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Der Privatdetektiv Arthur Koenen erhält einen schier unmöglichen Auftrag: Er soll herausfinden, ob der Vorsitzende einer großen Partei eine Affäre hat. Koenen hat Erfolg - und erfährt die Geschichte einer jungen Frau, eine Abgeordnete, die leidenschaftlich für ihre Überzeugungen und um eine hoffnungslose Liebe kämpft. Kurbjuweit ist mit Nicht ganz die Wahrheit ein fesselnder Berlin-Roman gelungen über eine große Liebe im Schatten der Politik, über drei Menschen in einem Gespinst aus Sehnsucht, Lügen und der Angst vor Entdeckung.

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Produktbeschreibung
Der Privatdetektiv Arthur Koenen erhält einen schier unmöglichen Auftrag: Er soll herausfinden, ob der Vorsitzende einer großen Partei eine Affäre hat. Koenen hat Erfolg - und erfährt die Geschichte einer jungen Frau, eine Abgeordnete, die leidenschaftlich für ihre Überzeugungen und um eine hoffnungslose Liebe kämpft. Kurbjuweit ist mit Nicht ganz die Wahrheit ein fesselnder Berlin-Roman gelungen über eine große Liebe im Schatten der Politik, über drei Menschen in einem Gespinst aus Sehnsucht, Lügen und der Angst vor Entdeckung.
Autorenporträt
Dirk Kurbjuweit, geboren 1962, war von 1990 bis 1999 Redakteur bei der Wochenzeitschrift Die ZEIT. Dann arbeitete er als Reporter des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, dessen Hauptstadtbüro er seit 2007 leitet. Für seine Reportagen wurde er 1998 und 2002 mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet. Drei seiner Romane wurden fürs Kino verfilmt, die Verfilmung des vierten wird derzeit vorbereitet. Bei Nagel & Kimche erschienen "Zweier ohne" (2001), "Nachbeben" (2004) und "Nicht die ganze Wahrheit" (2008).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2008

Unter Verdacht

Dirk Kurbjuweit, Leiter des Hauptstadtbüros des "Spiegels", hat einen Roman über die heimliche Liebe des Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartei geschrieben

Am Anfang ist man vor allem damit beschäftigt, alles und jeden zu entschlüsseln. Das wird aber relativ schnell langweilig, weil auf der einen Seite "der Bundeskanzler" als "der Automann" beschrieben wird und mit allen anderen Insignien so eindeutig als Gerhard Schröder gekennzeichnet ist und der Außenminister mit dem Abspeckwahn und der Sucht nach dem Blick in den Spiegel so klar dem Vorbild Joschka Fischer folgt, dass es da gar nichts groß zu entschlüsseln gibt: die Vorbilder liegen allzu offen zu Tage.

Und von diesen beiden erfährt man auch nicht wesentlich mehr, als damals, als Schröder und Fischer an der Macht waren, ohnehin in den Zeitungen stand. Sie bilden nur den Rahmen der Wirklichkeit, in die Dirk Kurbjuweit, einer der renommiertesten Journalisten des politischen Berlin, seinen neuen Roman "Nicht die ganze Wahrheit" gestellt hat. Es ist ein Roman aus der Regierungszentrale, der Roman eines Journalisten, der Tag für Tag die politischen Oberflächengeschichten des Hauptstadtalltags recherchiert und beschreibt und den jenseits dieser Oberflächen offenbar noch etwas ganz anderes interessiert. Was ist das? Es ist - die verborgene Seite in einem Geschäft, das täglich vor den Augen der Öffentlichkeit scheinbar bis in die letzten Seelenporen hinein ausgeleuchtet wird. Es ist die Geschichte eines Duells - zwischen den Politikern, die jede persönliche Regung, jede Emotion zwanghaft aus der Öffentlichkeit herauszuhalten versuchen - und dem Mann, der dahinter schauen will, der die Maskengesichter des politischen Alltags verabscheut, der das Duell endlich einmal für sich entscheiden will.

Es gibt einen Moment im Roman, den Moment, bevor der Protagonist, der SPD-Vorsitzende Leo Schilf, den man nicht so leicht entschlüsseln kann und auch nicht wirklich entschlüsseln muss, das Ergebnis seiner Wiederwahl erfährt. Ein schlechtes Ergebnis, 72 Prozent. Die Journalisten lauern vor seinem Gesicht: "Alle Objektive sind auf sein Gesicht gerichtet, damit sie den Moment einfangen können, in dem er das Urteil über sich hört. Sie wollen Regung, Schmerz, Freude. Schilf will Reglosigkeit. Das ist das Duell."

