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Im ersten Teil des Werkes werden neun verschiedene Todesbilder beschrieben: Der Tod als Zerrissenheit des Körpers, als soziale Isolation, die Idee des Totengerichts, Leichnam, Mumie, Seele und Ahnengeist des Toten, der Tod als Trennung und Übergang, als Heimkehr und als Geheimnis kommen hier zur Sprache. Der zweite Teil behandelt eine Auswahl von Riten, in denen solche Todesbilder in sprachliche und rituelle Handlung umgesetzt werden. Dabei ergeben sich von den Totenbildern und -riten aus immer wieder Einblicke in den Gesamtzusammenhang und die Eigenart der altägyptischen Kultur. "So erscheint…mehr

Produktbeschreibung
Im ersten Teil des Werkes werden neun verschiedene Todesbilder beschrieben: Der Tod als Zerrissenheit des Körpers, als soziale Isolation, die Idee des Totengerichts, Leichnam, Mumie, Seele und Ahnengeist des Toten, der Tod als Trennung und Übergang, als Heimkehr und als Geheimnis kommen hier zur Sprache. Der zweite Teil behandelt eine Auswahl von Riten, in denen solche Todesbilder in sprachliche und rituelle Handlung umgesetzt werden. Dabei ergeben sich von den Totenbildern und -riten aus immer wieder Einblicke in den Gesamtzusammenhang und die Eigenart der altägyptischen Kultur.
"So erscheint uns Heutigen die ägyptische Totenreligion als das Unikum eines die gesamte Wirklichkeit bestimmenden, unendlich komplexen, differenzierten und in seinen extremen Formen geradezu abstrusen Phänomens. Dabei tritt hier nur auf eine freilich besonders elaborierte Weise in Erscheinung, was zu den typischen Formen des Totenglaubens gehört, und es ist eher unsere eigene Kultur, die mit ihrer A b -, wenn nicht Ausblendung jeglichen Totenkults und ihrer allgemeinen Ausgrenzung des Todes aus der Kultur eine Ausnahme darstellt. Daher kann uns die Begegnung gerade mit der ägyptischen Totenreligion vor Augen führen, was wir aus dem Blick verloren haben."(Aus dem Vorwort)
Autorenporträt
Jan Assmann, geboren 1938, hatte von 1976 bis 2003 den Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Heidelberg inne und leitet seit 1978 ein Grabungsprojekt in Luxor (Oberägypten). Seit 2005 ist er Honorarprofessor für Allgemeine Kulturwissenschaft und Religionstheorie an der Universität Konstanz, außerdem Ehrendoktor verschiedener Universitäten, darunter der Hebrew University, Jerusalem. 1998 erhielt er den Preis des Historischen Kollegs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.09.1999

Ferne

"Ägypten. Eine Sinngeschichte" von Jan Assmann. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1999. 550 Seiten. Broschiert, 34,90 Mark. ISBN 3-596-14267-9.

