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Die höchst erstaunlichen Erfindungen des Mittelalters Wer weiß schon, wann die Brille erfunden wurde? Oder die Nudel? Wer denkt beim Überstreifen von Strümpfen an das Mittelalter? Chiara Frugoni stellt hier eine verblüffende Sammlung der wichtigsten Erfindungen des Mittelalters vor und lädt ein, zu einem farbigen Streifzug durch die Gegenstände des Alltags und ihre Geschichte.
Was verdanken wir dem Mittelalter? Zum Beispiel die Brille, das Papier, die Universität, die Tonleiter und das Leihhaus. Das Mittelalter hat uns mit Knöpfen, Hosen und auch mit Unterhosen versehen, mit Spielkarten,
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Produktbeschreibung
Die höchst erstaunlichen Erfindungen des Mittelalters
Wer weiß schon, wann die Brille erfunden wurde? Oder die Nudel? Wer denkt beim Überstreifen von Strümpfen an das Mittelalter? Chiara Frugoni stellt hier eine verblüffende Sammlung der wichtigsten Erfindungen des Mittelalters vor und lädt ein, zu einem farbigen Streifzug durch die Gegenstände des Alltags und ihre Geschichte.
Was verdanken wir dem Mittelalter? Zum Beispiel die Brille, das Papier, die Universität, die Tonleiter und das Leihhaus. Das Mittelalter hat uns mit Knöpfen, Hosen und auch mit Unterhosen versehen, mit Spielkarten, Tarock und Schach; es hat mit der Erfindung des Karnevals für unsere Unterhaltung gesorgt, mit Betäubungsmitteln den Schmerz gelindert. Im Haus hat das Mittelalter das Fensterglas, den Kamin und die Katze gebracht; es hat die Nudel erfunden und die Gabel gleich mit dazu. Das Mehl für den Teig wurde von Wasser- und Windmühlen gemahlen, die im Mittelalter den großen Aufschwung erlebten, denn man lernte, die Wasserkraft zu nutzen. Das Mittelalter erfand die Schubkarre und die Wagenachse, den Kompaß und die Räderuhr, die wiederum den Zeitbegriff veränderte und das Stundenzählen erst ermöglichte. Aber auch das Jenseits wurde revolutioniert durch die Entdeckung des Fegefeuers, von dessen Existenz man bis dahin nicht wußte und das den armen Seelen ein Zwischenreich bot, das vor der ewigen Verdammnis bewahren konnte. Schließlich kümmerte sich das Mittelalter auch um die Kinder und erschuf für sie den Weihnachtsmann.
Das Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit - es bietet einen bunten Strauß überraschender Einsichten in die Welt des Mittelalters und zeigt in zahlreichen Abbildungen, wie das Mittelalter seine Erfindungen zu präsentieren wußte.
Autorenporträt
Chiara Frugoni ist Professorin für Mittelalterliche Geschichte an den Universitäten Rom und Pisa. Sie veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zur Geschichte des Mittelalters.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

Wie der Elefant zum Bischof wurde
Chiara Frugoni folgt den Wendungen mittelalterlichen Erfindungsgeistes / Von Michael Borgolte

Was wir dem Mittelalter verdanken, enthüllt der Augenaufschlag. Denn die äußere Welt würde für viele in konturlosen Schemen verschwimmen, hätte man nicht um 1300 in Oberitalien die verbundenen Doppelgläser erfunden, die im Deutschen den Namen des schleifbaren Edelsteins Beryllium tragen.

Der antike Hohlspiegel vergrößerte ein Bild zwar, gab es aber seitenverkehrt wieder. Die Linse auf dem Manuskript hob nur die Buchstaben hervor. Die Brille auf der Nase jedoch konnte dem Gelehrten ebenso nützlich sein wie dem Künstler und Handwerker, ganz zu schweigen vom Kaufmann, der seine Waren begutachtete und sein Rechnungsbuch führte. Kein Intellektueller muß seitdem mehr mit Cicero darüber lamentieren, daß ihn die Weitsichtigkeit des Alters am Lesen und Schreiben hindere, oder wie ein Magister des zehnten Jahrhunderts die Schmerzen am Schreibpult beklagen: Der Rücken werde krumm, Brust und Rippen müßten sich verbiegen, die Nieren schmerzten, kurz: der ganze Körper überanstrenge sich. Verlängerung der Lebensarbeitszeit heute? Ohne den Fortschritt des Mittelalters wäre sie kein Thema!

