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Roberto Zapperis neues Buch beschäftigt sich mit den vielfältigen Spuren, die Italien und insbesondere Rom im Leben Goethes hinterlassen haben. Es beleuchtet die frühen Prägungen durch das Italienische im Haushalt in Frankfurt, Goethes Teilhabe am römischen Volksleben in Rom sowie die Spuren römischer Erfahrungen im"Wilhelm Meister"und in der Kunstauffassung des Dichters. Mit kriminalistischem Spürsinn fügt Roberto Zapperi seine Erkenntnisse so zusammen, daß deutlich wird, was die Erfahrung italienischer Kultur für Goethe bedeutete. Noch bis vor kurzem glaubte man, daß Goethe während seines…mehr

Produktbeschreibung
Roberto Zapperis neues Buch beschäftigt sich mit den vielfältigen Spuren, die Italien und insbesondere Rom im Leben Goethes hinterlassen haben. Es beleuchtet die frühen Prägungen durch das Italienische im Haushalt in Frankfurt, Goethes Teilhabe am römischen Volksleben in Rom sowie die Spuren römischer Erfahrungen im"Wilhelm Meister"und in der Kunstauffassung des Dichters. Mit kriminalistischem Spürsinn fügt Roberto Zapperi seine Erkenntnisse so zusammen, daß deutlich wird, was die Erfahrung italienischer Kultur für Goethe bedeutete.
Noch bis vor kurzem glaubte man, daß Goethe während seines langen Aufenthalts in Rom fast ausschließlich im Kreise seiner deutschen Freunde lebte und am Leben der Stadt nur ganz am Rande teilnahm. Roberto Zapperi geht gleich zu Beginn seiner"Spurensuche"der Frage nach, wie gut Goethe Italienisch konnte, und verbindet sie mit der anderen Frage nach den Beziehungen des Dichters zu seinem Vater, der seine eigene"Italienreise"auf Italienisch geschrieben hatte. So führt er uns in die Kindheit des Dichters zurück und zu den ersten Berührungen des kleinen Johann Wolfgang mit Italien. Doch geht es hier auch um die geheimen Spuren, die Goethes römische Erfahrungen in Wilhelm Meisters Lehrjahre und in seiner Auffassung von der antiken Kunst hinterlassen haben. Die beiden letzten Kapitel befassen sich mit den Rückwirkungen seines kindlich unbeschwerten Lebens in der ewigen Stadt auf die Romreisen Herders und der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar, die Goethes"ganz andere Existenz"auf ihre Weise nachzuahmen suchte. Zapperis neues Buch vertieft unsere Kenntnis von Goethes Aufenthalt in Rom und zeichnet ein präzises und anschauliches Bild von dieser entscheidenden Erfahrung im Leben des Dichters.
Autorenporträt
Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er war 1998 Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, 2001 Warburg-Professor in Hamburg und 2008 Gastprofessor an der ETH Zürich. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Ingeborg Walter war Redakteurin des "Dizionario biografico degli italiani", der italienischen Nationalbiographie. Hier betreut sie seit vielen Jahren den Sektor der mittelalterlichen Geschichte bis zum Jahr 1500. Daneben Übersetzungen und Publikationen in deutscher und italienischer Sprache.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.10.2007

Mit rundem Hut im Gedränge
Tränen um Goethe: Neues von der Nachgeschichte der Italienischen Reise
Goethe war auch ein Genie der Freundschaft, wie jeder weiß, der nur ein paar Blicke in die Briefwechsel mit Schiller, Zelter oder Reinhard getan hat. Am großzügigsten verströmte er diese Gabe in den ungezwungenen Monaten seiner römischen Aufenthalte, als er mit drei Malern in einer Künstlerwohngemeinschaft am Corso lebte und dem ganz unhöfischen Leben im Gewühl der Großstadt nachging. Die bezaubernde Wirkung von Goethes Person erfuhren auch jene Weimarer, die auf seinen Spuren nach Italien reisten. „Deine hiesigen Freunde lieben Dich alle unbeschreiblich”, berichtete Herder Ende 1788 aus Rom, „u. Du lebst noch bei Ihnen. Bei Büri sind nie die Tränen weit, wenn ich mit einiger Innigkeit von Dir rede.”