Bei diesem Titel handelt es sich nur insofern um ein Reisebuch, als die Muse der Ferienzeit ungestörte geistige Tätigkeit ermöglicht. Mit professioneller Akribie macht Jan Assmann, Ägyptologe und Kulturwissenschaftler von internationalem Rang, begreiflich, wie wirkungsmächtig das ägyptische Erbe für Europa ist. Denn mit Israel und Griechenland ist nicht das ganze Spektrum der das Abendland prägend kulturellen Traditionen abgedeckt, und beide bezogen sich wiederum in hervorstechender Weise auf Ägypten. In sechs Teilen stellt der Autor eine immense Vielfalt von politischen und kulturellen Faktoren dar, etwa die archaischen Spuren des Staates und die dynastischen Strukturen der Alten, Mittleren und Neuen Reiche. Ausführliche Kapitel behandeln detailliert die Gründungssemantik der Reichseinigungszeit, die Symbolik der Pyramide, die Vorstellung der Grenze, den Kosmotheismus als Wissensform, die Entstehung von Vergangenheit durch Traditionsbruch im Neuen Reich, die libysche Polyarchie, den mit religiösen Komponenten belasteten Mythos des Aussätzigen als einen der Ursprünge des Antisemitismus. Alle diese Aspekte fügen sich in logischer, progressiver Weise zu einem Verständnis der Geschichte Ägyptens. Dabei bezieht sich der Autor auf Jacob Burckhardt, der in seinem Text "Über das Studium der Geschichte" die Unmöglichkeit einer geistigen Entwicklungsgeschichte Ägyptens zu formulieren beklagt, und sei es in "hypothetischer Form". Das Buch, schreibt der Autor, "knüpft an dieses unmögliche, allenfalls in Klammern und in hypothetischer Form zugestandene Projekt an", wobei die Begriffe "Geist und Entwicklung" in das Paradigma einer Geschichtsphilosophie, die uns fremd geworden ist, gehören. Allenfalls einige Karten und Graphiken könnten dieses Buch noch bereichern. (G.W.M.)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2001

Die Scheintür
Jan Assmann untersucht im alten Ägypten das Leben mit dem Tod
Es geht auch anders – das ist, kurz gesagt, Kultur. Darum sind unsere Antworten auf Daseinsfragen weltweit so verschieden. Der Tod zum Beispiel. Wer würde nicht gern weiterleben? Aber hierzulande fällt uns kaum mehr dazu ein, als die Kulturtechniken der Todesverzögerung derart zu verfeinern, dass zuletzt nur noch eine Kultur der Sterbehilfe Abhilfe verspricht. Die Vorsorge fürs nach wie vor Unvermeidliche beschränkt sich dagegen aufs Testament, die Gräber werden nach einer Anstandsfrist geräumt.
Wie anders ist das dort, wo man Tod und Tote nicht verdrängt, wo Riten des Übergangs in eine jenseitige Lebensform einführen und die Ahnengeister den Lebenden beistehen! Auch das kann man übertreiben – und das beste Beispiel ist und bleibt Ägypten. Beeindruckt, aber auch befremdet stehen wir seit Herodot vor den Pyramiden: Was für ein Aufwand für ein Grab! Hier ist die Totenreligion, von der uns als Vollendern ihrer monotheistischen Stutzung wenig blieb, tatsächlich das „Sinnzentrum der Kultur”.
Jan Assmann belässt es allerdings in seinem neuen Werk über Tod und Jenseits im Alten Ägypten nicht bei dieser Feststellung. Als Kulturtheoretiker wagt er die erstaunliche These, dass der Tod und seine kulturelle Formung das Sinnzentrum jeder Kultur sei. Der Sonderfall als Regel? Das hat seinen Preis – nämlich die Preisgabe des anthropologischen Kulturbegriffs, bei dem Kultur in allen Formen, vom Ackerbau bis zum Gebet, dem Überleben dient. Assmann ruft dagegen den Tod zum Kulturgenerator aus – indem er Kultur, man fasst es nicht, auf „echte Kultur”, auf Kunst, Wissenschaft und Philosophie beschränkt: Kultur in ihren zentralen und anspruchsvollen Aspekten sei nichts anderes als die symbolische Realisierung eines umgreifenden Horizonts!