Die damals eingeführten Erleichterungen des Lebens, in deren Genuß noch die Gegenwart kommt, hat die italienische Historikerin Chiara Frugoni zu einer veritablen "Hommage an das Mittelalter" veranlaßt. In ihrem neuen Buch will die bekannte Mediävistin aber keineswegs eine systematische Abhandlung oder gar eine tiefschürfende Analyse über die mittelalterlichen Erfindungen vorlegen, sondern die Freude an der vergangenen Alltagswelt in ihren bildlichen Zeugnissen vermitteln. Miniaturen aus Handschriften, Fresken, Tafelbilder, Glasmalereien und Plastiken in Kirchen, kaum hingegen reale Gerätschaften, bilden daher den Schwerpunkt ihrer Zeugnisse. Deshalb fehlen neben rund zwanzig liebevoll präsentierten Bildern von bebrillten Geistlichen, Heiligen, Kirchenvätern, Aposteln, Evangelisten, Kaufleuten und auch Frauen etwa die 1953 gefundenen mittelalterlichen Nietbrillen aus Kloster Wienhausen, die vermutlich schon aus der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts stammen. Ikonographisch läßt sich freilich der Gebrauch von Unterhosen, den noch die Römer ablehnten, bei der Oberschicht belegen, während Arme untendrunter, wie vor Augen geführt werden kann, gar nichts trugen. Schriftliche und bildliche Zeugnisse ergänzen einander wiederum bei der Erfindung der Knöpfe, die Frugoni als "Revolution in der Mode" preist, und dies zu Recht. Denn seither, nicht früher, war es bis zur Erfindung des Reißverschlusses nur durch Knöpfe möglich, die weiblichen Formen zu betonen.

Chiara Frugoni beschränkt sich aber nicht auf die technischen Erfindungen des Mittelalters, sondern sie will Aspekte der heutigen Lebenswelt überhaupt auf ihre mittelalterlichen Ursprünge zurückführen. Deshalb behandelt sie auch die Entstehung der Universitäten im Abendland, die Erfindung des Karnevals, die "Geburt des Fegefeuers", die Zuschreibung magischer Kräfte an die Korallen, den Gebrauch der Gabel und das Sitzen bei Tische, nicht zu vergessen den heiligen Nikolaus, den erst Coca-Cola zum rotbehosten Weihnachtsmann, zu einem "ständig zum Lachen aufgelegten Dickerchen", machen sollte. Das Mittelalter war, so die Botschaft der Autorin, eine Zeit, in der die Moderne mit ihrem Fortschritt gründete.

Weshalb freilich das Altertum demgegenüber so arm an Erfindungen war oder diese nicht systematisch nutzte, läßt Frugoni offen. Stolz hebt die Italienerin hervor, daß erst das Hochmittelalter die Nudeln erfunden hat, obschon doch die Römer die einfachen Zutaten - Hartweizen und Wasser - gekannt und zu Brot, Brei oder Polenta verarbeitet hatten. Nur flüchtig weist sie darauf hin, daß die antike Sklavenhaltung Innovationen nicht begünstigte, während umgekehrt erst das christliche Arbeitsethos als Impulsgeber wirkte. Bedauerlich ist auch, daß Frugoni zwischen wirklicher Ersterfindung und Neuentdeckung beziehungsweise Wiederaneignung sowie Verbreitung einer Errungenschaft nicht deutlich unterscheidet. Dabei war es häufig, wenn auch nicht immer, die Leistung des Mittelalters, Erfindungen der griechisch-römischen Antike und auch des asiatischen Raumes aufzugreifen und so zu nutzen, daß daraus ein Take-off wie in der Moderne werden konnte.

Das bekannteste Beispiel ist die wassergetriebene Getreidemühle, die schon in der Antike bekannt war, sich aber erst im Mittelalter durchsetzte. Eine bedeutende Innovation dieser Zeit wurde dann die Diversifizierung der Wassermühlentechnik, mit der andere gewerbliche Tätigkeiten umgestellt werden konnten. Dabei wurde die ebenfalls aus dem Altertum bekannte, aber noch nicht gebräuchliche Nockenwelle mit der Technik der Wassermühle verbunden. Sie erlaubte es, die Rotation des Mühlrades in eine Auf- und Niederbewegung oder Hin- und Herbewegung von Gestängen umzusetzen, die sich beim Stampfen, Schlagen, Walken und Pochen, Drahtziehen und Sägen nutzen ließen; so wurde vor allem die Textilproduktion revolutioniert.

