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Geister oder die Schatten der Vergangenheit? Ein Haus nahe der Berliner Karl-Marx-Allee, durch das der Atem der Geschichte weht, eine junge Frau, die mit der Vergangenheit konfrontiert wird, als ihre Gegenwart aus den Fugen gerät, und ein kleiner Junge, dessen Phantasien immer realer werden.
Lena und Leander ziehen mit ihrem Sohn von Hamburg nach Berlin - in einen der stalinistischen Prachtbauten nahe der Karl-Marx-Allee. In diesen Häusern, einst verdienten Kommunisten vorbehalten, sind auch Jahre nach der Wiedervereinigung die alten Strukturen und Seilschaften noch lebendig.
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Produktbeschreibung
Geister oder die Schatten der Vergangenheit? Ein Haus nahe der Berliner Karl-Marx-Allee, durch das der Atem der Geschichte weht, eine junge Frau, die mit der Vergangenheit konfrontiert wird, als ihre Gegenwart aus den Fugen gerät, und ein kleiner Junge, dessen Phantasien immer realer werden.

Lena und Leander ziehen mit ihrem Sohn von Hamburg nach Berlin - in einen der stalinistischen Prachtbauten nahe der Karl-Marx-Allee. In diesen Häusern, einst verdienten Kommunisten vorbehalten, sind auch Jahre nach der Wiedervereinigung die alten Strukturen und Seilschaften noch lebendig.

Belustigt beobachten die Neuzugezogenen die alten Mieter, die hier seit Jahrzehnten wohnen und wie in alten Zeiten ihr Hausbuch führen. Dann trennen sich Lena und Leander, er zieht aus. Und plötzlich geschehen merkwürdige Dinge: Hatte Lena die Fenster nicht geschlossen? Hat sie wirklich vergessen, die Kerzen zu löschen? Und wen sieht ihr kleiner Sohn, wenn er immer öfter ängstlich von der "komischen Frau" spricht?

Eigentlich hatte sie gedacht, dass die Trennung von Leander eine Erlösung ist, dass sie den Weg frei macht für ein neues Leben. Plötzlich aber gerät alles aus dem Lot ...
Autorenporträt
Ricarda Junge 1979 in Wiesbaden geboren, ist Absolventin des Deutschen Literaturinstituts Leipzig. Anschließend studierte sie
evangelische Theologie in Frankfurt am Main. Für ihr Debüt 'Silberfaden' wurde sie 2003 mit dem Grimmelshausen-Förderpreis ausgezeichnet. 2005 erschien ihr Roman 'Kein fremdes Land', für den sie den George-Konell-Preis erhielt, 2008 'Eine schöne Geschichte' und 2010 der Roman 'Die komische Frau'. 2013 erhielt sie den Robert-Gernhardt-Preis. Ricarda Junge lebt mit ihrer Familie in Berlin und Frankfurt am Main.

Literaturpreise:

Mehrfach Förderpreise des Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen
2003 Grimmelshausen-Förderpreis
George-Konell-Preis für "Kein fremdes Land"
2013 Robert-Gernhardt-Preis
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.08.2010

