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Wolfgang Engler führt erstmals die Debatten über ein bedingungsloses Grundeinkommen und über Sinn und Zukunft der Bildung zusammen. Seine These: Ohne ernsthafte Bildungsbemühungen kein Grundeinkommen, kein ungeschmälertes Recht auf Leben ohne Arbeit. Mit provokanten Thesen greift Wolfgang Engler in die aktuelle Debatte über Sinn und Zukunft des Sozialstaates ein. Im Gegensatz zu den Befürwortern eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle erklärt er: Die Menschen müssen erst lernen, sich selbst zu motivieren und zu regieren, und die Gesellschaft muss ihnen die Möglichkeit dazu bieten. Durch…mehr

Produktbeschreibung
Wolfgang Engler führt erstmals die Debatten über ein bedingungsloses Grundeinkommen und über Sinn und Zukunft der Bildung zusammen. Seine These: Ohne ernsthafte Bildungsbemühungen kein Grundeinkommen, kein ungeschmälertes Recht auf Leben ohne Arbeit.
Mit provokanten Thesen greift Wolfgang Engler in die aktuelle Debatte über Sinn und Zukunft des Sozialstaates ein. Im Gegensatz zu den Befürwortern eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle erklärt er: Die Menschen müssen erst lernen, sich selbst zu motivieren und zu regieren, und die Gesellschaft muss ihnen die Möglichkeit dazu bieten. Durch Bildung kann es gelingen, dem Dasein Sinn und Halt zu geben, wenn der Lebensrhythmus nicht mehr von der Lohnarbeit bestimmt wird. Nur dann bleiben die Risiken der Freiheit für den Einzelnen wie für die Gesellschaft kalkulierbar, Menschenwürde und Bürgerrechte gewahrt.
Autorenporträt
Wolfgang Engler, geb. 1952 in Dresden, Soziologe, Lehrtätigkeit an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin, seit Oktober 2005 dort Rektor. Im Herbst 2009 Gastprofessur an der Universität St. Gallen. Er publizierte zahlreiche Studien über Lebensformen in Ost und West, kritische Analysen über die Moderne, über Demokratie sowie den Wandel des Politischen und der Öffentlichkeit in den industriellen Massengesellschaften. Veröffentlicht in diversen Zeitschriften und Zeitungen (Die Zeit, taz, Süddeutsche Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik u.a.). 2000 erhielt Engler den Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der öffentlichen Wirksamkeit der Soziologie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.02.2008

