14,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 1-2 Wochen
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

2 Kundenbewertungen

Der ontologische Gottesbeweis - der Versuch, die Existenz Gottes "aus reiner Vernunft", vor aller Erfahrung, zu beweisen - bildet gleichsam den Schlußstein im Kuppelbau der rationalistischen Metaphysik. Wird der Schlußstein herausgebrochen, stürzt das Gewölbe ein. Aufgrund dieser seiner Unentbehrlichkeit spielte der erstmals von Anselm von Canterbury um das Jahr 1100 formulierte ontologische Gottesbeweis noch in der Philosophie des 17. und 18., zum Teil auch in der des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle. Wolfgang Röd zeigt, daß sich die philosophischen Systeme eines Descartes, Spinoza,…mehr

Produktbeschreibung
Der ontologische Gottesbeweis - der Versuch, die Existenz Gottes "aus reiner Vernunft", vor aller Erfahrung, zu beweisen - bildet gleichsam den Schlußstein im Kuppelbau der rationalistischen Metaphysik. Wird der Schlußstein herausgebrochen, stürzt das Gewölbe ein. Aufgrund dieser seiner Unentbehrlichkeit spielte der erstmals von Anselm von Canterbury um das Jahr 1100 formulierte ontologische Gottesbeweis noch in der Philosophie des 17. und 18., zum Teil auch in der des 19. Jahrhunderts eine entscheidende Rolle. Wolfgang Röd zeigt, daß sich die philosophischen Systeme eines Descartes, Spinoza, Leibniz, aber auch dasjenige Hegels nur verstehen lassen, wenn man auf die zentrale Stellung achtet, die der Gottesbeweis aus reiner Vernunft in ihnen einnimmt.
Autorenporträt
Wolfgang Röd ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität Innsbruck.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.05.2009

