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Nur die intakte staatliche Souveränität vermag die Freiheit und den Wohlstand der Bürger zu gewährleisten. Jeder Souveränitätsverlust kommt deshalb einem Verlust an individueller Freiheit und Wohlstand gleich. Johannes B. Kunz erläutert den Zusammenhang zwischen Souveränität und Freiheit bzw. Demokratie. Er sieht die staatliche Souveränität durch die Machtpolitik, die internationalen Organisationen, den heutigen humanitären Interventionismus und die EuropäischeUnion gefährdet. Der Autor setzt die Souveränität auch in Bezug zur Globalisierung und zeigt Wege auf, wie sie gewahrt werden kann.…mehr

Produktbeschreibung
Nur die intakte staatliche Souveränität vermag die Freiheit und den Wohlstand der Bürger zu gewährleisten. Jeder Souveränitätsverlust kommt deshalb einem Verlust an individueller Freiheit und Wohlstand gleich. Johannes B. Kunz erläutert den Zusammenhang zwischen Souveränität und Freiheit bzw. Demokratie. Er sieht die staatliche Souveränität durch die Machtpolitik, die internationalen Organisationen, den heutigen humanitären Interventionismus und die EuropäischeUnion gefährdet. Der Autor setzt die Souveränität auch in Bezug zur Globalisierung und zeigt Wege auf, wie sie gewahrt werden kann. Obwohl er aussereuropäische Entwicklungen ausführlich bespricht, wird dem deutschen unddem schweizerischen Souveränitätsverständnis viel Platz eingeräumt. Johannes B. Kunz hat die deutsche Wiedervereinigung in offizieller Funktion in Bonn miterlebt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2012

Wider die Souveränitätsvergessenheit
Der Schweizer Diplomat Johannes B. Kunz sieht die Freiheit der Staaten in Gefahr

Das Buch des Schweizer Diplomaten Johannes B. Kunz ist eine Provokation, eine Provokation für die politischen Eliten der westlichen Welt, die den souveränen Staat längst für problemlösungsunfähig erklärt und die fortgesetzte Inter- und Supranationalisierung der Politik als Allheilmittel propagieren: Die Antwort auf die Herausforderung der Globalisierung könne, so ihr Mantra, nur in verstärkter institutioneller Zusammenarbeit liegen. Sicherheit, Wohlstand und Frieden in Europa und der Welt ließen sich nur gemeinsam sichern.

Kunz wagt in seiner Streitschrift das Gegenteil zu behaupten und zu begründen: "dass ohne staatliche Souveränität Freiheit, Recht und Wohlstand nicht möglich sind". Hat die Souveränität im Laufe der Geschichte auch ihre Träger und die äußeren Erscheinungsformen ihrer Existenz geändert, so ist sie doch immer die grundlegende Kraft geblieben, die der wirtschaftlichen und politischen Tätigkeit den Rahmen von Ordnung und Legitimität gesetzt hat. "Sie ist unsichtbar und doch selbstverständlich. Ihre Existenz wird kaum wahrgenommen, aber ihr Fehlen ist tödlich." Ist das bloß der beschränkte Horizont eines Schweizers, der sich in selbstgewählter Isolation häuslich eingerichtet hat? Weit gefehlt.

Der Autor ist nicht nur ein Diplomat, der viel in der Welt herumgekommen ist - er war auf Posten in London, Bonn (in der Zeit der weltpolitischen Wende 1989/90) und Budapest, aber auch in Westafrika und ist seit 2008 als Berater der Ständigen Mission der Schweiz bei den Vereinten Nationen in New York tätig. Er hat sich, was bekanntlich keineswegs selbstverständlich ist, mit den fernen Weltgegenden, in die es ihn verschlagen hat, auch wirklich vertraut zu machen versucht. Seine Überlegungen basieren daher nicht nur auf theoretischer Reflektion über den Begriff und das staatstragende Prinzip der Souveränität, sondern auch und vor allem auf persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen und verleihen ihnen dadurch Originalität und Authentizität.

Kunz versteht die Souveränität "nur am Rande als justiziablen, zentral aber als politischen Begriff" und leitet die staatliche Souveränität vom Souverän ab, "der im Idealfall einer Demokratie vom Volk verkörpert wird". Staatssouveränität bedeutet hier zugleich Volkssouveränität. Kunz geht auch den mythischen Ursprüngen und transzendentalen Elementen der Souveränität nach, "die eine moderne geschichtslose Praxis einer von Juristen und Ideologen geprägten Politik in der Regel völlig außer Acht lässt, obwohl sie sich in jedem gegenwärtigen Konflikt, vor allem in Afrika, täglich manifestieren". Seine Betrachtungen über das Wesen und die Entwicklung der Souveränität beginnen - ganz unorthodox - mit dem Beispiel afrikanischer Dorf- und Stammesgesellschaften, in denen die staatliche Souveränität als Begriff ganz unbekannt war, und doch "wurde der Souverän als Ausdruck einer übergeordneten Gewalt überall deutlich sichtbar, sei es in seiner Präsenz, sei es in seinem Fehlen, welches immer Unsicherheit, Unfreiheit und im äußersten Fall Chaos und Zerfall bedeutete". Die von den Kolonialherren betriebene Zerstörung lokaler Souveränität hat Afrika nach seiner Einschätzung bis heute nicht überwunden.

