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Gordon Matthew Sumner, Sohn eines Milchmanns, arbeitete als Bauarbeiter und wurde Lehrer. Doch die Idee, eine eigene Band gründen zu wollen, ging ihm nicht aus dem Kopf. "The Police" stürmte ab 1978 die Charts, und danach tat es Sting solo. Hier legt er zum ersten Mal eine umfassende Sammlung seiner Lieder vor und kommentiert ihre Entstehung. Er schildert, wie er in Paris in einem schäbigen Hotel an Cyrano de Bergerac denkend "Roxanne" schrieb, und warum er den Song immer noch mag. Er erzählt, welche ganz persönlichen Anteile es in seinen Texten gibt und wie ein kleiner Gedanke alles in…mehr

Produktbeschreibung
Gordon Matthew Sumner, Sohn eines Milchmanns, arbeitete als Bauarbeiter und wurde Lehrer. Doch die Idee, eine eigene Band gründen zu wollen, ging ihm nicht aus dem Kopf.
"The Police" stürmte ab 1978 die Charts, und danach tat es Sting solo. Hier legt er zum ersten Mal eine umfassende Sammlung seiner Lieder vor und kommentiert ihre Entstehung. Er schildert, wie er in Paris in einem schäbigen Hotel an Cyrano de Bergerac denkend "Roxanne" schrieb, und warum er den Song immer noch mag. Er erzählt, welche ganz persönlichen Anteile es in seinen Texten gibt und wie ein kleiner Gedanke alles in Bewegung bringen kann. Unprätentiös und poetisch, bisweilen wild, dann wieder melancholisch. Sting eben.
Autorenporträt
Sting,
Sting, 1951 als Gordon Matthew Sumner in Wallsend bei Newcastle upon Tyne geboren. Nach dem kometenhaften Aufstieg von The Police setzte er seine Karriere solo fort - seine Aufnahmen gewannen alle Preise und Awards, sein Engagement für Amnesty International, Greenpeace und die Indianer des brasilianischen Regenwalds brachten ihm weltweit Respekt und Anerkennung ein.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.03.2010

Über die Gerstenfelder
Manchmal hat die Gerechtigkeit zwei Silben zu viel: Die Songtexte von Sting in einer zweisprachigen Ausgabe
Gordon Matthew Sumner, der dieses Jahr 59 Jahre alt wird, sieht noch immer erstaunlich gut aus. Außerdem ist er klug und hat Humor. Letzteres weiß vermutlich auch, wer ihn nur unter dem Namen „Sting” kennt und den Pop-Star im vierten Jahrzehnt als Fan verehrt; denn bereits die Booklets der CDs verraten durch die eine oder andere selbstironische Bemerkung, dass Sting eine reflektierende Distanz zu seinem Tun und seiner Figürlichkeit einnehmen kann.
Es hilft, dies zu bedenken, wenn man den Wälzer „Sting. Die Songs” aufschlägt. Er enthält 130 Liedtexte, gibt chronologisch wieder, was zwischen 1978 und 2003 auf fünf Police-Platten und dann auf sieben Solo-Alben gesungen wurde. „Lyrics by Sting” hieß das vor zwei Jahren erschienene Original. Die deutsche Ausgabe ist doppelt so umfangreich, denn sie enthält die Übertragungen aller Texte von Manfred Allié.
Für wen mag dieses Buch gedacht sein? Den meisten Sting-CDs sind auch die Lyrics beigegeben, und das Internet bietet dem, der ein Lied irgendwo gehört hat, sofortigen Zugriff auf den Wortlaut, so er sich nur Titel, Refrain oder einen halben Vers gemerkt hat. Zum Verständnis der Songs reichen zudem durchschnittliche Englisch-Kenntnisse aus. Zwei Fragen könnte die vorliegende Sammlung allerdings beantworten helfen: Liegt mit Stings Texten ein lyrisches Werk vor? Und wenn dem so ist, stiftet es Sinn, diese „Gedichte” ins Deutsche zu übertragen?
In einem kurzen Vorwort wirft Sting die Frage nach der poetischen Autarkie seiner Songtexte selbst auf, um ihr sogleich mit einem gewitzten Schlenker aus dem Weg zu gehen: „Ich habe mich nie im Ernst als Dichter verstanden, aber ich muss sagen, dass das Buch, wie es jetzt ist, ganz ohne Noten, doch sehr wie ein Gedichtband aussieht.” Und dann zitiert er als Zeugen in eigener Sache keinen Geringeren als T.S. Eliot: „Diese Trümmer aufgestellt gegen mein Verderben.
„I can’t stand it for another day/When you live so many miles away/Nothing here's gonna make me stay/ You took me over, let me find a way”. So beginnt das Debut-Album von Police. Den Refrain des Songs bildet das Verspaar „What can I do/ All I want is to be next to you” und diese beiden Zeilen werden in der Buch-Fassung achtmal wiederholt, die zweite Zeile des Refrains noch weitere viermal.