Die vielfache Gebrauchsmöglichkeit der Wassermühlen löste geradezu einen Energiehunger aus. Das alte Streckennetz der Binnenschiffahrt wurde durch die zahlreichen Mühlenstaus gestört, so daß sich der Fernverkehr zunehmend auf die Landstraße verlagerte. Eine andere Neuerung war die mit Wasserkraft betriebene Papiermühle, die das schon tausend Jahre vorher (in China) erfundene Papier auf breiter Front durchgesetzt hat. In der Forschung spricht man von einer "Papierrevolution", ohne die Gutenbergs Erfindung der beweglichen Lettern von etwa 1450 keinen Nutzen gestiftet hätte.

Vielleicht war das Mittelalter, was seinem Rang nicht abträglich wäre, doch weniger ein Zeitalter des Erfindens als der Innovation und Distribution. Historisch gesehen, sind jedenfalls die Anwendungen einer Idee allemal interessanter als deren "Geburt" selbst. Und wie aufschlußreich der Wandel eines bis heute wirksamen Erbstücks unserer mittelalterlichen Vergangenheit beim Übergang von der einen zur anderen Kultur war, hat Frugoni selbst am Beispiel des Schachspiels gezeigt. Wie viele andere Erfindungen läßt es sich ins Indien des sechsten Jahrhundert und auf persisch-arabische Vermittlung im frühen Mittelalter zurückverfolgen. Zwar blieben bei dem Transfer bestimmte Figuren erhalten, vor allem der König (Schah); andere aber änderten sich: Aus dem Elefanten wurde im Deutschen der Läufer, im Italienischen der Fahnenträger, im Französischen der Narr und im Englischen der Bischof; das arabisch-persische "Rukh", das Kamel, verwandelte sich über die lateinische Übersetzung "Rochus" zum Turm. Vor allem aber wurde der orientalische "Fers" oder Wesir, also der Minister, zur "Fiers", zur Jungfrau, Dame oder Königin. Erst jetzt, im höfischen Milieu des Mittelalters, in dem die Dame eine unverzichtbare Rolle spielte, konnte Schach vom Kriegsspiel zum wahrhaft königlichen Spiel werden.

Im Unterschied zu den gelehrten Literaten blieben die technischen Genies vor Gutenberg oder Leonardo anonym. Obgleich dies in manchen Bereichen auch heute noch gilt - wer kennt schon die Namen der Ingenieure großer Brücken? -, haben die Hochschätzung des Individuums und der Geniekult der Moderne hier einen grundlegenden Mentalitätswandel herbeigeführt. Wer deshalb in der Gegenwart seine mittelalterlichen Vorgänger würdigen will, muß wissen, daß diese ihre persönliche Leistung bescheidener als heutige Menschen bewerteten und sie eher als wir in den sozialen Gruppen ihrer Lebenswelt verankert haben.

Chiara Frugoni: "Das Mittelalter auf der Nase". Brillen, Bücher, Bankgeschäfte und andere Erfindungen des Mittelalters. Aus dem Italienischen von Verena Listl. C. H. Beck Verlag, München 2003. 200 S., 100 Abb., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2004

