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7 Kundenbewertungen

+++ Nominiert für den Deutschen Buchpreis +++ Jeder Mensch hat zwei Familien. Die, in die er hineingeboren wird, und die, für die er sich entscheidet. HOOL ist die Geschichte von Heiko Kolbe und seinen Blutsbrüdern, den Hooligans. Philipp Winkler erzählt vom großen Herzen eines harten Jungen, von einem, der sich durchboxt, um das zu schützen, was ihm heilig ist: Seine Jungs, die besten Jahre, ihr Vermächtnis. Winkler hat einen Sound, der unter die Haut geht. Mit HOOL stellt er sich in eine große Literaturtradition: Denen eine Sprache zu geben, die keine haben.Einen so knallharten,…mehr

Produktbeschreibung
+++ Nominiert für den Deutschen Buchpreis +++
Jeder Mensch hat zwei Familien. Die, in die er hineingeboren wird, und die, für die er sich entscheidet. HOOL ist die Geschichte von Heiko Kolbe und seinen Blutsbrüdern, den Hooligans. Philipp Winkler erzählt vom großen Herzen eines harten Jungen, von einem, der sich durchboxt, um das zu schützen, was ihm heilig ist: Seine Jungs, die besten Jahre, ihr Vermächtnis. Winkler hat einen Sound, der unter die Haut geht. Mit HOOL stellt er sich in eine große Literaturtradition: Denen eine Sprache zu geben, die keine haben.Einen so knallharten, tieftraurigen und todkomischen Debütroman hat es seit Clemens Meyers "Als wir träumten" in Deutschland nicht mehr gegeben. Thomas KluppWinkler schreibt bewegend, kraftvoll und mit feinem Gespür für die Welt der Außenseiter. Denn eigentlich ist Heiko Kolbe ein hoffnungsloser Romantiker und seine Gewalt ein stummer Schrei nach Liebe. Moritz RinkeWoher kommt die Wut, was tust du, wenn dir nichts geblieben ist? Verzweifelt, knallhart und voller Herz. HOOL leuchtet aus allen Wunden. Lucy Fricke
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Fußball ist Heikos Leben, obwohl er fast nie ein Spiel sieht. Doch für Hannover zieht er in die Schlacht - in der "dritten Halbzeit" tritt er mit seinen Kumpels gegen andere Hools an. Die Matches sind brutale und blutige Massenschlägereien, gut organisiert, mit Regeln und einer eigenen Liga. Für Heiko läuft es gut. Sein Trupp ist auf dem Vormarsch, der Kick und die Gefahr schweißen ihn und seine "Blutsbrüder" Ulf, Jojo und Kai fest zusammen. Doch als Kai lebensgefährlich verletzt wird, geht alles den Bach runter. Statt Rache zu planen, steigen seine Kumpel aus. Es wird einsam um Heiko, der als Einziger der vier außer den Matches nichts hat, der den Verrat nicht versteht und nicht verzeiht. Winklers Debüt ist das Porträt eines brutalen, aber nicht stumpfen Schlägers. Komplett aus Heikos Sicht und in dessen direkter Sprache entsteht das Bild eines sogar einfühlsamen und nachdenklichen Menschen. Das größte, wenn nicht einzige Talent des Schulabbrechers aus einer Alkoholikerfamilie ist Prügeln, seine Erfolge stiften Identität und der Gruppe enge Bindungen, das ist alles. Trotz aller Tragik ist das Buch nicht trübsinnig, Jammern ist nicht Heikos Art. Die skurrilen Ereignisse und seltsamen Begleiter auf Heikos Weg durchs mehr als halb-kriminelle Elendsmilieu entfalten eine eigene Komik. Unbedingt lesenswert!

© BÜCHERmagazin, Jens Dannenberg

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2016

Gewaltbereitschaft ist alles
Hart wie eine Schlägerei, aber kalkuliert bis ins Letzte: Philipp Winklers Roman "Hool" zeigt in künstlerisch einfacher Prosa einen uneinsichtigen Menschen

"Nachdem ich am Nachtschalter der Tanke halt gemacht und mich anstatt mit Bier gleich mit Billigfusel eingedeckt habe, fahre ich zu Yvonne. Ich verbringe die Nacht im Auto, vor ihrem Haus. Ab morgen muss ich zusehen, was ich tue, aber darüber möchte ich noch nicht nachdenken. Ich würde zwar nichts lieber tun, als jetzt bei ihr zu sein und ihre flüchtige, sich immer wieder entziehende Nähe zu spüren, aber das Licht ihres Schlafzimmers ist aus und ich möchte sie nicht wecken."