Friedrich Bury (1763 bis 1823) war einer der drei Maler, bei denen Goethe logiert hatte. Das Talent des von französischen Refugiés in Hanau abstammenden Künstlers war vor allem rezeptiv, er glänzte als Kopist und Spürnase auf dem römischen Kunstmarkt. Darum blieb er weniger im Gedächtnis als die beiden anderen Mitbewohner am Corso, Tischbein, der Goethe in der Campagna malte, und Schütz, der sein „Römisches Carneval” illustrierte. Aber Bury kam Goethes Herzen am nächsten. Die Tränen, von denen Herder berichtet, lassen sich jetzt nachlesen in einer philologisch glänzenden Edition von Burys Briefen an Goethe, die der junge Germanist Martin Dönike besorgt hat.
Es sind Liebesbriefe, die selbst nach den Maßstäben der damaligen Empfindsamkeit von bemerkenswerter, ungeschützter Leidenschaftlichkeit zeugen. Bury gesteht seinem fernen Briefpartner in freier Rechtschreibung „ein wärentes Zucken in mir, nach Ihnen, Sie stehen mir so lebhaft vor, dass ich Ihnen greifen möchte, und mich wieter einmal recht satt an Ihnen küssen könnte”. „Wie oft dachte Weinent mein Herz an Ihnen Lieber, Lieber, Ach, und wie oft schrieb ich seufzente Liebens Briefe an Sie.” Er nennt sich „Ihr lieber Kleiner” und schreibt noch nach zehn Jahren von sich als dem „Gleinen Friz wie Sie mich zu nennen pflegten”.
Der hübsche junge Bury, den Goethe seinerseits liebevoll ins Herz geschlossen hatte, lebte jahrelang in bitterer Armut, sodass er seinen großen Freund unentwegt um Geld anbetteln musste, das ihm dieser durch den Abkauf von Zeichnungen und römischen Trouvaillen verschaffte, bis Bury sich 1794 durch großzügige Aufträge eines englischen Prinzen sanierte. Goethe notierte erleichtert: „Büry hat mir von Rom geschrieben den ersten Brief in welchem er kein Geld verlangt. Prinz August von England nimmt sich seiner an. Es ist gut dass er einen Engländer gefunden hat.”
Als die Weimarer Herzogin Anna Amalia nach Rom kam, machte Bury sich rasch so beliebt – unter anderem, indem er seine flamboyanten Freunde von der römischen Oper bei der unterhaltungsbedürftigen Fürstin einführte –, dass er sie nach Neapel begleiten durfte. Auch daraus wurde ein kleiner turtelnder Briefwechsel, in dem der süße Bury den „Titel des grossen kindes” als „versicherung noch in dem Hohen angedenken meiner Lieben Fürstin zu stehen” gern annahm und darum bat, „das grosse kind nicht zu vergässn”.
Martin Dönike, der Herausgeber, ein entsagungsvoller Experte für die Weimarer Kunsttheorien, übergeht solche Gefühlsausbrüche mit geschlossenen Lippen und arbeitet dafür Burys auch ganz interessante künstlerischen Wahrnehmungen heraus. Denn dieser, der die klassische Malerei zwischen dem „zu sehr Gemahlten von Titian” und dem „allzu strengen von Holbein” ausgespannt sah, fasste zunehmend Neigung zu den altitalienischen Primitiven, von Mantegna rückwärts bis zu den hochmittelalterlichen Kirchenmalern in Assisi. Folglich begrüßte Bury die anonym erschienenen „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders” von Wackenroder, dieses Manifest der romantischen Mittelaltersehnsucht, zunächst als Werk Goethes – in Verkennung von dessen Ablehnung deutsch-romantischer Kunst.
