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In "Breakdowns" zeichnet Art Spiegelman sein Selbstportrait als junger wilder Mann, der als Kind die bunten Heftchen über alles liebt und ständig Comics zeichnet. In San Francisco entdeckt er den Kreis um Robert Crumb die Subversion eines Genres: Die Underground-Comics lassen den American Dream in sarkastischen Sprechblasen explodieren. Spiegelman wird Dick Tracy und die Katzenjammer Kids auseinandernehmen, von den Kamerafahrten und schnellen Schnitten des Experimentalfilms lernen, bis er schließlich in expressionistischen Schabkartons vom Selbstmord seiner Mutter erzählt. So erlernt er, alles…mehr

Produktbeschreibung
In "Breakdowns" zeichnet Art Spiegelman sein Selbstportrait als junger wilder Mann, der als Kind die bunten Heftchen über alles liebt und ständig Comics zeichnet. In San Francisco entdeckt er den Kreis um Robert Crumb die Subversion eines Genres: Die Underground-Comics lassen den American Dream in sarkastischen Sprechblasen explodieren. Spiegelman wird Dick Tracy und die Katzenjammer Kids auseinandernehmen, von den Kamerafahrten und schnellen Schnitten des Experimentalfilms lernen, bis er schließlich in expressionistischen Schabkartons vom Selbstmord seiner Mutter erzählt. So erlernt er, alles in die kleinen Boxen zu packen und dem Leser Sehfabriken zu schenken, und findet den Erzählrhythmus, mit dem er die Geschichte seiner Eltern, die beide Auschwitz überlebten, aufzeichnen kann: "Maus" entsteht, das Buch, das aus Kult Kunst werden ließ.
Autorenporträt
Art Spiegelman, 1948 in Stockholm geboren, ist einer der größten Comic-Autoren der USA. In seiner frühen Kindheit emigrierte er mit seinen Eltern, beide Überlebende der Shoah, in die Vereinigten Staaten von Amerika. Sein berühmter Band »Maus« hielt die Erinnerungen seines Vaters an den Holocaust fest und gewann den Pulitzer-Preis. In »Im Schatten keiner Türme« beschreibt Art Spiegelman die Traumata der Anschläge vom 11. September 2001 in New York. Art Spiegelman arbeitet, neben seiner Tätigkeit als Comic-Zeichner, als Illustrator für diverse Magazine, gab von 1980 bis 1991 zusammen mit seiner Frau Françoise Mouly das avantgardistische Comic-Magazin »Raw« heraus, lehrte an der New York School of Visual Arts und war als künstlerischer Berater mehrerer Firmen tätig. Für sein Lebenswerk wurde er 2022 mit der »Medal for Distinguished Contribution to American Letters« der National Book Foundation USA ausgezeichnet. Art Spiegelman lebt mit seiner Frau in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2008

