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Sollen Menschen ihre "normalen" Eigenschaften verbessern und so die menschliche Natur neu gestalten? Die Forschung sucht etwa nach Präparaten, die das Gedächtnis verbessern, das Leben verlängern und Gefühle verändern können. Tierversuche sind bereits erfolgreich. Führt die Befreiung von allen Grenzen von Körper und Geist in eine Katastrophe oder erwarten uns neue Chancen? Das Buch soll die Perfektionierung des Menschen leicht verständlich und philosophisch anspruchsvoll hinterfragen. Dabei werden soziale Folgen von "Enhancement" ebenso thematisiert wie die Gefahren für das Individuum. Droht…mehr

Produktbeschreibung
Sollen Menschen ihre "normalen" Eigenschaften verbessern und so die menschliche Natur neu gestalten? Die Forschung sucht etwa nach Präparaten, die das Gedächtnis verbessern, das Leben verlängern und Gefühle verändern können. Tierversuche sind bereits erfolgreich. Führt die Befreiung von allen Grenzen von Körper und Geist in eine Katastrophe oder erwarten uns neue Chancen?
Das Buch soll die Perfektionierung des Menschen leicht verständlich und philosophisch anspruchsvoll hinterfragen. Dabei werden soziale Folgen von "Enhancement" ebenso thematisiert wie die Gefahren für das Individuum. Droht uns eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ungeahnten Ausmaßes oder kann Enhancement gerade dazu dienen, Ungleichheiten der natürlichen Lotterie auszugleichen? Können autonome Individuen durch die Wahl von Verbesserungen ihre Interessen realisieren oder muss man sie paternalistisch schützen?
Neben diesen Fragen widmet sich das Buch der Untersuchung der menschlichen Natur: Worin besteht sie und kann sie Grenzen für die Technik diktieren? Abschließend werden die im Buch behandelten Aspekte in der Frage fokussiert, ob es wünschenswert ist, die maximale Lebensspanne des Menschen zu vergrößern.
Autorenporträt
Bernward Gesang, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.01.2008