Bebrillter Blick aufs Fegefeuer
Chiara Frugonis Hommage an den Erfindergeist im Mittelalter
Manche Dinge wirken am besten, wenn man sie nicht bemerkt. Die Brille zum Beispiel. Wer seit Kindertagen eine Brille trägt, wird sich ihrer nur noch bewusst, wenn sie verschmutzt oder kaputt ist. Ähnlich ist es mit dem sogenannten Mittelalter, dem Kindesalter der europäischen Gesellschaft, das uns mit seinen Errungenschaften umgibt, meistens ohne dass wir uns darüber im klaren sind. Erst wenn sie den Geist aufgeben, wie zum Beispiel die Universitäten, beginnen wir wieder, uns ihrer zu entsinnen. Das Mittelalter ist zum Ort des historisch Unbewussten geworden, das verdrängt wurde und aus dem dunkle Bilder und Triebe aufsteigen, zumeist unerwünschte, unheimliche. Seine lichten Momente, in denen so manches erfunden wurde, ohne das unsere Welt nicht dieselbe wäre, sind den meisten Menschen unbekannt.
Die italienische Mediävistin Chiara Frugoni hat eine Vielzahl solcher Momente eingefangen und zusammengestellt. Ihr Werk ein Florilegium der Erfindungen zu nennen, würde dem mittelalterlichen Anspruch an Systematik und Vollständigkeit einer solchen Sammlung nicht gerecht. Man kann es eher mit einem Kaleidoskop vergleichen, das durch seine Farbigkeit und Form überrascht, in dem die einzelnen Themen eher zufällig als systematisch verbunden sind und das gut geschüttelt ein anderes Bild böte. Als Leser ist man dafür dankbar, ebenso wie für die zahlreichen Abbildungen, aus denen das Buch mehr noch als aus den schriftlichen Quellen schöpft.
Frugoni beginnt ihr Werk mit der Brille, die am Ende des 13. Jahrhunderts in Mittelitalien wahrscheinlich von Mönchen erfunden wurde und deren Name sich von dem Halbedelstein Beryll ableitet, aus dem die ersten Sehhilfen geschliffen wurden. Auch wenn ihre Tage gezählt scheinen – dank Laser und Kontaktlinsen wird die Brille hierzulande bald ein Zeichen von Armut oder Accessoir eines modischen Konservatismus sein –, lässt sich die Bedeutung dieser Erfindung kaum überschätzen, erlaubte die Brille doch den Gelehrten, ihre intellektuelle Arbeit bis ins hohe Alter fortzusetzen. Andere Professionen und Geschmäcker kommen bei der Lektüre ebenfalls auf ihre Kosten, in den Erzählungen über die Erfindung der Räderuhr, der doppelten Buchführung, der Spielkarten oder des Knopfes.
Auch die Universität und das Fegefeuer sind für die Autorin mittelalterliche „Erfindungen”. Daraus kann man schließen, dass sie keinen engen, technischen, sondern einen offenen, fast poetischen Begriff von „Erfindung” hat. Die epochalen Neuerungen der mittelalterlichen Poesie, etwa die rhythmische Dichtung oder das Sonett, thematisiert sie jedoch nicht. Vollständigkeit ist nicht ihre Absicht, sonst hätte sie ein ungeheuer dickes Werk schreiben müssen, in dem nicht zuletzt die Dreifelderwirtschaft, die wichtigste Erfindung des Mittelalters überhaupt, an zentraler Stelle gestanden hätte. Auffällig, besonders im Vergleich mit älteren Studien zum Thema, ist zudem der Verzicht auf jeglichen Versuch, die mittelalterlichen Erfindungen und deren Aufschwung seit der ersten Jahrtausendwende in einen größeren historischen Zusammenhang einzuordnen, zum Beispiel den der Vorgeschichte der industriellen Revolution. Für Frugoni gibt es hier offenbar nichts zu erklären. Stattdessen hat sie ein sehr persönliches, munter erzählendes Buch geschrieben, eine „Hommage an das Mittelalter”, wie sie selbst sagt, und seine erfindungsreichen Menschen. Gerade damit dürfte sie heute viele Leser ansprechen.
CHRISTIAN JOSTMANN
CHIARA FRUGONI: Das Mittelalter auf der Nase. Brillen, Bücher, Bankgeschäfte und andere Erfindungen des Mittelalters. C. H. Beck Verlag, München 2003. 200 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Maßlos unterschätzt, so die These der Autorin, wird das Mittelalter als die Zeit der Erfindungen. Die segensreichen Doppelgläser, miteinander verbunden und auf die Nase gesetzt, vulgo: die Brille, entstand um 1300 in Oberitalien und machte Gelehrte ebenso glücklich wie Handwerker und Kaufleute. Auch waren Unterhosen, die Gabel, der Nikolaus oder der Knopf erfinderische Großtaten des Mittelalters, an das dieser Band nach dem Willen der Autorin ganz entsprechend eine "Hommage" darstellen soll. Der Rezensent Michael Borgolte will Frugoni da zwar gar nicht grundsätzlich widersprechen, möchte den Akzent jedoch ein wenig anders setzen. So sieht er die hauptsächliche Leistung eher in der Umnutzung und Verbreitung existierender Erfindungen - als exemplarisches Beispiel nennt er "die wassergetriebene Getreidemühle" -, so dass das Mittelalter vielleicht eher als "Zeitalter der Innovation und Distribution" zu beschreiben wäre.

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