Das ist eine untypische Passage aus dem Roman "Hool", weil darin eine zärtliche Seite seines Protagonisten aufblitzt, und doch bietet auch sie die typische Unmittelbarkeit dieses Buchs. Dessen Autor, Philipp Winkler, hat Schreiben in Hildesheim studiert, und weil der 1986 Geborene mittlerweile in Leipzig wohnt, steht auch der zweite bekannte literarische Ausbildungsort in Deutschland in seiner Biographie. Doch mit dem, was unter Verächtern, aber auch Bewunderern der Hildesheimer und Leipziger Lehrinstitute an Klischeevorstellungen über deren Absolventen existiert - die ebenso vielgeschmähte wie vielgeliebte Künstlichkeit, die Abwesenheit von Welt, der Rückzug ins Innere -, hat mit Winklers Debütroman nichts zu tun. So wenig wie im Falle von Leipziger Gewächsen wie Clemens Meyer oder Sasa Stanisic oder von Hildesheimer Kollegen wie Leif Randt oder Ronja von Rönne. Mehr Welt als in deren Romanen geht jeweils schwerlich - egal, wie man zu diesen Büchern steht.

"Hool" ist das aus konsequenter Ich-Perspektive erzählte Porträt eines jungen Mannes namens Heiko Kolbe. Schon seit seiner Jugend ist er Teil der Hannoveraner Hooligan-Szene, hineingerutscht über den eigenen Vater und einen Onkel, bestärkt durch die Bildung einer Clique aus befreundeten Nachbarjungs, mit denen Heiko die ersten organisierten Prügeleien gegen fanatische Anhänger anderer Fußballvereine besteht. Die notwendige Gewaltbereitschaft verlangt nach Gemeinschaft, Vertrauen, Perfektionierung. Die jugendlichen Körper werden zu Kampfmaschinen, die Clique wird zu einer Phalanx, in der jeder seine feste Rolle innehat. Dass hinter den fünf Freunden eine dubiose Hierarchie besteht, in die sie sich später einzupassen haben werden, wenn sie ernst genommen werden wollen, braucht sie nicht zu interessieren, ehe sie erwachsen sind.

Einer von ihnen wird es erst gar nicht, aber die anderen vier sind es schon, wenn "Hool" beginnt. Drei von ihnen sind da mit anderen Hannoveraner Hooligans im Autokorso auf dem Weg zum "Matchen" gegen eine gleichstarke Gruppe aus Köln. Geschildert wird der verabredete Kampf in ländlicher Einsamkeit weitab von den Heimatstädten auf zwei atemlosen Seiten ohne jeden Absatz. Eine ungewöhnliche Prosa für deutsche Verhältnisse, kaum ein Satz hat mehr als sechs Wörter. Es ist kein innerer Monolog, sondern ein starrer Blick aufs Geschehen unter dem Zwang zur blitzartigen Reaktion aufs Kampfgewirr. Winkler schreibt das im erzählenden Präsens, es hat den Sog einer Sportkommentierung, aber ohne jede Objektivität. Wir stecken als Leser nicht nur im Kopf von Heiko, sondern auch in seinen Fäusten und Knochen, hinter seinem Zahnschutz. Und wir sind froh, dass er ihn trägt. Dieses Buch hat einen auf den ersten zehn Seiten bereits gepackt und in gewisser Weise auch schon besiegt.

So unvermittelt, wie "Hool" beginnt, bleibt der Roman auch später, obwohl Winkler seinem Protagonisten bisweilen Erinnerungen gestattet, für die Tempus und Tempo gewechselt werden. Ist die Gegenwart ein permanenter Schlagabtausch, auch wenn nicht gematcht wird, machen die Rückblicke klar, wo die Weichen für diese antagonistische Gegenwart gestellt wurden, wo es Abzweigungen gegeben hat, die verpasst wurden, und dass der Kurs, dem Heiko heute folgt, orientierungslos geworden ist, weil ein Krieg unter den Hooligans um die interne Hierarchie entbrannt ist. Was Heiko antreibt, ist nicht einmal mehr Wille, sondern Mangel an Alternativen.