Sting, der als Mitzwanziger vor einer Existenz als Lehrer und Feierabend-Musiker aus der Provinz nach London geflüchtet ist, weiß natürlich, dass es im Pop-Song vor allem um die Liebe unter jungen Leute zu gehen hat und dass dieses Thema in sofort erkennbaren Grundsituationen und Stimmungslagen verhandelt werden muss. Der zitierte Song „Next to you” gehört in die Schublade „Trennung /Sehnsucht”. Und obwohl eine Zeile behauptet „Think I’m goin’ insane”, ist der Text kein bisschen verrückt, sondern in seinen formelhaften Reihungen von fast bürokratischer Ordentlichkeit.
Der Pop-Texter, der so verfährt, zitiert aus einem festen Fundus von Bildern und Floskeln, den jeder Hörer kennt. Die Standardisierung reicht bis in die Reimwörter: „Shadow in my heart / Is tearing me apart” heißt es auf dem Debut-Album, und auf der letzten Police-Platte: „You can’t control an independant heart / Can’t tear the one you love apart.” „Heart” gehört auch auf den späteren Solo-Platten zu den beliebtesten Wörtern am Zeilenende. Der Spitzenreiter unter den Reimpaaren ist aber das Pärchen „night” und „light”, das selbst „make / take” und das Triangle „day / way / say” hinter sich lässt. Dagegen ist im Rahmen des Pop nicht viel einzuwenden. Auch das Volkslied, die Gelegenheitslyrik, der Schlager oder der Blues-Song setzen auf solche Wiederholungsstrukturen. Wenn sich die Frage der Originalität bei einem Pop-Song überhaupt stellt, dann selten auf dem Feld des Textes und auch nur begrenzt auf dem Feld der Musik. Stings Melodien entsprechen dem schlichten Auf und Ab seiner oft paarig gereimten Verse. Wenn ein Lied Charakter hat, dann im Aufleuchten eines markanten Riffs, in der Dominanz einer auffälligen rhythmischen Struktur oder im prägnanten Sound der Produktion. Als festes Kapital in Sachen Wiedererkennbarkeit hat Sting zudem die unverwechselbare Klangfarbe seiner Stimme und die sofort wiedererkennbare Art der Stimmführung zu bieten.
So gesehen, wäre es nicht schlimm gewesen, wenn er über die Jahrzehnte hinweg textlich dem mechanischen „Every move you make / And every breath you take” des vielleicht größten Police-Hits treu geblieben wäre. Aber dann beginnt die Zeit der Solo-LPs und mit dem Ruhm ist unübersehbar auch der Ehrgeiz des Texters gewachsen. Dies lässt sich bereits am Wortmaterial erkennen. Die Nomen mit der Endung -ion und - y nehmen eklatant zu: Nation, destruction, generation, perfection, starvation, education, annihilation, revolution, dislocation, theory, biology, ideology, inactivity, creativity. Alle diese Substantive finden sich 1985 auf „The Dream of the Blue Turtles”.
Der Song-Writer hat, überspitzt gesagt, nach dem Reich der Liebe den Rest der Welt entdeckt, und diese erweist sich als ein Jammertal, dessen Misslichkeiten, vor allem Unterdrückung, Armut und Krieg, beklagt werden. „We share the same biology / Regardless of ideology” heißt es in der Single-Auskopplung „Russians”. Das ist zweifellos korrekt beobachtet. Aber soll man dem lyrischen Ich wirk-lich glauben, dass es Angst vor einem Atomkrieg hat, wenn es im selben Lied fragt: „How can I save my little boy / From Oppenheimers deadly toy?” In vielen ähnlichen Zeilen regiert der Zeitgeist, der sich, selbst dort wo recht hat, poetisch sogleich in Schlagworten, schlichten Postulaten und um Einverständnis heischenden Phrasen totläuft.
Sting, der sich vielfach für respektable Projekte eingesetzt hat, weiß wohl, dass pauschale Klage und gut gemeinter Appell noch kein gutes Gedicht machen. Verhilft ihm wenigstens die innige Erfah-rung von Kunst zu eigener Poesie? In seinen Anmerkungen zu den Songs kommt er immer wieder auf Lektüren zu sprechen, die ihn inspiriert haben, etwa auf T.S. Eliot, Shakespeare, Vladimir Nabokov, Paul Bowles und andere, zum Teil überraschend entlegene Autoren. Die Police-Single „Don’t stand so close to me” nimmt Bezug auf Nabokovs Roman „Lolita”. Über einen von seiner jugendlichen Schülerin in Versuchung geführten Lehrer heißt es: „He starts to shake and cough / like the old man in / that book of Nabokov.” Das hat den Charme eines gekonnt stockenden Limericks. Sting merkt dazu dreißig Jahre später an: „Damals wollte ich meine Quellen unbedingt nennen, und deshalb unternahm ich ziemliche Anstrengungen, um den Namen des Autors in dem Song unterzubringen – das Ergebnis war einer der gequältesten Reime in der Geschichte der Popmusik.”