Zeichen einer Leidenschaft
Sternstunden berauschter Andeutungskunst: Art Spiegelmans „Breakdowns”
„Die ganze Machart dieser Bücher besteht darin, den Leser in einen permanenten Schockzustand zu versetzen; und wie ein Drogenabhängiger seine Dosis erhöht, um denselben Kick zu bekommen, so muss sich hier, wo die Nerven durch die Wiederholung der dargestellten Brutalität abstumpfen, die Spirale der Gewalt immer weiter drehen…” Nein, nicht von Computerspielen oder Splatterfilmen ist hier die Rede, sondern von etwas viel Gemeingefährlicherem: Comics. 1954 hatte der amerikanische Psychiater Fredric Wertham seine Kampfschrift „Verführung der Unschuldigen” veröffentlicht, in der er über die aktuelle Flut von Horrorcomics herzog mit ihren – für die damalige Zeit – drastischen Darstellungen von Gewalt.
Die Folge war die schwerste Krise des Comics in seiner Geschichte: Die Umsätze brachen ein, es kam zu Anhörungen im US-Senat, Comicbücher und -hefte wurden öffentlich verbrannt; seitdem wurden nur noch Werke verkauft, die eine strenge Zensur durchlaufen hatten. Den Ruf des Schunds wurden die Comics sehr lange nicht mehr los – ohnehin nicht in Deutschland, wo sich wegen des Antiamerikanismus während der Weltkriege und danach aufgrund der bildungsbürgerlichen Abneigung gegen alles Popkulturelle das Medium nicht in dem Maße durchsetzen konnte wie in den USA oder Frankreich. Daran änderten auch die avantgardistischen Underground-Comics der späten sechziger Jahre nichts, die künstlerisch höchst intelligent den Tabubruch zelebrierten.
Dass seit einiger Zeit von einem Gesinnungswandel sowie einem bescheidenen Boom gesprochen werden kann, ist zu einem nicht geringen Teil der Verdienst eines Mannes: des US-Zeichners Art Spiegelman, der in diesem Jahr sechzig wurde. Mit seinem international erfolgreichen Holocaust-Comic „Maus” etablierte er Anfang der 1990er zum einen endgültig das epische Format der Graphic Novel; zum anderen wurde das Medium spätestens jetzt als Kunstform ernst genommen. Dass Spiegelman sich jedoch auch als Theoretiker und Herausgeber überaus verdient gemacht hat, ohne den die Karriere vieler Zeichner heute nicht denkbar wäre, ist hierzulande kaum bekannt. Seine Magazine „Arcade” und später „RAW” waren wahre Sternstunden der innovativen Buchkunst und der Vernetzung: Europäische Künstler trafen hier auf amerikanische, jede Ausgabe war anders gestaltet und gab einer ganzen Generation nachhaltige Impulse.
Rauchende Köpfe
In „Breakdowns – Porträt des Künstlers als junger %@§*!” kann man sich nun ein Bild von dieser Anfangszeit machen: Sämtliche Arbeiten Spiegelmans aus dem „Arcade”-Magazin sind hier neu herausgegeben und von ihm mit einem autobiografischen gezeichneten Vor- und einem geschriebenen Nachwort versehen worden. Auf den ersten Blick sticht die Experimentierfreudigkeit ins Auge: Fast überall warten formale Überraschungen, etwa wenn aus den Bildern und über die Seite hinaus Kakerlaken krabbeln oder eine Waschzettelskizze in einen fertigen Comic übergeht.
Mal im Drogenfarbrausch, mal holzschnittartig, am deutschen Expressionismus geschult, mal mit dünnem Strich karikierend, mal höchst realistisch: die formale Bandbreite Spiegelmans ist bestechend. Seine Themen sind es weniger. Der Titel, „Breakdowns”, wird hier ganz wortwörtlich genommen. Entweder liegt in tagebuchartigen Einträgen der Fokus auf Spiegelmans mannigfachen Neurosen; oder es werden in einem trockenen intellektuellen Spiel die Comics auf ihre Bestandteile „heruntergebrochen” und die Kombinationsmöglichkeiten von Text und Bild ausgelotet. So schleichen sich in die Groschenromanhandlung von „Kleine Zeichen der Leidenschaft” Zitate aus einem Handbuch für kreatives Schreiben sowie pornografische Zeichnungen ein. All das wird dann in immer anderer Zusammenstellung durcheinander gewirbelt, bis die Formelhaftigkeit der Sätze und Bilder hervortritt. Jenen Lesern, die nicht mit dem Referenzraum des Buches vertraut sind, wird bei diesen Passagen schnell der Kopf rauchen.
Ganz anders Spiegelmans Vorarbeiten zu seinem opus magnum: Die Kurzversion von „Maus” und „Gefangener auf dem Höllenplaneten”, ein Strip über den Selbstmord der Mutter, ziehen aufgrund ihres gezügelten Experimentierdrangs zugunsten einer traditionellen Handlung sofort in den Bann. Und dass Spiegelman, wenn er will, ein brillanter Erzähler sein kann, das beweist das zwanzigseitige Comic-Vorwort des Bandes. In prägnanten Episoden zeichnet er hier das titelgebende Selbst-Porträt des jungen Künstlers, von den ersten Malversuchen zusammen mit der Mutter über die Horror-Comics, die ihm sein Vater unbesehen schenkt, weil sie im Sonderangebot waren, bis hin zur Zeit an der Kunstakademie. Doch obwohl all das oft ergreifend und witzig aufbereitet ist – uneingeschränkte Begeisterung will sich nicht so recht einstellen. Insbesondere wenn man das klein gedruckte autobiografische Nachwort des Buches liest und sich fragt, warum der Autor den in seiner Bruchstückhaftigkeit beliebig wirkenden Comic-Prolog bei so viel Stoff nicht einfach verdoppelt hat.
Für Fachleute
Tatsächlich scheint die epische „Maus” im Gesamtwerk Spiegelmans eine Ausnahme zu bleiben. Im Vergleich dazu überzeugen zwar die davor entstandenen kurzen Arbeiten weniger; dennoch lassen sie sein Talent als Vordenker und Ideengeber erkennen. Somit ist es das Verdienst des vorliegenden Bandes, auf diesen Rang Spiegelmans aufmerksam zu machen – auch wenn an den darin enthaltenen Comics in erster Linie wohl ein Fachpublikum seine Freude haben wird. THOMAS VON STEINAECKER
ART SPIEGELMAN: Breakdowns. Portrait des Künstlers als %@*!. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, 296 Seiten, 29,90 Euro.
Wenn die Erinnerung an Mami Schrecken verbreitet... Abbildung aus dem besprochenen Band
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Thomas Steinaecker ist der amerikanische Comiczeichner Art Spiegelman nicht nur maßgeblich für den "bescheidenen Boom" des bis dato hierzulande unter Schundverdacht stehenden Genres verantwortlich. Mit seiner Graphic Novel "Maus" über den Holocaust und den von ihm herausgegebenen Zeitschriften "Arcade" und "RAW" hat er Anfang der 90er Jahre dem Comic endgültig Ernst und Kunstanspruch verdient, rühmt der Rezensent. Im Band "Breakdowns" lassen sich nun die in "Arcade" publizierten Werke Spiegelmans nebst einem Comic-Vorwort und einem von ihm verfassten Nachwort sichten, die die Anfänge des Zeichners dokumentieren, erklärt der Rezensent. Formal faszinieren Steinaecker die ungeheure Bandbreite und die Experimentierlust, die Spiegelman darin beweist, inhaltlich zeigt er sich dagegen weniger begeistert, wenn der Zeichner etwa seinen eigenen neurotischen Zusammenbrüchen nachspürt. Wirklich gefesselt haben ihn dagegen augenscheinlich die Kurzversion seines Holocaust-Comics oder "Gefangener auf dem Höllenplanenten", in dem Spiegelman den Selbstmord seiner Mutter thematisiert.

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