in Greenwich Village nämlich und in walking distance zu Tony Judt, als writer in residence, aber ohne direkten Auftrag. Gucken, schreiben, leben, es wird schon was dabei herauskommen, das ist meistens die Hoffnung bei solchen Stipendien. Bei Barbara Honigmann hat es offenbar dazu geführt, dass ihr so einfache Wörter wie Gebäude, überfüllt, im mittleren Alter, Mittagessen oder Referat entfallen sind, eine Ausfallerscheinung, die ansteckend sein muss. Jedenfalls fand auch der Lektor des schmalen Bändchens, das als Ergebnis des Stipendiums gelten darf, nichts daran auszusetzen, dass E. L. Doctorow möglicherweise in der Wohnung über der Autorin sitzt und dort television watcht, weil er ja wie die meisten Schriftsteller in Amerika an einer Universität sein living hat. Aber hätte sich im Verlag nicht wenigstens jemand finden lassen, der, im Gegensatz zur Autorin, weiß, dass PBS die Abkürzung für Public Broadcasting System ist, nicht für eine Public Broadcasting Society?
Vielleicht ist es müßig zu fragen, ob sich irgendwer bei dieser Veröffentlichung etwas gedacht hat, das Buch gibt es ja. Aber es müsste doch jemandem aufgefallen sein, dass es außer den großen Häusern, den überfüllten Straßen und den vielbeschäftigten Menschen überall kaum etwas gibt, das Barbara Honigmann in New York entdeckt hätte. Sie bewegt sich nur sehr selten aus ihrem "magischen Dreieck" zwischen Deutschem Haus, Maison Française und koscherer Mensa heraus und irgendwo anders hin, weil sie meint, selbst dieser kleine Bereich sei bereits unerschöpflich - um uns dann aber nur zu erzählen, was wir entweder längst wissen (siehe oben und jüdische Bräuche) oder womit wir nichts anfangen können (Rückblicke in ihre Familiengeschichte). Sie trifft eine alte Freundin, mit der sie viel Zeit verbringt, sie wird krank, ihr Mann kommt zu Besuch, sie trinkt herb tea mit Zimtgeschmack, das sind so die Dinge, die sie erlebt. Anders als der entfernte Bekannte, den sie ebenfalls wiedertrifft und der mit einem one-way-ticket in die Stadt gekommen war, ist Barbara Honigmanns Rückflug allerdings von Anfang an gebucht. Wenn sie bleiben wollte, sinniert sie am Ende, müsste sie erst einmal richtig Englisch lernen. Da sie zurückkam, hätte es richtiges Deutsch auch getan.
VERENA LUEKEN.
Barbara Honigmann: "Das überirdische Licht". Rückkehr nach New York. Carl Hanser Verlag, München 2008. 157 S., geb., 14,90 [Euro].
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