Goethe hat die Konzepte seiner Gegenbriefe vernichtet, sodass uns der kleine Freundschaftsroman nur in Wertherscher Einseitigkeit vorliegt. Trotzdem weht den Leser hier ein Hauch von jener später wegstilisierten römischen Realität an, der sich seit 1999 der italienische Historiker Roberto Zapperi mit so viel Scharfblick angenommen hat. Seinem bahnbrechenden Werk „Das Inkognito”, das Goethes sorgsam verschleiertes Leben mitten im römischen Volk aufdeckte, lässt Zapperi nun einen bezaubernden Nachtrag folgen, der „Römische Spuren” vor allem in Goethes erzählerischen Werken, aber auch in tagebuchartigen Zeichnungen Tischbeins verfolgt.
Hier wird sichtbar, dass Goethe, wie Bury ihm nach der Lektüre des „Römischen Carnevals” bescheinigte, „nicht so vergebens mit Ihrem Runden gekrümden Hut durch das gröste Gedränge gegangen, und sich von einer Seite zur anderen schüben lassen”. Der unartige Felix im „Wilhelm Meister” hat ebenso ein reales Vorbild wie der tragische Harfner, dessen Modell der Italienisch-Lehrer von Goethes Vater war: ein entlaufender apulischer Mönch. Mit Behagen rekonstruiert Zapperi, dass nach Goethe auch die alternde Herzogin Anna Amalia das freie Leben in Rom zu schätzen wusste, wo junge Sänger um die Wette mit ihren steifen Kammerherren über Springbrunnen hüpften: Die Sängerbuben kamen trocken hinüber, während Graf Einsiedel mitten im Nass landete.
Weimar muss auch ein schrecklicher Ort gewesen sein, wenn im Kontrast solche Spiele so viel Freude machen konnten. Darum kann man froh sein, dass Martin Dönike in seinem Kommentar mit so viel Spürsinn und Fleiß die Kunstdinge erklärt hat, sodass der Leser mit Zapperischem Blick fürs Reizvoll-Menschliche bei einer der vielen „gefährlichen Neigungen” verweilen darf, die Goethe zu erwecken verstand. Schlimm ist das Ende: 1799 muss Bury im Gefolge der französischen Besatzung Roms zurück nach Deutschland. Seine Hanauer Verwandten loben ihn erstaunt für seine Meisterschaft. Allein Bury, der jahrelange Nachbar von Raffael und Michelangelo, weiß, dass dieses Lob nichts wert ist: „Wenn Sie von Kunstgespreche anfangen sind ihre Urtheilen so Sauer, wie die deutschen Weine.” GUSTAV SEIBT
FRIEDRICH BURY: Briefe aus Italien an Goethe und Anna Amalia. Herausgegeben von Martin Dönike. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. 230 S., 19 Euro.
ROBERTO ZAPPERI: Römische Spuren. Goethe und sein Italien. Aus dem Italienischen von Ingeborg Walter. Verlag C. H. Beck, München 2007. 169 S., 19,90 Euro.
Friedrich Bury: Goethe im Kreise von Künstlern in Rom Abbildung aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gustav Seibt hat sich mit zwei Publikationen beschäftigt, die auf je eigene Weise ein Licht auf Goethes Aufenthalt in Rom werfen. Roberto Zapperi hat nun seinem originellen Buch "Das Inkognito", in dem er Goethes Lebensspuren in Rom nachspürt, ein weiteres Werk nachgeschickt, das in Goethes literarischen Arbeiten sowie im Tagebuch des Malers Tischbein nach weiteren Niederschlägen dieser Zeit forscht. Der italienische Historiker kann so zeigen, welche realen römischen Vorbilder Figuren wie Felix oder der alte Haffner im "Wilhelm Meister" hatten, so der Rezensent interessiert, der sein Vergnügen am unübersehbaren "Behagen" hatte, mit dem Zapperi auch das muntere Leben der Herzogin Anna Amalia in Rom schildert, das er in Goethes Werk gespiegelt sieht.

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