Marktplatzangebote
15 Angebote ab € 1,80 €
  • Gebundenes Buch

Nahrungsgewinn und Ernährung stellen für die Menschen seit frühesten Zeiten ein elementares Problem dar. Seine Lösung entscheidet wesentlich mit über Gesundheit, sozialen Frieden, Fortpflanzung und gesellschaftlichen Einfluß. Nahezu alle Lebensbereiche werden in vormodernen Gesellschaften von der Kultur des Essens und Trinkens geprägt. Klaus E. Müller beschreibt in diesem Buch unter anderem die soziale Funktion gemeinsamer Mahlzeiten mit ihren Sitzordnungen und Tischmanieren, die Bedeutung sakraler Festessen und Trinkrunden, den Unterschied zwischen Volks- und "Hochküche" sowie den…mehr

Produktbeschreibung
Nahrungsgewinn und Ernährung stellen für die Menschen seit frühesten Zeiten ein elementares Problem dar. Seine Lösung entscheidet wesentlich mit über Gesundheit, sozialen Frieden, Fortpflanzung und gesellschaftlichen Einfluß. Nahezu alle Lebensbereiche werden in vormodernen Gesellschaften von der Kultur des Essens und Trinkens geprägt. Klaus E. Müller beschreibt in diesem Buch unter anderem die soziale Funktion gemeinsamer Mahlzeiten mit ihren Sitzordnungen und Tischmanieren, die Bedeutung sakraler Festessen und Trinkrunden, den Unterschied zwischen Volks- und "Hochküche" sowie den symbolischen Zusammenhang von "Tisch und Bett" (Ehe und Sex). Zur Sprache kommen auch Mythen von der paradiesischen Kost, der "Götterspeise", sowie die magische Kraft, die manchen Speisen und Getränken bis heute zugeschrieben wird. Anhand vieler ebenso lehrreicher wie unterhaltsamer Beispiele führt der Autor die ethnologische Tiefendimension vieler bis heute praktizierter Rituale rund ums Essen vor Augen und trägt so zu einer "bewußten" Ernährung bei
Autorenporträt
Autor Klaus E. Müller, geb. 1935, ist Professor für Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main. Er hat zahlreiche bedeutende Veröffentlichungen, etwa über die Geschichte der Ethnographie, die Ethnologie des Geschlechterkonflikts und über elementare Formen des sozialen Verhaltens, vorgelegt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wer immer schon wissen sollte, was es mit dem Manna, das vom Himmel fällt, auf sich hat, erhält in diesem Buch Aufklärung. Wie in beinahe jedem Fall, ist die allerdings ein wenig enttäuschend, denn Manna ist ein süßes Insektensekret und fällt schon mal vom Tamariskenzweig, auf dem die Tiere leben, vom Himmel aber nicht. Weniger interessant scheinen dem Rezensenten Alex Rühle Passagen, in denen Autor Klaus E. Müller zu viel auf einmal auf zu engem Raum zusammenfasst und die Informationen zum "schwer verdaulichen Ethnopotpourri" verrührt. Die aber machen den kleineren Teil des Buches aus, das am aufregendsten dort wird, wo es zur "mythischen Komparatistik" ausholt und die Ernährungsutopien diverser Paradiesvorstellungen miteinander vergleicht, findet Rühle. Süßes ohne Ende verbindet alle Paradiese, erfahren wir, aber auch: es wird ausschließlich vegetarisch gespeist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.08.2003

In der Küche des Ethnologen
Meisterhaft bereitet Klaus Müller Rohes und Gekochtes zu

Mit dem Essen steht es wie mit der Liebe: Was man darüber sagen kann, ist entweder banal oder paradox. Dennoch ist Klaus Müllers Versuch, in den Eß- und Trinkgewohnheiten der Völker Grundmuster menschlichen Sozialverhaltens zu beschreiben, eine anregende, witzige Lektüre. Denn der Frankfurter Ethnologe weiß zu mischen - und sei es dadurch, daß er seinen Überblick über zehn Jahrtausende Weltkochkunst in einem Bekenntnis zu Spiegeleiern und Bratkartoffeln gipfeln läßt.

Schlechthin alles, so zeigt er, haben Menschen im Laufe ihrer Geschichte schon einmal irgendwo irgendwie gegessen - von Erde über Baumrinden und Zikaden bis hin zu anderen Menschen. Die einzige wirklich epochale (leider nicht datierbare) Revolution dabei war die Erfindung des Kochtopfes. Er änderte die Zubereitung, nicht aber die Qualität der Speisen. Die frühen Sammlerinnen- und Jägerkulturen ernährten sich sogar kalorienbewußter als spätere, "höher" entwickelte Agrargesellschaften. Diese waren und sind entscheidend geprägt von den für sie typischen Grundnahrungsmitteln. Deren Anbau oder Zucht prägt die Rangordnung der Gemeinschaft, die Hierarchie der Familie, die religiösen Kulte. Durch komplizierte Sühne- und Opferrituale, durch Erntedankfeste, Bärenopfer und Priestermähler sucht man die Schuld zu tilgen, die aus dem Paradox erwächst, daß man die Tiere oder Pflanzen, denen man seine Ernährung verdankt, zu ebendiesem Zweck töten muß.