Im Netz der Wäschespinne
Ricarda Junges moderne Geistergeschichte „Die komische Frau“ erzählt von den Dämonen des Kreativprekariats
Die Hausvertrauensfrau hält alles fest, was sich in dem sozialistischen Vorzeigebau in einer Seitenstraße der Berliner Karl-Marx-Allee seit dem Jahr 1954 getan hat: Mieter und Mieterwechsel, Geburten und Sterbefälle, West-Besuche. Was sich in den sogenannten Hausbüchern nicht mehr wiederfinden lässt, das sind die Geschichten ihrer Bewohner, die Erschütterungen in den Existenzen, das Unheimliche, das Abweichende. Der erste Satz von Ricarda Junges neuem Roman, ihrem mittlerweile dritten, legt die Vermutung nahe, dass Lena, die Ich-Erzählerin, eine Art von Fortschreibung jener Hausbuch-Tradition plant: „Im Folgenden werde ich davon berichten, was sich zwischen dem dreizehnten April und dem zehnten Mai dieses Jahres im Haus Löwenstraße Nummer eins in Berlin-Friedrichshain Sonderbares ereignet hat.“
Hierhin, in den zu DDR-Zeiten nur privilegierten und stramm systemtreuen Bewohnern vorbehaltenen Monumentalkitsch, ist Lena gemeinsam mit ihrem Freund Leander und dem kleinen Sohn Adrian gezogen; sei es, wie behauptet, weil die Wohnungen weitaus besser geschnitten und praktischer sind, als das Äußere der Häuser es vermuten lässt; sei es, weil es auch ein wenig schick ist für zugezogene Westler, hier zu leben.
Die Jungfamilie dürfte als prototypisch für das junge Kreativprekariat gelten: Lena, ein Alter Ego der Autorin, hat ihren ersten, nicht weiter beachteten Roman veröffentlicht und schreibt Kolumnen für eine Tageszeitung; Leander, linker Idealist mit Willy-Brandt-Foto auf dem Schreibtisch, hat eine Anstellung bei einem Magazin gefunden. Man kommt so durch, doch die Einschläge, wie es einmal heißt, kommen näher. Soll heißen: Auch die wirtschaftliche Situation der beiden befindet sich in einer Schieflage, zumal Leander seinen Job schnell wieder los ist, und das Paar sich noch dazu trennt. Lena und Adrian bleiben allein in der Wohnung in der KarlMarx-Allee. Und die Gespenster der Vergangenheit kriechen aus ihren Ritzen.
Das Wunderbare an Ricarda Junges moderner Geistergeschichte ist, dass sie sich auf unterschiedlichen Realitätsebenen plausibel lesen lässt. Die merkwürdigen Ereignisse, die nach dem Auszug Leanders in Lenas Wohnung einsetzen, könnten ihre Ursachen durchaus in einer Überlastung der überforderten Mutter haben: die Kaffeemaschine, die nicht ausgeschaltet wird; der Schlüssel, der außen an der Wohnungstür steckengelassen wird; Gegenstände, die sich nicht mehr an dem Platz befinden, an dem sie zuvor vermeintlich gelegen haben. Ganz zu schweigen von Adrian, der immer wieder von der komischen Frau spricht, die sich angeblich in der Wohnung befindet – geht tatsächlich eine Fremde ein und aus, oder meint der Junge seine ihm zunehmend fremd vorkommende Mutter? Es ist ein perfektioniertes System der kompletten Verwirrung, das Ricarda Junge um ihre Protagonistin herum aufbaut. Sicherheiten und Gewissheiten des Alltags schwinden dahin; Lena wird zum Durchlauferhitzer von Gegenwartsneurosen. Welche davon aus ihr selbst herauskommen und welche von außen an sie herangetragen werden, bleibt in der Schwebe.
Denn neben der psychischen Destabilisierung der Erzählerin selbst gibt es ein konkret bedrohliches Netz aus Abneigungen, Abhängigkeiten und unschönen Spitzelgeschichten aus der Zeit des DDR-Regimes, von dem das Haus überzogen ist. Das Hausbuch weiß darüber nichts, wohl aber die Hausvertrauensfrau, die nach wie vor in der obersten Etage über die Bewohner wacht. Gerade weil die Erzählstimme ihren geradezu nüchternen Protokollstil konsequent durchhält, entfaltet „Die komische Frau“ in der Darstellung unbeirrbarer historischer Kontinuitäten eine Atmosphäre des Unheimlichen.
Angst, Angst, Angst – das ist das zentrale Wort, um das dieser beeindruckende Roman kreist. An jeder Stelle ist sie spürbar, überall wird sie verdrängt oder verschwiegen. Angst vor Entdeckung, vor Enttarnung, Angst vor der Zukunft oder den eigenen Unzulänglichkeiten. Durch den Angstfilter ist der Blick auf die Welt ein verzerrter – eine Perspektive, deren Darstellung Ricarda Junge nach ihrem vorangegangenen Roman „Eine schöne Geschichte“ nun noch einmal verfeinert und radikalisiert hat.
CHRISTOPH SCHRÖDER
RICARDA JUNGE: Die komische Frau. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010. 190 Seiten, 17,95 Euro.
Die merkwürdigen Ereignisse in Lenas Wohnung könnten ihre Ursachen durchaus in einer Überlastung der Mutter haben. Foto: Hummer/Getty Images
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Fröstelnd und beeindruckt hat Daniela Zinser diesen Roman wieder zugeklappt, den sie "eine Art Hausbuch" nennt, in dem die Ergebnisse seltsam spröder wie aufmerksamer Beobachtungen zu lesen sind. Gegenstand der Beobachtung ist die "komische Frau", als die die Erzählerin sich zunehmend selbst wahrnimmt, das langsame Entgleiten ihres Lebens. Beobachtet und beschrieben würden aber auch die Bewohner eines Stalin-Zuckerbäckerstil-Hauses in der Berliner Karl-Marx-Alle mit seiner Mischung aus alten DDR-Überzeugten, Stasi-Spitzeln und jungen Kreativ-Hipstern aus dem Westen. All dies geschieht den Schilderungen der Kritikerin zufolge in einer Sprache, die so karg ist, dass es manchmal knistert. Keine Wohlfühlliteratur, wie man liest, aber zum "Etwas-Lernen", und sei es über sich selbst.

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