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Der literarische Überraschungserfolg aus Spanien. Mit Erscheinen erstürmte Albert Sánchez Pinol mit seinem ersten Roman die Bestseller-Listen Spaniens und erhielt den renommierten Literaturpreis >Ojo critico de narrativa

Produktbeschreibung
Der literarische Überraschungserfolg aus Spanien. Mit Erscheinen erstürmte Albert Sánchez Pinol mit seinem ersten Roman die Bestseller-Listen Spaniens und erhielt den renommierten Literaturpreis >Ojo critico de narrativa<.

Ein irischer Freiheitskämpfer flüchtet ans Ende der Welt, er sucht die Einsamkeit auf einer Insel unter dem Sturm. In einem alten Leuchtturm glaubt er sich sicher. Schon in der ersten Nacht geschieht etwas Seltsames. Unheimliche Wesen aus dem Wasser greifen ihn an - ein abenteuerliches Szenario nimmt seinen Lauf. Aus einem erbitterten Kampf auf Leben und Tod entbrennt schließlich eine besessene Liebe ...

Autorenporträt
Albert Sánchez Pinol wurde 1965 in Barcelona geboren. Er ist Anthropologe. "Im Rausch der Stille" ist sein erster Roman, für den er 2003 den Ojo critico de narrativa-Preis erhielt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2005

Kulturkampf der Frösche
Albert Sánchez Piñol macht in der Antarktis Weltpolitik

Die Projektion des Krieges der Menschen in das Reich der Frösche ist ein literarisches Motiv, das bis auf die vorklassische griechische Zeit zurückweist: Seit nämlich um 500 v. Chr. ein anonymer Autor die homerische Schlacht der Griechen und Trojaner in eine "Batrachomyomachia", einen "Froschmäusekrieg", verwandelte. Damals war das Heldengedicht um die verfeindeten Könige Pausback und Bröselklau allerdings noch komisch-parodistisch gemeint.

In vollstem heiligen Ernst wird das Thema der heroisch anstürmenden Amphibien nun vom katalanischen Autor Albert Sánchez Piñol aufgegriffen. Zunächst entwickelt sich sein phantastisch-parabolisches Froschepos allerdings aus einer realistisch erzählten Handlung aus der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen, aus dem Genre des historischen Abenteuerromans. Erzählt wird aus der Perspektive eines irischen Unabhängigkeitskämpfers. Als dieser feststellen muß, daß nach Vertreibung der britischen Fremdherrscher die eigenen Kampfgefährten sich als abscheuliche Despoten herausstellen, nimmt er enttäuscht einen Posten als Wetterbeobachter auf einer unwirtlichen Insel nahe der Antarktis an. Er teilt sich die Einöde mit einem verwirrten österreichischen Leuchtturmwächter namens Battis Caffò.

Bereits die erste Nacht auf der Insel jedoch markiert den Wechsel von der europäischen Eskapismusidylle hin zu einer Symphonie des Grauens. Statt den erhofften "Rausch der Stille", den der deutsche Titel irreführenderweise verspricht, erlebt der Ire einen Überfall von widerwärtigen Froschwesen aus den Tiefen des antarktischen Ozeans, die sein Häuschen zu stürmen und ihn mit ihren kalten, schwimmhautverwachsenen Fingern umzubringen suchen. In eine Notallianz gezwungen, kämpft das ungleiche irisch-österreichische Paar nun Nacht für Nacht mit Gewehrsalven und Sprengstoffattacken gegen die Invasion der Froschmenschen, deren Zahl trotz der Todesopfer stetig ansteigt.

Erst als der Protagonist zufällig auf die unschuldig spielenden Kinder jener mörderischen Krieger stößt, beginnt er an der Monstrosität der Eindringlinge zu zweifeln, deren Intelligenz und Schönheit, ja erotische Reize zu entdecken. Schließlich meint er, in den fremden Wesen denselben Impuls wiederzuerkennen, der ihn in seiner früheren Existenz als Patriot antrieb: nämlich "daß die Ungeheuer um ihr Land kämpfen, das einzige Land, das sie haben". Er beginnt, "sich auf den Feind einzulassen". Die kalte Haut ("La pell freda", der Originaltitel des Buchs) der fremden Wesen verwandelt sich vom Inbegriff des Grauens zum Symbol des Respekts des Menschen vor einer Zivilisation, die einen eigenen Namen trägt: Citauca.

In ihren wesentlichen Handlungselementen offenbart diese literarische Begegnung mit fremden Lebensformen, die noch nie ein menschliches Auge erblickte, eine unübersehbare Parallele zur Science-fiction. So wie gerade in den Zeiten des Kalten Krieges die phantastische Begegnung mit der Welt des Unbekannten aber immer auch die Maximen des eigenen Humanismusmodells spiegelte, so bildet auch bei Sánchez Piñol das "Sich-Einlassen" auf die fiktiven Wesen die Wunschvision von einem besseren Umgang mit den realen Menschen fremder und nur scheinbar feindlicher Kulturen ab.