Überall träumt man daher von Paradiesen, in denen die Speisen schuldfrei vom Himmel fallen. Meist essen (muß es gesagt werden?) Reiche und Mächtige besser, öfter, mehr und raffinierter als ihre weniger begüterten Mitmenschen. Jeder bleibt beim Essen am liebsten unter sich. Überall jedoch befiehlt ein archaisches Gebot, Fremden, die zufällig hinzukommen, gerade die besten Stücke zu reichen und sie so, durch gemeinsamen "Genuß", zu "Genossen" zu machen. Überall (außer bei uns) gelten Geiz und Gier als schlimmste aller Sünden.

Bemerkenswert bei diesem Menü schwerster Themen ist Müllers Abstinenz von ostentativer Theorie. Er sagt viel über Rohes und Gekochtes, aber nichts über Lévi-Strauss. Er handelt über Rituale und Ränge und redet doch nirgends von "Kommunikation" oder "symbolischem Kapital". Nur einmal, als er darauf hinweist, daß gepflegte Tischmanieren schon in den frühesten Dorfkulturen die Vornehmen von den Niedrigen unterscheiden, erlaubt er sich einen Seitenhieb auf Norbert Elias. Fast ist es ein Stilbruch.

Überall sonst argumentiert er mit Beispielen, die, meisterhaft gewählt, im Gedächtnis haftenbleiben. Wer wird die zweitausend Köche vergessen, die täglich den Kaiser von China versorgten? Wer die (weniger kulinarische) Methode, mit der man im Sudan Bier zum Schäumen bringt? Wer das Argument, mit dem Eskimos jeden Dank für Gastfreundschaft ablehnen: er erzeuge Abhängigkeit? Und dann jene unvergleichliche Maxime: "Iß niemals, was ein Fremder zubereitet hat!" Sie stammt nicht etwa aus einem Sketch von Gerhart Polt, sondern aus einem Interview mit Angehörigen eines Stammes aus Ghana. Auch Spießertum ist interkulturell.

GERRIT WALTHER

Klaus E. Müller: "Nektar und Ambrosia". Kleine Ethnologie des Essens und Trinkens. Verlag C. H. Beck, München 2003. 173 S., 16 Abb., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Mannomanna!
Schlacht am Ethnobüffet: Klaus E. Müllers Völkertafel
Das deutsche Wort „Mahl” geht auf die indogermanische Wurzel „med”, also „wandern” oder „abschreiten” zurück und bedeutete ursprünglich „festgesetzter Zeitpunkt”. Klaus E.Müller geht sein Thema indogermanisch an: Er wandert in seiner „Kleinen Ethnologie des Essens und Trinkens” zurück in die Anfänge der Zivilisation und schreitet die Geschichte der Ernährung vom Apfelbaum der Erkenntnis bis hin zum Fast Food ab: Wie unterschied sich die Ernährung der Jäger und Sammler von der der sesshaften Völker? Was hat es mit dem Engelsbrot, vulgo Manna, auf sich, das die Israeliten während ihrer Wüstenwanderung zu sich nahmen? Und wie wurde das Maggi der alten Römer zubereitet?
Bevor wir weiterschalten zum kulturgeschichtlichen Eröffnungsbuffet im Paradies, sei verraten, wie das mit dem Manna ging, das laut Mose „einen Geschmack wie Semmel mit Honig hatte und von dem sie lebten vierzig Jahre”. Müller weist nach, dass das Manna nicht vom Himmel fiel sondern auf den Bäumen lebte: Es wird aus dem honigartigen Sekret eines kleinen Insektes gewonnen, das auch heute noch die Zweigen der Tamariskensträucher bevölkert. So erzählt der Frankfurter Ethnologieprofessor seine Essensgeschichte als Kulturgeschichte der Ernährung. Manchmal, wenn er in einem Absatz über die Speisen der Ägypter, Nigerianer und Griechen zugleich erzählt, gerät es ihm zum schwer verdaulichen Ethnopotpourri; insgesamt aber liest sich das schmale Bändchen so interessant, weil Müller die Ernährung immer als Teil der sozialen, demografischen und geschichtlichen Gegebenheiten einzuordnen versteht und umgekehrt oftmals den ideologisch-kulturellen Überbau einer Zeit auf deren önologische Basis, also die Trink- und Essensgebräuche zurückführen kann.
Am interessantesten wird es immer dann, wenn er mythologische Komparatistik betreibt, indem er etwa die Speisezettel der verschiedenen Paradiese miteinander vergleicht. Alle Ursprungsmythen stimmen darin überein, dass es im Paradies immer und reichlich zu essen gab; alle betonen sie, dass es einen unbegrenzten Vorrat an Süßspeisen gab; und egal ob in Eden, unter der germanischen Weltesche Yggdrasil oder, wie bei den Nuba, auf dem Gipfel eines sudanesischen Berges: Immer bog sich die paradiesische Tafel allein unter vegetarischer Kost.
ALEX RÜHLE
KLAUS E. MÜLLER: Nektar und Ambrosia. Kleine Ethnologie des Essens und Trinkens. C.H.Beck Verlag, München 2003. 171 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr