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Umweltgeschichte liefert Orientierungswissen - mehr denn je zuvor. Denn unbeherrschbare Naturereignisse, Bedrohung von Arten, Eingriffe in gewordene Kulturlandschaften oder Ausbeutung natürlicher Ressourcen sind alltägliche Erfahrung geworden. Die umwelthistorische Forschung hat auf diese Herausforderung reagiert, indem sie die neuen Ergebnisse der Lebens-, Natur- und Geisteswissenschaften verbindet. Die besten Kenner aus Deutschland und der Schweiz unterrichten verständlich und anschaulich über den Umgang mit Nachhaltigkeit, Kulturlandschaften, über ursprüngliche und industrialisierte Natur,…mehr

Produktbeschreibung
Umweltgeschichte liefert Orientierungswissen - mehr denn je zuvor. Denn unbeherrschbare Naturereignisse, Bedrohung von Arten, Eingriffe in gewordene Kulturlandschaften oder Ausbeutung natürlicher Ressourcen sind alltägliche Erfahrung geworden. Die umwelthistorische Forschung hat auf diese Herausforderung reagiert, indem sie die neuen Ergebnisse der Lebens-, Natur- und Geisteswissenschaften verbindet. Die besten Kenner aus Deutschland und der Schweiz unterrichten verständlich und anschaulich über den Umgang mit Nachhaltigkeit, Kulturlandschaften, über ursprüngliche und industrialisierte Natur, über Energiekrisen, Klimageschichte und Spielräume menschlichen Handelns. Das Buch richtet sich an alle, die einen Einstieg in diese aufregende Materie suchen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.08.2003

Wir leben in einer Übergangsphase, die keine Dauer haben kann
Wasser, Erde, fossile Energieträger und Luft: Ein Sammelband erklärt Forschung und Methode der Umweltgeschichte
Dass natürliche oder menschengemachte Umweltveränderungen den Geschichtsablauf ähnlich beeinflusst haben könnten wie Raubgier, Ideologien oder Fürstenhochzeiten, merkte die historischen Zunft so richtig erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das „Waldsterben” erinnerte an bis dahin nur beiläufig wahrgenommene historische „Holznöte”. Und so haben sich seither zur Erforschung der Umweltgeschichte zusammengetan: Ur-, Früh- und Zeithistoriker, Geographen, Geologen, Geobotaniker, Landschaftsökologen, Forstwissenschaftler, Klimaforscher, Volkskundler etc.
Wer einen Sinn für Vergangenheit hat, wer andererseits der klassischen Staaten- oder Sozialgeschichte müde ist, der empfindet durch die Entdeckung der Umweltgeschichte einen erfrischenden Impuls. Diesen vermittelt eindrucksvoll das vom Münchner Neuhistoriker Wolfram Siemann herausgegebene Buch mit Aufsätzen von Fachleuten aus verschiedenen umwelthistorischen Spezialdisziplinen.
Spannend ist bereits die Deutung der neuartigen Erkenntnisquellen: nicht mehr Tonscherben oder Manuskripte, sondern konservierte Naturerscheinungen. So verraten Ablagerungen von Getreidepollen in Sümpfen, wo vor einigen tausend Jahren menschliche Siedlungen bestanden, von denen man bisher nichts wusste. „Fossile Luft” aus Gletschereis gibt Auskunft über Atmosphäre und Klima vor Urzeiten. Wer aus dem geschichtlichen Vergleich Gegenwart zu verstehen wünscht, erfährt, dass wir Heutigen das „1950er Syndrom” genießen, eine „welthistorisch einzigartige” Schwemme von billiger Energie, die den Handlungsspielraum breiter Bevölkerungsschichten enorm erweiterte und sie im historischen Vergleich ungeheuer wohlhabend machte. Die exponentiell beschleunigte Ausbeutung von Erdöl führte dazu, dass ein Facharbeiter im Jahre 1950 für einen Stundenlohn 4 Liter Benzin kaufen konnte, im Jahr 1990 aber 20 Liter. Wären Flugpreise seit 1950 so gestiegen wie andere Preise, würde heute ein Amerikaflug 7000 Euro kosten.
Leider ist Erdöl erschöpflich. Wir plündern den Vorratskeller der Erdgeschichte, die Fettlebe kommt aus Konserven. Deshalb zerstört ein anderer Beitrag den Traum von der „Nachhaltigkeit” als Ziel künftiger Weltwirtschaft. Wir befinden uns, heißt es dort „universalgeschichtlich . . . in einer Übergangsphase, die keine Dauer haben kann”.
Einige Beiträge des Bandes durchzieht eine diskrete Schadenfreude darüber, dass die unsoliden „grossen Medien”, die den „Wald zum Tode verurteilt” hatten, widerlegt worden seien. Der „Alarmismus” mit dem „Waldsterben” zeige, wie Umweltprobleme auch „konstruiert und symbolisch aufgeladen werden können”. Richtig, nur sagen die Historiker nicht, was ohne diesen Alarmismus passiert wäre. Die Frage „Was wäre gewesen, wenn?” ist ihnen verboten. Ihre Aufgabe ist es, hinterher besser zu wissen. Aus einer Tabelle erfährt der Leser, dass seit den siebziger Jahren das Blei in der Luft im Ruhrgebiet um 97 Prozent vermindert wurde, das Schwefeldioxid um 95 Prozent. Tragik des Unheilspropheten: Führen seine Warnungen zu erfolgreichen Gegenmaßnahmen, steht er als widerlegter Narr da.
Die Weltgeschichte wird nicht umgeschrieben, aber zur interdisziplinären „Universalgeschichte” ergänzt, seit Natur und Umwelt als materielle Basis menschlichen Handelns von der Forschung ernst genommen und neben Herrschaft, Wirtschaft und Kultur als „vierte historische Grundkategorie” anerkannt sind. Und wenn es richtig ist, dass die historische Umweltforschung ein „Abkömmling der Umweltbewegung” ist, dann verdankt die ernste Wissenschaft von der Vergangenheit den vorlauten Medien der Gegenwart einen fruchtbaren Anstoß.
CHRISTIAN SCHÜTZE
WOLFRAM SIEMANN (Hrsg.): Umweltgeschichte. Themen und Perspektiven. C. H. Beck Verlag, München 2003. 206 Seiten, 12,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Veränderungen der Umwelt, wie etwa des Klimas oder von Landschaften hat die Geschichtsschreibung noch bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wenig Bedeutung beigemessen. Erst dann besann man sich, dass dieser Faktor mindestens einen genau so großen Einfluss auf den Lauf der Dinge hatte, wie "Raubgier, Ideologien oder Fürstenhochzeiten", meint Christian Schütze und präsentiert begeistert das vorliegende Buch. Es vermittele denjenigen, die geschichtsinteressiert, aber der klassischen Staaten- oder Sozialgeschichte müde seien, einen erfrischenden Impuls. Besonders spannend sei dabei die Deutung der neuartigen Erkenntnisquellen: "nicht mehr Tonscherben oder Manuskripte, sondern konservierte Naturerscheinungen", wie etwa fossile Luft aus Gletschern. Nur in einem Punkt mag unser Rezensent dem Autor nicht folgen, wenn dieser etwa in einigen Beiträgen eine gewisse Schadenfreude zum Ausdruck bringt, "dass die unsoliden 'großen Medien', die den 'Wald zum Tode verurteilt hatten', widerlegt worden seien". Richtig, meint Schütze, stellt aber gleich die Frage nach dem "Was wäre gewesen, wenn?" Immerhin hält der Rezensent dem Autor zugute, das dies nicht Aufgabe der Historiker sei: "Ihre Aufgabe ist es hinterher besser zu wissen." Mit dem Band, so resümiert Schütze, würde die Weltgeschichte nicht umgeschrieben, aber zur Universalgeschichte ergänzt.

© Perlentaucher Medien GmbH
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