Es ist das Duell dieses Romans. Der Ich-Erzähler ist allerdings nicht Journalist, sondern Detektiv. Ein Mann also, der aus beruflichen Gründen die geheimsten Geheimnisse ausspionieren muss. So lautet sein Auftrag. Vielleicht eine etwas billige Verkleidung, kann sein. Vielleicht hätte es den Roman noch etwas abgründiger und gleichzeitig glaubwürdiger gemacht, wenn da einfach ein Journalist gesprochen hätte, ein Journalist aus der Welt der Alltagspolitik, mit dem unbändigen Drang, die wahren Geheimnisse seiner Berichterstattungsgegenstände zu erfahren.

Aber gut, es ist also ein Detektiv, und der bekommt zu Beginn des Buches ganz klassisch den Auftrag von der Frau des Partei- und Fraktionsvorsitzenden der SPD, ihrem Mann eine Affäre nachzuweisen. Sie habe da so einen Verdacht.

Das Duell beginnt. Niemand ist so vorsichtig beim Verbergen seiner Geheimnisse wie ewig ausgeleuchtete Politiker. Der Detektiv droht zu scheitern, ist bereit, an die Affärenlosigkeit von Schilf zu glauben. Da fallen ihm die regelmäßigen Fahrstuhlfahrten auf, die der Spitzenpolitiker im Abgeordnetentrakt des Paul-Löbe-Hauses unternimmt. Immer 58 Sekunden sind es. Und diese 58 Sekunden sind die romantischen Sekunden im Leben des Vorsitzenden. Die Sekunden der Begegnung mit der schönen Rebellin aus den Reihen der Partei. Kurze Küsse im Aufzug - das ist der Beginn.

Dem Detektiv gelingt es, sich Zugang zum Mail-Account der Geliebten zu verschaffen. Die Mails, die die beiden wechseln, bilden das Gerüst des Romans. Die erste Mail schreibt er: ",Habe ich dich erschreckt?' Das ist der erste Satz. So beginnt ein Betrug", kommentiert der Detektiv. Kurbjuweit findet hier den treffenden Ton, als Leser erschaudert man, weil die Fiktion hier echter wirkt als jede echte Mail. Man durchlebt die langsame Annäherung, die Leidenschaft, die Heimlichkeit, das Leiden, die Suche nach dem Verborgenen, die Angst, und das Herz geht einem schneller beim Lesen. Die Mails, die die beiden wechseln, sind ein grandioser Briefroman der Liebe in Zeiten des Internets, der Liebe in der Politik, der Heimlichkeit im Unheimlichen.

Und je weiter diese Liebe geht, desto mehr liebt der Leser mit. Und auch der Detektiv, kühler Beobachter der größten Leidenschaften aus Profession, erleidet schwerste Mitgefühlsattacken.

Und immer wieder bricht die Politik hinein in das Geschehen. Im Hintergrund der Liebeszeit wütet der Kampf um ein Gesetz, das die Geliebte, die Parteirebellin, ein Gesetz zum Abwracken des Sozialstaats nennt und er, der Vorsitzende, einen notwendigen Schritt, um der Globalisierung zu begegnen. Eine Art Agenda 2010. Vor diesem Hintergrund schreiben sich die beiden ihre Liebesmails. Es geht um Parteigehorsam und romantische Folgsamkeit, geht um Eigensinn und wahre Liebe. Der Kanzler, bester Freund des Parteivorsitzenden, lässt die Rebellin ins Kanzleramt kommen. Doch sie bleibt widerständig.

Dass dieses Buch, das die letzten Geheimnisse der Geheimnisträger enthüllen will, trotzdem ein ungemein diskretes, romantisches Buch aus dem politischen Berlin der jüngsten Vergangenheit geworden ist, liegt an der Liebe des Autors zu den Figuren, die er beschreibt. Wie er sich die über die Jahre seiner professionellen Beobachtungswut des politischen Personals bewahrt hat, bleibt sein Geheimnis und seine große Kunst.

