Das Buch stellt die vielfältigen Facetten des Alters und der Altersbilder dar.
Autorenporträt
Winfried Schmitz, geboren 1958, ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2003

Haben die jungen Spartaner den Greisen ihren Sitzplatz angeboten?
Probleme mit dem Generationenvertrag hat's im Senat nicht gegeben: Ein Sammelband fragt, wie die Antike mit alten Leuten umging

Pünktlich zur Rentendiskussion - und pünktlich zur aufkeimenden demographischen Großdebatte - erscheint im Böhlau Verlag ein Sammelband, in dem jüngere Historiker in schon fast altruistischer Weise eine Übersicht davon geben, wie die griechisch-römische Antike über die alten Menschen gedacht und wie sie sie behandelt hat. Natürlich kann für eine anderthalb Jahrtausende dauernde Epoche unterschiedlichster Kulturstufen und Zivilisationen in einem einzigen Buch keine vollständige Darstellung eines nach Lebensjahren, Geschlecht und sozialer Stellung so verschiedenartig gestalteten Lebensabschnittes gegeben werden, aber höchst informativ ist es doch, was hier, mit gelegentlichen Überschneidungen, vorgelegt wird.

Nach einer Skizze über "Alter und Altern in einfachen Gesellschaften" werden die hoffentlich nicht nur alten Leser in nahezu chronologischer Ordnung über Gerontologisches im klassischen Athen, in Sparta, im Hellenismus, in der römischen Republik, in der Kaiserzeit und schließlich im frühen Christentum unterrichtet; ein "Epilog" zieht eine Summe der gesammelten Altersweisheiten.

Die Summe sieht einleuchtender Weise so aus, daß Generalisierendes kaum gesagt werden könne, und so ist wohl auch das Fragezeichen hinter dem Titel zu verstehen. Manches aber ist berichtenswert, und das deshalb, weil die Autoren nicht nur Sachverhalte mitteilen, sondern, wie es sich gehört, ihre jeweiligen Befunde zu den allgemeinen historischen Bedingungen in Beziehung setzen.

Ganz generell wird wohl zunächst gesagt werden können, daß sich das Alter weniger nach der Anzahl der Lebensjahre definierte, sondern nach der Funktion der betreffenden Personen in Haus und Gesellschaft, zumal da die Lebenserwartung ja sehr viel niedriger lag als in den heutigen westlichen Ländern - man war eben sehr viel früher alt als heutzutage. Die andere Generalisierung ist die, daß die Alten im allgemeinen einfach nicht mehr gebraucht wurden und daher wenig Ansehen genossen; so ist also das zu verstehen, was vor dem Fragezeichen des Titels steht. Aber es gibt viel Spezifisches und Abweichendes.

So wird man für das klassische Athen nicht durchgängig von einer Verachtung der Alten sprechen können, weil trotz des aristophanischen Komödienspottes über wenn auch oft wackere Alte die über sechzig Jahre alten Männer in der Demokratie immerhin die wichtige Funktion zugeteilt bekamen, bei Prozessen als Schiedsrichter zu amtieren. In Sparta gar war das leitende Gremium des Staates überhaupt nur mit Männern besetzt, die mindestens sechzig Jahre alt waren, und hieß sogar so: Das Wort Gerusia bedeutet Rat der Alten und hat dieselbe Wurzel wie das deutsche Wort Greis. Für die römische Republik kann man sich auf Ciceros Abhandlung über Cato und das Greisenalter berufen, die er als Zweiundsechzigjähriger geschrieben hat, und hinzuzufügen wäre vielleicht, daß immerhin auch der Senat seinem Wortsinn nach ein Rat der Alten war.

Wegen der guten Quellenlage - Papyri beziehungsweise Rechtstexte - können sehr differenzierte und dann eben auch sehr uneinheitliche Bilder von der Wertschätzung und der konkreten Lage der Alten im Hellenismus und der Kaiserzeit gezeichnet werden, und mit dem Christentum setzt dann, nach kaiserlichen Vorstufen, planmäßige Altenfürsorge ein.

Die Autoren dürfte es nicht überraschen, daß ein Rezensent sich sehr zusammennehmen muß, um nicht auf viele weitere Tatbestände hinzuweisen; sie wissen ja selbst und sagen es auch, daß sie nur einen Bruchteil von dem behandeln konnten, was zu sagen wäre. Aber vielleicht doch ein Hinweis und drei Fragen. Schrecklich ist der Hohn, der in griechischer und lateinischer Dichtung über alt gewordene Hetären ausgegossen wird. Und: Ob die positive Rolle der alten Männer in Sparta und beim Senatorenstand der römischen Republik etwas damit zu tun hat, daß wir es - wahrlich im weitesten Sinne - in Rom und in Sparta mit Aristokratien zu tun haben? Und wie kommt es, daß die römische republikanische Porträtkunst vorwiegend charaktervolle alte Männer darstellte? Wie steht es schließlich mit gelegentlichen Widersprüchen zwischen gesellschaftlicher Achtung und tatsächlicher Behandlung?

Das hat einen ganz aktuellen Bezug: In Athen, in Sparta und in Rom gehörte es sich, daß man vor älteren Leuten aufstand. Daß die tatsächliche Behandlung oft anders aussah, mag schichtspezifisch zu erklären sein. Im heutigen Deutschland macht sich die Gesellschaft angestrengt Gedanken, wie die angemessene Versorgung der Alten zu erhalten sei. Daß aber im Bus die jungen Leute vor sich an Haltestangen klammernden Alten sitzen bleiben und die Alten sich das gefallen lassen - wie soll man das verstehen? Gut, daß es in der Antike noch keine Busse gab.

WOLFGANG SCHULLER

Andreas Gutsfeld, Winfried Schmitz (Hrsg.): "Am schlimmen Rand des Lebens?" Altersbilder der Antike. Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien 2003. 233 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Höchst informativ" findet Rezensent Wolfgang Schuller diesen von Andreas Gutsfeld und Winfried Schmitz herausgegebenen Sammelband, der sich der Frage widmet, wie man in der griechisch-römische Antike über die alten Menschen dachte und man sie behandelte. In nahezu chronologischer Ordnung unterrichte der Band über Gerontologisches im klassischen Athen, in Sparta, im Hellenismus, in der römischen Republik, in der Kaiserzeit und schließlich im frühen Christentum. Ein "Epilog" ziehe die Summe aus den Untersuchenden, wobei Generalisierendes kaum gesagt werden könne. "Ganz generell" kann Schuller zufolge immerhin zweierlei gesagt werden: zum einen definierte sich das Alter weniger nach der Anzahl der Lebensjahre, sondern nach der Funktion der betreffenden Personen in Haus und Gesellschaft, zum anderen wurden die Alten im allgemeinen einfach nicht mehr gebraucht und genossen daher wenig Ansehen. Schuller fügt allerdings hinzu, dass die tatsächliche Behandlung der Alten schichtspezifisch stark von einander abwich.

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