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Durch den weltweiten Sieg des Kapitalismus und die Globalisierung in seinem Gefolge ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit wieder virulent geworden. Sogenannte multikulturelle Phänomene wie die Befreiung nationaler Minderheiten oder die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen verkleistern diesen Widerspruch nur und gestatten es der Politik, sich auf Nebenfelder zurückzuziehen. Gefordert ist stattdessen eine wirklich notwendende Politik, und zwar weltweit. Diese Politik braucht eine ethische Verankerung, für die Slavoj Zizek Vorschläge unterbreitet. Ob er die gemarterten Leiber der…mehr

Produktbeschreibung
Durch den weltweiten Sieg des Kapitalismus und die Globalisierung in seinem Gefolge ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit wieder virulent geworden. Sogenannte multikulturelle Phänomene wie die Befreiung nationaler Minderheiten oder die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen verkleistern diesen Widerspruch nur und gestatten es der Politik, sich auf Nebenfelder zurückzuziehen. Gefordert ist stattdessen eine wirklich notwendende Politik, und zwar weltweit. Diese Politik braucht eine ethische Verankerung, für die Slavoj Zizek Vorschläge unterbreitet. Ob er die gemarterten Leiber der christlichen Märtyrer mit dem erhabenen Körper der Partei im Stalinismus vergleicht, Wagners Parsifal als Prototyp eines fundamentalistischen, seiner Substanz beraubten Christentums entlarvt, eine "politisch korrekte" Bibel-Konkordanz kommentiert oder den ethischen Rigorismus von Papst Johannes Paul II. gegen die symptomatische Popularität des Dalai Lama ausspielt - stets geht es ihm da rum, die gegenwärtig aufkeimenden antiaufklärerischen und entpolitisierten Formen von Spiritualität zu bekämpfen und nach den Prinzipien einer ethisch fundierten Politik zu suchen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Normans Normen
Slavoj Zizek will eine neue Moral
Was tun gegen die „gewaltige Offensive des Obskurantismus”? Welche Strategien lassen sich in einer globalisierten Welt noch denken, um Dämme gegen die „Welle der Spiritualismen” zu errichten? Slavoj Zizek begibt sich mit dem Rüstzeug von Kant, Marx und Lacan auf die Suche nach Spielräumen, untersucht Alltagsmythen und Widerstandsriten zwischen stalinistischen Prozessen und Hitchcock-Filmen, dem Antigone-Kult und dem christlichen Paulus. Denn trotz des Niedergangs der totalitären Welt – die scheinheilig von „konformistischen liberalen Halunken” verteidigte Ordnung des Bestehenden verheißt nicht mehr als die Abrichtung der Menschen zu Konsumenten. „Sie wissen, dass es Korruption, Ausbeutung usw. gibt, aber jeder Versuch, daran etwas zu ändern, wird als . . . unakzeptabel verunglimpft, indem man die Geister des Gulags und des Holocausts heraufbeschwört. ”
Verflucht sei alles Gefasel vom „Verschwinden der Arbeiterklasse”. Dass Norman in Hitchcocks Psycho nach der bösen Handlung tugendhaft das Badezimmer von den Spuren des Verbrechens reinigt, ist für Zizek ein Hinweis auf die aktuelle ideologische Wahrnehmung, dass die Arbeit und nicht Sex „zum Ort obszöner Anstößigkeit wird”. Ob in Wagners Rheingold, Langs Metropolis oder in Bond-Filmen, stets spielt sich der Arbeitsprozess in Höhlen ab – Arbeit wird mit Verbrechen gleichgesetzt. Doch auch das glitzernde Konsumentenparadies hat seine Abgründe, wie das Beispiel Coca Cola zeigt – das umso durstiger macht, je mehr man davon trinkt. Die kapitalistische Entwicklung gleicht noch immer einer „verzweifelten Flucht nach vorn”.
Zizek beharrt darauf, dass keine platten Totalitarismus-Zuschreibungen von liberaler Seite, sondern nur eine marxistische Analyse den Aufstieg des Stalinismus zu erklären vermag, weil es nicht nur darauf ankomme, „totalitäre” Machenschaften aufzudecken. Der Autor exemplifiziert die Paradoxien der schaurigen Prozesse von 1937 an der Kafkaeske von Bucharins letzter öffentlicher, von Gelächter begleiteter Rede: „Ich werde mich nicht erschießen, weil man dann sagen würde, ich hätte mich umgebracht, um der Partei zu schaden. Wenn ich aber sozusagen an einer Krankheit sterbe, was verliert ihr denn dadurch?”