Die anderen Jugendfreunde steigen aus; Heiko versteht es nicht. Er hat keinen Erfolg bei Yvonne, der hübschen Krankenschwester, die er als Zivildienstleistender kennengelernt hat; Heiko versteht es nicht. Als Helfer auf einem abgelegenen Hof, der einem Bekannten als Versteck für exotische Bestien dient, mit denen er illegale Tierkämpfe bestreitet, gerät er ins Visier brutalerer Mächte; Heiko versteht es nicht. Es ist eine große Kunst, einen Simpel literarisch so darzustellen, dass man als Leser nicht verzweifelt an dessen Uneinsichtigkeit; Philipp Winkler versteht sich darauf.

Durch die Tiere kommt ein phantastisches Element in die Geschichte, das aber nie ins Irreale oder Surreale umschlägt. Die Szenen der Fütterungen des Bartgeiers Siegfried sind unvergesslich: "Er springt mit einem wuchtigen Bums von der Lehne auf die Dielen und hopst zum Knochenhaufen rüber. Wenn er sich auf dem Boden fortbewegt, weil mit fliegen is' hier nicht viel, dann geht er nicht, sondern hoppelt vielmehr. Indem er etwas Schwung holt und mit beiden Beinen zugleich vorwärtsspringt, dabei aber irgendwie auch seitlich bleibt. Ich bleibe kurz stehen. Lächle. Ich seh ihm gerne dabei zu, wie er sich so fortbewegt. Weil sein Körper bis runter zu den fast menschenhandgroßen Klauen mit dichten rostfarbenen Federn bedeckt ist, sieht es so aus, als hätte er eine Hose an. Nur die Außenseiten der Flügel und sein Kopf sind anders gefärbt. Sein Gesicht läuft schwarz zum Schnabel zu, da wo die namengebenden Bartfedern herunterhängen und ist weiß umrahmt. Die Schwingen sind auch weiß gefiedert. Darunter scheinen die rötlichen durch. Er gruscht mit dem Schnabel im Knochenhaufen herum und sucht sich erst mal ein Küken heraus." In der Faszination Heikos für diese Kreatur, die noch mehr Gefangener ist als er selbst, werden auch die einzelnen Sätze länger, bricht der sonstige Rhythmus der Prosa auf und findet zu einer Beobachtungsgenauigkeit, die aus der Ruhe, nicht der Hektik des sonst permanenten Kampfes mit anderen und sich selbst entsteht.

Philipp Winkler hat einen Roman geschrieben, dem man hoch anrechnen kann, dass er uns hinter die Kulissen einer archaischen Subkultur führt. Noch beeindruckender aber ist die sprachliche Konsequenz, mit der er das tut. Nichts ist geschönt in "Hool", auch nicht Heikos Erzählstimme. Umso eindrucksvoller sind dann jene Passagen wie die eingangs zitierte, in denen er sich zu vergessen scheint und eine Welt in den Blick nimmt, die nicht nur aus Rivalität und Intrigen besteht. Durch diese Momente ist selbst das erstaunlich optimistische Ende dieses eigentlich unversöhnlich erscheinenden Buchs konsequent vorbereitet.

ANDREAS PLATTHAUS

Philipp Winkler: "Hool". Roman.

Aufbau Verlag, Berlin 2016. 311 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.09.2016

