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Bioethische Fragestellungen sind in der öffentlichen Diskussion stark präsent. Dazu zählen Fragen der Medizinethik - wie Geburtenkontrolle, Transplantationsmedizin oder Sterbehilfe -, der Tierethik und der Umweltethik. Der Band führt in die Argumentationsweise der Bioethik ein und bezieht zu den bestehenden Positionen fundiert Stellung. Für viele bioethische Probleme gibt es keine Patentlösungen - diese werden der Komplexität des Lebens nicht gerecht. Wuketits argumentiert im Geist einer kritischen Aufklärung und wendet sich gegen jeden moralischen Fundamentalismus. Seine kritische Einführung…mehr

Produktbeschreibung
Bioethische Fragestellungen sind in der öffentlichen Diskussion stark präsent. Dazu zählen Fragen der Medizinethik - wie Geburtenkontrolle, Transplantationsmedizin oder Sterbehilfe -, der Tierethik und der Umweltethik. Der Band führt in die Argumentationsweise der Bioethik ein und bezieht zu den bestehenden Positionen fundiert Stellung. Für viele bioethische Probleme gibt es keine Patentlösungen - diese werden der Komplexität des Lebens nicht gerecht. Wuketits argumentiert im Geist einer kritischen Aufklärung und wendet sich gegen jeden moralischen Fundamentalismus. Seine kritische Einführung in die Bioethik ist ein Plädoyer für Offenheit und Skepsis bei schwierigen ethischen Fragen.
Autorenporträt
Franz M. Wuketits, geboren 1955 ist österreichischer Biologe, Hochschullehrer und Wissenschaftstheoretiker. Er studierte Zoologie, Paläontologie, Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Universität in Wien.
Seine Arbeitsgebiete sind hauptsächlich: Geschichte und Theorie der Biowissenschaften, Evolutionstheorie, Evolutionäre Ethik, Evolutionäre Erkenntnistheorie und Soziobiologie.
Von 1987 bis 2004 war er Lehrbeauftragter für Philosophie der Biologie an der Universität Graz. Seit 2005 ist er Lehrbeauftragter an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Daneben hat er Lehraufträge und Gastprofessuren an mehreren anderen Universitäten wahrgenommen. Seit 2002 ist er stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Konrad Lorenz Instituts für Evolutions- und Kognitionsforschung in Altenberg (Niederösterreich).
Er ist Autor verschiedener Bücher zum Thema Ethik, Biologie, Evolution und lebt in Wien..
1982 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis für Wissenschaftliche P

ublizistik ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2006

Grobe Klötze, grobe Keile
Zwei Bioethiker fragen, was der Mensch aus seiner Gattung macht

Neuerscheinungen zum gleichen Thema können sehr verschieden sein. Man halte etwa diese beiden nebeneinander: Franz M. Wuketits, Wissenschaftstheoretiker und Verfasser zahlreicher Monographien stramm darwinistischer Prägung, hat eine Einführung in die Bioethik geschrieben. Und dann: Alexander Kissler, Historiker, Germanist, Kulturjournalist, hat "Der geklonte Mensch", einen Essay-Band zur "neuen Ära" der Biotechnologien, publiziert.

In Wuketits' Welt ist alles in Ordnung - jedenfalls dann, wenn man sich seiner Sicht der Dinge anschließt: Alles in der Natur wie auch im menschlichen Zusammenleben strebt nach Überleben, also läßt sich auch Bioethik als "Überlebenswissenschaft" verstehen. Ausgehend von der Evolutionsbiologie, sind ethische Maßstäbe immer im Fluß. Gebraucht wird eine "individuelle Verhandlungsmoral", die den biologischen Grenzen des menschlichen Verhaltens wie auch dem für den Menschen evolutionär Nützlichen Rechnung trägt. Im Schnelldurchlauf durch Medizinethik, Tierethik, ökologische Ethik lassen sich Kontroversen auf diese Weise kurz und bündig entscheiden.

Menschenwürde? Kommt biologisch gesehen nicht "sämtlichen Lebensstadien oder Lebenssituationen eines Individuums" gleichermaßen zu. Abtreibung? Soweit es sich um gesunde Embryonen handelt, eine Verschwendung von Leben und daher bedenklich. Stammzellforschung? Kein Problem, wenn sie dem Fortschritt dient. Transplantationsmedizin? Darf denen, die sie wollen, nicht verweigert werden. Aktive Sterbehilfe, Euthanasie für alte Menschen? "Warum wollen wir ihr Leben unbedingt erhalten, während überall um uns herum ,blühendes', aber bedrohtes Leben um seine Erhaltung bettelt?" Die Funktionsfähigkeit einer Norm für das gesellschaftliche Überleben definiere ihren moralischen Charakter, so die Botschaft. Argumentiert wird im Hinblick auf die dahinterstehende naturalistische Setzung nicht. Statt dessen klotzt der Text mit Ad-hoc-Beispielen: Hatte Hitler Würde? Sind Stechmücke und Schimpanse gleich viel wert? Sind aufwendige Behandlungen bei jungen und alten Schwerverletzten gleichermaßen geboten? Klar doch: Nein! Bioethik kann so einfach sein.