Was macht die deutsche Übertragung aus dergleichen? Im Mega-Hit „Roxanne” stilisiert sich das lyrische Ich zum Retter einer Prostituierten: „Roxanne / You don’t have to put on the red light / Those days are over / You don’t have to sell your body to the night.” Manfred Allié übersetzt: „Roxanne / Lass doch das rote Licht heute aus / Jetzt ist es anders / Und Dein Körper steht nicht mehr zum Verkauf.” Wenn das Original einen lyrischen Mehrwert besitzt, dann liegt er in der euphemistischen Umschreibung, der Körper würde an die Nacht verkauft. Gerade dies geht in der Übertragung verloren. Stings Lieblingsreim „night” / „light” wird durch das ungelenke „aus” /„Verkauf” ersetzt. Wie an vielen anderen Stellen kommt es dem Übersetzer weniger auf eine getreue Umsetzung von Wort und Bild an als darauf, das Reimschema und die Silbenzahl der Verse einzuhalten.
Dieser formale Zwang führt nicht selten zu großen inhaltlichen Freiheiten. So wird aus der Titel- und Refrainzeile „Love is stronger than justice” das betuliche „Liebe ist stärker als Anstand”, vermutlich weil die „Gerechtigkeit” zwei Silben zu viel hat und zudem im Gegensatz zu „justice” oder „Anstand” auf der zweiten Silbe betont wird. Es geht im Text der schaurig blutigen Ballade um ungesühnten Brudermord. Eine Anstandsfrage?
Hier wie anderswo drängt sich der Verdacht auf, der Übersetzer träume davon, seine deutschen Verse würden auf die Originalmelodien gesungen. Hierzu kann der kundige Fan leicht die Probe machen. Wie klingt es, wenn im wehmütigen Hit „Fields of Gold” die Zeile „Upon the fields of barley” durch „Über die Gerstenfelder” ersetzt wird? Die Übersetzung ist korrekt, auch die Silbenzahl stimmt, aber nicht einmal Sting, der wahrlich groß im Schmachten ist, wäre imstande, unserer spröd widerborstigen „Gerste” den wei-chen Schmelz von „barley” abzupressen.
Nicht wenige der deutschen Versionen wirken auf Anhieb unfreiwillig komisch oder peinlich. Dies ist meist nicht die Schuld des Übersetzers. Die Erlösung der Nutte durch Liebe in „Roxanne” ist auch im englischen Original ein dümmliches Stück Kitsch, an dem es nicht viel zu verschlimmbessern gibt. Dem Englischen ist aber im in dem halben Jahrhundert, in dem die angloamerikanische Pop-Musik über den Gefühlshaushalt der jeweils Jungen und der sich jung Wähnenden herrscht, ein Art Authentizitätsspeck zugewachsen. Ein halbwegs verstandenes Englisch wirkt emotional echter, auf scheinbar unmittelbare Art wirklicher als die Muttersprache. Das globale Idiom der populären Kultur verfügt über einen Pathos-Vorsprung, der nicht zuletzt darauf beruht, dass man dem Deutschen einen gültigen, unpeinlichen Ausdruck heftigen Empfindens nicht zutraut.
Geduldig von Song zu Song lesend, zweifelt man nicht daran, dass Sting die Poesie liebt. Und vor allem auf den ambitionierten Solo-Platten hat es auch am nötigen Minne-Eifer, am Ringen um Bild und Gedanken nicht gefehlt. Allerdings ließ sich die zuständige Muse nur höchst selten zu einem inspirierenden Kuss verleiten. Und wenn der späte Sting in einer pseudophilosophischen Sentenz mit letzten Weisheiten kämpft, sehnt man sich fast nach den schlichten Formeln der frühen Platten zurück. Natürlich findet sich gelegentlich die eine oder andere schöne Zeile. Bestechend schön ist: „The evening spreads itself against the sky” / „Der Abend ausgestreckt am Himmelsstrich”. Dieser Vers stammt – Sting verheimlicht es seinem über die vorliegende Sammlung gebeugten Fan durchaus nicht! – von T. S. Eliot. GEORG KLEIN
STING: Die Songs. Aus dem Englischen von Manfred Allié. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010. 500 Seiten, 22,95 Euro.
Der Spitzenreiter unter den Reimpärchen ist „night” / „light”
Kann man die deutschen Verse zu den Originalmelodien singen?
Da reimte er noch schlicht „take” auf „make”: Sting in den achtziger Jahren. Foto: Marianne Rosenstiehl/Sygma/Cor
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Georg Klein hat sich geduldig von Song zu Song gelesen und lässt uns wissen: Der alte Sting war schon der bessere, die Lyrics betreffend jedenfalls. In den 130 samt Übersetzung abgedruckten Liedtexten lernt der Schriftsteller den Sänger als einen um Reim, Bild und Gedanken ringenden Verehrer T.S. Eliots kennen, als wahren "Pop-Texter" auch, der ohne Skrupel "night" auf "light" reimt, Kitsch produziert und später zeitgeistgemäß politisiert. Wozu so ein Buch, wenn die Songtexte aus 25 Jahren "Police" und Soloarbeit überall greifbar sind?, fragt sich Klein dann doch. Ein lyrisches Werk hinter den Songs, so scheint es, kann unser Rezensent nicht wirklich erkennen.

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