Kann man mit der bloßen Vernunft Gott dingfest machen?
Ein Lehrstück über Scharfsinn und Religion: Wolfgang Röds mustergültige Studie über den ontologischen Gottesbeweis und die rationalistische Philosophie
Um das Jahr 1070 fand der aus dem Piemont stammende Benediktinermönch und nachmalige Erzbischof von Canterbury Anselm einen neuen Beweis dafür, dass es Gott wirklich gibt. Natürlich hatte er das als gläubiger Christ nie bezweifelt, doch wovon er im Glauben sicher war, das wollte er auch mittels der Vernunft einsehen. Vernunft und – christlichen – Glauben in eine Balance zu bringen war schon viel früher ein frommer Wunsch.
Augustinus hatte das auf die Formeln intellige ut credas, crede ut intelligas gebracht: erkenne, um zu glauben, oder glaube, damit du erkennst. Gottes Dasein aus reinen Vernunftgründen, jenseits der Offenbarung und unabhängig von aller Erfahrung bewiesen zu haben schien erst Anselm gelungen zu sein, in zwei Schritten oder Abhandlungen. Die Definition Gottes als dasjenige, so argumentierte er, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, muss auch die Existenz Gottes in re, in Wirklichkeit, nicht bloß in intellectu, im Kopf, einschließen. In dieser Form ist Anselms ontologischer Gottesbeweis in die Philosophie- und Theologiegeschichte eingegangen, als Schluss vom Begriff Gottes auf das to on, das Sein Gottes.
Unterstellt wird dabei, der Satz „Gott existiert” sei ein wahrer analytische Satz, das heißt das Dasein sei im Subjekt „Gott” bereits enthalten. Aber ist „Gott existiert” wirklich ein solch analytischer Satz, und ist das Wort „Existenz” überhaupt ein Prädikat, oder bezeichnet es eine Eigenschaft wie „rot” oder „rund”? Und was heißt „wirklich” im Fall Gottes?
Der Anselmsche Gottesbeweis hat eine die Jahrhunderte überdauernde „unübersehbare Anziehungskraft” auf die größten Geister ausgeübt, wie Wolfgang Röd in seinem Buch „Der Gott der reinen Vernunft” zeigt. Die wandelnde Funktion, die Zweckentfremdung, könnte man sagen, des ontologischen Gottesbeweises im 17. und 18. Jahrhundert und sein kurzzeitiges Wiederaufleben im neunzehnten bestimmen den Gang der Rekonstruktionen Röds. Er demonstriert, wie Anselms Gottesbeweis aus seiner mittelalterlichen theologischen Bindung isoliert wird und zur Legitimation säkularer, rein philosophischer Ansprüche herhalten muss, nämlich zur Letztbegründung der rationalistischen Metaphysik der Neuzeit.
Das, ‚worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann’, Gott, geht nun neutraler als das Unendliche oder das notwendige Wesen in das Kalkül ein. Bei Descartes ist Gott auch das „Absolute”, Spinoza spricht von „Substanz”, Leibniz von der „Urmonade”. Entscheidend bleibt, dass dem gedachten Größten auch größtmögliches Sein zukommen soll.
So verdrängt der modifizierte Gottesbeweis Descartes’ cogito ergo sum aus „der Stellung des ersten Prinzips”, die objektive Gültigkeit von Urteilen wird letztlich durch die Idee Gottes garantiert. Spinoza war sich Gottes, der absoluten Substanz gewiss, insofern das erkennende Subjekt wie alles andere auch selbst zur absoluten Substanz gehöre, wie er ordine geometrico zu klären gedachte. Leibniz nutzte den ontologische Beweis als Basis und Rechtfertigung der vernunftbetonten, rationalistischen Metaphysik überhaupt.
Später wird Hume entschieden bestreiten, dass ein Begriff dadurch reicher wird, dass man ihn mit einer Existenzbehauptung ausstattet; vollends verwirft er die Vorstellung von Existenz als etwas vom gedachten Gegenstand Verschiedenes. Der kritisch-idealistische Kant, der die Ideen der Vernunft, darunter die Gottesidee, ohnehin nur als regulative Prinzipien betrachtete, die auf die empirische Erscheinungswelt nicht anwendbar sind, verwirft schließlich den ontologischen Gottesbeweis. Was Kant in der „praktischen Vernunft” dem „vernünftigen Glauben” überantwortet, steht auf einem anderen Blatt. Dem Gott der reinen Vernunft schien damit ein für alle Mal der Boden entzogen – bis Hegel, über Kant hinausgehend, oder, wie andere meinen, hinter Kant zurückfallend – Wirklichkeitserkenntnis rein aus Vernunft wieder zu Ehren zu bringen trachtete. Hegels scharfe Trennung von Verstand und Vernunft erlaubte es ihm, die Kritik am ontologischen Gottesbeweis, in dem auch er die unerlässliche Grundlage seines spekulativen Systems sah, als beschränkt verstandesmäßiges Räsonieren abzuwerten; dem entgehe, dass Gott und Welt in einem wechselseitigen, dialektischen Abhängigkeitsverhältnis stehen.
Hier endet Röds Diskurs. Sein Resümee ist, dass die grundlegenden rationalistischen Annahmen „ebenso wenig als widerlegt wie als definitiv begründet gelten können”. Darauf aber, dass das Puzzle des ontologischen Gottesbeweises auch bei gänzlich veränderter philosophischer Interessenlage die Geister selbst in der jüngeren und jüngsten Gegenwart nicht ruhen lässt, weist er noch hin, nämlich auf die beeindruckenden Plädoyers von Alvin Plantinga („Knowledge of God”) für und von John Mackie („The Miracle of Theism”) gegen einen Beweis Gottes aus reiner Vernunft.
Natürlich geht es hierbei weniger denn je um „den Gott Abrahams, Isaaks und Jacobs” als um die Logik des besseren Arguments. Das Aufgebot an Scharfsinn und Hirnschmalz, das über die Zeiten an die Frage nach dem Dasein Gottes verströmt wurde, ist staunenswert, faszinierend, egal was dabei herauskam. (Da ist kein Vergleich mit dem derzeitigen dumpfen Glaubensboom, bei dem Irrationalität für Religiosität steht.) Und wie Wolfgang Röd es vorführt, dicht am Buchstaben und zugleich in kritischer Distanz bleibend, ist es Philosophie pur. WILLY HOCHKEPPEL
WOLFGANG RÖD: Der Gott der reinen Vernunft. Ontologischer Gottesbeweis und rationalistische Philosophie. C.H. Beck Verlag, München 2009. 239 Seiten, 14,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Willy Hochkeppel folgt der buchstabennahen, zugleich die kritische Distanz wahrenden Darstellung der verschiedenen Funktionalisierungen des ontologischen Gottesbeweises durch die Jahrhunderte. Wenn Wolfgang Röd die "Zweckentfremdung" des Gottesbeweises bei Anselm, Descartes, Kant, Hegel u. a. rekonstruiert und schließlich zu einem Resümee kommt, das die Offenheit des Problems bis in unsere Zeit feststellt, ist Hochkeppel fasziniert angesichts des Scharfsinns der historischen Argumente. Kein Vergleich mit dem derzeitigen Glaubensboom, meint er. Röds Darstellungsweise ist für ihn "Philosophie pur".

© Perlentaucher Medien GmbH