Bürger nur mit Schulabschluss
„Unerhörte Freiheit”: Der Soziologe Wolfgang Engler nennt Bedingungen für das bedingungslose Grundeinkommen
Im Jahr 2005 erschien Wolfgang Englers Buch „Bürger, ohne Arbeit”, ein großer philosophisch-politischer Entwurf, der über die bloße Forderung eines Grundeinkommens weit hinausging. Engler warf den Blick auf unsere Arbeitsgesellschaft und eine ökonomische Rationalität, die anscheinend zur letzten gültigen Instanz für Rationalität überhaupt geworden ist. Die Debatte über das Grundeinkommen hat seitdem beträchtlich an Fahrt aufgenommen. Plötzlich diskutierten darüber der Drogerieketten-Chef Götz Werner, der CDU-Ministerpräsident Dieter Althaus, der neoliberale Wirtschaftswissenschaftler Thomas Straubhaar und die stellvertretende Vorsitzende der Links-Partei Katja Kipping. Alle haben sie ausführliche Entwürfe für ein Bürgergeld-Grundeinkommen vorgelegt.
Nun hat sich Wolfgang Engler zurückgemeldet und einen schmalen, aber durchdachten Band nachgeschoben. In „Unerhörte Freiheit” erweitert und verschärft er seine eigenen Überlegungen, antwortet mit Verve auf seine Kritiker und räumt mit zahlreichen Missverständnissen und Verirrungen der Grundeinkommensgegner und -befürworter auf.
Zwei Leitfragen bestimmen die Argumentation: Was macht der Bürger, ohne Arbeit, nachdem er seine Würde in der (mit Hilfe des Grundeinkommens überwundenen) Arbeitsgesellschaft wiedergewonnen hat, aber jetzt auch dieses Leben meistern muss? Und: Wie kann man sicherstellen, dass in einer Gesellschaft mit Grundeinkommen noch eine ausreichende Zahl Erwerbsarbeitstätiger die notwendigen Mittel aufbringt? Oder ganz einfach: Wer soll das bezahlen?
Engler leugnet nicht, dass es gerade der Reichtum eines Landes ist, der ein Grundeinkommen überhaupt erst ermöglicht. Es kommt einem groben Missverständnis gleich, in Englers Bürgergeldidee eine Forderung zur Abschaffung der Arbeit zu sehen. Auch das von Jeremy Rifkin oder Ralf Dahrendorf angekündigte und bis dato so ja noch nicht eingetroffene „Ende der Arbeit” durch Automation und Roboter stellt nicht den entscheidenden Argumentationsstrang dar. Gleichwohl darf man in der Einsparung lebendiger Arbeit durch wissenschaftliche Überlegung und technische Erfindungsgabe einen Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sehen. In diesem ökonomischen Kalkül unterstützt das Grundeinkommen den Unternehmer.
Engler ist sich im klaren darüber, dass ein Arbeitnehmer mit Grundeinkommen und Ausstiegsdrohung noch immer einem mächtigen Arbeitgeber gegenüber steht. Aber „die Offenheit des Ringens innerhalb dieser Grenze markiert einen zivilisatorischen Fortschritt; der ökonomische Lebensprozess der Gesellschaft bequemt sich demokratischer Spielregeln.” Es wäre ja auch gar nicht die „gute” Arbeit, die nur noch schwer vermittelbar wäre: „Verabschiedete sich, wer seine Stelle mit innerer Zufriedenheit ausfüllt, seinen Beruf als Berufung auffasst, leichten Herzens aus der Arbeitswelt? Verließe seine Position, wer sie äußerlich, beim Blick auf den Lohn- oder Gehaltszettel zu schätzen weiß?”
Für unattraktive Beschäftigungen hieße das, sie entsprechend besser zu entlohnen. Für ihre Finanzierung gilt das gleiche wie für das Grundeinkommen: „Eine Gesellschaft willigt in einen Vertrag ein, in dem sich die Mitglieder wechselseitig gegen die Unbilden des Lebens wie gegen die Fährnisse des Marktes versichern.” Sei erst einmal eine Verständigung über diesen Gesellschaftsvertrag erreicht, könne auch die richtige finanzielle Mischung verschiedener Steuerarten gefunden werden.
Sympathisch unausgegoren
Kritiker wenden immer wieder ein, beim Grundeinkommen handle es sich um eine Stilllegungsprämie, mit der Arbeitslose abgespeist werden sollten. Geäußert wird diese Kritik vor allem in der SPD. Dabei läuft die Ausgestaltung der Zuverdienstmöglichkeiten für Hartz IV-Empfänger in der Praxis oft genau auf eine solche „Stilllegung” hinaus: Vor zuviel Zuarbeit muss man sich hüten, um nicht seine Zuwendungen zu verlieren. Eine kapitalistische Pointe des Grundeinkommens besteht dagegen darin, einfacher hinzuverdienen zu können und keine Energien darauf verschwenden zu müssen, die komplizierten Regeln einzuhalten. Von den ökonomischen und sozialen Folgen des „Schnüffelsozialstaats” ganz zu schweigen. Die absurde Logik - wer am wenigsten gebraucht wird, muss im höchsten Maß verfügbar sein - wird von Engler nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen.
Verändert man nur die völlig versteifte Ausrichtung des Menschen auf Erwerbsarbeitszwecke, wie es in der überbordenen Sozialbürokratie und der Denkwelt der Politik vorherrscht, wendet Engler dagegen ein, gewinnt man einen neuen Blick. Aktivierung heißt dann, nach den Stärken des Einzelnen zu fragen, anstatt ihn durch endlose Maßnahmeschleifen zu treiben. Es gelte, das menschliche Vermögen des Einzelnen zu fördern, etwas mit seinem Leben anzufangen, sich zu orientieren und motivieren, ohne sklavisch dem Anforderungsprofil des Marktes zu folgen.
Die entscheidende Neuerung in Englers Konzeption ist folgerichtig die Verbindung von Grundeinkommen und Bildung. Um die Freiheit von der Ökonomie und vom Markt gesellschaftlich einüben zu können, bedürfe es verbindlicher Anstrengungen. Engler will schlichtweg den Schulabschluss zur Bezugsvorausetzung des Grundeinkommen machen.
Diese Idee scheint noch reichlich unausgegoren. Nicht nur ist der bloße Schulabschluss kein hinlänglicher Freiheitsbeweis, sagt wenig aus über die Fähigkeit des Einzelnen, im Leben zu bestehen. Auch dürfte sich der Druck auf die Bildungsinstitutionen durch die finanzielle Aufladung der Mittleren Reife gewaltig erhöhen. Aber die Frage nach Wert und Bedeutung von Bildung, jenseits der Entwicklung von Produktivkräften, ist die richtige. Und Bildungsarbeit zu honorieren ist allemal symphatischer als Humankapital zu berechnen.
Wolfgang Engler schreibt in „Unerhörte Freiheit” gegen die Fatalisten an, die in der wirtschaftlichen Globalisierung nur ein so mächtiges wie schreckliches Naturgesetz sehen, gegen das ohnehin nichts zu machen sei. Natürlich läuft das auf die Frage hinaus: Wie wollen wir eigentlich leben? Englers begriffliche Exploration fördert nicht nur die Oberflächlichkeit der Schlagwortdebatte zum Thema zu Tage, sie zeigt auch den Rahmen auf, in dem Antworten auf die beinahe vergessene Frage überhaupt noch denkbar sind. LUTZ LICHTENBERGER
WOLFGANG ENGLER: Unerhörte Freiheit. Arbeit und Bildung in Zukunft. Aufbau Verlag, Berlin 2007. 175 S., 16,95 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Wolfgang Englers leidenschaftliches Plädoyer für ein bedingungsloses Grundeinkommen erscheint Christine Pries recht anregend. Der groß angelegte Rundumschlag des Autors, seine fundamentale Kritik der gesellschaftlichen Fixierung auf die (Erwerbs-)Arbeit wirkt auf sie allerdings ambivalent: einerseits reizvoll und sympathisch, andererseits aber problematisch. Vor allem Englers Beschreibung aktueller Missstände hält sie für zutreffend. Bei seinen mit großer Rhetorik dargestellten Ideen zur Überwindung dieser Missstände beschleichen sie allerdings erhebliche Zweifel, vieles klingt für sie schlicht "utopisch". Gerade die Frage nach der Finanzierung seiner Ideen hätte sie brennend interessiert. Zu ihrem Bedauern bleibt Engler in diesem Punkt ziemlich vage. Angesichts der Vehemenz seiner Attacken gibt sie sich hier nicht damit zufrieden, dass er einräumt, im Rahmen der vorliegenden kleinen Schrift könnten solche Fragen nicht "seriös beantwortet werden". Ihr Fazit: "Etwas genauer hätte man es schon gerne gewusst".

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