An der strukturalistischen Anthropologie und den postkolonialen Studien der letzten Jahrzehnte geschult, unternimmt Sánchez Piñol zugleich eine erzählerische Kritik des ,kolonialen Blicks' auf die Lebenswelt des anderen. "Wie man die Landschaft wahrnimmt, spiegelt gewöhnlich das wieder, was man in seinem Inneren verbirgt", heißt es bereits im ersten Kapitel. So wird das monstergebärende Meer der Antarktis von Anfang an zu einer Art Bruder des Ozeans von "Solaris", erweisen sich die mordenden "Ungeheuer" als bloße Projektion der eigenen Ängste ihres Beobachters. Wie bei Stanislaw Lem muß der Held schließlich die Notwendigkeit erkennen, "seine Optik zu ändern, wenn sein Leben und die Zukunft von dem Blick abhingen, den er auf den Feind richtet".

Indes scheint Sánchez Piñol entschlossen, all das, was etwa bei Lem durch die poetische Kraft der Worte und der Bilder getragen wird, als explizite Thesen zu formulieren - sehr zum Nachteil seines Romans. So erscheint das ganze phantastische Szenarium letzten Endes als Parabel einer kolonialismuskritischen Theorie, erscheinen die Kämpfe zwischen den Inselinvasoren und den von ihnen animalisierten und diabolisierten Verteidigern des eigenen Lebensraums als simples Gleichnis auf weltpolitische Diskurse der Gegenwart, als Manifest gegen die These vom Kampf der Kulturen. Wenn am Schluß die einstigen "Ungeheuer" die besseren Menschen sind und der einsichtige Held dem verbohrt-imperialistischen Leuchtturmwärter zuruft: "Die haben vielleicht mehr Verstand als Sie!", dann ist das für den Leser schon so lange voraussehbar, daß dieser zentrale Satz hier nur noch als unnötiges Ausrufezeichen hinter einer omnipräsenten Doktrin erklingen kann. Hier droht die Literatur zum bloßen Vorwand einer humanistischen Idee zu werden.

"Die Welt war endgültig ein vorhersehbarer Ort ohne Neuigkeiten", resümiert der Erzähler im letzten Absatz, bevor er das Buch entsprechend mit einem Sonnenuntergang enden läßt. Als Absage an den oft stereotyp weitergetragenen baudelaireschen Schlachtruf des Neuen mag dieser Satz seine Berechtigung haben. Nicht aber seine literarische Umsetzung: Ein endgültig vorhersehbarer Roman ohne Neuigkeiten kann auch nicht die Lösung des Problems sein.

FLORIAN BORCHMEYER.

Albert Sánchez Piñol: "Im Rausch der Stille". Roman. Aus dem Katalanischen übersetzt von Angelika Maas. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 256 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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?»Sanchez Pinols Geschichte zieht uns in ihren fantastischen Bann. Ein Geniestreich.« (Le Monde)

»Der ungewöhnlichste literarische Bestseller seit langem.« (El Pais)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2006

