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Amerikas erste literarische Auseinandersetzung mit dem Angriff auf seine Gesellschaft - die Geschichte einer erotischen Affäre, die 24 Stunden dauert und ganz andere Ziele als die Lustbefriedigung verfolgt: Ein Mann und eine Frau tragen einen existentiellen Kampf aus, bei dem es um Eros, Trauer, Gewalt, Religion und Liebe geht.
Die Frau ist namenlos. Die Zeit unbestimmt. Der Ort ein Motel irgendwo in Kalifornien. Sie ist Witwe, ein Jahr zuvor ist ihr Mann durch islamische Extremisten zu Tode gekommen. Sie hat beschlossen, einen Moslem als Liebhaber zu nehmen. Er ist höflich, besorgt,
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Produktbeschreibung
Amerikas erste literarische Auseinandersetzung mit dem Angriff auf seine Gesellschaft - die Geschichte einer erotischen Affäre, die 24 Stunden dauert und ganz andere Ziele als die Lustbefriedigung verfolgt: Ein Mann und eine Frau tragen einen existentiellen Kampf aus, bei dem es um Eros, Trauer, Gewalt, Religion und Liebe geht.

Die Frau ist namenlos. Die Zeit unbestimmt. Der Ort ein Motel irgendwo in Kalifornien. Sie ist Witwe, ein Jahr zuvor ist ihr Mann durch islamische Extremisten zu Tode gekommen. Sie hat beschlossen, einen Moslem als Liebhaber zu nehmen. Er ist höflich, besorgt, verständnisvoll und verständlich nervös. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter. Sie hatte keinen Liebhaber seit dem Tod ihres Mannes.

In klarer, eindringlicher Prosa beschreibt Claire Tristram eine Beziehung, die hocherotisch, voller Selbsthaß und Trauer und gefährlich nah an der Gewalt ist. Und sie formuliert Fragen, die unausweichlich sind: Wie beeinflußt Schmerz das Verlangen? Wie vergiftet Vorurteil den Glauben? Wie liebt man, nachdem die Liebe des Lebens ermordet worden ist? Können wir uns von unserer Vergangenheit reinigen, oder sind wir Schuldzuweisungen und Rache ausgeliefert? "Passion" ist ein hypnotisierender Roman, der an das Werk Marguerite Duras' und Bernhard Schlinks erinnert. Er erzählt eine fesselnde, hochaktuelle Geschichte.
Autorenporträt
Verena von Koskull, geb. 1970, hat Italienisch und Englisch in Berlin und Bologna studiert. Sie übertrug u.a. Matthew Sharpe, Curtis Sittenfeld, Tom McNab, Carlo Levi, Simona Vinci und Claudio Paglieri ins Deutsche.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2004

Der Feind in meinem Bett
Lustobjekt Muslim: Claire Tristrams interkulturelle Affäre

Ein heruntergekommenes Hotel an der Küste. Zwei Menschen, die sich zuvor nur einmal flüchtig gesehen haben. Er ein Vater von zwei Töchtern, eigentlich glücklich verheiratet, nur ab und an von Selbstzweifeln erschüttert. Sie eine trauernde Witwe, mit ihrer Rolle überfordert, von der vereinnahmenden Fürsorge ihres Umfelds erdrückt, auf der Flucht vor dem Jahrestag ihres Verlusts. Ein Ausstieg aus dem Alltag für einen Tag und eine Nacht.

Das übliche Arrangement also, um einen erotischen Spannungsbogen aufzubauen, ein schrankenloses sexuelles Abenteuer schildern zu können? Nicht ganz, denn der Fall liegt komplizierter. Er ist Muslim, aus Teheran stammend, aber seit langem in den Vereinigten Staaten lebend. Sie ist "Ex-Katholikin", wie es heißt, und war mit einem Juden verheiratet, der von islamistischen Terroristen getötet wurde. Beide sind von einem traumatischen Erlebnis geprägt, haben eine Erinnerung, die sie nicht losläßt. Bei ihr ist es der letzte Abend mit ihrem Mann und sein letztes Lebenszeichen, ein Anruf im Angesicht der Gefahr. Bei ihm ist es der in seine Studienzeit zurückführende Tod seines besten Freundes bei einer Demonstration in Teheran gegen das Schah-Regime und die Vereinigten Staaten.

Die in Kalifornien lebende Journalistin Claire Tristram führt in ihrem Romandebüt das Erleben beider Figuren in kurzen Kapiteln parallel. Die Handlungszeit umfaßt nicht einmal achtundvierzig Stunden, aber die zurückliegenden Ereignisse werden durch die ständigen Reflexionen der Protagonisten nach und nach sichtbar. Überhaupt geht es in dem Roman weniger um äußere Ereignisse denn um Erinnerungen, Assoziationen und Gefühle. Einzelne Szenen, so der mißglückte erste Beischlaf, werden - fast wie in einem Briefroman des achtzehnten Jahrhunderts - doppelt, aus verschiedener Perspektive erzählt, und die Distanz, die Fremdheit der Protagonisten könnte trefflicher kaum zum Ausdruck gebracht werden als durch die Vorführung ihrer jeweiligen Wahrnehmung der Situation.