Blutige Lippen im Bierschaum
Philipp Winklers Debütroman „Hool“ erzählt von Fußball-Hooligans. Verwilderte Stadion-Helden
kämpfen im Buch um eine Würde, die ihnen im wahren Leben versagt bleibt
VON PHILIPP BOVERMANN
Heikos Spiel beginnt, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Bei seinem Fußballverein Hannover 96 steht er in der „dritten Halbzeit“ im Startaufgebot. „Hool“ heißt der Debütroman von Philipp Winkler, mit dem er es auf die Longlist zum diesjährigen Buchpreis geschafft hat. Er beginnt damit, dass Heiko und seine Jungs zu einem „Match“ raus aufs Feld fahren, mit dem Mundschutz in der Hand.
  So machen Hooligans das seit der stärker gewordenen Polizeipräsenz und Videoüberwachung rund um die Stadien. Früher konnte man Kneipen zerlegen und danach die blutigen Lippen in Bierschaum tunken, während einem die Alten auf die Schulter klopften, aber diese Zeiten sind vorbei. Oft ist die Rede davon in „Hool“. Es ist ein Buch über Männer, die nicht Schritt halten können mit der Gegenwart.
  „Toxic Masculinity“ nennt man in der Gendertheorie das, was Heiko prägt. „Hool“ ist das Porträt eines gesellschaftlichen Verlierers, der sich an männliche Kameradschaftsfantasien klammert und sich dabei zerstört. Denn mit 27 hat er nichts im Leben außer seinen Freunden und seinem Verein, einen Job im Fitnessstudio; seine Freundin aber ist ihm weggelaufen. Verkatert, kantig, mit schweren Schultern schleppen sich die Sätze über die Seiten. Es ist eine Sprache aus den Muckibuden Hannovers, wo Zigaretten „geschmökt“ und „Fressen weggeklatscht“ werden. Wo „Vaddern“ vom Alkoholentzug ausbüchst, „Hätt’ ich’n machen sollen?“ brüllt, während die Schwester weint.
  Heiko nennt ihn „ganz alte Schule“ und hasst ihn. Doch auch er wüsste gern, wo in der Welt vorn und hinten ist, auf wen man sich verlassen kann. Anfangs waren es die Stadien, die Onkels in den Vereinsfarben, der Becher Cola ganz für ihn allein. „Dieses Gefühl hat sich irgendwann ausgelaufen, schätze ich. Liegt bestimmt an der verdammten Kommerzialisierung.“
  Winkler schildert eine Männerwelt, „mal weiß wie Pommessalz, mal grau wie Beton“, die im letzten Aufbäumen in den nächsten Gang schaltet. Heiko und seine Hooligan-Kumpels – nach außen hin ganz normale Brüder und Papis – schaffen für sich eine Gegenrealität maskuliner Selbstvergewisserung durch Gewalt, vergleichbar David Finchers „Fight Club“ nach dem Roman von Chuck Palahniuk. Doch während diese Gegenwelt dort in den Wahnsinn übergeht, zieht sie sich in „Hool“ zu einer niedersächsischen Kaffee-und-Kuchen-Idylle zusammen. Die behagliche Ordnung mit ihren Ritualen kehrt hier in anderer Form wieder. Es geht um Treue in Ewigkeit, und wer am Boden liegt, ist raus aus dem Kampf. Man steckt Regeln und Grenzen ab wie mit dem Gartenzaun. „Ich komme mir beinahe wie der Otto-Normal-Malocher vor“, der morgens „im Halbschlaf über die Autobahn auf Montage bügelt“, sagt Heiko.
  Er und seine breitschultrigen Kumpels sind verlorene Seelen, sie trauern noch immer um einen vor zehn Jahren verstorbenen Jugendfreund. Und dann begeht auch noch Robert Enke, der Torwart von Hannover 96, Selbstmord. „In Vierreihe gingen wir, wie nach einer Niederlage, mit gesenkten Köpfen vom Spielfeld.“
  So erhält Heikos düsterer Streifzug durch die Hool-Szene der Republik eine verquere moralische Integrität. Deutlich wird das vor allem in der Auseinandersetzung mit Manuela, seiner Schwester, einer hüstelnden Person mit „missbilligendem Blick, der perfekt zu ihrem strengen Dutt passt“. Auf ihren Kaffee – wobei sie das Ende des Worts betont, „so gewollt überkorrekt, damit sie auch ja nicht Kaffe sagt“ – hat Heiko keine Lust. So sitzt er, wenn sie etwas von ihm will, nur mit stierem Blick da und raucht, wie sein Vater neben ihm.
  Die Art, wie Winkler diese Begegnungen schildert, macht es leicht, Heiko zu verstehen – zu leicht. Weil sämtliche Figuren des Romans nur Phrasen dreschen, erscheint die Unfähigkeit, „zu sagen, was in einem vorgeht, und dieser ganze emotionale Mist“ wie Trotz gegen eine hysterische, oberflächliche, ja weibische Welt. „Hool“ zeigt keine Alternativen zu dieser Perspektive und auch keine emotionale Fallhöhe, der Roman interessiert sich insbesondere für seine weiblichen Figuren nicht. Stattdessen streift er sich erzählerisch die Lederjacke eines Streetworkers über und begleitet seinen Protagonisten in die stinkenden Fußballkneipen.
  Manuelas Mann Andreas beispielsweise ist für Heiko eine verlogene, kleine Heulsuse, die Karohemden mag und Gelfrisuren, aber weder Fußball noch Saufen. Und wieder schreitet der Roman Schulter an Schulter mit seiner Hauptfigur voran, indem er in einer Szene erzählt, wie Andreas, als es brenzlig wird, Manuela allein lässt. Derweil wacht Heiko tagelang am Krankenbett über die zerschundenen Körper seiner Freunde. Allzu gerne würde er Andreas die Kampfhunde seines Vermieters zeigen, um „diesem geleckten Affen eine Prise des echten Lebens vorzuführen. Nicht diese behütete Gutbetuchtes-Elternhaus-Scheiße, die er für das echte Leben hält.“
  In der vermeintlichen Authentizität jener Welt aus vollgekotzten Fußballtrikots und Knochenbrüchen konvergiert die Haltung Heikos, der immer noch die Nacht seiner Kindheit zu durchwandern scheint, mit der aufblitzende Romantisierung sozialer Realitäten im Roman. Man hat den Eindruck, hier werde gegen die oft beklagte Ichbezogenheit junger Autorinnen angeschrieben, die ihre Berlin-Mitte-Problemchen zwischen Buchdeckel packen.
  In „Hool“ begegnet uns dagegen ein Fleischberg von einem Mann, der Dinge sagt wie: „Leute, mir is’ hier echt zu viel Polente und Presse. Davon krieg ich Beklemmungen in der Kimme, und mir schnürt sich das Kackloch zu.“ Der Prenzlauer Berg könnte nicht weiter weg sein. Winkler, Jahrgang 1986 und Absolvent der Autorenschmiede von Hildesheim, wurde in der Nähe von Hannover geboren und ist begeisterter Fußballfan. Er kenne über ein paar Ecken Leute aus der Szene, erzählt Winkler auf Nachfrage. Ein Mitglied war er zwar nie, sagt er, aber man darf spekulieren, ob ihm die Hooligan-Szene vielleicht wie eine überzeichnete Version seiner eigenen Faszination vorgekommen ist.
  Denn genau so liest sich „Hool“: Als hätte man einem wahren und durchaus packend erzählten Kern nachträglich die Konturen mit Lidstrichen aus Blut und Schmutz scharf nachgezogen, um die Streetcredibility noch ein bisschen zu erhöhen. Deshalb reicht es hier auch nicht, dass Heiko einen Kater vom Saufen hat. Nein, ein richtiger Mann hält sich auch noch einen leibhaftigen Tiger in einer Grube hinten im Hof, wo er zusammen mit einem halbverrückten Tierkampfveranstalter wohnt.
  Heiko bezahlt für sein Rebellentum mit Verwilderung und Ausgrenzung. Und doch geht er seinen Weg erbittert immer weiter. Er ist der Hooligan, der mit gesenktem Haupt durch die dekonstruierten Männerhirne der Generation Y schleicht. Im Juni schrieb Winkler, da lief die Fußball-Europameisterschaft, in der FAZ einen Gastbeitrag über die Hooligan-Szene. In dem Artikel heißt es: „Man ist so abgestumpft, dass man nur mal wieder irgendwas spüren will. Ist halt so’n Hobby, wie andere Leute ihren Schrebergarten pflegen. Keine Ahnung, warum. Einfach so.“
Es geht um eine Männerwelt,
mal ist sie weiß wie Pommessalz,
mal so grau wie Beton
Man hat den Eindruck, hier werde
gegen die Berlin-Mitte-Probleme
junger Autorinnen angeschrieben
Philipp Winkler wurde 1986 in der Nähe von Hannover geboren und ist begeisterter Fußballfan.
Foto: Kat Kaufmann / Aufbau Verlag
          