Die staatliche Souveränität, die jedenfalls in Afrika und Asien nach wie vor Ausdruck der Hoffnung der Menschen auf Recht, Freiheit, Entwicklung und Wohlstand sei, sieht Kunz gegenwärtig durch mehrere, koinzidente Momente und Entwicklungen bedroht: durch die mit der souveränen Gleichheit aller Staaten unvereinbare imperiale Machtpolitik hegemonialer Mächte wie der Vereinigten Staaten, durch die bürokratischen Netzwerke multilateraler Diplomatie, insbesondere in Gestalt allzu vieler internationaler Organisationen und ihrer souveränitätsfeindlichen Repräsentanten, und schließlich durch den, wie Kunz es zugespitzt formuliert, "humanitär-interventionistischen Komplex", der in Form der Selbstermächtigung den politisch korrekten Kampf gegen das Böse, die Armut und die Unterentwicklung führt.

Die internationalen Organisationen, um die Nichtregierungsorganisationen wie Planeten um die Sonne kreisten, erzeugten in ihrer Selbstreferentialität "zusehends ihre eigene Vergangenheit, Legitimität und Selbstständigkeit, welche der Kontrolle einzelner Mitgliedstaaten entgleitet und deren Souveränität unterläuft". In diesen politischen Biotopen reiften Konzepte wie die "responsibility to protect", die einerseits einen banalen Zusammenhang reformuliere, andererseits als handfester Interventionstitel missbraucht werde. Eine Lösung des Dilemmas zwischen internationaler Zusammenarbeit, die notwendig und fruchtbar sein könne, und drohendem Verlust staatlicher Souveränität kann nach Kunz nur darin liegen, den Aktionsradius internationaler Organisationen zu verkleinern und wieder auf ihren ursprünglichen Vereinszweck zu beschränken.

Die Europäische Union ist das ambitionierteste Projekt, das darauf zielt, Stück für Stück die Entscheidungsgewalt von den vormals souveränen europäischen Staaten auf eine zwischenstaatliche Einrichtung zu übertragen, der die Definition und Durchsetzung eines europäischen Gemeinwohls anvertraut ist. Kunz sieht hier ein "neumittelalterliches Reich" heraufziehen, das im Ernstfall aber nicht auf die ungeteilte Solidarität seiner Glieder zählen könne. Das innere Gefüge dieses Imperiums sei weder freiheitlich noch demokratisch: "Die europäische Integration schafft neue, teils selbsternannte, teils gewählte Eliten, die mit der mittelalterlichen Aristokratie vieles gemeinsam haben."

Der "humanitär-interventionistische Komplex", zu dessen wichtigsten Akteuren neben den die Menschenrechtsrhetorik pflegenden politischen Eliten Nichtregierungsorganisationen zählten, bewegt sich nach Kunz "in der westlichen Tradition der Zivilisierung anderer, als wenig entwickelt wahrgenommener Welten". Er richte dort aber mit der notorisch erfolglosen Entwicklungspolitik und menschenrechtlich oder demokratisch scheinlegitimierten Eingriffen mehr Schaden als Nutzen an und verhindere letztlich eine gedeihliche politische Entwicklung, die nur selbst-, nicht fremdbestimmt herbeigeführt werden könne.

Manche Behauptung, die Kunz aufstellt, dürfte nicht nur zu-, sondern sogar überspitzt sein. Berechtigte Kritik im Einzelnen, etwa an der Glorifizierung der schweizerischen direkten Demokratie als "die Optimierung der Souveränität", sollte nicht die zutreffende Gesamtanalyse überdecken: Souveränitätsvergessenheit gefährdet die Freiheit von Staaten und Völkern. "Das Bewusstsein, als Individuum Teil des staatlichen Souveräns zu sein, ist gerade im deutschen Sprachraum nicht bei allen Bürgern aller Staaten gleich stark entwickelt." Wollen wir Deutsche staatliches Selbstbewusstsein und daraus erwachsenden Selbstbehauptungswillen wirklich Bergvölkern wie den Schweizern überlassen?

CHRISTIAN HILLGRUBER.

Johannes B. Kunz: Der letzte Souverän und das Ende der Freiheit. Internationale Politik und bürgerliche Rechte. NZZ Libro, Zürich 2011. 400 S., 50,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Provokation liest Christian Hillgruber das Buch des Schweizer Diplomaten Johannes B. Kunz. Wenn der Autor staatliche Souveränität gegen die westliche Idee von der Internationalisierung der Politik in Stellung bringt, sieht der Rezensent zunächst Schweizer Bergvölker und denkt sich seinen Teil. Allerdings muss er schnell einsehen, dass dieser Autor weit gereist ist, sich auskennt und nicht nur theoretisch argumentiert, sondern aus eigener Erfahrung und eigenem Erleben, originell und authentisch. Darüber hinaus reflektiert der Autor die mythischen Momente der Souveränität anhand afrikanischer Stammesgesellschaften und eröffnet dem Rezensenten einen wenig bekannten Aspekt des Begriffs. Dass Kunz zudem Lösungen anbietet, etwa indem er den Wirkungsadius bedeutender internationaler Organisationen einschränken, doch nicht auf Null reduzieren möchte, imponiert dem Rezensenten und lässt ihn über so manche Überspitzung im Buch gelassen hinweglesen.

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