Tentakel-Tanz
Albert Sanchez Piñols Debütroman „Im Rausch der Stille”
Für Robinson Crusoe war es ein nackter menschlicher Fuß, dessen Abdruck am Strande seiner vermeintlich einsamen Insel ihn in Panik versetzte. Für den Helden von Albert Sanchez Piñols Debütroman „La pell freda” ist es ein Arm, aber kein menschlicher: „Wenn die Petroleumlampe und das Feuer mir auch kein sehr helles Licht boten, waren am Ellbogen doch drei Knochen zu erkennen, viel kleiner und spitzer als menschliche. Kein Gramm Fett, reine Muskeln, Haifischhaut. Aber das Schlimmste war die Hand. Die Finger waren durch eine Schwimmhaut verbunden, die fast bis zu den Nägeln reichte.”
Vom Rausch der Stille, den der deutsche Titel verspricht, spürt man wenig auf dieser einsamen Insel im Südmeer, wo ein dort gerade eingetroffene Wetterbeobachter das Haus seines Vorgängers scheinbar verlassen vorfindet, um dann mehr Gesellschaft zu bekommen, als ihm lieb ist. Es bleibt nicht beim einen Arm, der da nachts durch die Katzentür nach ihm greift, bald wird das Haus des Erzählers von Dutzenden Alptraumgestalten überschwemmt, deren Hyänengeheul ins Innere dringt und die von ihm verzweifelt zurückgeschlagen werden. Muss man da noch darüber grübeln, was aus seinem Vorgänger geworden ist?
Man muss es nicht, aber dessen Schicksal klärt sich auf andere Weise als es die nächtliche Schreckensszene vermuten lässt. Der 1965 in Barcelona geborene Anthropologe Piñol knüpft zwar an Traditionen des literarischen Horrors an, doch er stellt einschlägige Erwartungen auf den Kopf, indem er seine Monstren allzu früh und allzu deutlich präsentiert. Man kennt solche Arme oder Tentakel, die nach dem Helden greifen, aus den Erzählungen von Howard Phillips Lovecraft, der verkündet hat, die älteste und mächtigste Angst des Menschen sei die vor dem Unbekannten. Einer von Lovecrafts Erzählern erkennt in der Schreckensgestalt, die ihm begegnet, schließlich sein eigenes Spiegelbild. Solche Einsicht nimmt schon der erste Satz in Piñols Roman vorweg: „Wir ähneln denen, die wir hassen, mehr als wir denken.” Als der Konflikt mit den Fischmenschen eskaliert und Ströme von blauem Blut vergossen werden, geht es weniger um den Kampf gegen Ungeheuer als um die Frage, wie man zu einem Ungeheuer wird.
Stellungskampf um eine Schöne
Piñols Held schließt Waffenbrüderschaft mit dem einzigen anderen Bewohner des Eilands, der dessen Leuchtturm in eine waffenstarrende Festung verwandelt hat. Dieser Batís Caffó ist ein seltsames Individuum, bärenhaft gewachsen und behaart, mit dem Akzent eines österreichischen Artilleristen und einer berserkerhaften Wut auf die „Froschkerle”, die er Nacht für Nacht von seinem belagerten Wehrturm herab abschießt. Damit wäre dieser kurz nach dem Weltkrieg spielende Roman dort angekommen, wo einst Soldaten so massenhaft fielen wie Piñols Meereswesen - in der Hölle eines Stellungskampfes.
Aber Inseln stecken voller Überraschungen. Der katalanische Originaltitel heißt auf deutsch „Die kalte Haut”, und mit dem Auftreten einer kalten Schönen (mit Schwimmhäuten), die von ihrem Herrn, Batis Caffó, abwechselnd wie eine Hündin und eine Hure behandelt wird, wachsen die Zweifel an der Ungeheuerlichkeit der Angreifer, die zu Statisten werden, während sich der Roman zum Dreipersonenstück entwickelt: Batís Caffó ist der korrumpierter Herr der Insel, der sich eine Eingeborene hält und in Joseph Conrads Afrika vielleicht mit Elfenbein gehandelt hätte. Der Erzähler entdeckt an seiner Geliebten so viele menschliche Züge, dass er Caffós Besitzansprüche nicht akzeptieren kann. Und die Schöne selbst ist ein geliebtes Rätsel, das zwar weinen, lachen, denken kann, aber fremd bleibt und in einer fremden Sprache spricht.
Liebe und Grausamkeit, Hass und Sympathie können jederzeit ineinander umschlagen, Identitäten auch. In einer frühen Szene zielt der Erzähler schon auf die Brust seines arglosen Kontrahenten Caffó, aber statt zu schießen, hat er plötzlich ein „Bild des sprachlosen, erstaunten Kindes” vor Augen, das dieser früher einmal war - „noch weit entfernt von jener Reise, die ihn hierher führen sollte; die mittelmäßigen Erfolge seiner Jugendzeit, die Enttäuschungen und Frustrationen.” In Batís Caffó hat der Erzähler, der einst ein irisches Waisenkind, später ein glückloser Freiheitskämpfer war, plötzlich sein früheres Selbst vor Augen. Nicht nur von den Fischmenschen trennt ihn jene kalte Haut, hinter der er nur vermuten kann, was er in sich selbst entdeckt hat. Eine kalte Haut hatte schon das Monster Lovecrafts, kalt wie ein Spiegel. ULRICH BARON
ALBERT SANCHEZ PIÑOL: Im Rausch der Stille. Aus dem Katalanischen von Angelika Maas. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 252 S., 18,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Rezensent Florian Borchmeyer ist mit diesem Roman nicht ganz glücklich geworden. Schon den deutschen Titel des katalanischen Romans "La pell freda", also eigentlich "Die kalte Haut" findet er "irreführend". Denn im Zentrum des Romans steht seinen Informationen zufolge der Überfall von "widerwärtigen Froschwesen" aus dem Meer auf eine europäische "Eskapismusidylle". Als der Erzähler seinen "kolonialen Blick" abgelegt habe, beginne er dann jedoch, auch deren "Intelligenz und Schönheit, ja erotische Reize" zu entdecken. Gerade dieser Zugriff wird für ihn jedoch zum Hauptproblem des Romans. In seinen "wesentlichen Handlungselementen" komme die Geschichte nämlich wie Science-Fiction daher, das "monstergebärende Meer" der Antarktis wie ein Wiedergänger des denkenden Ozeans in Stanislaw Lems "Solaris". Doch was bei Lem nur in poetischen Bildern angedeutet werde, formuliere Autor Albert Sanchez Pinol hier überdeutlich. So erscheint dem Rezensenten "das ganze fantastische Szenarium" letztlich leider nur als Parabel einer kolonialismuskritischen Theorie, wie ein "simples Gleichnis auf weltpolitische Diskurse".

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