Im Essay „Der Moslem” geht der Autor ebenso provokativ mit den Entpersönlichungsexzessen des religiösen Fundamentalismus ins Gericht – sie sind ihm die „Nullstufe der Humanität”. Die Moslems verlieren allmählich sogar das Durst- und Hungerempfinden, eine „notwendige Zwischenstufe zwischen Tier und Mensch”. Zizek will „das wahre christliche Erbe” nicht „ fundamentalistischen Freaks überlassen”. Postsäkulares Denken? Nein, danke!
In „Papst vs Dalai-Lama” veranschaulicht der Autor die Antinomie der postmodernen Vernunft, einer Ideologie des „Realismus”. Dagegen steht die Erkenntnis: „Die Realität selbst ist die ultimative Illusion. ” Durch seine Missachtung der „realistischen” Erfordernisse unserer permissiven Zeit gerät der Papst zur „authentischen ethischen Gestalt”: „Er erinnert uns daran, dass eine richtige ethische Einstellung ihren Preis hat. ” Dagegen scheint der Dalai-Lama mit seinem vagen Spiritualismus den postmodernen Zeiten „wesentlich angemessener”.
Allen postmodernen Spielarten mangelt es aber an dem ethischen Akt der Neubestimmung von Gesetzesnormen nach vorheriger Grenzüberschreitung. Der brave Soldat Schwejk stürzt die alte k.u.k.-Armee in ein Chaos, weil er die Befehle gar zu wörtlich nimmt. Zizek will zeigen, „dass das Subjekt nur insoweit wirklich in das Gewebe der Macht verstrickt ist, als es sich nicht völlig damit identifiziert, sondern eine gewisse Distanz dazu wahrt”. In diesem Sinn bedarf Politik einer neuen ethischen Fundierung, die den liberalen Kriegsgewinnlern die Stirn zeigt.
NORBERT SEITZ
SLAVOJ ZIZEK: Das fragile Absolute. Warum es sich lohnt, das christliche Erbe zu verteidigen. Aus dem Englischen von Nikolaus G. Schneider. Verlag Volk & Welt, Berlin 2000. 224 Seiten, 38 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Einen roten Faden vermisst Ulrike Brunotte in der Essaysammlung des slowenischen Kulturwissenschaftlers und Post-Marxisten Slavoj Zizek. Er verspreche zwar im Untertitel seines Buches die Verteidigung des christlichen Erbes, beginne aber mit der an Lacan orientierten Feststellung, dem modernen Kapitalismus sei es weitgehend gelungen, die Fabrikarbeit zugunsten der Suggestion einer reinen Konsumfreude auszublenden. Doch was das Christentum mit der vorgelegten Gesellschaftsdiagnose zu tun hat, bleibt der Rezensentin schleierhaft. Stattdessen gebe es drei Abschnitte über die Schauprozesse Stalins, die bereits in der Zeitschrift "Lettre" erschienen seien. Lediglich da, wo Zizek versucht, die Lehre des heiligen Paulus als die "radikalste der Religionen gegen alle Pluralismusverfechter zu retten", so Brunotte, kommt der Autor auf seine eigene Ausgangsfrage zurück, wenn auch auf schockierende Weise. In seiner Radikalität fühlt sich die Rezensentin sogar an die "Erklärung Dominus Jesus" von Kardinal Ratzinger erinnert. Zizeks Ziel sei es, durch die Inkarnationslehre `die Große Kette des Seins zu zerreißen` (Zizek). Geradezu "fatal" wirke es, wenn der Autor mit Paulus und Lacan versuche, das Christentum zum unerbittlichen `Gesetz` (Zizek) zu stilisieren. Die Rezensentin gibt zu, verstört zu sein. Überzeugt ist sie nicht.

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"Ein provokativer Kommentator des politischen Geschehens." (Süddeutsche Zeitung) "Die Brisanz der Arbeiten Zizeks besteht darin, daß er die explosive Mischung aus deutschem Idealismus, Psychoanalyse und Post-Marxismus mit Bilderen aus der Popkultur wie auch den politischen Mythen unseres Alltags verwebt."(Elisabeth Bronfen/Jan Freitag)