Menschen verbessern
Gefahr oder Glück? Zwei neue Bücher über Gentechnik
Wer Alarm ruft, wird des Alarmismus geziehen. So erging es Kassandra, so wird es Stefan Rehder ergehen. Der Aachener Journalist, Jahrgang 1967, ehemals Referent im Bundesforschungsministerium, nennt sein Buch „gefährlich”. Es bringe den Leser „der wirklichen Welt ein Stück näher”, vernichte Illusionen, auf die unsere Gesellschaft gegründet ist – zum Beispiel jene, „dass alle Wissenschaftler das Gemeinwohl über das Eigenwohl stellen”. Stattdessen, verkündet Rehder, seien Wissenschaftler um keinen Deut anständiger als das Gros der Menschheit. Die Damen und Herren in den Laboren wüssten genau, wie man lüge und betrüge, trickse, täusche, tarne, zum Wohl des eigenen Profits. Vor allem den Genetikern und Lebenswissenschaftlern müsse man auf die Finger sehen, sonst seien bald geklonte, optimierte, standardisierte Menschen Realität.
Wer mit derart viel Aplomb hineinspringt in sein Thema, der muss sich um eines nicht sorgen: um eine ausführliche Herleitung des Erkenntnisinteresses. Rehder ist sehr besorgt und bestens informiert. Hat er aber auch recht? Ist es bei einem diffizilen Sujet wie der Gentechnik nicht ratsamer, leidenschaftslos die Fakten zu sondieren und auf den mündigen Leser zu vertrauen? Aus der Sicht Bernward Gesangs, der sich ebenfalls über die drohende oder verheißungsvolle „Perfektionierung des Menschen” Gedanken macht, zählt Rehder zu einer obskuren Spezies: zu den von ihm, Gesang, in Anführungszeichen gesetzten „biokonservativen” Romantikern. Diesen ist das menschliche Leben an sich bewahrens- und schützenswert, unbeschadet seiner Qualität. Gesang hingegen redet freudig von einer „Welt verbesserter Menschen”.
Längeres Leben, weniger Krankheiten, mehr Schönheit dank genetischer oder pharmakologischer oder neuronaler Eingriffe: „Es soll verteidigt werden, dass wir das Recht haben, autonom über uns selbst zu bestimmen, auch wenn wir uns dabei manchmal schaden.”
Das Glück der vielen
Das Es, das aus Gesang spricht, hat keinerlei Berührungspunkte mit dem Ich des gleichaltrigen Stefan Rehder. Der Journalist ist rechtschaffen empört, betroffen, wütend, während der außerplanmäßige Professor für Philosophie an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität zwischen Ironie und Ignoranz schwankt. Ein typischer Gesang-Satz lautet: „Auch der verbesserte Mensch kann anders als seine Mitmenschen bleiben.”
Den überraschenden Befund, dass Andersheit eine statische Größe sei, erläutert Gesang nicht. Er schreibt weiterhin: „So dürfte die Zahl der unglücklichen, antriebslosen und frustrierten Menschen auf der Welt schon abnehmen, wenn Mittel wie Prozac verstärkt eingesetzt werden. Das könnte das Klima in der Gesellschaft viel freundlicher, offener und humaner machen. Viele verzweifelte, chancenlose Existenzen könnten plötzlich Hoffnung auf eine Zukunft erhalten.”
Rehder entgegnete da wohl: Künstlichkeit und Technik seien keine Wege zum Glück, und ob Glück, wie bei Gesang praktiziert, als Höchstkategorie gelingenden Lebens überhaupt taugt, müsse man bezweifeln. Ebenso wenig kann Rehder sich anfreunden mit der Grundentscheidung Gesangs, die Lebensqualität kategorial über das Leben zu stellen. Gesang hat diese Rangordnung vermutlich von seinem philosophischen Lehrer Dieter Birnbacher übernommen. Wahrhaft lebenswert ist demnach das autarke, schmerzarme, klug und produktiv verbrachte Leben. Eine solche Ideologie der Lebensqualität übersieht indes – und da hat Rehder die Evidenz für sich –, dass in den wenigsten Momenten der Mensch sich auf jenen intellektuellen und physischen Höhen befindet, die Gesang zur neuen Norm verdichten will. Wo nur soll der inwendig gestählte Mensch der Zukunft mit seinen Hoffnungen hin, wenn diese enttäuscht wurden und die nächste Packung Prozac gerade nicht in Reichweite ist?
Seltsam inkonsequent ist Gesangs Melange aus libertärem Optimismus und naiver Staatsgläubigkeit. Der Staat soll „Sicherheitsbarrieren errichten”, damit nur „sozialverträgliche reversible Techniken” angewendet werden. Er rechnet das „Altern mit hoher Lebensqualität” zu den sozialstaatlichen Aufgaben. Demnach wäre es denkbar, dass die Krankenkassen Anti-Aging-Programme bezahlen müssen, Glückspillen, Schönheitsoperationen, genetische Frischzellenkuren, gerade für „Schlechtgestellte” – allein deshalb, weil es dem „Glück vieler Menschen” diene. Der Gedanke, eine derart zurichtende Medizin könne auch für sinistre Zwecke eingesetzt werden, gewinnt bei Gesang nicht recht Raum.
Studien, Berechnungen, Erhebungen sonder Zahl hat Rehder auf seiner Seite, um zu illustrieren, was er befürchtet und Gesang ersehnt: den Abschied vom Menschen in seiner bisherigen Form. Das Ende der Demokratie sieht Rehder gekommen, wenn die Verbesserungsphantasien der genetischen Bastler wahr würden. Er erzählt die Geschichte eines taubstummen lesbischen Pärchens, das sich ein taubstummes Kind im Reagenzglas züchten ließ – offenbar kann Verbesserung auch schlicht die auftragsgemäß erbrachte Dienstleistung meinen.
Rehder weist auf die zunehmende Ununterscheidbarkeit von Wissenschaft und Kommerz hin, wie sie sich etwa am Beispiel des geschäftstüchtigen Stammzellenforschers Oliver Brüstle zeige. Er schildert die Degradierung von Frauen zu „Gewächshäusern”, deren Eizellen die Fortpflanzungsindustrie teuer weiterverkauft. Er weiß, dass bei künstlichen Befruchtungen die Fehlbildungsrate doppelt so hoch ist wie bei herkömmlicher Zeugung. Und er legt den Finger in die größte Wunde der Optimierer: „Die Biopolitik setzt auf die Interessen einiger weniger. Die Mehrheit der Menschen hat andere Interessen.” Wer nämlich bestimmt, welche Minderheit den Katalog des Guten definieren darf?
In der Tat erscheint die Einhegung rabiater Auswüchse eben jener Entwicklung, die Gesang ermuntern will, durch den Staat, der sie zuvor fördern soll, kaum als realistische Option. Somit hat Rehder trotz mitunter unangenehm kulturkämpferischer Töne das lesenswertere Buch verfasst. Die „Perfektionierung des Menschen” hingegen lässt frösteln ob der Schlichtheit, mit der mancherorts professionell gedacht wird. „Freiheit und Glück”, schreibt Gesang, „bedingen sich” – Erkenntnis und Anstrengung aber auch. ALEXANDER KISSLER
STEFAN REHDER: Gott spielen. Im Supermarkt der Gentechnik. Pattloch Verlag, München 2007. 240 Seiten, 16,90 Euro.
BERNWARD GESANG: Perfektionierung des Menschen. Walter de Gruyter Verlag, Berlin 2007. 176 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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"Overall, this affordable book offers to the interested and educated newcomer into the field of enhancement an introductory overview on some key ehtical issues. Experts in this field of research are provided with a philosophical argumentation in favour of a liberal position presented in contrast to sketches of bio-conservative's criticisms of enhancement procedures." Jens Clausen in: Medicine, Health Care and Philosophy 3/2008