Da bleibt von „echter Kultur' im Abendland herzlich wenig, allenfalls eine Erinnerung in Philosophie- und Religionsgeschichte – und darum wollen wir diesen ägyptozentrisch-normativen Kulturbegriff ganz schnell vergessen. Der Tod bringt wie der alltägliche Kampf ums Überleben auch Kulturpraktiken hervor, vom Verbrennen der Leiche bis zur Totenreligion. Sie dienen dem kulturgestützten Überleben über den Tod hinaus und strahlen nicht selten in viele Lebensbereiche aus, das genügt. Schließlich versteht sich dieses Werk nur als allererster Schritt zu einer Kulturtheorie des Todes, als dichte Beschreibung eines besonderen Falls. Die Beschreibung könnte allerdings kaum dichter sein: Assmann präsentiert die Ergebnisse aus drei Jahrzehnten eigener Forschungen zum Gegenstand. Die Fülle des vor uns ausgebreiteten Materials überwältigt; und da der Autor mit Übersetzungen aus den zur Rezitation bestimmten Totenliturgien und der fürs Grab bestimmten Totenliteratur, den Pyramiden-, Sarg- und Totenbuch-Texten nicht geizt (sie machen den Großteil des erhaltenen Schrifttums aus!), glaubt man am Ende, den Ägyptern Schritt für Schritt auf dem Weg ins Jenseits folgen zu können – obwohl die wenigsten über die Mittel verfügen dürften, es wie Mitterrand im großen Stil zu tun.
Assmann hat die Fülle zweifach gebändigt. Einmal in einem Essenz-Essay, der letztes Jahr bei Suhrkamp unter dem Titel Der Tod als Thema der Kulturtheorie erschien, und nun in einem Text-Museum. Darin präsentiert er den Stoff ausdrücklich als Ausstellung von „Todesbildern”: Die einzelnen Kapitel erzählen keine Geschichte der mit dem Tod verbundenen Vorstellungen und Praktiken, sie vertiefen einzelne Aspekte. Wie also behandelt, wie „heilt” der Ägypter den Tod? Am besten, er war König oder stand ihm nahe – denn auch in Ägypten blieb das Programm in seiner Ganzheit wenigen vorbehalten. Aber in vereinfachter Form – etwa Ölung statt Balsamierung – waren die Privilegien verallgemeinerungsfähig. Dabei standen zwei Wege offen. Zum einen Fortdauer im Diesseits durch Kinder und Gedenken: „Einer lebt, wenn sein Name genannt wird” – vom Sohn und der Nachwelt. Das ist ein Weg, den auch Kulturen gehen, für die das Jenseits nur ein Totenreich ist, ein Hades, Scheol und so fort. Zum anderen lässt sich das Jenseits als Ort ewigen Lebens denken, wenn man die Unsterblichkeit der Seele predigt.
Das taten nicht etwa die Juden, sondern die Heiden – allen voran die Ägypter! Die – doppelt hält besser! – auch das Gedenken auf die Spitze trieben, die weithin sichtbare Pyramiden-Spitze, die an den Toten erinnert. Noch Tausende von Jahren später nennt die Welt die Namen der Pharaonen – das immerhin hat ihre gigantische Investition ins Nachleben erreicht. Der Aufstieg in den Himmel, zu den Göttern, war zunächst gottkönigliches Privileg: Für einen erfüllte sich die Hoffnung auf Unsterblichkeit, die anderen hatten sich mit dem Totenreich zufrieden zu geben.
Taten sie aber nicht. Der Anfang dazu war mit der Zweiteilung des Jenseits in Todeswelt und Elysium gemacht. Die Demokratisierung des exklusiven Binsengefildes war eine Frage der Zeit und der Moralisierung durch das Totengericht. Diese ägyptische Erfindung beginnt damit, dass zur Klage über den Tod – die zitierten Lieder der Witwen sind ergreifend – die Anklage tritt: Der Tod ist wie bei vielen Naturvölkern nicht natürlich, er ist verschuldet; also macht man dem Mör-der – im Mythos Seth, dem Bruder des er-mordeten Osiris – den Prozess. Dann kommt es in kühner Wendung zur Selbstanklage oder besser zum Tribunal des Selbst: Der Tote weist alle Schuld, die ihn zum endgültigen, weil gerechten Tod verurteilen würde, von sich. So eröffnet die durch Funktionswandel des Gerichts erhöhte Reflexivität die Möglichkeit, durch einen moralischen Lebenswandel das ewige Leben zu erringen – und das für jeden, nicht nur den Pharao! Wenn eine Idee der Ägypter über sie hinaus wirkte, dann ist es diese – zu der dann im Denken der Monotheisten nur noch Gott als Urheber der von ihm überwachten Gesetze trat. Aber damit nicht genug, verquickten die Ägypter das Überdauern aus dem Geist des Bilanzierens mit einer ganz anderen Vorstellung: dem Bild des Todes als Heimkehr in den Mutterschoß. Hier herrscht die zyklische Zeit unendlicher Erneuerung, das Mysterium der alljährlichen Nilüberschwemmung und der Sonne, die jeden Morgen aus der Tiefe der Unterwelt wiederkehrt.
