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"Einer der kühnsten zeitgenössischen arabischen Autoren.” Syria Today
"Wenn Gott auf der Seite von al-Qaida steht, bin ich bereit, mit dem Teufel zu paktieren", sagt Haddads Erzähler und begibt sich auf der Suche nach seinem Sohn direkt in die Hölle: Mit Hilfe der Amerikaner und des syrischen Geheimdienstes lässt er sich in den Irak einschleusen, in dem drei Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen die Konflikte ihrem Höhepunkt entgegensieden. Täglich sind Dutzende von Toten, größtenteils Zivilisten, zu beklagen: Opfer von Vergeltungsschlägen rivalisierender Widerstands- und…mehr

Produktbeschreibung
"Einer der kühnsten zeitgenössischen arabischen Autoren.” Syria Today

"Wenn Gott auf der Seite von al-Qaida steht, bin ich bereit, mit dem Teufel zu paktieren", sagt Haddads Erzähler und begibt sich auf der Suche nach seinem Sohn direkt in die Hölle: Mit Hilfe der Amerikaner und des syrischen Geheimdienstes lässt er sich in den Irak einschleusen, in dem drei Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen die Konflikte ihrem Höhepunkt entgegensieden. Täglich sind Dutzende von Toten, größtenteils Zivilisten, zu beklagen: Opfer von Vergeltungsschlägen rivalisierender Widerstands- und Konfessionsgruppen, Opfer von Entführungen marodierender Banden, aber auch Opfer christlicher Fanatiker innerhalb der Besatzungsarmee oder von Kopfgeldjägern, die ihre Suche nach dem al-Qaida-Führer az-Zarqawi als politische Razzien bemänteln. Im Schutze seiner eigenen Neutralität – als Atheist und ehemaliger Linksradikaler, der alle Ideologien hinter sich gelassen hat – wird Haddads Held wider Willen zum fassungslosen Zeugen all dessen, was passiert, wenn die Menschlichkeit vorgeschobenen Dogmen geopfert wird. Bis er den verzweifelten, selbstmörderischen Entschluss fasst, sich selbst entführen zu lassen, um endlich zu al-Qaida und damit zu seinem Sohn vorzudringen.

Einfühlsam und genau schildert Haddad ein persönliches Drama vor dem Hintergrund der vielleicht größten politischen Tragödie unserer Zeit. Und er zeigt, dass, wo immer Gewalt herrscht, die Linie zwischen Opfern und Tätern quer durch alle Lager – und alle Konfessionen – verläuft.

"Haddad prangert die politische Kultur seines Landes und ihre verheerenden Auswirkungen auf das Leben der Bürger an." Deutschlandradio Kultur
Autorenporträt
Fawwaz Haddad, 1947 in Damaskus geboren, studierte Rechtswissenschaft und arbeitete als Apotheker und Kaufmann, ehe er sich ganz dem Schreiben widmete. Von seinen bisher neun Romanen wurden zwei für den arabischen Booker Preis nominiert. Haddad lebt und schreibt in Damaskus.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tief beeindruckt hat Rezensent Hubert Spiegel den inzwischen neunten Roman des syrischen Schriftstellers Fawwaz Haddad gelesen. Der Kritiker ist nicht nur fasziniert von der in "Gottes blutiger Himmel" erzählten Geschichte: Ein um seinen fundamentalistischen Sohn besorgter Vater sucht seinen als Al-Qaida-Kämpfer in den Irak-Krieg gezogenen Sohn Saner, erlebt unvorstellbare Gewalt und Grausamkeit und kehrt traumatisiert, halbtot und seinen Sohn hassend zurück. Insbesondere aber lobt Spiegel die Kunst des Autors, verschiedene Perspektiven auszuleuchten und die Blickwinkel aller Akteure nachzuvollziehen: Ob Al-Qaida-Kämpfer, amerikanische Offiziere, Kollaborateure, Söldner oder nach "Sühne dürstende" Folteropfer - alle finden bei Haddad eine Stimme. Und so erfährt der Rezensent nicht nur, welche Grausamkeiten den Gefangenen im Foltergefängnis von Abu Ghraib widerfahren, sondern auch, auf welche Weise irakische Fundamentalisten einen jungen Homosexuellen zu Tode foltern. Ein ebenso mitreißender wie beklemmender Roman, lobt Spiegel.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2013

In beiden Kammern dieses Herzens tobt der Terror

Der Syrer Fawwaz Haddad erzählt in "Gottes blutiger Himmel" von einem Vater, dessen Sohn zum Gotteskrieger wurde.