"In seinem informativen Grundlagenwerk [...] gelingt es Bernward Gesang, in einer klugen Mischung von aufklärerischem Fortschrittsglauben und utilitaristischer Einschätzung von gesellschaftlichen Folgen eine Position zu formulieren, die kompensatorische, therapeutische und selbst leitungssteigernde Verbesserungen zulässt, radikale Eingriffe, die den heutigen Menschen in seelischer und körperlicher Hinsicht unkenntlich machen, jedoch verbieten will." Christoph Lüthy in: Neue Zürcher Zeitung 04.09.2008

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Alexander Kissler hat zwei Bücher über die Gentechnik gelesen, ein leidenschaftlich-besorgtes und ein naiv-optimistisches. Bernward Gesang stimmt in seinem Buch das Hohelied der Gentechnik an, dass der Menschheit Glück, Gesundheit und Lebensqualität schenken soll, stellt der Rezensent skeptisch fest. Kissler muss sich über die Naivität, mit der der Autor, Philosophieprofessor in Düsseldorf, auf den Staat als Garant für den sozialverträglichen Einsatz der Gentechnik vertraut, wundern und stellt erstaunt fest, dass Gesang kaum reflektiert, dass es auch negative Beweggründe für genetische Manipulationen des Menschen geben könnte. Die "Schlichtheit", mit der sich der Autor dem Thema gedanklich annähert, findet er durchaus beunruhigend und der Traum von Lebensverlängerung, Schönheit und Zufriedenheit, die Gesang in Aussicht stellt, kann ihn nicht recht überzeugen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Auch wenn manche Leser - wie 'biokonservative Ethiker' oder 'zivilisationkritische Statthalter der Romantik' - nicht immer Gesangs Auffassungen teilen dürften, bietet seine Darstellung einer Enhancement-Ethik eine allgemein zugängliche und klar argumentierende Einführung in die spannende Thematik der Perfektionierung des Menschen."
Tobias Eichinger in: Zeitschrift für medizinische Ethik 4/2009

"Overall, this affordable book offers to the interested and educated newcomer into the field of enhancement an introductory overview on some key ethical issues. Experts in this field of research are provided with a philosophical argumentation in favour of a liberal position presented in contrast to sketches of bio-conservative's criticisms of enhancement procedures."
Jens Clausen in: Medicine, Health Care and Philosophy 3/2008

"In seinem informativen Grundlagenwerk [...] gelingt es Bernward Gesang, in einer klugen Mischung von aufklärerischem Fortschrittsglauben und utilitaristischer Einschätzung von gesellschaftlichen Folgen eine Position zu formulieren, die kompensatorische, therapeutische und selbst leistungssteigernde Verbesserungen zulässt, radikale Eingriffe, die den heutigen Menschen in seelischer und körperlicher Hinsicht unkenntlich machen, jedoch verbieten will."
Christoph Lüthy in: Neue Zürcher Zeitung 04.09.2008