VOLKER WEIDERMANN

Dirk Kurbjuweit: "Nicht die ganze Wahrheit". Nagel und Kimche, 220 S., 19,90 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2008

Das Glück in der Sonne der Öffentlichkeit
Ein Blick hinter die Kulissen: Der politische Reporter Dirk Kurbjuweit erzählt in seinem Roman „Nicht die ganze Wahrheit” über jene Seite der politischen Macht, die in der journalistischen Berichterstattung nicht vorkommt Von Meike Feßmann
Gescheiterte Ehen, heimliche Geliebte, illegitime Kinder, verstoßene Ehefrauen: die Zuschauer des Politikbetriebs wundert nichts mehr. Über moralische Fragen ist man längst hinaus, eher kommt man sich vor wie im Theater. Es ist immer wieder das gleiche Stück, das in unterschiedlicher Besetzung gegeben wird. Kann ein Roman dieses Spektakel so inszenieren, dass er hinter die Oberfläche kommt?
Dirk Kurbjuweit, Jahrgang 1962, ist Autor mehrerer Romane und eines Sachbuchs über die Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Er war Reporter und Redakteur bei der Zeit und beim Spiegel, dessen Hauptstadtbüro er inzwischen leitet. Als politischer Journalist weiß er, wovon er spricht. „Nicht die ganze Wahrheit” erzählt von der Affäre eines hohen Politikers mit einer jungen Parteigenossin. Aber es handelt sich nicht um einen Schlüsselroman. Der Reiz des Romans liegt im scharfen Kontrast zweier Welten: der Sphäre des Öffentlichen, in der jeder Schritt, jede Bewegung, jeder zuckende Mundwinkel beobachtet und bewertet wird, und der Sphäre des Intimen, die normalerweise vor den Augen Dritter verborgen ist.
Leo Schilf, die männliche Hauptfigur, ist Partei- und Fraktionsvorsitzender einer Regierungspartei, die sich leicht als die SPD der Schröder-Ära identifizieren lässt, auch wenn sie verfremdet wird. Er liebt das Licht der Öffentlichkeit, so sehr, dass er es mit der Sonne vergleicht. Er ist ein „Machthabermensch”, der die Macht bewusst genießt. Aber er genießt auch die Liebesstunden mit der deutlich jüngeren Anna Tauert, die ihm als politische „Rebellin” in den eigenen Reihen gehörigen Ärger macht, im Bett dagegen viel Freude. Bei ihr kann er sich gehen lassen, kann sich ganz der „Liebesüberschwemmung” hingeben. Darauf will er nicht verzichten. Doch die Affäre könnte ihn seine Karriere kosten oder seine Frau, die er nach wie vor liebt. Also muss er sie geheim halten. Während das für ihn nur Vorteile bringt, leidet die Geliebte darunter. Sie fühlt sich wie nicht existent: „Warum musst du alles öffentlich machen, nur mich nicht?”
Der Autor weiß, dass Affären nicht unbedingt aus einem Mangelgefühl entstehen. „Die Dinge passieren, weil sie möglich sind. Sie sind einfach in der Welt.” Wer die Sache so moralfrei angehen möchte, der braucht einen Erzähler mit genügend Distanz zum politischen Milieu. Dirk Kurbjuweit hat für diesen Zweck einen Privatdetektiv erfunden, der von der Frau seines Helden auf ihren Mann angesetzt wird. Eigentlich ist der Auftrag für Arthur Koenen eine Nummer zu groß, aber er nimmt ihn trotzdem an. So wird er zum Deuter kaum lesbarer Zeichen, der Theorien über das Küssen, über Geliebte und Ehefrauen entwickelt, weil ohne Hypothesen fast nichts von dem zu sehen wäre, was sich zwischen Leo Schilf und Anna Tauert abspielt.
Doch all seine Theorien nützen ihm nichts, wenn er keine Belege hat. Obwohl es gegen seine Berufsehre geht, bricht er in Anna Tauerts Wohnung ein, knackt das Passwort ihres Computers und beginnt ihre Mails zu lesen. Schon ist er gefangen: ungeschützte Liebesworte, die nicht nur seine These belegen, sondern auch seine Phantasie anregen. Er lädt den gesamten Mailverkehr auf seinen USB-Stick und hat ihn so auf dem eigenen Rechner zur Verfügung. Erzähltechnisch ist das geschickt gemacht. Denn damit kann der Autor nach Belieben zwischen beiden Sphären switchen. Der Datenklau geschieht ganz am Anfang, die Entwicklung der Liebesaffäre wird jedoch erst nach und nach eingestreut. Koenen beobachtet die beiden in der Öffentlichkeit und taucht währenddessen immer wieder in ihre Mails ab, gleichsam als Spion fremder Intimität. Es kommt, wie es kommen muss: Er verliebt sich in Anna und beginnt im Geiste, mit Leo zu konkurrieren.