Es ist ein ganz normaler Morgen im Irak. In der "grünen Zone", jenen vom Rest der Stadt abgeschirmten Vierteln Bagdads, die von den Amerikanern in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt wurden, besuchen Angehörige und Mitarbeiter der Besatzungstruppen Einkaufszentren, Schwimmbäder oder Sportstudios. Junge Soldatinnen joggen in Shorts durch die Straßen. In der Lobby eines Hotels verliest ein Fernsehmoderator die Kurznachrichten: Bei zwei Autobombenanschlägne werden neun Menschen getötet und zwanzig weitere schwer verletzt. Ein Selbstmordattentat in Diyala kostet 24 Menschenleben, ein weiteres in Sadr City fordert neun Tote. Die Zahl der Verletzten beläuft sich auf insgesamt 140. In Baquba löschen Unbekannte eine sechsköpfige Familie aus, die in einem Kleinbus unterwegs war. In verschiedenen Teilen der Stadt werden 44 verstümmelte Leichen gefunden. Das ist die vorläufige Bilanz eines ganz normalen Tages im Irak des Jahres 2006, betrachtet von einem bis vor kurzem an all dem gänzlich unbeteiligten Mann in der klimatisierten Lobby seines Hotels in der "grünen Zone".

Etwa zweihundert Seiten später sitzt derselbe Mann wieder vor einem Fernseher und verfolgt zusammen mit einigen jungen Männern die Aufzählung der neuesten Attentate und Terroranschläge. Komfort und Sicherheit der "grünen Zone" sind weit entfernt, er ist auf dem Land, einige Autostunden von Bagdad entfernt. Im Fernsehen sind jetzt Bilder von einer Busstation in Bagdad zu sehen, an der sich ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto in die Luft gesprengt hatte. Die Opfer sind Pendler, Passanten, kleine Händler, Schuhputzer. Als die Kamera auf die Überreste des Autos schwenkt, in dem eine verkohlte Leiche zu erkennen ist, die mit dem Metall verschmolzen zu sein scheint, schreit einer der Männer auf: "Gott hab dich selig, Abu Salih, mögest du im Paradies weilen!" Ein ganz normaler Tag im Irak: Eine Terrorzelle von Al Qaida zieht Bilanz.

Dasselbe Ereignis, aber aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, das ist das zentrale Verfahren, das der syrische Schriftsteller Fawwaz Haddad in seinem Roman "Gottes blutiger Himmel" immer wieder variiert. Sein Ich-Erzähler, ein um seinen fundamentalistischen Sohn besorgter Vater, fungiert dabei als wankelmütiger, zuweilen vor Angst und Entsetzen am ganzen Körper zitternder Kameramann, der das Objektiv schon allein deshalb nicht ruhig halten kann, weil sich sein eigener Blick auf die Geschehnisse unablässig verändert. Zum einen wird er überrollt von den Ereignissen, von ihrer unvorstellbaren Gewalt und Grausamkeit, zum anderen hat er die ausgeprägte Neigung, sich in sein jeweiliges Gegenüber zu versetzen und dessen Blickwinkel nachzuvollziehen, gleichviel, ob es sich um Al-Qaida-Kämpfer oder einen amerikanischen Offizier, um Kollaborateure, Söldner, nach Sühne dürstende Folteropfer oder eine von den Gesetzen der Blutrache gejagte Familie handelt. Und drittens lässt Haddad seinen Erzähler halbtot, schwer traumatisiert und ohne Gedächtnis aus Bagdad in seine syrische Heimat zurückkehren. Er wollte seinen Sohn Saner suchen, der von einer Urlaubsreise ans Meer nicht zurückgekehrt war, weil er sich längst als Al-Qaida-Kämpfer im Irak verdingt hatte. So kommt es zu der wahnwitzigen, selbstmörderischen Reise, von der dieser Roman rückblickend erzählt: einer Reise ins Herz der Finsternis der arabischen Welt, in deren linker Herzkammer der islamistische Terror tobt, während in der rechten die amerikanischen Besatzer und ihre Hilfstruppen wüten.

Die eigene politische Vergangenheit als idealistischer, aber naiver Trotzkist im Syrien der siebziger Jahre, seine gescheiterte Ehe, die Entfremdung von seinem Sohn Saner, das Verhältnis mit der jüngeren Geliebten, die ein Kind von dem über Fünfzigjährigen erwartet - all dies muss sich Haddads Ich-Erzähler erst mühsam ins Gedächtnis zurückrufen, als er im Krankenhaus wieder zu sich kommt. Sein ganzes früheres Leben ist wie ausgelöscht unter dem Eindruck der Gewalt und der Ausweglosigkeit, die er im Irak erleben musste. Dass er seinen Sohn, den er retten wollte, zu hassen lernte, bevor er ihn verlor, ist Teil des Traumas, das ihn gefangen hält.