  
  
  
  
  
Philipp Winkler: Hool. Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2016. 310 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Ganz eindeutig fällt Tobias Lehmkuhls Urteil über Philipp Winklers Debütroman "Hool" nicht aus. Die Geschichte um den Hannoveraner Hooligan Heiko, der sich durch sein Leben prügelt, findet der Kritiker dramaturgisch gelungen, die Kampfszenen erscheinen ihm äußerst "plastisch" dargestellt. Wenn Heiko mit seinem Kumpel Arnim, der illegale Hundekämpfe organisiert, auf eine Gruppe bewaffneter Russen trifft, entdeckt Lehmkuhl gar Szenen in bester Thriller-Manier. Und doch muss der Rezensent gestehen, dass ihm die testosteronsatte "Hau-drauf-Rhetorik" und der "Anal- und Vaginalhumor" der Figuren auf Dauer ziemlich erschöpft hat. Auch den Sinn der Geschichte, die irgendwie nicht richtig "auf die Fresse" hauen will, hat Lehmkuhl nicht ganz verstanden.

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» Dieser Roman hat ein hohes Tempo. « WDR 2 20161023
" Mit einer schonungslosen Klarheit schildert Philipp Winkler, (...), den oftmals tristen Alltag der jungen Männer, die internen Gepflogenheiten und die externen Auseinandersetzungen der Szene. " TaschenbuchMagazin 20180415