Sein Blick entlarvt all die kleinen Machtgesten der Mails, das Verzögern einer Antwort, das Wartenlassen, das Ausweichen auf ein anderes Feld, das Vorschieben staatstragender Tätigkeiten. Wenn es hart auf hart kommt, fühlt sich Leo Schilf „seinem” Bundeskanzler weit mehr verbunden als der Geliebten oder der Ehefrau. Wie lange es braucht, bis er auf das Geständnis „Annaliebtleo” reagiert und wie mickrig seine Antwort ausfällt, das bringt den verliebten Detektiv in Rage. So entsteht ein beachtliches Sammelsurium männlicher Schäbigkeiten, das mit all den Kumpaneien des immer noch chauvinistisch geprägten Politikbetriebs zu einem gehörigen Zornpotential verschmelzen könnte. Aber der Zorn bleibt aus. Warum?
Es scheint zur Zeit so etwas wie eine zaghafte Wiederbelebung des politischen Romans zu geben. Man muss das so vorsichtig formulieren, weil es noch längst nicht ausgemacht ist, ob die Romane, die wir für politisch halten, es auch tatsächlich sind – oder womöglich nur auf ein Bedürfnis reagieren, das sich nicht mehr erfüllen lässt. „Nicht die ganze Wahrheit” spielt im politischen Milieu und ist dennoch kein politischer Roman. Die Medienbilder, die er aufruft, absorbieren seinen Eigensinn. Was an politischen Kennzeichnungen im öffentlichen Raum herumschwirrt, ist leicht verfügbares Material, das sich gerade deshalb gegen jede Art von Anverwandlung sträubt: Mal wird das „Heuschrecken”-Wort von Franz Müntefering Leo Schilf in den Mund gelegt, mal wird die Bierdeckel-Geschichte, nach der Schröder, Fischer und Schily schon 1983 die Posten im Kabinett der Zukunft verteilt haben sollen, verfremdet, mal sehen wir das zerknautschte Gesicht des Außenministers, der im Café Einstein sitzt und den Eindruck erweckt, er sei „von nichts so genervt wie von erkennenden Blicken, außer von ausbleibenden erkennenden Blicken”. Das mag treffend und komisch sein, aber es eröffnet keine weitere Dimension.
Am schlimmsten ergeht es Anna Tauert. „Die schöne Rebellin” wird, gegen den Willen des Autors, der sie eigentlich als Sympathieträgerin braucht, zur Klischeefigur. Sie vertritt die politische Position von Andrea Nahles, sie guckt wie Sarah Wagenknecht, sie hat das Zeug zur Königsmörderin wie Gabriele Pauli und trotzdem nennen sie alle, selbst der verliebte Detektiv, „Mädchen”. Wie weiland Helmut Kohl Angela Merkel, als sie noch nicht die mächtigste Frau im Staate war. Das könnte als Satire auf die Einfalt der Männer durchgehen. Doch statt das Klischee zu kritisieren, wird es überboten: Kurbjuweit macht sie jünger als die realen Vorbilder, nämlich achtundzwanzigjährig, er gibt ihr blondes Haar, lässt sie kitschige Sätze sagen, im naiven Ton eines hilflosen Mädchens von einer Afghanistan-Reise mit dem Kanzler berichten und auf eine ungeschickte Beschwichtigungsmail ihres Liebhabers antworten: „Wie, du schläfst mit deiner Frau?”
Leo Schilf, der weit brisantere Geheimnisse zu verbergen hat als eine Affäre, wird am Ende von zwei Seiten erpresst: zu privatem Glück. „Nicht die ganze Wahrheit” ist eine sensible Studie über das seelische Leid geheimer Geliebter, aber ist es wirklich ein politischer Roman?
Dirk Kurbjuweit
Nicht die ganze Wahrheit
Roman. Nagel & Kimche, Zürich 2008. 220 Seiten, 19,90 Euro.
„Warum musst du alles öffent- lich machen, nur mich nicht?”
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Sehr schön" und dicht findet Rezensent Jochen Jung diesen Roman, der seinen Informationen zufolge im politischen Milieu der deutschen Hauptstadt angesiedelt ist. Aber "schön" bedeutet für den Rezensenten noch immer nicht "wirklich gut", wie man dem Ton seiner Kritik recht deutlich entnehmen kann. Es gehe um einen Bundeskanzler und seine Liebesaffäre, lesen wir. Und zu den Qualitäten dieses aus der "fast altmodisch anmutenden Perspektive" eines Privatdetektivs geschriebenen Buchs zählt für den Rezensenten, dass es Dirk Kurbjuweit nicht um das Große und Ganze geht, sondern um die Verquickung von Politik und Leidenschaft. Aber es hätte wohl ruhig ein bisschen mehr sein dürfen. Ein politischer Roman zum Beispiel.

© Perlentaucher Medien GmbH