Die äußere Welt kommt in dieser auf das Innere konzentrierten Erzählhaltung eher beiläufig vor, wenngleich politische Ereignisse beide Biographien nachhaltig beeinflußt und verunsichert haben. Gezeigt wird ein Land der Angst, des Mißtrauens und der eingeschränkten individuellen Freiheit - die Anspielungen auf den 11. September sind überdeutlich. Die Ereignisse haben dem Muslim, der seit Jahrzehnten hier lebt, seine Wahlheimat genommen, ihn zu einem stigmatisierten Fremden gemacht, wie der Roman in eindringlichen Szenen vorführt. Er fährt mit ihr zum Abendessen in die Stadt. Ein anderes Paar, bestehend aus einem geschiedenen, grölenden Mann und seiner Geliebten, schließt sich an. Dieser bestimmt mit seinem Getöne das Gespräch, bis die Situation plötzlich umschlägt. ",Sagen Sie, was sind Sie für einer, Mexikaner?' Er zupfte den Muslim am Ärmel und ließ wieder ein Grunzen oder Lachen hören. Der Muslim hielt den Kopf geduckt, und seine Hände umklammerten das Lenkrad, als müsse er jeden Moment mit gefährlichen Hindernissen rechnen. Sie zögerte kurz, dann legte sie ihm die Hand aufs Knie." Für Differenzierungen gibt es keinen Raum mehr: ",Ich bin kein Mexikaner. Ich bin Perser.' - ,Er meint Araber', sagte das Mädchen. ,Araber aus Nahost.' - ,Araber also. Mein Neffe ist im Golfkrieg umgekommen.' - ,Ich bin kein Araber. Ich bin Perser.'"

Im Zentrum des Buches aber steht die Beziehung des seltsamen Paares. Hatte er ein harmloses erotisches Abenteuer erwartet, so sieht er sich in ein abgründiges Spiel mit ungewissem Ausgang verwickelt, dessen Choreographie weitgehend von ihr bestimmt wird. Ihm kommt dabei ebenso die Rolle des Exmannes der Witwe zu, wie er als Substitut für dessen Mörder fungiert. Vergangene Szenen werden erneut nachgestellt. Die erste Situation konfrontiert ihn mit der letzten Nacht des Ehepaares. In den gleichen Kleidern und der gleichen Stellung wie damals präsentiert sich die Frau ihrem Liebhaber, nur daß dieser es anders als ihr Mann nicht bei ihrem bloßen Ausziehen beläßt. Abgründiger noch ist die zweite Situation, die zu einem Rollentausch führt: Zwar mimt ihr Liebhaber auch weiterhin ihren Mann, aber nun schlüpft sie in die Rolle der brutalen Täter wie in die des sexuell dominierenden männlichen Parts. Sie fesselt ihm mit Drahtbügeln die Hände, verschnürt mit einem Gürtel seine Beine, verbindet seine Augen. Erotische Phantasien und Orgien der Gewalt, sexuelle Demütigungen und körperliche Verletzungen, Versuche der Vergangenheitsbewältigung und Brutalität gegenüber einem Unschuldigen gehen eine krude, unauflösbare Verbindung ein.

Hier begibt sich Claire Tristram wiederholt in Gefahr, das subtil geschilderte Seelendrama in ein bloßes Ausphantasieren perverser Neigungen übergehen zu lassen. Daß ein Opfer islamistischen Terrors gerade mit einem Muslim schlafen möchte, wobei Gefühle des Ausgegrenztseins und einer existentiellen Verstörung Gemeinsamkeit stiften, wie die Glaubenszugehörigkeit des Mannes ihn zum Objekt von Gewalttrieben und Rachegelüsten macht, muß man dem Text glauben - psychologisch nachvollziehbar wird es nicht, soll es aber auch nicht, wird dies doch als unauslotbarer Trieb dargestellt, über den die Frau sich selbst keine Rechenschaft geben kann. Daß der entfesselte Kampf der Geschlechter, der in diesem Fall zugleich ein Kampf der Kulturen ist, nicht zum großen Wendepunkt, zur Erlösung verklärt wird, sondern vordergründig wenig am Selbstverständnis der trauernden Witwe ändert, gehört indes zu den sympathischeren Zügen des Plots.

Im amerikanischen Original trägt das Buch den anspielungsreichen Titel "After". Es geht um ein Danach, nach dem nichts mehr so ist wie vorher - den 11. September, den gewaltsamen Tod des Ehemannes, den Seitensprung schließlich, der Wunden heilen sollte, aber neue hinterlassen hat. Im Deutschen wurde daraus, als ginge es lediglich um eine leidenschaftliche Affäre, der nichtssagende Titel "Passion". Es auf seine erotischen Aspekte zu reduzieren, wird dem Buch aber nicht gerecht.

THOMAS MEISSNER

Claire Tristram: "Passion". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Verena von Koskull. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 170 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Meissner findet den deutschen Titel "nichtssagend" und reduktiv (das Original heißt "After"), ist aber ansonsten ziemlich beeindruckt von Claire Tristrams Romandebüt. Es schildert eine Affäre, die zugleich ein Kampf ist: zwischen einem Muslim und einer früheren Katholikin, deren jüdischer Mann Opfer eines islamischen Terroristen wurde - ein Kampf zwischen den Geschlechtern, zwischen den Kulturen, "after" 9/11. Meissner lobt, wie die Autorin die seelischen Bewegungen der beiden erlebbar macht, wie sie ihre "Fremdheit" in der wechselnden inneren Perspektive zum Ausdruck bringt. Beide Protagonisten haben die Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis in sich eingeschlossen und tragen sie in die Beziehung hinein. Sexuelle Obsessionen spielen eine gewichtige Rolle, sind aber bei weitem nicht alles, findet der Rezensent. Und wie gut, dass die Begegnung nicht in befreiende, aber falsche Katharsis mündet.

© Perlentaucher Medien GmbH