Bei Alexander Kissler hingegen ist die Welt aus den Fugen - und zwar ganz und gar. Die biotechnische Revolution hat den Menschen zum Projekt gemacht. Der "Abschied vom Menschen, wie wir ihn kannten", ist vollzogen. Zur "historisch vielleicht letztmöglichen Stunde" zieht der Kritiker der sich abzeichnenden neuen Ordnung eine alarmierende Bilanz. Lebensoptimierung hat Weltverbesserung, offensiver Pragmatismus hat moralische Rede ersetzt. Evolutionismus, Bio- und Tierethik reduzieren den Menschen darauf, ein "Tier mit Bewußtsein" zu sein. Gefordert wird bloß noch, "daß das Zusammenleben nicht kollabiert, daß Fortpflanzung und Verbrauch gesichert sind". Alles Weitere regelt das Recht des Stärkeren: Körperbau, Fitness und Genstruktur zählen - oder, ethisch gesprochen: Bedürfnis und Interesse. Die Ethik ist oft nicht mehr als "das Geräusch, das entsteht, wenn die Moral beiseite geräumt wird". Dabei gebärden sich Bioforscher wie Wagners Siegfried - als moderne Helden. Kissler greift Personen an, er entzaubert Heroen, liest zugleich aber auch die Ideengeschichte Europas als Verblendungszusammenhang: Eine direkte Linie führt von antiken und frühneuzeitlichen Utopien über die moralphilosophische Kategorie des "Interesses" zu allen Pragmatisten, Transhumanisten und Klon-Scharlatanen der Gegenwart: "Die ganze Dialektik der Aufklärung" werde hier "gutgelaunt negiert".

Wuketits bietet schlichte Parolen, grobklotzig hingestellt. Seiner Einführung fehlt fast jeglicher Bezug auf anderslautende Literatur. Kisslers Zeitdiagnose hingegen setzt sich auseinander und ist hitzig empört. Biopolitische Akteure, skrupellose Ethiker, naive Politiker werden ausführlich zitiert. Der Leser erfährt Fakten, die für sich selbst sprechen, und wird aufgerüttelt durch ein wahres Feuerwerk von Formulierungen: Es droht eine "neue Mengenlehre des Menschlichen", ein "Kleid aus Zahlen und Worten" bedeckt den "Möglichkeitscharakter der Zukunft", "unsere Gegenwart steht zwischen zwei Feuern, zwischen Zukunftsmache und Zukunftsverdrossenheit" - und Prometheus kettet sich "an seine nun selbstgeschmiedeten Ketten". Ein bißchen viel des Guten, denkt man zuweilen unter dem Druck dieser Prosa.

Freilich mag Kissler vor Augen stehen, daß die Karten ungleich verteilt sind zwischen ihm und denen, über beziehungsweise gegen die er schreibt. Bioforscher äußern sich zwar gern populärwissenschaftlich, aber die Expertenkultur schottet sich ab. Wuketits etwa fordert ausdrücklich, professionelle bioethische Reflexion solle "Priorität gegenüber juristischen und politischen Entscheidungen" haben. Kissler bezieht demgegenüber als Anwalt von Öffentlichkeit, als politischer Intellektueller und als Bürger Stellung. Auch er argumentiert populär. Sein Buch ist nicht frei von großtheoretischen Gesten und macht exzessiv Gebrauch vom Pathos eines in der existentiellen Krise gesehenen, gesamt-menschheitlichen "Wir". Aber auf grobe Klötze gehören auch grobe Keile: Kisslers Zorn jedenfalls ist authentisch, und das von ihm verarbeitete Material rechtfertigt diesen Zorn.

PETRA GEHRING

Franz M. Wuketits: "Bioethik". Eine kritische Einführung. Verlag C. H. Beck, München 2006. 192 S., br., 12,90 [Euro].

Alexander Kissler: "Der geklonte Mensch". Das Spiel mit Technik, Träumen und Geld. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2006. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Skeptisch betrachtet Rezensentin Petra Gehring diese Einführung in die Bioethik, die Franz M. Wuketits vorgelegt hat. Die Ansichten des Autors scheinen ihr doch etwas zu schlicht, um der komplexen Materie gerecht zu werden. Insbesondere Wuketits? ethischen Ansatz, den moralischen Charakter einer Norm aus ihrer Funktionsfähigkeit für das gesellschaftliche Überleben abzuleiten, kritisiert sie als groben, im Übrigen nicht weiter begründeten Naturalismus. Die überaus diffizilen und kontrovers diskutierten Fragen aus Medizinethik, Tierethik und ökologischer Ethik werden ihres Erachtens vom Autor kurz und schmerzlos abgehakt. Ihr Resümee: "schlichte Parolen, grobklotzig hingestellt".

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