Der syrische Schriftsteller Fawwaz Haddad, 1947 in Damaskus geboren, hat bislang neun Romane geschrieben, von denen zwei für den arabischen Booker-Preis nominiert waren. "Gottes blutiger Himmel", sein jüngster, 2010 in Beirut erschienener Roman, ist das erste Werk Haddads, das ins Deutsche übertragen wurde. Bevor es erschien, machte Haddad mit einem in dieser Zeitung erschienenen Essay über den syrischen Bürgerkrieg auf sich aufmerksam (F.A.Z. vom 5. Februar). Im Gespräch mit der Kritikerin Angela Schader hat Haddad, der in Deutschland eine kleine Lesereise absolvierte, erklärt, dass er den Roman als "demokratische Kunstform" verstehe. Deshalb gebe er jeder seiner Figuren, sei es ein fundamentalistischer amerikanischer Feldprediger oder ein islamistischer Gotteskrieger, die Möglichkeit, ihre Position darzulegen.

Das klingt eher nach Kirchentagspodiumsdiskussion als nach einem Roman, der während einer der grausamsten Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte spielt. Was Haddad unter einer demokratischen Kunstform versteht, zeigt sich indes auf eindrucksvolle Weise, wenn er nicht nur die verstörenden Greueltaten und Leichenschändungen beschreibt, die amerikanische Söldner an wehrlosen irakischen Zivilisten begehen, sondern auch bis ins abstoßendste Detail benennt, auf welche Weise irakische Fundamentalisten einen jungen Homosexuellen zu Tode foltern, um seinen geschundenen Leib anschließend zur Abschreckung öffentlich auszustellen.

Haddad erwähnt nicht nur das amerikanische Foltergefängnis von Abu Ghraib, sondern er schickt seinen Erzähler auch in die Folterkammern Al Qaidas, in jenen "menschlichen Schlachthof", der dem Kommando seines Sohnes Saner untersteht, eines charismatischen jungen Mannes, der feinfühlig und brutal, sanftmütig und mitleidlos, intelligent und blindwütig zugleich ist: ein hartes Herz, in dem viele Tränen wohnen. Saners ideologischer Widerpart ist der amerikanische Offizier Miller, auch er ein verblendeter Idealist, der nicht erkennen will, dass der amerikanische Einsatz im Irak keineswegs allein der Befreiung des irakischen Volkes dient, und sich schließlich umbringt, ein einsamer Märtyrer für die aussichtslose Sache der Gerechtigkeit. Ein weiterer der "Soldaten Gottes", von denen der Originaltitel des Romans spricht, ist der amerikanische Feldgeistliche Reverend Barcley, ein rassistischer Fundamentalist, der alle Iraker als Tiere betrachtet, von denen die christliche Welt befreit werden müsse.

Wer sich über so viel Ausgewogenheit mokiert, sollte nicht vergessen, dass Haddad in seiner Heimat mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, sein Buch lasse zu viel Verständnis für die amerikanische Seite erkennen. Mancher westliche Leser dürfte ihm vorwerfen, er übertreibe die Einfühlung in die Motive der islamistischen Terroristen, wenn er sogar den 2006 durch einen amerikanischen Bombenangriff getöteten Al-Qaida-Anführer as-Zarqawi ausführlich zu Wort kommen lässt. "Gottes blutiger Himmel" ist auf faszinierende und beklemmende Weise das Gegenstück zu "Die Sonne war der ganze Himmel", dem unlängst erschienenen Roman des jungen amerikanischen Kriegsveteranen Kevin Powers (F.A.Z. vom 25. Mai). Haddad, der mehrere Jahre lang für seine literarische Darstellung der schrecklichen Ereignisse recherchiert hat, schlägt sich so wenig auf eine der beiden Seiten wie Powers. Beide machen mit ganz unterschiedlichen literarischen Mitteln eine blutige Rechnung auf, die noch lange keinen Schlussstrich kennt.

HUBERT SPIEGEL.

Fawwaz Haddad: "Gottes blutiger Himmel". Roman.

Aufbau Verlag, Berlin 2013. Aus dem Arabischen von Günther Orth. 352 S., geb., 22,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Einfühlsam und genau schildert Haddad ein persönliches Drama vor dem Hintergrund der vielleicht größten politischen Tragödie unserer Zeit. Und er zeigt, dass, wo immer Gewalt herrscht, die Linie zwischen Opfern und Tätern quer durch alle Lager und alle Konfessionen verläuft. Haddad prangert die politische Kultur seines Landes und ihre verheerenden Auswirkungen auf das Leben der Bürger an."
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