Das alles zusammen genommen sollte reichen, um das Grauen der Todeserwartung wie im Totenbuch zu bannen: „So aber muss jedes Wesen sterben, alle insgesamt / alles Vieh, alle Vögel und alle Fische, / alle Schlangen und alles Gewürm – / was gelebt hat, ist dort tot / ist dahingeschwunden, wenn alle Würmer ihr Werk vollendet haben . . . Ich aber bin Chepri (die Morgensonne), und meine Glieder bestehen ewig. / Ich verwese nicht, ich schwelle nicht auf, / ich zerfalle nicht und werde nicht zu Würmern. / Ich bestehe fort, ich bestehe fort, / ich bleibe am Leben, bleibe am Leben, / ich bleibe fest, bleibe fest!”
Und doch verstummte selbst in Ägypten die Klage nicht und verlieh dem größtmöglichen Gegensatz zur Totenreligion eine Stimme: „Einen Augenblick lang die Strahlen der Sonne zu sehen ist mehr wert, denn die Ewigkeit als Herrscher des Totenreichs!” Darum musste das „Herauskommen am Tage” als letzte Todesvorstellung siegen, darum musste aus einem Nebengedanken im Neuen Reich das Hauptstück des volkstümlichen Totenglaubens werden. Die Toten kehren nach Belieben in die Oberwelt zurück, nicht als Gespenst, sondern ver-wandelt – als Schwalbe, als Lotusblüte, als Krokodil. Das ist die letzte, erstaunlichste Pointe der ägyptischen Totenreligion, eine revolutionäre Verdiesseitigung des Jenseits. Ihr Symbol ist das wichtigste Symbol des Totenkults überhaupt, die Scheintür. Wir verwehren den Toten durch eine Grabplatte die Wiederkehr. Die Ägypter halten ihnen eine Tür offen.
LUDWIG AMMANN
JAN ASSMANN: Tod und Jenseits im Alten Ägypten. Verlag C. H. Beck, München 2001. 604 Seiten, 78,50 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ludwig Ammann lobt zwar die "dichte Beschreibung" und die Fülle des Materials, das der Ägyptologe Jan Assmann in 30 Jahren eigener Forschung zusammen getragen hat, er kritisiert aber dessen Kulturbegriff. Assmann wolle beweisen, dass der Tod das "Sinnzentrum" jeder Kultur sei, nicht nur der ägyptischen. Dabei gebe Assmann den anthropologischen Kulturgebriff preis, indem er Kultur auf "echte Kultur" reduzieren wolle. Wie der Rezensent findet, ist die Stärke des Buches aber gerade die Beschreibung eines einzelnen Falls, nämlich Ägyptens. Assmann präsentiert dazu ein "Text-Museum" mit einer "Ausstellung von Todesbildern", so Ammann. So sei der Himmel zunächst nur den Gottkönigen vorbehalten gewesen, die durch Gedenken wie den bis heute unübersehbaren Pyramidenbau unsterblich geworden wären. Die einfachen Leute hätten nur durch die Abwendung einer Todesschuld Eingang in den Kreislauf der Wiedergeburt gefunden. Um dieses Denken zu veranschaulichen, hat der Autor seinem Buch zahlreiche Übersetzungen der ägyptischen Totenliteratur beigefügt, erläutert der Rezensent.

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